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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2021, RV/7100559/2020

Kosten einer Operation in einem Privatkrankenhaus als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb*** über die ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ASB Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., Sonnleithnergasse 9, 1100 Wien, Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***Finanzamtes A*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am ***Datum1***, zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) - Herr ***Bf1*** - beantragte im Rahmen seiner elektronisch eingereichten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 vom neben der Berücksichtigung von Sonderausgaben (Versicherungsprämien in Höhe von 1.854,77 € und Beiträge zur Wohnraumschaffung in Höhe von 3.846 €), Arbeitsmitteln in Höhe von 400 €, Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 1.590,12 €, sonstigen Werbungskosten in Höhe von 187,92 € auch die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt (Krankheitskosten) in Höhe von 9.523,79 €.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf vom Finanzamt ersucht, belegmäßige Nachweise und eine Aufstellung der beantragten Aufwendungen bezüglich Personenversicherung, Wohnraumschaffung, Arbeitsmittel und sonstige Werbungskosten zu übermitteln. Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten wurde der Bf gefragt, wie die Anschrift des Familienwohnsitzes laute, wieviele Kilometer der Familienwohnsitz von der Wohnmöglichkeit am Beschäftigungsort entfernt sei, welches Verkehrsmittel für die Fahrten zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz benutzt werde, ob am Beschäftigungsort eine Wohn- oder Schlafmöglichkeit zur Verfügung stehe und ob bzw in welcher Höhe der Arbeitgeber Fahrtkosten steuerfrei vergütet habe. Weiters wurde der Bf ersucht, eine Aufstellung über Treibstoffkosten, ein Fahrtenbuch, etwaige Fahrscheine, den Mietvertrag und Zahlungsbelege bezüglich Mietzahlungen sowie Nachweise bezüglich Beiträge für Mitfahrgelegenheiten zu übermitteln.

Mit Schriftsatz vom teilte der Bf ua mit, dass es sich bei den als Sonderausgaben geltend gemachten Ausgaben für Wohnraumschaffung um Sanierungskosten betreffend die Fassade und die Holzuntersichten für das Wohnhaus an seinem Nebenwohnsitz und bei den als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für Arbeitskleidung in Höhe von 400 € um Winterjacken, lange Unterwäsche usw handle, da er als Polier einen Großteil seiner Arbeitszeit bei nahezu jeder Witterung auf Baustellen verbringe. Bezüglich Familienheimfahrten führte der Bf aus, dass ihm vom Arbeitgeber ein Firmen-Pkw zur Verfügung gestellt werde, der auch für seine Privatfahrten genutzt werde. Die Fahrten vom Wohnort zum Dienstort und zurück seien Privatfahrten. Für die Privatfahrten mit dem Dienstwagen bezahle er den Sachbezug, der ihm - mit Hinweis auf seinen Lohnzettel - von seinem Gehalt in Abzug gebracht werde. Seine Dienstorte betreffend führte der Bf aus, dass er von Mitte Jänner bis Mitte April 2018 in ***B***, NÖ, tätig gewesen sei, das 111 km von seinem Wohnort entfernt sei. Für die 13 Wochen seiner beruflichen Tätigkeit in ***B*** machte der Bf Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von 1.212,12 € (= 13 Wochen x 111 km x 2 x 0,42 €) geltend. Von Anfang September bis Anfang Oktober 2018 sei der Bf in ***C*** tätig gewesen, das 90 km von seinem Wohnort entfernt sei. Für die fünf Wochen seiner beruflichen Tätigkeit in ***C*** machte der Bf Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von 378 € (= 5 Wochen x 90 km x 2 x 0,42 €) geltend. Dem Schreiben beigefügt übermittelte der Bf die folgenden Unterlagen:

  • eine Bestätigung der Uniqa Versicherungen AG bezüglich "Personenversicherungen (Kranken und Unfall)" für das Jahr 2018, in Höhe von 1.854,77 €,

  • eine Rechnung der Firma ***D*** GmbH ***E*** in Kärnten, vom , über "230 m2 Holzanstriche und 3 x 25 kg Fassadenfarbe", in Höhe von 3.846 €,

  • einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister, aus dem neben dem Hauptwohnsitz des Bf auch dessen Nebenwohnsitz in ***E*** in Kärnten hervorgeht und

  • den Gehaltszettel Mai 2019, der einen Sachbezug in Höhe von 343,17 € ausweist.

Mit Vorhalt vom wurde der Bf ersucht, belegmäßige Nachweise und eine Aufstellung der beantragten Aufwendungen zu übermitteln, wobei darauf hingewiesen wurde, dass Krankheitskosten abzüglich erhaltener Ersätze in Ansatz zu bringen seien und bei stationären Aufenthalten (Krankenhaus, Kur) eine Haushaltsersparnis von 5,23 €/Tag von den beantragten Aufwendungen in Abzug zu bringen sei.

