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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.12.2021, RV/7100226/2021

Glücksspielabgabe auf virtuelle Hunderennen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache Mag. Mirko Matkovits als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren der **V**, Colmarplatz 1, 7000 Eisenstadt, über die

Beschwerde vom gegen die

  • Glücksspielabgabebescheide (Festsetzung gemäß § 201 BAO) vom , für den Zeitraum 03.2018-08.2019 und gegen die

  • Glücksspielabgabebescheide (Festsetzung gemäß § 201 BAO) vom , für den Zeitraum 09.2019-07.2020 sowie über die

Beschwerde vom gegen den

  • Glücksspielabgabebescheid (Festsetzung gemäß § 201 BAO) vom , für den Zeitraum 08.2020,

alle Bescheide erlassen vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr zuständig: Finanzamt Österreich), zu Recht:

I. Die angeführten Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom ***, ***, wurde über das Vermögen der **V** Trading s.r.o, (der vormaligen Beschwerdeführerin), **Adresse**, Tschechische Republik, mit inländischer Zweigniederlassung in **Adresse**, das Insolvenzverfahren eröffnet und Mag. Mirko Matkovits zum Insolvenzverwalter bestellt.

Am erfolgte die Bekanntmachung, dass die Zweigniederlassung von **V** in **Adresse** bereits im Konkursverfahrenseröffnungszeitpunkt geschlossen war und geschlossen bleibt.

Vom Insolvenzverwalter Mag. Mirko Matkovits wurde am angezeigt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen (Masseunzulänglichkeit).

**V** (im Folgenden: **V**) war Anbieterin und Vermittlerin von den Spielgeräten "**M**" und "**S**". Daneben wurden auch Provisionserlöse aus Sportwetten erzielt.

Ab erfolgten durch **V** für die Monate März 2018 bis März 2020 und Mai 2020 bis August 2020 "vorsorgliche Offenlegungen iSd § 29 FinStrG" betreffend die Glücksspielabgabe. Darin gab **V** bekannt, dass es sich bei den Spielen "**M**" und "**S**" ihrer Meinung nach um Geschicklichkeitsspiele handle. Dabei wurden die Einsätze und Auszahlungen für die oben genannten Zeiträume getrennt nach den Spielen "**M**" und "**S**" offengelegt. In den Offenlegungen wurde jeweils ein Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Glücksspielabgabe gemäß § 201 Abs 3 Z 1 BAO gestellt. **V** übermittelte an die belangte Behörde zusätzlich Typengutachten vom und des gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Ing *****T**(in Folge: Ing **T**) über Einsatz und Funktionsweise der Spielgeräte "**M**" und "**S**".

Mit nachfolgend angeführten Bescheiden setzte die belangte Behörde die Glücksspielabgabe wie folgt fest:

  • Bescheid vom betreffend März 2018 bis August 2019 in Höhe von gesamt EUR 3.037.475,40

  • Bescheid vom betreffend September 2019 bis Juli 2020 in Höhe von gesamt EUR 1.568.016,75

  • Bescheid vom betreffend August 2020 in Höhe von EUR 153.790,24.

In den Bescheidbegründungen vom und brachte die belangte Behörde ihre Auffassung zum Ausdruck, dass auf den Geräten "**M**" und "**S**" Ausspielungen nach § 2 Abs 1 GSpG erfolgt seien und es sich bei diesen um Glücksspielgeräte nach § 1 Abs 1 GSpG handle. Sie begründete dies mit den gutachterlichen Stellungnahmen des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Glücksspielangelegenheiten **F**(in Folge SV **F**) vom zu "**S**" und vom zu "**M**".

Die belangte Behörde nahm zu "**M**" weiter Bezug auf die Rechtsprechung des VwGH, wonach zweifelsfrei klargestellt worden sei, dass Wetten auf Ergebnisse von virtuellen Rennen als Glücksspiel iSd § 1 Abs 1 GSpG zu qualifizieren seien (vgl ; , Ra 2016/17/0037; , 2008/17/0175; , 2012/17/0352; , Ra 2017/17/0895).

