Werbungskosten (Arbeitsmittel, Reiseaufwendungen, Familienheimfahrten) eines Lkw-Fahrers
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem am Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) war im Jahr 2019 bei der Firma F. in Österreich als Dienstnehmer (Lkw-Fahrer) beschäftigt. In der beim Finanzamt eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2019 (eingelangt beim Finanzamt am ) machte der Bf. Aufwendungen für Arbeitsmittel, beruflich veranlasste Reisekosten und Kosten für Familienheimfahrten als Werbungskosten geltend.
Im Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde der Bf. hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen aufgefordert, die Belege und eine Kostenaufstellung dem Finanzamt zu übermitteln und beim Bf. angefragt, ob "dafür Förderungen oder Zuschüsse gewährt" worden seien. In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens (Antwortschreiben vom , eingegangen beim Finanzamt am ) übermittelte der Bf. dem Finanzamt eine datums- und betragsmäßig aufgegliederte Kostenaufstellung hinsichtlich diverser Aufwendungen (675,55 Euro) und hinsichtlich als Übernachtungskosten bezeichnete Aufwendungen (382,57 Euro), sowie eine Aufstellung der monatlich vom Dienstgeber "steuerfrei" an den Bf. im Jahr 2019 ausbezahlten Reisekostenersätze (8.551,77 Euro), welche (drei) Beträge laut Kostenaufstellung in der eingereichten Einkommensteuererklärung 2019 in dem unter dem Titel "Beruflich veranlasste Reisekosten" angeführten Betrag von 9.500,00 Euro enthalten sind (675,55 Euro + 382,57 Euro + 8.551,77 Euro = 9.609,89 Euro, als "Beruflich veranlasste Reisekosten" mit dem Betrag von 9.500 Euro geltend gemacht). Zusätzlich in der Kostenaufstellung sind nicht näher aufgegliederte Arbeitsmittel mit einem Betrag in Höhe von 110,00 Euro angeführt (in der eingereichten Einkommensteuererklärung unter der Position "Arbeitsmittel" geltend gemacht). Beigebracht wurde weiters eine rechnerische Darlegung über die Höhe der beanspruchten Werbungskosten aus dem Titel von Familienheimfahrten (5.257,20 Euro). Belege oder sonstige Nachweise waren dieser Eingabe nicht angeschlossen.
2. Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom hat das Finanzamt die vom Bf. geltend gemachten Werbungskosten nicht zuerkannt. Begründend führte das Finanzamt dazu aus, dass die beantragten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden konnten, weil die geforderten Beweismittel (Rechnungen, usw.) nicht vorgelegt worden seien. "Die beantragten Taggelder (€ 8.551,77) wurden bereits bei den steuerfreien Kostenersätzen §26 im Lohnzettel berücksichtigt."
3. In der dagegen vom Bf. fristgerecht erhobenen Beschwerde vom wurde folgende Begründung angeführt: "Begründung: die geforderten Beweismittel {Rechnungen etc.) wurden wegen des hohen Aufwandes nicht vorgelegt, wir hatten jedoch passende Kostenaufstellungen dem Ersuchen um Ergänzung vom mit Schreiben vom vorgelegt. Wir fügen diese Aufstellung nochmals dieser Beschwerde bei sowie entsprechende Belege. Allerdings muss festgehalten werden, dass wir nur in Konsequenz zu den angegebenen Familienheimfahrten von Ort-Ö nach Ort-D mit 674 km x 2 (Hin-und Rückfahrt) = 1.348 km x 13 Wochenenden = 17.524 km x 0,30 €/km = 5.257,20 € hierzu keine weiteren Belege vorlegen, da sich dieses aus dem Einkommensteuergesetz ergibt. Arbeitsmittel sind pauschal mit 110,00 € angegeben, der Rest von 9.500.00 € ergibt sich aus den beigefügten Belegen." Im Zuge der Einbringung der Beschwerde vom wurden seitens des Bf. hinsichtlich der geltend gemachten Werbungskosten die vom Finanzamt (bereits) mit Ergänzungsersuchen vom angeforderten Belege beim Finanzamt (in Kopie) eingereicht.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die dazu vom Finanzamt angeführte Begründung lautet:
"Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie haben vom Arbeitgeber steuerfreie Reisekosten in Höhe von € 8.551,77 erhalten. Diese steuerfreien Lohnbestandteile sind keine Reisekosten im Sinne des § 16 EStG 1988, denn es handelt sich nicht um Aufwendungen oder Ausgaben, die Sie getätigt haben, sondern um Einkünfte, die Sie erhalten haben. Würden die Reisekosten anerkannt werden, so hätten Sie einen doppelten steuerlichen Vorteil. Das ist nicht zulässig. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für die Lebensführung nicht abzugsfähig. Das gilt selbst dann, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen oder sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Daher können keinesfalls Kosten für Reinigungsmitte, Lampen, Wasserkanister, Buchkalender, Lederhandschuhe, Vorratsdose etc. etc. anerkannt werden. Auch pauschale Werbungskosten ohne Nachweis können nicht berücksichtigt werden.
Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 gesetzten Grenzen Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Sie verfügen nicht über einen doppelten Haushalt, weswegen schon alleine deswegen keine Voraussetzung für eine doppelte Haushaltsführung vorliegen. Damit ist das Schicksal der beantragten Kosten für Familienheimfahrten schon entschieden.
Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen."
5. In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom wurde unter Wiederholung der Begründungsausführungen in der Beschwerde vom ergänzend vorgebacht, dass der Bf. "natürlich keinen angemeldeten 2ten Wohnsitz hat, da sein LKW sein 2tes Zuhause ist. Das heißt, dass Herr A. (Bf.) den von ihm genutzten LKW in Ort-Ö abstellt und sodann von dort seine Familienheimfahrten mit seinem PKW antritt und nach Rückkehr die Fahrzeuge wechselt. Dies ist unter Fernfahrern durchaus üblich und führt zur Anerkennung der Familienheimfahrten - wie beantragt."
6. Der eingebrachte Vorlageantrag wurde vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ). In der Stellungnahme zum Vorlageantrag wurde seitens des Finanzamtes auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt, Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung
Der alleinstehende (ledige) Bf. hatte 2019 seinen Wohnsitz in Deutschland (Ort-D) und war/ist seit 2019 bei der Firma F. (Ort-Ö) in Österreich als Dienstnehmer (Lkw-Fahrer) tätig (Bezugszeitraum laut übermitteltem Lohnzettel: bis ). Während seiner Arbeitszeiten beim österreichischen Dienstgeber benutzte der Bf. den Lkw als Schlafstelle. Im Jahr 2019 ist der Bf. mit seinem Pkw an 13 Wochenenden vom österreichischen Firmenstandort zu seinem deutschen Wohnsitz und retour (Fahrtstrecke für Hin- und Rückfahrt laut Angaben des Bf. jeweils 1.348 km) gefahren. Diese Fahrstrecke wurde durch die vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Internet-Abfrage (Routenplaner: https://www.viamichelin.at/) bestätigt (einfache Fahrstrecke: 676.5 km). Weiters ergibt sich dieser Sachverhalt widerspruchsfrei aus der vorliegenden Aktenlage.
Strittig im gegenständlichen Verfahren ist die Frage der Anerkennung von Aufwendungen für Arbeitsmittel (110,00 Euro), von beruflich veranlassten Reisekosten (9.500,00 Euro; laut Aktenlage bzw. Kostenaufstellung des Bf. sind im Betrag von 9.500 Euro enthalten: 8.551,77 Euro entsprechend der vom Dienstgeber an den Bf. nach § 26 Z 4 EStG 1988 geleisteten Reisekostenersätze, 675,55 Euro für diverse in der vom Bf. beigebrachten Kostenaufstellung angeführte Aufwendungen und 382,57 Euro für in der Kostenaufstellung des Bf. mit "div. Belege Übernachtungskosten lt. Aufstellung" bezeichnete Aufwendungen; - 8.551,77 Euro + 675,55 Euro + 382,57 Euro = 9.609,89 Euro, vom Bf. als "Beruflich veranlasste Reisekosten" mit einem Betrag von 9.500,00 Euro geltend gemacht) und von Kosten für Familienheimfahrten (5.257,20 Euro) als Werbungskosten. Sämtliche dieser vom Bf. geltend gemachten Werbungskosten wurden vom Finanzamt (vollumfänglich) nicht als Werbungskosten zuerkannt.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 16 Abs. 1 EStG 1988).