Der Bf übermittelte daraufhin eine mit datierte "Aufstellung Krankheitskosten 2018", die eine Gesamtsumme in Höhe von 9.523,79 € ausweist, und die folgenden Unterlagen:

  • eine Honorarvorschreibung vom der Hospital BetriebsgmbH, ***F***, für den "Aufenthalt vom ***Zeitraum*** (9 Tage), Wahlarztpatient", in Höhe von 1.557,40 € mit dem Hinweis, dass für die verrechneten Honorare keine Vergütung des Sozialversicherungsträgers erfolge,

  • eine Pflegegebührenabrechnung vom der ***G*** Krankenhaus ***F*** gemeinnützige BetriebsgmbH für den Krankenhausaufenthalt des Bf vom ***Zeitraum*** (9 Tage) in Höhe von 1.598,60 € mit dem Hinweis, dass der Leistungsanteil des Sozialversicherungsträgers direkt verrechnet werde,

  • eine Zahlungsanweisung (OnlineBanking) der Bank Austria vom , derzufolge Frau ***Ehegattin*** einen Betrag von 3.156 € zur Überweisung an das ***G*** Krankenhaus ***F*** beauftragt hat,

  • eine Rechnung der ***H***-Apotheke, ***F***, vom über ein Rezept in Höhe von 18 €,

  • eine Honorarnote der Orthopädie ***I*** vom über eine "Hüfttotalendoprothese (HTEP)", (keine Rückerstattung durch den Kostenträger) in Höhe von 2.800 €,

  • eine Zahlungsanweisung (OnlineBanking) der Bank Austria vom , derzufolge Frau ***Ehegattin*** einen Betrag von 2.800 € zur Überweisung an Dr. ***J*** (Orthopädie ***I***) beauftragt hat,

  • eine Rechnung der Firma Paul Bständig GmbH, ***F***, vom über "zwei Krücken Leichtmetall grau", in Höhe von 22,32 €,

  • eine Bestätigung über die Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung in Höhe von 335,92 € der ***K*** Gebietskrankenkasse, ***L***, vom ,

  • eine Honorarnote von ***M*** Therapie, ***I*** vom , über "10 Physiotherapien 45 Minuten", in Höhe von 621 €,

  • eine "Verordnung für Heilbehelfe, Hilfsmittel und ambulante Heilbehandlungen" bezüglich der Verordnung "10 x Einzel HG, zur Mobilisierung Hüfte links" von Orthop. Gruppenpraxis OG, ***I***, vom , samt chefärztlicher Bewilligung vom ,

  • eine Auftragsbestätigung der ***I*** Sparkasse vom über einen Betrag von 621 €, die als Empfänger "***M*** Therapie" und als Auftraggeber den Bf ausweist,

  • eine Honorarnote von Dr. ***N***, Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, ***O***, vom über "Mundhygiene-Prophylaxe", in Höhe von 90 €,

  • eine Bestätigung über die Erstattung von Kosten der Krankenbehandlung in Höhe von 56,66 € der ***K*** Gebietskrankenkasse, ***L***, vom ,

  • eine Honorarnote von ***M*** Therapie, ***I*** vom , über "10 Stunden Heilmassage 15 Minuten + Lymphdrainage 15 Minuten + Elektrotherapie 15 Minuten", in Höhe von 650 €,

  • eine Auftragsbestätigung der ***P*** vom über einen Betrag von 650 €, die als Empfänger "***M*** Therapie" und als Auftraggeber den Bf ausweist,

  • eine "Verordnung für Heilbehelfe, Hilfsmittel und ambulante Heilbehandlungen" bezüglich der Verordnung "10 x Lymphdrainage, 10 x Heilmassage, 10 x Elektrotherapie" von Dr.***Q*** & Dr. ***S*** OG, ***I***, vom , samt chefärztlicher Bewilligung vom ,

  • eine Auftragsbestätigung der BAWAG P.S.K. AG vom über einen Betrag von 10 €, die als Empfänger "Österreichisches Rotes Kreuz" und als Auftraggeber den Bf ausweist,

  • eine Rechnung der ***T***, vom , betreffend den Aufenthalt vom 07. bis bezüglich der Leistungen "Badetuch" und 10 x "Mineral" in Höhe von 24,90 €,

  • eine Rechnung der ***T***, vom , betreffend den Aufenthalt vom 07. bis bezüglich eines Selbstbehaltes in Höhe von 418,11 €,

  • eine Honorarnote von Dr. ***N***, Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, ***O***, vom über "Mundhygiene-Prophylaxe", in Höhe von 90 €,

  • eine Rechnung der Hospital BetriebsgmbH, ***F***, vom über "Schnitten und Sandwich", in Höhe von 6,20 €,

  • eine Rechnung der Hospital BetriebsgmbH, ***F***, vom über "Sandwich" in Höhe von 2,60 €,

  • einen Zahlungsbeleg von ***U*** Orthopädie, ***I***, vom über 69 € - ohne Rechnung,

  • eine Rechnung von Rudolf Leiner GmbH, ***I***, vom über eine "Wohndecke", in Höhe von 59,95 €,

  • eine Rechnung der ***V***-Apotheke, ***I***, vom , bezüglich eines Rezeptes und eines Privatkaufes in Höhe von 22,20 €,

  • eine Rechnung von Intersport, ***W***, vom , über ein "Energetics Balancekissen" und ein "Energetics Sitz- und Bal. . . ", in Höhe von 69,98 €,

  • eine Rechnung von Delka, ***I***, vom , über "Freizeitschuhe und Zusatzartikel", in Höhe von 67,90 €,

  • eine Rechnung von Rudolf Leiner GmbH, ***I***, vom über einen "Bademantel", in Höhe von 39,95 €,

  • eine Rechnung von giga sport, ***AB***, vom über "Radsocken und ein Hr. Trikot", in Höhe von 99,98 €,

  • eine Rechnung der Österreichischen Post AG, ***W***, vom , über "Brief Österreich und Einschreiben" in Höhe von 3,65 €,

  • eine Rechnung der Österreichischen Post AG, ***I***, vom , über "Brief Österreich und Einschreiben", in Höhe von 3,65 €,