Bei den "**S**" bezog sich die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des VwGH, welcher wiederholt ausgesprochen habe, dass das Kombinieren von Geschicklichkeitselementen mit Glücksspiel bzw die Mehrstufigkeit solcher Spiele nichts daran ändere, dass es sich in der Gesamtheit um ein Glücksspiel handle und dieses unter die Bestimmungen des GSpG falle (vgl ; , 99/17/0214 und 99/17/0215; , Ra 2014/17/0033).

Mit Beschwerde vom richtete sich **V** gegen die Festsetzung der Glücksspielabgaben für die Zeiträume März 2018 bis Juli 2020 in der Höhe von gesamt EUR 4.604.492,15 und beantragte die Festsetzung der Glücksspielabgabe mit EUR 0,00.

Mit Beschwerde vom richtete sich **V** gegen die Festsetzung der Glücksspielabgabe für den Zeitraum August 2020 in der Höhe von EUR 153.790,24 und beantragte die Festsetzung der Glücksspielabgabe mit EUR 0,00.

Begründend wurde in beiden Beschwerden ausgeführt, dass es sich bei den gegenständlichen Spielen um Geschicklichkeitsspiele handle, welche nicht vom Glücksspielgesetz umfasst seien. Der VwGH habe diesbezüglich in seiner ständigen Rechtsprechung ausgeführt, dass bei Vorliegen und Bejahen eines Geschicklichkeitselements jene vom großen Zufall getragene Wahrscheinlichkeit des Glücksspiels in den Hintergrund trete.

Das vorgebrachte Gutachten der belangten Behörde des SV **F** vom sei darüber hinaus nicht geeignet als Entscheidungsgrundlage herangezogen zu werden, da es auf die bauliche Ausstattung des verwendeten Gerätes ankomme und nicht auf die individuelle Anwendung Einzelner.

Weiter wurde auf die Stellungnahme von **V** in der Niederschrift im Rahmen der Außenprüfung verwiesen, wonach die Gutachten der SV **F** und Ing **T** bezüglich "**M**" und "**S**" jeweils nicht miteinander vergleichbar seien, da der Beurteilung keine bauartgleichen Geräte unterzogen worden seien. Dies ergebe sich bei "**M**" aus den widersprüchlichen Ausführungen zu den Zahlen Walzen und bei "**S**" aus den widersprüchlichen Ausführungen zu dem Miniaturwalzenfeld "A".

Mit den Beschwerdevorentscheidungen vom wies die belangte Behörde die Beschwerden vom und vom als unbegründet ab. Begründend wurde auf die genannten gutachterlichen Stellungnahmen und die bezeichnete Rechtsprechung verwiesen. Zusätzlich wurden Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte aufgezeigt, welche einerseits konkret **V** bzw ihren Geschäftsführer und andererseits die gegenständlichen Spielgeräte betreffen würden.

Unter Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidungen vom stellte **V** am einen Vorlageantrag. Begründend wurde auf die Ausführungen in den Beschwerden vom und verwiesen. Weiter wurden die Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den Senat gestellt.

Mit Eingabe vom wurden die zuvor gestellten Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den Senat zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

**V** tradings.r.o. (in der Folge: **V**) ist eine im Sinne der Anlage 2 des EStG unternehmerisch tätige Gesellschaft nach tschechischem Recht (GmbH) und verfügt über eine inländische Zweigniederlassung in **Adresse**. Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom ***, ***, wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet und Mag. Mirko Matkovits zum Insolvenzverwalter bestellt.

**V** war Anbieterin und Vermittlerin der Spielgeräte "**M**" und "**S**" und machte diese somit Spielern zugänglich.

Die Spieler leistetn einen Einsatz und erhielten dafür einen Gewinn in Aussicht gestellt. Die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgte nicht zentralseitig, das bedeutet, es erfolgte durch eine mechanische bzw elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst.

