Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.11.2021, RV/3100702/2018

NoVA-Vergütung bei widerrechtlicher Verwendung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb1***, gegen den von der belangten Behörde ***FA***, nunmehr Finanzamt Österreich, am ausgefertigten Bescheid, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe gemäß § 12a NoVAG abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

  • Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert. Die mit dem am ausgefertigten Bescheid über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Februar 2016 mit € 4.046.,40 festgesetzte Normverbrauchsabgabe wird mit einem Betrag in Höhe von € 2.785,71 vergütet.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid die Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum Februar 2016 mit € 4.046,80 festgesetzt und er Beschwerdeführerin vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin habe ihren Hauptwohnsitz am in Österreich angemeldet und das Fahrzeug der Marke Mercedes Benz, E 220Blue TEC 4MATIC mit der Fahrgestellnummer ***1*** seither überwiegend in Österreich verwendet.

2. Mit dem am eingebrachten Formular NoVA 2 beantragte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin die Vergütung der Normverbrauchsabgabe in Höhe von € 2.785,71.

3. Die belangte Behörde hat den Vergütungsantrag mit dem am ausgefertigten Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend führte sie aus, die Voraussetzungen gemäß § 12a Abs. 1 NoVAG seien nicht gegeben.

4. Gegen den diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben ihrer steuerlichen Vertretung vom das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde erhoben. in der mit Schriftsatz vom nachgereichten Beschwerdebegründung führt sie aus (kursive Schreibweise im Original):

Die Beschwerde richtet sich gegen Abweisung des Antrages auf NoVA- Rückvergütung gern. § 12a NoVAG mit der Begründung, die Voraussetzungen gemäß § 12a Abs. 1 NoVAG seien nicht gegeben.

Als steuerbarer Vorgang nach dem NoVAG gemäß § 1 Z 3b NoVAG ist auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland als erstmalige Zulassung zu beurteilen, wenn es nach dem Kraftfahrzeuggesetz zuzulassen wäre.

Abgabenschuldner gemäß § 4 Z 3 NoVAG ist im Falle der Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrzeuggesetz zuzulassen wäre (§1 Z 3), der Zulassungsbesitz und derjenige, der das Fahrzeug verwendet als Gesamtschuldner (§6 Abs. 1 BAO).

Wesen der Gesamtschuld ist, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen der Gesamtschuldner geltend machen darf (vgl. Ritz, BAO6, § 6 Tz 2).

Unserer Mandantin, Frau ***Bf1***, wurde mit Bescheid vom die NoVA gern. § 1 Ziffer 3 NoVAG vorgeschrieben. Frau ***Bf1*** war nicht Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Leasingfahrzeuges Mercedes-Benz E 220 BlueTEC 4 MATIC, sondern hat das Fahrzeug im Inland verwendet. Die Abgabe wurde von ihr als Verwenderin, somit im Rahmen der Gesamtschuld entrichtet.

Gemäß § 12a NoVAG wird auf Antrag die NoVA vergütet,

wenn ein Fahrzeug

  • durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

  • durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

  • nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert wird.

Für den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt käme nur der 1. Teilstrich zur Anwendung, da die Mandantin weder befugte Fahrzeughändlerin noch gewerbliche Vermieterin ist.

Die Einschränkung des Vergütungsanspruches für Private nur auf den Zulassungsbesitzer widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz und kann nicht im Sinne des Gesetzgebers liegen.

§ 12a NoVAG wurde mit dem BGBl. I Nr. 118/2015 abgeändert. Ab ist es damit auch Privaten möglich, den Anspruch auf Vergütung der NoVA zu erhalten, wenn das Fahrzeug nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert wird.

Diese Änderung wurde auf Grund der VfGH Entscheidung 153/2014 vom notwendig, da der VfGH in der bisherigen Rechtsnorm eine Unsachlichkeit im Ausschluss der Vergütung der Normverbrauchsabgabe für Private und das Fahrzeug überwiegend privat nutzende Unternehmer anlässlich einer Veräußerung des Kfz ins Ausland sah.

Diese Unsachlichkeit würde sich nun trotz geänderter Textierung wiederholen. Damit verletzt § 12a NoVAG den Gleichheitsgrundsatz gern. Art. 7 Abs. 1 B-VG und gem. Art. 2 STGG.

Dem Gesetzgeber verbietet der Gleichheitsgrundsatz, Gleiches ohne hinreichenden Grund ungleich zu behandeln, dh sachlich nicht zu rechtfertigende Differenzierungen zu treffen.

Würde man die NoVA zwar als Gesamtschuldner dem Verwender gem. § 1 Z 3 vorschreiben können, ihm aber die Möglichkeit der Rückvergütung im Falle einer nachweislichen Verbringung oder Lieferung ins Ausland verwehren und diese Möglichkeit nur auf den Zulassungsbesitzer einschränken, wäre das unsachlich.

Auch der Zulassungsbesitzer kann keinen Anspruch auf Rückzahlung geltend, da er keine NoVA bezahlt hat bzw. dieses auf dem Steuerkonto des Verwenders verbucht ist.