  • eine Rechnung von ***X*** Brillen, ***I***, vom , über "1 Fassung + 2 Gläser", in Höhe von 1.100 €,

  • eine Rechnung von ***X*** Brillen, ***I***, vom , über "Reparatur Brille - 2 Bügel", in Höhe von 260 €,

  • eine Rechnung von Intersport, ***I***, vom , über "UNDER ARMOUR Armour Capr" und "Energetics Langhantelsta", in Höhe von 69,98 €,

  • eine Rechnung von ***U*** Orthopädietechnik Bandagist, ***I***, vom über "Therapieartikel", in Höhe von 37 €,

  • eine Rechnung der ***Y*** Apotheke KG, ***I***, vom , über ein Rezept in Höhe von 29 € und

  • eine Rechnung der Hospital BetriebsgmbH, ***F***, vom , über "2 x Schinken-Käse-Toast" in Höhe von 7,60 €.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurden Werbungskosten und Sonderausgaben mit dem jeweiligen Pauschbetrag in Höhe von 132 € bzw 60 € in Abzug gebracht. Es wurden keine außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt, da die in diesem Zusammenhang anerkannten Aufwendungen in Höhe von 2.955,25 € den Selbstbehalt von 9.002,44 € nicht überstiegen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass Arbeitnehmern, welchen ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt werde, nach neuer Rechtslage ab kein Pendlerpauschale und kein Pendlereuro bzw im Fall des Bf keine Familienheimfahrten zustünden. Die geltend gemachten Aufwendungen (Arbeitsmittel, sonstige Werbungskosten) seien insoweit berücksichtigt worden, als Beweismittel vorgelegen seien. Nicht abzugsfähig seien Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie die Erhaltung der Gesundheit (Mundhygiene). Grundsätzlich würden Kosten für eine notwendige medizinische Behandlung bzw Operation durch den jeweiligen Krankenversicherungsträger übernommen bzw teilweise Ersätze geleistet. Der Entschluss, sich im Fall einer Operation an den Arzt (Privatklinik) des Vertrauens zu wenden sei durchaus verständlich und nachvollziehbar. Allerdings handle es sich dabei um eine freiwillige Entscheidung, die nach der Rechtslage keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen begründe. Die beantragten Aufwendungen hätten daher nicht berücksichtigt werden können. Weiters hätten Aufwendungen für Kleidung, eine Wohndecke, Verpflegung (Essen), Leiner, Intersport, Gigasport nicht berücksichtigt werden können. Bezüglich der sogenannten Topf-Sonderausgaben zB für Wohnraumschaffung und -sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen wurde darauf hingewiesen, dass diese nur zu einem Viertel anzurechnen seien, wobei sich dieser Betrag weiter bis maximal 60 Euro verringere, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte über 36.400 Euro liege.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung des Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 vom und führte zunächst bezüglich Familienheimfahrten aus, dass diese nicht mehr wie im elektronisch eingebrachten Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 in Höhe von 1.590,12 €, sondern nunmehr in Höhe von 3.212 € geltend gemacht würden. Werde einem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt, so entstünden dem Arbeitnehmer Aufwendungen in Höhe des Sachbezuges für jene Fahrten, die keine "Dienstfahrten" im Rahmen dieses Dienstverhältnisses darstellten (zB Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte-Wohnung, für Familienheimfahrten, die keine Dienstreisen darstellten, und für weitere Privatfahrten). Jener Teil des Sachbezuges (der Aufwendungen für das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug), der auf Familienheimfahrten entfalle, sei daher im Rahmen der Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Grenzbetrag gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 sei zu beachten. Die Fahrten des Bf setzten sich aus Privatfahrten (Wohnort-Baustellen-Wohnort: 800 km), Familienheimfahrten (Wohnort-Familienwohnsitz-Wohnort: 3.786 km) und sonstigen Privatfahrten (270 km) zusammen. Die Familienheimfahrten betrügen insgesamt 3.786 km, das seien 78 % von den insgesamt privat gefahrenen Kilometern 2018. Damit seien 78 % vom Sachbezug, das seien 3.212 € an Kosten für Familienheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen (343,17 € x 12 = 4.118,04 € davon 78 % = 3.212 €) maximal das höchste Pendlerpauschale von 3.672 € (siehe "die Lohnsteuer in frage und antwort" Ausgabe 2018/19 Seite 281).

Bezüglich des Aufwandes für den Zweitwohnsitz des Bf führte die steuerliche Vertretung aus, dass die Ausgaben für den berufsbedingten Zweitwohnsitz in ***E*** in Kärnten, in Höhe von 3.846 € nicht mehr wie im elektronisch eingebrachten Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 als Beiträge zur Wohnraumsanierung (Sonderausgaben), sondern nunmehr als Werbungskosten (doppelte Haushaltsführung) zu berücksichtigen seien. Alle anderen Kosten würden vom Dienstgeber getragen. Altersbedingt, verdienstmäßig und auf Grund der bestehenden Familienverhältnisse sowie der wechselnden Baustellen (inkl. Zweitwohnsitz) sei eine Verlegung des Wohnortes unzumutbar.