Ab führte **V** Offenlegungen für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum durch. Diese Offenlegungen beinhalteten die Einsätze und die Auszahlungen. Die belangte Behörde zog die Einsätze und Auszahlungen als Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Glücksspielabgabe (30% der Jahresbruttospieleinnahmen; Jahresbruttospieleinnahmen: Einsätze abzüglich der ausbezahlten Gewinne) heran. Hinsichtlich der Berechnung der Glücksspielabgabe der Höhe nach erfolgten von **V** keinerlei Beanstandungen (in Beschwerde finden sich keine Hinweise, dass Berechnungsgrundlage bestritten wird).

Als strittig erweist sich, ob die gegenständlichen Spiele vom Geschick des Spielers oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Diesbezüglich werden folgende Feststellungen getroffen:

"**M**"

Das Spielgerät "**M**" ermöglicht den Abschluss von Wetten auf Ergebnissen von virtuellen Hunderennen. Dabei handelt es sich ausschließlich um computergenerierte bzw computeranimierte Tierdarstellungen.

Der Spielablauf erfolgt zunächst durch die Eingabe von Bargeld. Danach muss der Spieler mittels Fingerberührung der entsprechenden Bildschirmfläche Miniaturwalzen betätigen, auf denen jeweils die Ziffern 0 bis 9 angezeigt werden. Mit diesen drei Walzen muss eine vom Spielprogramm vorgegebene dreistellige Zahl eingestellt werden. Durch deren Einstellung wird das Spielguthaben dargestellt. Dieser Vorgang muss zum Ausdrucken des Gewinntickets wiederholt werden. Dabei handelt es sich um kein eigenes Spiel, sondern um das Freischalten der Programmfunktion. Die Betätigung der Miniaturwalzen bedarf bloß der Aufmerksamkeit des Spielers und ist eher mit der Code-Eingabe beim Hochfahren eines PC vergleichbar. Geschicklichkeit ist dafür nicht notwendig.

Danach können Wetten auf die virtuellen Hunderennen abgegeben werden. Die Rennen starten automatisch jeweils im Abstand von einer Minute. Durch Fingerberührung des entsprechenden Wert-Feldes im Quotenblatt am unteren Bildschirm kann der Spieler einen Einsatz pro Wette auswählen. Die Höhe des in Aussicht gestellten Gewinns hängt von der Höhe des gewählten Einsatzes und der Quote ab. Nach Auswahl des Einsatzes wählt der Spieler den Sieger (Siegwette) oder die Reihenfolge des Einlaufens des ersten und zweiten Hundes (Einlaufwette), indem er mittels Fingerberührung die am unteren Bildschirm jeweils dargestellte Quote auswählt. Ein Rennen dauert ca 30 Sekunden. Das Ergebnis wird am Bildschirm angezeigt und Gewinne dem Spielguthaben zugebucht. Nach Beendigung des Spiels wird durch erneute Herstellung der vom Programm vorgegebenen Ziffernfolge auf den Miniaturwalzen und der entsprechenden Tastenbetätigung ein Gutschein über die Höhe des aktuellen Spielguthabens ausgedruckt. Dieser kann beim Personal gegen Bargeld eingelöst werden.

Die Entscheidung über den Rennausgang erfolgt ausschließlich zufallsbedingt vom Spielprogramm. Informationen zu den Ergebnissen vergangener Rennen stellen daher keine sinnvolle oder hilfreiche Entscheidungsgrundlage dar.

"**S**"

Das Spielgerät "**S**" weist zwei übereinander angeordnete Bildschirme und darunter ein Feld mit elektromechanischen Tasten auf. Neben den bekannten virtuellen Walzenspielen enthält "**S**" ein weiteres virtuelles Walzenspiel in Form von drei kleinen in der Betragszeile am unteren Bildschirmrand angeordneten Miniaturwalzen.

Das virtuelle (bekannte) Walzenspiel enthält jeweils fünf in drei untereinander angeordneten waagrechten Reihen nebeneinander dargestellte Symbole, die nach Spielauflösung so rasch in ihrer Lage verändert oder durch neue Symbole ersetzt werden, dass der bloß optische Eindruck senkrecht rotierender Walzen entsteht. Dieses Spiel erfolgt ausschließlich programmgesteuert und zufallsbestimmt.