Dadurch wird auch das Grundrecht auf Eigentum verletzt.

Art. 5 StGG erklärt das Eigentum als unverletzlich. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSIg. 10.337/1985, 10.362./1985, 11.470.71987 ua.), welche sich ebenso auf die Abweisung von Anträgen auf Rückerstattung bereits bezahlter Abgabenbeträge bezieht (VfSIg. 12.341/1990), ist ein Eingriff dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht, im verfahrensgegenständlichen Sachverhalt verletzt § 12a NoVAG den Gleichheitsgrundsatz, (vgl. VfGH B588/01 vom ).

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Beschwerdefall werde lediglich die Verfassungswidrigkeit des § 12a NoVAG behauptet, weshalb gemäß § 262 Abs. 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen sei.

II. Rechtliche Beurteilung

1. § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 idF BGBl. I Nr. 118/2015 lautet:

Wird ein Fahrzeug

  • durch den Zulassungsbesitzer selbst nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

  • durch einen befugten Fahrzeughändler nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert

  • nach Beendigung der gewerblichen Vermietung im Inland durch den Vermieter nachweislich ins Ausland verbracht oder geliefert,

dann wird auf Antrag die Abgabe vom nachweisbaren gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung zum Verkehr im Inland vergütet, wenn die Fahrgestellnummer (die Fahrzeugidentifizierungsnummer) bekanntgegeben wird und wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Antrages in der Genehmigungsdatenbank gemäß § 30a KFG 1967 gesperrt und nicht im Inland zum Verkehr zugelassen ist. Die Höhe der Vergütung ist mit dem Betrag der tatsächlich für das Fahrzeug entrichteten Normverbrauchsabgabe begrenzt.

2. Strittig ist im Beschwerdefall nur, ob die Beschwerdeführerin, im Sinne des § 12a Abs. 1 NoVAG 1991 vergütungsberechtigt ist. Nach der vom Bundesfinanzgericht vertretenen Rechtsansicht ist in Fällen einer widerrechtlichen Verwendung von Fahrzeugen mit ausländischen Kennzeichen (§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991) Zulassungsbesitzer im Sinne des § 12a Abs. 1 erster Teilstrich NoVAG 1991 nicht jene Person, die (laut ausländischem Recht) als solcher zu beurteilen ist, sondern jene Person, auf die das Fahrzeug nach dem österreichischen Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, und der die Normverbrauchsabgabe vorgeschrieben wurde (, mwN). Im vorliegenden Fall ist daher die Beschwerdeführerin als "Zulassungsbesitzer" im Sinne des § 12a Abs. 1 erster Teilstrich NoVAG 1991 jene Person, der die Normverbrauchsabgabe auf Antrag zu vergüten ist. Eine andere Auslegung des Begriffes "Zulassungsbesitzer" würde der ständigen Rechtsprechung des EuGH widersprechen, der aus den Grundfreiheiten ableitet, dass Zulassungssteuern im Anwendungsbereich der Grundfreiheiten nur proportional zur Dauer der inländischen Nutzung von Kraftfahrzeugen erfolgen dürfen bzw. erhoben werden dürfen [, Cura Anlagen GmbH; , Van Putten; , Kommission/Irland; vgl. auch Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2017) Einführung Rz 82 ff]. Folgt man der Rechtsansicht des Finanzamtes würde der NoVA im Fall einer Tatbestandsverwirklichung nach § 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 mangels Vergütungsmöglichkeit an den inländischen Verwender Pönalcharakter zukommen. Ein derartiges Ergebnis wäre weder sachgerecht noch verhältnismäßig, soll doch der Normverbrauchsabgabe die Dauer der inländischen Nutzung eines Kraftfahrzeuges zugrunde liegen (). Für die dargelegte Auslegung des Begriffes "Zulassungsbesitzer" spricht zudem der Umstand, dass nach dem Gesetzeswortlaut (§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991) als erstmalige Zulassung auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland gilt, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen gewesen wäre (). Der Verbrauchsteuercharakter der Normverbrauchsabgabe (, Cura Anlagen GmbH; , Weigel/Weigel; ) spricht ebenso für die Gewährung einer Vergütung Normverbrauchsabgabe auch in Fällen einer widerrechtlichen Verwendung (). Diese Rechtsansicht wird nunmehr auch von der Finanzverwaltung vertreten (KfzBStR 2021 Rz 1272, Richtlinie des 2021-0.410.665, BMF-AV Nr. 89/2021).

3. Nachdem von der belangten Behörde keine Einwendungen gegen die Berechnung des Vergütungsbetrages vorgebracht wurden, war spruchgemäß zu entscheiden, der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO abzuändern unddie Normverbrauchsabgabe antragsgemäß zu vergüten.

III. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage, ob auch in Fällen einer widerrechtlichen Verwendung Normverbrauchsabgabe vergütet werden kann, liegt keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12a Abs. 1 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Verweise
KfzBStR 2021, Kraftfahrzeugbesteuerungsrichtlinien 2021 Rz 1272





ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100702.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at