Hinsichtlich der Krankheitskosten teilte die steuerliche Vertretung mit, dass der Bf sich in der Zeit vom ***Zeitraum*** im ***G*** Krankenhaus ***F*** einer Hüftoperation unterzogen habe. Da die Schmerzen der erkrankten Hüfte fast nicht mehr zu ertragen gewesen seien und eine Operation beim zuständigen Sozialversicherungsträger erst nach einer Wartezeit von einem Jahr durchgeführt hätte werden können, habe sich der Bf entschlossen, die Operation durch seinen Wahlarzt durchführen zu lassen. Die vorliegende gesundheitliche Beeinträchtigung sei aus steuerlicher Sicht als Krankheit zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw Heilbetreuung erfordere. Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung sei es erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliege (keine Schönheitsoperation usw), die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit stehe und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstelle. Die Aufwendungen erwüchsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (). Die gesetzliche Sozialversicherung habe auch für den Spitalsaufenthalt und die anschließende Rehab und die erforderlichen physiotherapeutischen Behandlungen entsprechende Kostenersätze geleistet. Laut steuerlicher Vertretung seien aufgrund der vorliegenden Krankheit daher als außergewöhnliche Belastung absetzbar:

  • Arzt und Krankenhaushonorare (auch Kosten des Wahlarztes),

  • Aufwendungen für Medikamente und Heilbehandlungen,

  • Aufwendungen für Heilbehelfe,

  • Kosten für Fahrten zum Arzt bzw ins Spital (), weitere Fahrtkosten der Angehörigen anlässlich des Besuchs der erkrankten Personen ( (richtig: 85/14/0181), (richtig: 85/14/0128)),

  • Behandlungsbeiträge, Rezeptgebühren, Selbstbehalte bei Heilbehelfen und Heilmittel, Zuzahlungen zu Kur- und Rehabilitationsaufenthalten, Kostenbeiträge nach den Landes-Krankenanstaltengesetzen, soweit sie der Steuerpflichtige selbst zu tragen hat ().

Von den angefallenen Aufwendungen seien die Kostenersätze, die aus der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet würden, abzuziehen. Diese Kostenersätze seien berücksichtigt worden bzw vom Krankenhaus erst gar nicht in Rechnung gestellt worden (siehe Rechnungsvermerke: für die Aufzahlung erfolge keine weitere Vergütung durch den Sozialversicherungsträger). Die Haushaltsersparnis sei durch den eigenen Unkostenbeitrag beim Krankenhaus und beim Kuraufenthalt berücksichtigt bzw abgegolten worden. Die steuerliche Vertretung beantragte bei Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung. In der in der Anlage übermittelten Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 wurden Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.212 € und Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 3.846 € als Werbungskosten sowie Krankheitskosten in Höhe von 9.841,29 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt geltend gemacht. Weiters übermittelte die steuerliche Vertretung

  • eine "Übersicht Privatfahrten", in der der Anteil der Familienheimfahrten an den Privatfahrten (4.856 km) mit 78 % (= 3.786 km) ausgewiesen wird,

  • eine Aufstellung von acht Fahrten der Ehefrau des Bf ins ***G*** Krankenhaus
    (8 x 61,2 km x 2 x 0,42 €/km = 411,30 €),

  • eine "Aufstellung Krankheitskosten 2018", die nunmehr eine Gesamtsumme in Höhe von 9.841,29 € ausweist und

  • jene Kopien von Belegen (Honorarnoten, Zahlungsanweisungen, Bestätigungen, Verordnungen, Rechnungen usw), die bereits im Rahmen der Vorhaltsbeantwortung vorgelegt wurden.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurden Werbungskosten in Höhe der im Rahmen der Beschwerde neu berechneten Kosten für Familienheimfahrten von 3.212 € und Sonderausgaben - neben dem Kirchenbeitrag - mit dem Pauschbetrag in Höhe von 60 € in Abzug gebracht. Es wurden keine außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt, da - wie im Erstbescheid - die in diesem Zusammenhang anerkannten Aufwendungen in Höhe von 2.955,25 € den Selbstbehalt von 8.663,64 € nicht überstiegen. In der Begründung wurde bezüglich der Malerarbeiten ausgeführt, dass es sich dabei um keine Sonderausgaben handle, da die Arbeiten nach dem vorgenommen worden seien und aufgrund der Höhe des Einkommens ohnehin lediglich der Pauschbetrag in Abzug zu bringen sei. Bezüglich der Familienheimfahrten wurde darauf hingewiesen, dass diese antragsgemäß berücksichtigt worden seien. Hinsichtlich der Kosten für die Operation wurde verwiesen, dass Kosten für eine notwendige medizinische Behandlung bzw Operation durch den Krankenversicherungsträger übernommen würden. Der Entschluss, sich im Falle einer Operation an den Arzt (Privatklinik) des Vertrauens zu wenden, sei natürlich verständlich und nachvollziehbar, aber da es sich um eine freiwillige Entscheidung handle, welche nach der Rechtslage keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen begründe, könnten die beantragten Kosten nicht berücksichtigt werden.

Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung des Bf den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht und beantragte die Mehrausgaben für Krankheitskosten von 9.841,29 € als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen und führte begründend aus, dass Krankheitskosten grundsätzlich zu den außergewöhnlichen Belastungen zählten. Die Diagnose beim Bf habe gelautet: "Coxarthrose links fortgeschritten, rechts incipient". Eine Diagnose, die leider bei sehr vielen älteren Menschen gestellt werde. Da bei dieser Krankheit eine Heilung ausgeschlossen sei, könne nur durch das Ersetzen einer Hüfttotalendoprothese (Implantat) geholfen werden. Nach dieser Operation sei der Patient wieder schmerzfrei und könne arbeiten und Steuern zahlen. Nachdem eindeutig eine Krankheit und keine Schönheitsoperation vorliege und keinem Patienten ein jahrelanges Leiden (Krankenstand?) bis zu einem Operationstermin durch die Gebietskrankenkasse zumutbar sei, seien die Mehrkosten durch einen Wahlarzt als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Die steuerliche Vertretung verwies darauf, dass aufgrund der Diagnose und der notwendigen Operation ihres Erachtens eine Krankheit vorliege, sodass die Kosten dafür als außergewöhnliche Belastung einzustufen seien. Die Behandlung durch einen Wahlarzt sei aus gesundheitlichen Gründen (Schmerzfreistellung des Patienten) erfolgt und könne (dürfe) keinen Einfluss auf die Beurteilung als außergewöhnliche Belastung haben. Dem Vorlageantrag wurde eine "Leistungsinformation für das Jahr 2018" der ***K*** Gebietskrankenkasse beigefügt, aus der unter anderem hervorgeht, dass diese die Kosten in Höhe von 3.068 € für einen Aufenthalt im ***G*** Krankenhaus ***F*** übernommen habe.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Mit Beschluss vom wurde der Bf aufgefordert bis spätestens eine Bestätigung der zuständigen Gebietskrankenkasse zu übermitteln, aus der hervorgeht, dass hinsichtlich der am ***OP-Datum*** im ***G*** Krankenhaus, ***Adresse***, am Bf vorgenommenen Operation (Hüfttotalendoprothese - HTEP) ein Operationstermin laut Beschwerde vom "erst nach einer Wartezeit von einem Jahr durchgeführt hätte werden können" und anhand ärztlicher Gutachten den Nachweis zu den aus triftigen medizinischen Gründen notwendigen Behandlungen im ***G*** Krankenhaus zu erbringen, wobei die triftigen medizinischen Gründe in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen (wie zum Beispiel in erwarteten medizinischen Komplikationen) bestehen müssen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung (wie zB im ***G*** Krankenhaus) eintreten würden.

Der Beschluss vom wurde bis dato nicht beantwortet.

Zu der von der steuerlichen Vertretung des Bf beantragten und am ***Datum1*** durchgeführten mündlichen Verhandlung erschien weder der Bf noch seine steuerliche Vertretung.

Der Vertreter der Abgabenbehörde führte in der mündlichen Verhandlung wie in den Schriftsätzen im bisherigen Verfahren aus und verwies zudem ergänzend auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/5100652/2021.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf arbeitete im Streitjahr 2018 als Polier bei einem Bauunternehmen. Der Familienwohnsitz des Bf befindet sich in ***I***. In ***Z***, Ortsgemeinde ***E*** in Kärnten hat der Bf seit 2013 einen Nebenwohnsitz.
Im Streitjahr 2018 befand sich die Arbeitsstätte des Bf für 13 Wochen (Jänner bis Mitte April) in ***B*** und für fünf Wochen (Anfang September bis Anfang Oktober) in ***C***. Die einfache Entfernung vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte in ***B*** beträgt 111 km, vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte in ***C*** 90 km.
Dass sich im Streitjahr 2018 im Einzugsbereich des Nebenwohnsitzes eine Arbeitsstätte des Bf befunden hätte, hat dieser weder behauptet noch befindet sich ein Hinweis dafür in den der Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen.

Außer Streit stehen Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.212 € und eine Spende an das Österreichische Rote Kreuz in Höhe von 10 €.

Im April 2018 wurde der Bf für neun Tage als Wahlarztpatient im ***G*** Krankenhaus, ***Adresse***, aufgenommen, wo er sich am ***OP-Datum*** einer Hüftoperation (HTEP Hüfttotalendoprothese) unterzog. Für die Operation am ***OP-Datum*** und den neuntägigen Aufenthalt vom ***Zeitraum*** im ***G*** Krankenhaus erwuchsen dem Bf Ausgaben in Höhe von 5.956 € (= 1.557,40 € + 1.598,60 € + 2.800 €):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechnungsdatum
Bezeichnung
Betrag
Honorarvorschreibung
Hospital BetriebsgmbH
Allg. techn. Honorar
1.557,40 €
Pflegegebührenabrechnung
***G*** Krankenhaus
Anstaltsgebühr und Kostenbeitrag
1.598,60 €
Honorarnote
Orthopädie ***I***
Operation
2.800,00 €
5.956,00 €

Dafür, dass eine Operation beim zuständigen Sozialversicherungsträger erst nach einer Wartezeit von einem Jahr durchgeführt hätte werden können und dass dem Bf ein konkreter, unmittelbar absehbarer gesundheitlicher Schaden gedroht hätte, wenn diese Operation in einer öffentlichen Krankenanstalt in der Allgemeinen Kasse durchgeführt worden wäre, gibt es keinen Beweis.