Die Miniaturwalzen beinhalten Ziffern von 0 bis 9 und ein eingekreistes "A". Durch Betätigung der "Start"-Taste werden die Miniaturwalzen stets so rasch verschoben, dass der bloß optische Eindruck dreier rotierender Walzen entsteht. Die Walzenrotation endet mit dem Loslassen der "Start"-Taste.

Der Spielablauf erfolgt zunächst durch die Eingabe von Bargeld. Danach muss ein Einsatzbetrag auf der "BET"-Taste gewählt werden. Der Mindesteinsatz beträgt 10 Cent. Durch anschließendes Betätigen der "Start"-Taste erscheint ein virtuelles Walzenspiel. Gleichzeitig wird der Einsatz vom Spielguthaben abgezogen und im Zwischenspeicher dargestellt. Wenn durch Halten und Loslassen der "Start"-Taste im Miniaturwalzenfeld auf einer der drei Miniaturwalzen das eingekreiste "A" zu erkennen ist, wird das virtuelle Walzenspiel sofort ausgelöst. Gleichzeitig wird der gewählte Einsatz vom Zwischenspeicher abgezogen. Nach ca. einer Sekunde kommt der Walzenumlauf wieder zum Stillstand. Anschließend werden die neu zusammengestellten Walzensymbolkombinationen mit dem Gewinnplan verglichen und somit entweder ein Gewinn erzielt oder der Einsatz verloren.

Werden Gewinne erzielt, können diese durch kurzes Betätigen der "Start"-Taste auf das "Credit"-Feld umgebucht werden, wobei gleichzeitig der gewählte Einsatz für das Betätigen der "Start"-Taste abgezogen und wiederum im Zwischenspeicher dargestellt wird. Durch das Betätigen der "Start"-Taste tritt in den drei Miniaturwalzenfeldern automatisch eine Ziffernkombination ein, welche den für die Umbuchung, des soeben im virtuellen Walzenspiels erzielten Gewinns, vom Zwischenspeicher in das "Credit"-Feld notwendigen Multiplikator ergibt. Der im "Credit"-Feld aufscheinende Betrag kann mit der Taste "Gutschein drucken" jederzeit zum Ausdruck gebracht werden.

Für das Herbeiführen des eingekreisten "A" auf der Miniaturwalze bedarf es keiner besonderen Geschicklichkeit, Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit. Eine rasch aufeinander folgende, stetig wiederkehrende Betätigung der "Start"-Taste reicht aus um das virtuelle Walzenspiel ohne Unterbrechungen zügig durchzuführen. Das eingekreiste "A" erscheint somit auch ohne gezielte Beobachtung oder gezieltes Loslassen der "Start"-Taste auf einer der drei Miniaturwalzenfelder. Die virtuellen Miniaturwalzen können weder einzeln ausgelöst oder einzeln angehalten werden. Die Entscheidung, die gehaltene "Start"-Taste gezielt wieder loszulassen, kann nur auf der Wahrnehmung einer Dreierkombination aus Ziffern oder Ziffern und "A" entstehen. Die Zusammenstellung der Kombinationen auf der Miniaturwalze erfolgt mit jeder Betätigung der "Start"-Taste neu und ausschließlich programmgesteuert und somit zufallsbestimmt. Das Erreichen des eingekreisten "A" stellt eine Zugangshürde zum eigentlichen virtuellen Walzenspiel dar und ändert nichts am Spielausgang, welcher ausschließlich vom Zufall abhängt.