Werbungskosten sind Ausgaben, die durch die auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte ausgerichtete Tätigkeit veranlasst sind. Damit Aufwendungen als Werbungskosten steuerlich in Abzug gebracht werden können, müssen sie mit der Einkünfteerzielung in einem nach außen in Erscheinung tretenden objektiven Zusammenhang stehen und gleichzeitig subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden. Werbungskosten können nur geltend gemacht werden, wenn ein Zusammenhang mit der eigenen beruflichen Tätigkeit des/der Steuerpflichtigen vorliegt. Andererseits dürfen die Aufwendungen nicht zu den Kosten der Lebensführung des/der Arbeitnehmers/-in (§ 20 Abs 1 Z 2) gehören (vgl. Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 - Kommentar, Tz 21, 27f und 77 zu § 16 EStG).
Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (; Quantschnigg, RdW 1992, 384). Der/die Steuerpflichtige muss die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen (bei nichtselbständigen Einkünften insbesondere im Rahmen des Veranlagungsverfahrens nach § 41) aber über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen (vgl. Sutter/Pfalz in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 - Kommentar, Tz 98 zu § 16 EStG, uHa , und § 4 Abs 4 zu Betriebsausgaben).
Davon ausgehend ist hinsichtlich der vom Bf. beantragten Aufwendungen für Arbeitsmittel (110,00 Euro) dem Finanzamt zuzustimmen, wenn diesen Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2019 der Abzug versagt wurde, da für pauschal ohne jeglichen Nachweis geltend gemachte Aufwendungen ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist.
Nach § 26 Z 2 EStG 1988 gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder) und Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersätze).
Nach § 26 Z 4 EStG 1988 gehören nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden.
In der eingereichten Einkommensteuererklärung 2019 hat der Bf. Werbungskosten unter dem Titel "Beruflich veranlasste Reisekosten" (9.500,00 Euro) geltend gemacht. Unstrittig dazu ist, dass dem Bf. vom Dienstgeber nicht steuerbare Reisekostenersätze nach § 26 Z 4 EStG 1988 in Höhe von 8.551,77 Euro ausbezahlt wurden, welcher Betrag laut Kostenaufstellung des Bf. in genau derselben Höhe (8.551,77 Euro) in der Einkommensteuererklärung 2019 unter der Position "Beruflich veranlasste Reisekosten" (9.500,00 Euro) geltend gemacht wurde. Auszugehen ist somit davon, dass es sich hinsichtlich des Betrages von 8.551,77 Euro um jene vom Bf. geltend gemachten Reisekosten handelt, die vom Arbeitgeber nicht steuerbar (ohne Lohnsteuerabzug) ersetzt wurden. Anderes bzw. dass andere Reisekosten vorliegen würden, als für welche der Dienstgeber dem Bf. Reisekostenersätze bezahlt hat, wurde vom Bf. nicht vorgebracht und ist aus den vorliegenden Belegen auch nicht erkennbar. Somit ist § 20 Abs. 2 EStG 1988 zu beachten, wonach bei der Ermittlung der Einkünfte u.a. Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden dürfen, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Eine Berücksichtigung des Betrages von 8.551,77 Euro beim Bf. (zusätzlich) als Werbungskosten im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung kommt somit nicht in Betracht. Dies auch schon deshalb, da dem Bf. diesbezüglich kein tatsächlicher Aufwand entstanden ist. Ersätze, die der Arbeitgeber gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 leistet, vermindern den jeweils abzugsfähigen Aufwand (vgl. zB Lenneis in Jakom EStG, 14. Aufl. (2021), § 16 Rz 45).
In der eingereichten Einkommensteuererklärung hat der Bf. weitere Aufwendungen (diverse Aufwendungen von 675,55 Euro und Übernachtungskosten von 382,57 Euro) entsprechend der dem Finanzamt übermittelten Kostenaufstellung unter dem Titel "Beruflich veranlasste Reisekosten" als Werbungskosten geltend gemacht.