Insgesamt wurden im Streitjahr 2018 Ausgaben ("Krankheitskosten") in Höhe von 9.841,29 € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
lt Erklärung
***K***GKK
Bescheid
Beschwerde
Mundhygiene
90,00
90,00
Mundhygiene
90,00
90,00
Hüftoperation:
Dr. ***J***: Privatleistung
2.800,00
2.800,00
***G*** KH: Honorar
1.557,40
1.557,40
***G*** KH: Anstaltsgebühr
1.598,60
1.598,60
***G*** KH: Toast
7,60
0,00
***G*** KH
3,50
0,00
***G*** KH: Sandwich
2,60
0,00
***G*** KH
11,10
0,00
Physiotherapie
690,00
335,92
354,08
621,00
Porto - Einreichung ***K***GKK
3,65
3,65
3,65
Physiotherapie
650,00
56,66
593,34
650,00
Porto - Einreichung ***K***GKK
3,65
3,65
3,65
Zubehör für Rehab Hüfte, OP Hüfte:
Intersport: Langhantelstange, . . .
69,98
69,98
Gigasport: Radsocken + Trikot
99,98
99,98
Leiner: Bademantel
39,95
39,95
Intersport: Balancekissen
69,98
69,98
bständig: Krücken Leichtmetall
22,32
22,32
22,32
Leiner: Wohndecke
59,95
59,95
***V***-Apotheke
22,20
22,20
22,20
Delka: Freizeitschuh
67,90
67,90
***U***: Therapieartikel
37,00
37,00
37,00
***U***
69,00
69,00
69,00
***Y*** Apotheke
29,00
29,00
29,00
***H*** Apotheke
18,00
18,00
18,00
Rehab:
Rechnung ***T***
24,90
24,90
24,90
Rechnung Kurzentrum Selbstbehalt
418,11
418,11
418,11
Brille: Reparatur Brille - 2 Bügel
260,00
260,00
260,00
Brille: 1 Fassung + 2 Gläser
1.100,00
1.100,00
1.100,00
9.916,37
392,58
9.822,57
-392,58
-392,58
9.523,79
2.955,25
9.429,99
Fahrtspesen Krankenhaus: 979 km à 0,42 €/km
+411,30
9.841,29

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht von der Abgabebehörde übermittelten Unterlagen und der folgenden Beweiswürdigung:

2. Beweiswürdigung

Ausgaben für doppelte Haushaltsführung:
In der Beschwerde führte die steuerliche Vertretung des Bf bezüglich des Aufwandes für den Zweitwohnsitz des Bf aus, dass die Ausgaben für den berufsbedingten Zweitwohnsitz in ***E*** in Kärnten, in Höhe von 3.846 € nicht mehr wie im elektronisch eingebrachten Antrag auf ArbeitnehmerInnenveranlagung 2018 als Beiträge zur Wohnraumsanierung (Sonderausgaben), sondern nunmehr als Werbungskosten (doppelte Haushaltsführung) zu berücksichtigen seien. Alle anderen Kosten würden vom Dienstgeber getragen. Altersbedingt, verdienstmäßig und auf Grund der bestehenden Familienverhältnisse sowie der wechselnden Baustellen (inkl. Zweitwohnsitz) sei eine Verlegung des Wohnortes unzumutbar.
Bezüglich seiner Arbeitsstätten im Streitjahr 2018 führte der Bf in der Vorhaltsbeantwortung vom aus, dass sich diese für 13 Wochen (Jänner bis Mitte April) in ***B*** und für fünf Wochen (Anfang September bis Anfang Oktober) in ***C*** befunden hätten und die einfache Entfernung vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte in ***B*** 111 km, vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte in ***C*** 90 km betragen habe. Dass sich im Streitjahr 2018 auch Arbeitsstätten im Einzugsbereich seines Nebenwohnsitzes in Kärnten befunden hätten und der Bf somit wegen Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr von diesen zum Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort einen eigenen Haushalt begründet habe, ist dem Vorbringen des Bf nicht zu entnehmen.

Ausgaben für Operation:
In der Beschwerde führte die steuerliche Vertretung unter anderem aus, dass die Schmerzen der erkrankten Hüfte fast nicht mehr zu ertragen gewesen seien und eine Operation beim zuständigen Sozialversicherungsträger erst nach einer Wartezeit von einem Jahr durchgeführt hätte werden können. Der Bf habe sich daher entschlossen, die Operation durch seinen Wahlarzt durchführen zu lassen. Die gesetzliche Sozialversicherung habe auch für den Spitalsaufenthalt und die anschließende Rehab und die erforderlichen Behandlungen entsprechende Kostenersätze geleistet.
Im Vorlageantrag verwies die steuerliche Vertretung darauf, dass die Diagnose "Coxarthrose links fortgeschritten, rechts incipient" gelautet habe und da bei dieser Krankheit eine Heilung ausgeschlossen sei, könne nur durch das Einsetzen einer Hüfttotalendoprothese (Implantat) geholfen werden. Die Behandlung durch einen Wahlarzt sei aus gesundheitlichen Gründen (Schmerzfreistellung des Patienten) erfolgt.
Mit Beschluss vom wurde der Bf aufgefordert bis spätestens eine Bestätigung der zuständigen Gebietskrankenkasse zu übermitteln, aus der hervorgeht, dass hinsichtlich der am ***OP-Datum*** im ***G*** Krankenhaus, ***Adresse***, am Bf vorgenommenen Operation (Hüfttotalendoprothese - HTEP) ein Operationstermin "erst nach einer Wartezeit von einem Jahr durchgeführt hätte werden können" und anhand ärztlicher Gutachten den Nachweis zu den aus triftigen medizinischen Gründen notwendigen Behandlungen im ***G*** Krankenhaus zu erbringen, wobei die triftigen medizinischen Gründe in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen (wie zum Beispiel in erwarteten medizinischen Komplikationen) bestehen müssen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung (wie zB im ***G*** Krankenhaus) eintreten würden.
Die mit Beschluss vom angeforderten Unterlagen wurden nicht übermittelt und zur beantragten mündlichen Verhandlung erschien weder der Bf noch seine steuerliche Vertretung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe dafür einzeln anzuführen und zumindest glaubhaft zu machen sind.
Mit Beschluss vom wurde dem Bf Gelegenheit geboten, die bis dahin lediglich auf Behauptungen gestützten Vorbringen bezüglich der Dringlichkeit des Eingriffes, der Länge der Wartezeit für einen Operationstermin in einer öffentlichen Krankenanstalt und etwaiger, ernsthafter gesundheitlicher Nachteile, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden, zumindest glaubhaft zu machen. Es wäre also am Bf gelegen gewesen, schlüssig dazulegen, dass ihm ein konkret absehbarer gesundheitlicher Schaden gedroht hätte, wenn er wie andere Patienten mit gleicher Diagnose in einer öffentlichen Krankenanstalt in der Allgemeinen Klasse operiert worden wäre. Bestätigungen darüber, wie lange die Wartezeit auf einen Operationstermin in einer öffentlichen Krankenanstalt gedauert hätte, hat der Bf ebenso wenig beigebracht, wie Gutachten darüber, ob nur eine sofortige Operation Schäden verhindert hätte, die durch ein Warten entstehen hätten können. Bloße Behauptungen und Spekulationen über die Länge der Dauer der Wartezeit auf einen Operationstermin in einer öffentlichen Krankenanstalt, ohne Feststellungen über Umstände, welche eine sofortige Operation notwendig machen und dass eine öffentliche Krankenanstalt trotz derartiger Notwendigkeit trotzdem nicht unmittelbar operieren würde, sind nicht geeignet, den Beweis der Notwendigkeit der geltend gemachten Aufwendungen des Bf zu führen oder dies auch nur glaubhaft zu machen.

3. Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

3.1. Werbungskosten

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

3.1.1. Familienheimfahrten

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden: Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familien-wohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen
(Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit d angeführten Betrag übersteigen.

Aufwendungen für Familienheimfahrten des Arbeitnehmers von dem am Arbeitsort gelegenen Wohnsitz zum Familienwohnsitz sind unter jenen Voraussetzungen Werbungskosten, unter denen eine doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst gilt. Wie der Verwaltungs-gerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Arbeitsstätte vom Familienwohnort so weit entfernt ist, dass die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar ist, die Arbeitsstätte somit außerhalb des Einzugsbereiches des Familienwohnortes liegt und deswegen im Dienstort ein weiterer Wohnsitz begründet werden muss (vgl ).

Da sich im Streitjahr 2018 für 13 Wochen die Arbeitsstätte des Bf im 111 km vom Familienwohnsitz entfernten ***B*** und für 5 Wochen im 90 km vom Familienwohnsitz entfernten ***C*** befunden hat, die tägliche Rückkehr nicht mehr zumutbar war und die Arbeitsstätten somit außerhalb des Einzugsbereiches des Familienwohnsitzes lagen, sind die vom Bf als Werbungskosten geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 3.212 € in Abzug zu bringen.

3.1.2. Kosten für doppelte Haushaltsführung

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Arbeits(Tätigkeitsort)ort oder Beschäftigungsort ist nur jener Ort zu verstehen, der eine persönliche Anwesenheit zur Arbeitsleistung erfordert, sodass der Steuerpflichtige an diesem Ort wohnen muss. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen; die Gründe für die Beibehaltung sind daher jährlich von der Abgabenbehörde zu prüfen. Es ist Sache des Steuerpflichtigen der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegeben Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (vgl Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 16 Rz 56).

Im Hinblick darauf, dass der Bf nicht vorgebracht hat, dass sich im Streitjahr 2018 eine Arbeitsstätte im Einzugsbereich seines Nebenwohnsitzes in Kärnten befunden hätte, und sich auch kein diesbezüglicher Hinweis in den vom Bf der Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen befindet, ist davon auszugehen, dass im Streitjahr 2018 keine berufliche Veranlassung bestanden hat, seinen Nebenwohnsitz in Kärnten als Wohnsitz am Beschäftigungsort zu nutzen.

Da als abzugsfähige Kosten der Unterbringung am Arbeitsort nur die unvermeidbaren Mehraufwendungen in Betracht kommen, die dem Steuerpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (vgl ; vom , 95/14/0096), und im Streitjahr 2018 für den Bf keine berufliche Veranlassung bestanden hat, seinen Nebenwohnsitz in Kärnten als Wohnsitz am Beschäftigungsort zu nutzen, sind die vom Bf im Streitjahr 2018 als "Kosten für doppelten Haushaltsführung" geltend gemachten Ausgaben für Holzanstriche und Fassadenfarbe an seinem Nebenwohnsitz in Kärnten in Höhe von 3.846 € nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

3.2. Sonderausgaben

3.2.1. Wohnraumsanierung

Gemäß § 18 Abs 1 Z 3 lit c EStG 1988 sind folgende Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar

  • Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder

  • Herstellungsaufwendungen.

Mit Steuerreformgesetz (StRefG) 2015/16, BGBl I 2015/118, wurde die Abzugsfähigkeit von Beträgen iSd Z 3 lit c als Sonderausgaben dahingehend eingeschränkt, dass aufgrund von Bauausführungen oder Sanierungen, die nach dem begonnen worden sind, gezahlte Beträge ab dem nicht als Sonderausgaben abzugsfähig sind (vgl Jakom/Peyerl EStG 2018, § 18 Rz 91).

Da die vom Bf in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 als Sonderausgaben geltend gemachten Ausgaben für Holzanstriche und Fassadenfarbe in Höhe von 3.846 € laut handschriftlichem Vermerk ("Betrag dankend erhalten am ") auf der Rechnung vom nachweislich nach dem gezahlt wurden, sind diese aufgrund des Steuerreformgesetzes 2015/16 nicht als Sonderausgaben abzugsfähig

3.2.2. Freigebige Zuwendungen

Gemäß § 18 Abs 1 Z 7 lit b EStG 1988 sind freigebige Zuwendungen an begünstigte Körperschaften im Sinne des § 4a Abs 3 Z 2a, Z 4 bis 6, Abs 4a, Abs 5 und Abs 6 unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben abzugsfähig.