Es ist somit die Feststellung zu treffen, dass die beiden gegenständlichen Spiele vorwiegend vom Zufall abhängen. Die Spieler können keinen Einfluss auf den Spielausgang nehmen und auch keine rationale Erwartung über diesen entwickeln. Die Entscheidung über Gewinn oder Verlust liegt nicht in deren Händen. Ein vorgeschaltetes Geschicklichkeitselement/-spiel liegt ebenfalls nicht vor. Die Spieler benötigen weder bei "**M**", für die Eingabe der dreistelligen Zahl, noch bei "**S**", für das Erreichen des eingekreisten "A", Geschicklichkeit.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu **V** an sich sowie zur Unternehmereigenschaft und Vermittler- bzw Anbietertätigkeit von **V** ergeben sich aus vorgenommenen Einsichten in das Firmenbuch, in die Ediktsdatei, in die elektronischen Akte der Finanzpolizei sowie aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen bezüglich der Spielgeräte "**M**" und "**S**" ergeben sich aus dem gesamten Akteninhalt und der Einsicht in die elektronischen Akte der Finanzpolizei, welche auch umfassendes Bildmaterial, sowie diverse Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte bezüglich **V** und der gegenständlichen Spielgeräte beinhalten.

Die Feststellungen, dass beide Spiele vorwiegend vom Zufall abhängen und der Geschicklichkeitscharakter zu verneinen ist, können sich aus dem Gutachten des SV **F**ableiten lassen.

"**M**"

Das Gutachten des SV **F** zu "**M**" basiert auf dem von **V** vorgelegten Typengutachten des SV Ing **T** und erweist sich als plausibel und schlüssig aufgebaut. SV **F** vergleicht das Eingeben der dreistelligen Zahlenkombination mit der Code-Eingabe beim Hochfahren eines PC's und dem Freischalten des eigentlichen Spiels. Er geht im vorliegenden Fall nicht von einem Geschicklichkeitsspiel aus.

Auch das Gutachten des SV Ing **T** ist plausibel und schlüssig aufgebaut und verdeutlicht den Spielablauf von "**M**" gut. Es vermittelt, wenn auch ungewollt, ebenfalls den Eindruck, dass zum Starten und Auszahlen des Gewinnbetrages kein großes Geschick erforderlich ist. Nach den Ausführungen des SV Ing **T** besteht das "Geschicklichkeitsspiel" darin, dass eine dreistellige Zahlenkombination auf drei Walzenfeldern mit Ziffern von 0 bis 9 eingegeben werden muss. Die dreistellige Zahlenkombination ergibt sich aus einer Rechenaufgabe, die schon gelöst am Bildschirm zu sehen ist. Welches Geschick zum Eingeben der drei Ziffern auf den drei Walzenfeldern notwendig ist, ist nicht ersichtlich. Das bloß wiederholende Benennen dieser Aufgabe als Geschicklichkeitsspiel erweist sich nicht als ausreichend.

Der Ansicht von **V**, wonach die beiden Gutachten nicht miteinander vergleichbar seien, kann nicht gefolgt werden, da es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass nicht bauartgleiche Geräte begutachtet worden sind. Vielmehr gründet das Gutachten des SV **F** auf dem Gutachten des SV Ing **T** und orientiert sich an den dortigen Darstellungen des Spielablaufs.

"**S**"

Das Gutachten des SV **F** bezüglich "**S**" basiert auf zusammengefassten konkret durchgeführten Befundaufnahmen, sowie Erfahrungen der Finanzpolizei, welche nach Bespielung von "**S**" Geräten ebenfalls zum Schluss gekommen ist, dass es sich dabei um Glücksspielgeräte handelt. Weiter wurde auch hier wiederum das Gutachten des SV Ing **T** berücksichtigt.

Die Meinungen der zwei Sachverständigen gehen nur bezüglich der notwendigen Geschicklichkeit im Rahmen der Betätigung der vorgeschalteten Miniaturwalze auseinander. Die Darstellung des SV **F**, wonach das Erreichen des eingekreisten "A" durch eine rasch aufeinander folgende, stetig wiederkehrende Betätigung der "Start"-Taste möglich ist und regelmäßig eher niedrigere, also für den Spieler schlechtere Zahlenkombinationen auf der Miniaturwalze aufscheinen, was dafürspricht, dass auch diese programmgesteuert funktioniert, erweist sich insgesamt als schlüssiger und entspricht auch der bisherigen Einschätzung der Rechtsprechung und der Finanzpolizei.