Hinsichtlich der vom Bf. geltend gemachten Übernachtungskosten ergibt sich aus den dazu dem Finanzamt übermittelten Belegen, dass es sich dabei um Parkaufwendungen (Parkgebühren) handelt, die im Rahmen von Lkw-Fahrten angefallen sind. Bei diesen Parkgebühren handelt es sich um typisch im Interesse des Dienstgebers verausgabte Beträge, die regelmäßig vom Arbeitgeber getragen werden, wobei weiters solche Erstattungen durch den Dienstgeber an den Dienstnehmer nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen bzw. davon auszugehen ist, dass die Erstattungen an den Dienstnehmer ohne (Lohnsteuer-)Kürzung in voller Höhe vorgenommen werden (Behandlung als durchlaufende Posten [= Beträge, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, vgl. § 4 Abs. 3 EStG 1988] oder Behandlung als nicht steuerbare Bezugsteile nach § 26 Z 2 EStG 1988). Der Bf. wurde seitens des Finanzamtes aufgefordert, dem Finanzamt mitzuteilen, ob Ersatzzahlungen bezüglich der geltend gemachten Werbungskosen geleistet worden sind. Diese Frage ließ der Bf. allerdings im gesamten Veranlagungsverfahren unbeantwortet. Mangels Nachweisführung und auch Glaubhaftmachung dahingehend, dass hinsichtlich dieser geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich abzugsfähige Werbungskosten vorliegen, ist eine Berücksichtigung als Werbungskosten nicht zulässig.
Die Nichtabzugsfähigkeit des Betrages von 675,55 Euro (diverse Aufwendungen laut Kostenaufstellung) wurde vom Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom mit der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Z1 lit. a EStG 1988 begründet. Nach § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Z 1) und Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Z 2 lit. a).
Aus den vorliegenden Belegen ergibt sich, dass Aufwendungen von 191,54 Euro (Belege 2019: 09.07./4,99 Euro, 08.03./12,98 Euro, 26.02./3,75 Euro, 17.07./69,93 Euro, 13.05./39,99 Euro, 22.11./59,90 Euro) dem Privatbereich des Bf. (Bekleidungsstücke) zuzuordnen sind. Es handelt sich dabei um solche bürgerliche Bekleidung, die - auch vor dem Hintergrund des Aufteilungs- und Abzugsverbotes nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 - selbst dann nicht zur steuerlich berücksichtigungsfähigen Arbeitskleidung wird, wenn sie bei der Berufsausübung getragen wird (vgl. zB , mwN). Dafür ist somit ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Hinsichtlich der weiteren Aufwendungen erscheint eine betriebliche bzw. berufliche Veranlassung unter Berücksichtigung der Tätigkeit als Lkw-Fahrer dem Grunde nach plausibel. Auch wenn der Bf. diesbezüglich keine Angaben über eine (nicht dem Lohnsteuerabzug unterzogene) Erstattung seitens des Dienstgebers gemacht hat, erscheint es dem Bundesfinanzgericht nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der Bf. solche Aufwendungen teilweise (endgültig) selbst getragen hat. Dem Bundesfinanzgericht erscheint schätzungsweise ein diesbezüglicher Werbungskostenabzug von 200,00 Euro noch als annehmbar.
Die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe von 5.257,20 Euro ergäben sich laut den Beschwerdeausführungen aus "Familienheimfahrten von Ort-Ö nach Ort-D mit 674 km x 2 (Hin-und Rückfahrt) = 1.348 km x 13 Wochenenden = 17.524 km x 0,30 €/km = 5.257,20 €" (Beschwerde vom ). Die Versagung der beantragten Kosten für Familienheimfahrten wurde vom Finanzamt damit begründet (Beschwerdevorentscheidung vom ), dass der Bf. nicht über einen doppelten Haushalt verfüge. Im Vorlageantrag vom wurde vom Bf. dagegen eingewendet, dass er "natürlich keinen angemeldeten 2ten Wohnsitz hat, da sein LKW sein 2tes Zuhause ist." Der Bf. würde den von ihm genutzten Lkw in Ort-Ö abstellen und sodann von dort seine Familienheimfahrten mit seinem Pkw antreten und nach Rückkehr die Fahrzeuge wechseln.
Unterhält der Steuerpflichtige neben seinem primären Wohnsitz (Familienwohnsitz) einen zweiten Wohnsitz am Ort der Erwerbstätigkeit, dann sind die Aufwendungen für den zweiten Wohnsitz als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der zweite Wohnsitz (Doppelwohnsitz) beruflich bedingt ist. Die Begründung und Beibehaltung eines eigenen Haushaltes im Bereich des Beschäftigungsortes bei gleichzeitiger Beibehaltung des primären Wohnsitzes (Familienwohnsitzes) ist als beruflich veranlasst anzusehen, wenn der Beschäftigungsort so weit vom primären Wohnsitz entfernt ist, dass dem Steuerpflichtigen eine tägliche Rückkehr nicht zumutbar ist und wenn dem Steuerpflichtigen zudem auch die Verlegung des primären Wohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann (und der primäre Wohnsitz/Familienwohnsitz außerhalb des Beschäftigungsortes beibehalten wird; vgl. Zorn in EStG: Kommentar, Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 16 Tz 201, uHa grundsätzlich ).
Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte eine Entfernung von 130 km zwischen Arbeitsstätte und Familienort als jedenfalls unzumutbar (vgl. ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage des Abzugs von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten ausgesprochen, es entspreche nicht der Rechtslage, dass "beim Berufswohnsitz eines Steuerpflichtigen für die Anerkennung der Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung ein eigener Hausstand im Sinne des § 4 Abs. 2 Pendlerverordnung erforderlich sei" (). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch - unter Bezugnahme auf die deutsche Rechtslage - ausgesprochen (): "Vorweg ist insoweit, als sich die belangte Behörde in ihren Rechtsausführungen auf Judikatur des BFH bezieht, auf deren positivrechtliche Grundlage in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 dEStG hinzuweisen. Eine doppelte Haushaltsführung im Sinne dieser Bestimmung liegt danach nur vor, wenn der Arbeitnehmer "außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält," beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort "wohnt". Diese oder eine gleichlautende Regelung steht in Österreich nicht in Geltung, und das Gesetz stellt auch nicht explizit auf das Vorliegen einer "doppelten Haushaltsführung" ab. Zu prüfen ist, wie in der Darstellung der Rechtsgrundlagen auch im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck kommt, das Vorliegen von "Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen" gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 unter Berücksichtigung der im vorliegenden Zusammenhang vor allem zu beachtenden Abzugsverbote des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a und e EStG 1988."
Das Bundesfinanzgericht hat erkannt, dass die Aufwendungen für Familienheimfahrten auch bei einer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Schlafstelle bzw. bei Nächtigungen eines Lkw-Fahrers in der Schlafkabine des Lkw´s unter Beachtung der betragsmäßigen Beschränkung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 zuzuerkennen sind, wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen (vgl. zB ; ; ).
Davon ausgehend ist das Bundesfinanzgericht auch für den gegenständlichen Beschwerdefall der Rechtsansicht, dass beruflich veranlasste Aufwendungen für Familienheimfahrten gegeben sein können, auch wenn keine Aufwendungen für eine Wohnung im Bereich des Beschäftigungsortes anfallen (vgl. auch Zorn in EStG: Kommentar, Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 16 Tz 202/25; Schubert in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 16 Anm 27 (Stand , rdb.at).
Kosten für Familienheimfahrten können auch bei einem Alleinstehenden abziehbar sein. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit eigenem Hausstand können "für eine gewisse Übergangszeit" Aufwendungen für ein möbliertes Zimmer am Beschäftigungsort als Werbungskosten anerkannt werden. Für diese Übergangszeit können bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer mit einer Wohnung im Heimatort auch Aufwendungen für Heimfahrten Berücksichtigung finden, weil diesem Arbeitnehmer zuzubilligen ist, in gewissen Zeitabständen, etwa monatlich in seiner Wohnung nach dem Rechten zu sehen. Anderes gilt allerdings, wenn es bereits zu einer Verlegung des (Familien)Wohnsitzes an den Arbeitsort gekommen ist (vgl. , uHa Vorjudikatur). Es kommt auf die Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Hauptwohnsitzes an (vgl. ; ). Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. zB , unter Hinweis auf Vorjudikatur). Auf Grundlage dieser Ausführungen gelangt das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass die dem Bf. für monatliche (Familien-)Heimfahrten entstandenen Aufwendungen für das gegenständliche Streitjahr dem Grunde nach zuzuerkennen sind. Zu beachten ist, dass die Absetzbarkeit von Familienheimfahrten betragsmäßig eingeschränkt ist. Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abgezogen werden, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag (3.672 € jährlich) übersteigen. In diesem Umfang (Anerkennung von Familienheimfahrten bzw. Werbungskosten von 3.672,00 Euro für das Jahr 2019) war der Beschwerde somit teilweise stattzugeben. Im Rahmen der gegenständlichen Beschwerdeentscheidung waren somit seitens des Bundesfinanzgerichts gegenüber dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2019 zusätzlich 3.872 Euro (= 200,00 plus 3.672,00) als Werbungskosten zuzuerkennen.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 161 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Familienheimfahrten Lkw-Fahrer doppelte Haushaltsführung |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100189.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at