Das Österreichische Rote Kreuz ist eine begünstigte Körperschaft und scheint in der Liste der begünstigten Einrichtungen auf.

Der vom Bf laut Auftragsbestätigung vom an das Österreichische Rote Kreuz überwiesene Betrag in Höhe von 10 € ist als Sonderausgabe abzuziehen.

3.3. außergewöhnliche Belastungen

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs 2), zwangsläufig erwachsen (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Voraussetzung ist, dass sämtliche Merkmale des § 34 kumulativ vorliegen (). Die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung stellt keine Ermessensentscheidung dar () (vgl Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 34 Rz 5).
Gemäß Abs 3 leg cit erwächst dem Steuerpflichtigen eine Belastung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Tatsächliche Gründe für die Begründung der Zwangsläufigkeit bestehen bei Krankheit (; vom , 2012/15/0136; vom , 2007/13/0051) in der Regel generell, doch ist die Zwangsläufigkeit des Aufwandes stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen ().

Aufwendungen in Zusammenhang mit der Behandlung einer Krankheit, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen werden oder diese übersteigen, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann zwangsläufig, wenn sie aus medizinisch triftigen Gründen geboten sind (vgl ; vom , 85/14/0149; vom , 85/14/0181).
Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.
Da § 34 EStG 1988 eine Begünstigungsbestimmung ist, obliegt die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Bf.
Im gegenständlichen Beschwerdefall wurde beim Bf unstrittig eine Hüftoperation durchgeführt, jedoch ergibt sich aus den vom Bf der Behörde vorgelegten Unterlagen kein Nachweis, dass eine Durchführung des medizinischen Eingriffes in einer öffentlichen Krankenanstalt in der Allgemeinen Klasse zu ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen geführt hätte. Im Wesentlichen beschränkt sich das Vorbringen der steuerlichen Vertretung darauf, dass der Grund für die Durchführung der Operation im ***G*** Krankenhaus darin gelegen wäre, früher einen Operationstermin zu bekommen. Eine Bestätigung der zuständigen Sozialversicherung, dass die Operation - wie in der Beschwerde behauptet - erst nach einer Wartezeit von einem Jahr durchgeführt hätte werden können, wurde nicht erbracht. Ebenso wenig wurden Belege vorgelegt, die eine zwingende medizinische Notwendigkeit der Operation in einer Privatklinik durch den Arzt des Vertrauens des Bf darlegen.

Damit ist festzuhalten, dass es bei den durch die Operation des Bf im ***G*** Krankenhaus am ***OP-Datum*** entstandenen Aufwendungen in Höhe von 5.956 € (= 2.800 € + 1.557,40 € + 1.598,60 €) an der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs 3 EStG 1988 mangelt, weswegen diese nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs 2
in Verbindung mit Abs 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von mehr als 36.400 Euro 12 %. Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt (…) für jedes Kind (§ 106).

Die Berechnung des Selbstbehaltes in Höhe von 8.662,54 € ergibt sich wie folgt:


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Beträge in EUR
Erstbescheid
BVE
BFG
Bruttobezüge (210)
96.757,88
96.757,88
96.757,88
- Steuerfrei Bezüge (215)
1.032,00
1.032,00
1.032,00
- SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
11.166,42
11.166,42
11.166,42
- Übrige Abzüge (243)
192,00
192,00
192,00
- SV-Beiträge für sonstige Bezüge (225)
1.756,51
1.756,51
1.756,51
82.610,95
82.610,95
82.610,95
- Werbungskosten
132,00
3.212,00
3.212,00
- Sonderausgaben: Pauschbetrag
60,00
60,00
60,00
- Sonderausgaben: Kirchenbeitrag
278,60
278,60
278,60
- Sonderausgaben: Spende Rotes Kreuz
10,00
- Kinderfreibetrag gemäß § 106a (1) EStG
300,00
300,00
300,00
81.840,35
78.760,35
78.750,35
davon 11 % = Selbstbehalt
9.002,44
8.663,64
8.662,54


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Krankheitskosten laut Beschwerde (Tabelle Seite 11ff)
9.841,29 €
- Honorarvorschreibung Hospital BetriebsgmbH
1.557,40 €
- Pflegegebührenabrechnung ***G*** Krankenhaus
1.598,60 €
- Honorarnote Orthopädie ***I***
2.800,00 €
- 5.956,00 €
restliche Krankheitskosten
3.885,29 €

Im Hinblick darauf, dass die restlichen Krankheitskosten in Höhe von 3.885,29 € den Selbstbehalt in Höhe von 8.662,54 € nicht übersteigen, beeinträchtigen diese die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bf iSd § 34 Abs 4 EStG 1988 nicht wesentlich, und können daher nicht als außergewöhnliche Belastungen in Abzug gebracht werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

4. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob triftige medizinische Gründe für die Anerkennung von Krankheitskosten vorliegen, oder ob die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen glaubhaft gemacht worden sind, sind auf Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfragen, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Familienheimfahrten
Hüftoperation
außergewöhnliche Belastungen
Wohnraumsanierung
doppelte Haushaltsführung
trifitige medizinische Gründe
Selbstbehalt
Verweise
Jakom/Lenneis, EStG, 2018, § 16 Rz 56


Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 18 Rz 91

Jakom/Peyerl EStG, 2018, § 34 Rz 5













ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100559.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at