Der Ansicht von **V**, wonach die beiden Gutachten nicht miteinander vergleichbar seien, kann auch im Rahmen des Spielgerätes "**S**" nicht gefolgt werden, da es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass nicht bauartgleiche Geräte begutachtet worden sind, da das Gutachten des SV Ing **T** im Gutachten des SV **F** Berücksichtigung findet.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1 Glücksspiel (§ 1 Abs 1 Glücksspielgesetz)

Ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielgesetzes (GSpG) ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs 1 GSpG).

Eine vorwiegende Abhängigkeit vom Zufall im Sinn des § 1 Abs 1 GSpG ist dabei etwa dann gegeben, wenn sich nicht eine berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang entwickelt, sondern letztlich nur aufgrund eines Hoffens, einer irrationalen Einstellung, auf dieses oder jenes einzelne Ergebnis des Spieles gesetzt werden kann. Demnach liegt kein Glücksspiel vor, wenn es der Spieler "in der Hand" hat, ob der Zufall oder seine Geschicklichkeit entscheidet, sich also kausale Umstände soweit zunutze machen könnte, dass er den Spielverlauf mit einer für den Spielerfolg geeigneten Wahrscheinlichkeit steuern und oder prognostizieren kann (vgl ).

Durch den Einbau eines Geschicklichkeitselements kann der Glücksspielcharakter eines Spiels beseitigt werden. Die Beurteilung des gegenständlichen Geräts als Glücksspielgerät hängt demnach davon ab, ob der Spielablauf durch ein solches Geschicklichkeitselement vom Spieler derart beeinflusst werden kann, dass der Spielerfolg nicht ausschließlich bzw überwiegend vom Zufall abhängt (vgl ).

"**M**"

Wetten auf virtuelle Hunderennen stellen laut der Rechtsprechung des VwGH grundsätzlich Glücksspiele nach dem GSpG dar (vgl ; , Ro 2015/16/0019; , Ra 2016/17/0037; , 2012/17/0352; , 2008/17/0175). Bei dem hier gegenständlichen Spielgerät "**M**" handelt es sich unzweifelhaft um ein Spiel, welches es ermöglicht, auf virtuelle Hunderennen zu wetten.

**V** vermeint, dass durch die vorgeschaltete Zifferneingabe auf den Miniaturwalzen ein Geschicklichkeitscharakter beim Spiel "**M**" gegeben wäre. Dem ist zu entgegnen, dass laut der getroffenen Feststellungen für die Eingabe der dreistelligen Ziffernkombination auf den Miniaturwalzen keine Geschicklichkeit notwendig ist, sondern bloße Aufmerksamkeit ausreicht. Außerdem ist darin kein vorgeschaltetes Spiel zu sehen, sondern das bloße Freischalten des eigentlichen Spiels (Wetten auf virtuelle Hunderennen). Selbst wenn man das Eingeben der Ziffernkombination als Geschicklichkeitsspiel bejahen wollte, hat dieses keinen Einfluss auf den späteren Ausgang der virtuellen Hunderennen. Diese beinhalten computergenerierte bzw computeranimierte Tierdarstellungen, deren Ausgang ausschließlich vom Zufall abhängt und von denen der Gewinn berechnet bzw der Einsatz (Verlust) abgezogen wird. Sowie festgestellt, hängt der Ausgang des Spieles somit, egal ob ein Geschicklichkeitselement vorliegt, oder nicht, vorwiegend vom Zufall ab. Es liegt somit ein Glücksspiel nach § 1 Abs 1 GSpG vor.

"**S**"

Entsprechend obiger Feststellungen handelt es sich bei "**S**" um ein Walzenspiel, welches vorwiegend vom Zufall abhängt und kein Geschicklichkeitselement beinhaltet. In Bezug auf die Geschicklichkeit ist auf das Erkenntnis des LVwG BU vom zu E 018/02/2019.011/008 zu verweisen. Dieses behandelt ebenfalls die Frage, ob es sich beim Spielgerät "**S**" um ein Glücksspiel oder ein Geschicklichkeitsspiel handelt. Im bezeichneten Erkenntnis wird der Geschicklichkeitscharakter verneint, da es keine Hinweise gibt, dass die Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang am "großen" Walzenspiel bewusst beeinflussen können, und es wird weiter von einer versuchten Umgehung der glücksspielrechtlichen Vorschriften, indem durch ein vorgeschaltetes Miniaturwalzenspiel eine Geschicklichkeitsaufgabe suggeriert wird, gesprochen.

Die Frage der Geschicklichkeit ist jedoch ohnehin insofern nicht relevant, da selbst beim Bejahen des Geschicklichkeitselements der Glücksspielcharakter überwiegt. Dieser fällt laut der Rechtsprechung des VwGH nur weg, wenn der Spielerfolg durch Geschicklichkeit beeinflusst werden kann (vgl ; , 2005/17/0178). Gegenständlich kommt es, wie festgestellt, durch das Erreichen des eingekreisten "A" nur zum Starten des eigentlichen virtuellen Walzenspiels. Auf den Ausgang dieses Spiels kann kein Einfluss genommen werden. Dass die nachgeschalteten virtuellen Walzenspiele, welche über Gewinn oder Verlust des Einsatzes entscheiden, überwiegend vom Zufall abhängen ist unstrittig (vgl ; , Ra 2016/17/0163, , 2011/17/0246) und wird sowohl im Gutachten des SV Ing **T**, als auch im Gutachten des SV **F** bestätigt. Es liegt somit ein Glücksspiel nach § 1 Abs 1 GSpG vor.

3.1.2 Ausspielungen (§ 2 GSpG) und Abgabenhöhe (§§ 57ff GSpG)

Gemäß § 2 Abs 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein (§ 2 Abs 2 GSpG).

Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt (§ 2 Abs 3 GSpG).

Gemäß § 57 Abs 3 GSpG beträgt die Glücksspielabgabe für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen. Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres (§ 57 Abs 5 GSpG).

Die Abgabenschuld entsteht bei Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht (vgl § 59 Abs 1 Z 2 GSpG).

Bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses sind die Schuldner der Glücksspielabgabe der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand (vgl § 59 Abs 2 Z 1 zweiter TS GSpG).

Als Vermittlung gelten jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder
-gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise (§ 59 Abs 5 GSpG).

Die Schuldner der Glücksspielabgaben haben diese gemäß § 59 Abs 3 GspG jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt Österreich zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen.

Im gegenständlichen Fall ist **V**, wie oben festgestellt, Unternehmerin. Sie ist Vermittlerin und Anbieterin der Spielgeräte "**M**" und "**S**" und macht diese somit für Spieler zugänglich. Die Spieler leisten Einsätze und erhalten dafür einen Gewinn in Aussicht gestellt. Es liegen somit Ausspielungen nach § 2 Abs 1 GSpG vor. Beide Spielautomaten sind programmgesteuert und zufallsbedingt. Die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgt nicht zentralseitig, daher liegen nach § 2 Abs 3 GSpG Ausspielungen mit Glücksspielautomaten vor.

Die Glücksspielabgabe beträgt bei Ausspielungen an Glücksspielautomaten 30 vH der um die Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen. Das Bundesfinanzgericht folgt somit der von der belangten Behörde getroffenen Beurteilung und weist die Beschwerden als unbegründet ab.

3.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage der Behandlung von Wetten auf virtuelle Hunderennen als auch von virtuellen Walzenspielen als Glücksspiele wurde durch die Rechtsprechung des VwGH bereits umfassend geklärt (vgl ; , Ro 2015/16/0019; , Ra 2018/09/0087; , Ra 2016/17/0163). Der vorliegende Sachverhalt wirft im Übrigen keine Rechtsfragen, sondern bloße Tatfragen auf, die der Revision nicht zugänglich sind. Die Revision war somit nicht zuzulassen.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100226.2021

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