Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.12.2021, RV/7500651/2021

Parkstrafe - entschuldigender Notstand wegen Krankenhausaufenthaltes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi über die fünf Beschwerden des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom 1) und 2) , 3) bis 5) , gegen die fünf Straferkenntnisse der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, als Abgabenstrafbehörde vom 1) , Zahl MA67/Zahl1/2021, 2) , Zahl MA67/Zahl2/2021, 3) , Zahl MA67/Zahl3/2021, 4) , Zahl MA67/Zahl4/2021 und 5) , Zahl MA67/Zahl5/2021, alle fünf wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005 in der Fassung ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird Folge gegeben. Die angefochtenen fünf Straferkenntnisse werden aufgehoben.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 8 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens zu tragen.

III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 67, lastete mit fünf Strafverfügungen vom 1) , Zahl MA67/Zahl1/2021, 2) , Zahl MA67/Zahl2/2021, 3) , Zahl MA67/Zahl3/2021, 4) , Zahl MA67/Zahl4/2021 und 5) , Zahl MA67/Zahl5/2021 dem Zulassungsbesitzer (= Beschwerdeführer, kurz Bf.) des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten von Kontrollorganen der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien an, er habe das Fahrzeug (jeweils) in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 4, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für die Abstelldauer (Beanstandungszeitraum) gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. jeweils die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Datum/Zeit:
1) von 10:47 Uhr; 2) um 12:40 Uhr; 3) von 09:00 bis 19:00 Uhr; 4) von 09:00 bis 19:00 Uhr und 5) von 09:00 bis 19:00 Uhr.

Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv
1) € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt;
2) € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt;
3) € 7,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Stunde verhängt;
4) € 7,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Stunde verhängt; und
5) € 7,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Stunde verhängt.

Gegen die fünf Strafverfügungen erhob der Bf. fristgerecht Einspruch und brachte unter Anführung der fünf Geschäftszahlen Folgendes vor:

"Bzgl. ggstl. Strafverfügungen ersuche ich aus folgenden Gründen diese neu zu bewerten und in weiterer Folge um Einstellung dieser. Am wurde ich unplanmäßig aufgrund gesundheitlicher Probleme mit dem Rettungsdienst ins Universitätsklinikum AKH verbracht. In diesem war ich stationär bis aufhältig. Näheres dazu beantworte ich auf Nachfrage gerne. Die Rechnung, der auch die Aufenthaltsdauer im Spital zu entnehmen ist, liegt dem Einspruch bei. Mein FZG Type, Farbe lack., beh. KZ: 123 war dabei wie immer am Heinz-Holecek-Platz abgestellt. Anzumerken ist, dass mein FZG immer auf diesem Parkplatz steht, da ich in unmittelbarer Nähe dazu wohne. Da sich der Platz in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befindet, hatte ich seit Bestehen dieser für mein FZG auch immer ein aktives Parkpickerl (zumindest bis ). Aufgrund meiner gesundheitlichen Probleme war es mir nun nicht mehr möglich mein bestehendes Parkpickerl, welches während ich mich im Spital befand mit auslief, zu verlängern. Natürlich hätte ich das Parkpickerl ansonsten fristgerecht neu gelöst. Am wurde ich dann von meiner Lebensgefährtin informiert, dass ich eine Strafe in Höhe von € 36.- erhalten habe. Diese Strafe vom wurde von uns auch einbezahlt. Ich dachte damit sei die Sache vorerst erledigt. Jedoch musste ich nach meinem Spitalsaufenthalt feststellen, dass ich insgesamt 4 weitere Organstrafverfügungen und 4 Anonymverfügungen erhalten habe. Anzumerken ist, dass auch meine Lebensgefährtin sich nicht um die Verstellung des FZGes bzw. die Verlängerung des Parkpickerls kümmern konnte, da diese ebenfalls gesundheitlich angeschlagen ist und mittlerweile seit Ende Juli im Spital liegt. Auch hierfür können Unterlagen, welche dies belegen, auf Wunsch nachgereicht werden. Schon direkt nach meinem Spitalsaufenthalt am kümmerte ich mich sofort darum mein Parkpickerl zu verlängern. Nun habe ich wieder ein bestehendes Parkpickerl bis . Auch habe ich für die Verlängerung den vollen Preis bezahlt, also auch für die Zeit von (Anmerkung BFG, gemeint: ) bis und somit auch die Gebühr für diesen Zeitraum bezahlt. Ich bin mir des Vergehens durchaus bewusst, schließlich hätte ich mich früher um die Beantragung des neuen Parkpickerls kümmern können, jedoch hätte ich nicht vorhersehen können, dass ich mit der Rettung ins Spital geführt werde. Aufgrund der Tatsache, dass ich mir des Vergehens durchaus bewusst bin, ich die erste erhaltene Strafe einbezahlt habe und auch das neue Parkpickerl sofort nach Spitalsaufenthalt gelöst habe ersuche ich die Strafverfügungen mit o.a. GZ und auch die folgenden noch ausstehenden Strafverfügungen einzustellen."

Die im Einspruch angekündigte Rechnung, der auch die Aufenthaltsdauer im Spital entnommen werden sollte, war dem Einspruch jedoch nicht beigelegt.

Mit gegenständlich (im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten) angefochtenen fünf Straferkenntnissen wurden dem Bf. die bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretungen angelastet und wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von 7,00 Euro verhängt sowie eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von jeweils 1 Stunde auferlegt. Zudem wurde dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) jeweils ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt, wodurch sich der nunmehr zu zahlende Gesamtbetrag auf jeweils € 17,00 belief.

Die Straferkenntnisse sind im Wesentlichen gleichlautend begründet:

"Begründung

Das Fahrzeug wurde von einem Organ der Landespolizeidirektion Wien aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung beanstandet, weil es im Bereich einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültige Parkscheine abgestellt war.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Anzeige, welche von einem Organ der Landespolizeidirektion Wien gelegt wurde, sowie in den Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 18. Bezirk (GZ: Bescheid Nr) und Ihr Einspruchsvorbringen.

Mit Strafverfügung wurde Ihnen die Übertretung ausgelastet und wendeten Sie im Einspruch ein, dass Sie aufgrund gesundheitlicher Probleme am ins Spital gebracht und unplanmäßig aufgenommen und erst am wieder entlassen wurden. Weder Sie noch die Lebensgefährtin konnten sich um die Verlängerung des Parkpickerls kümmern, da Sie beide gesundheitlich nicht dazu in der Lage waren. Sie ersuchten um Einstellung des Verfahrens.

Dazu wird Folgendes bemerkt:

Unbestritten blieb, dass zur Tatzeit das Fahrzeug ohne gültigen Parkkleber an der Tatörtlichkeit im Kurzparkzonenbereich abgestellt war. Die Parkometerabgabe wurde auch in keiner anderen Form entrichtet.

Aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Dauer der gegenständlichen Kurzparkzone von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 Uhr bis 19:00 Uhr, fällt das Abgestelltlassen des Kraftfahrzeuges außerhalb dieses Zeitraumes nicht mehr unter die Bestimmungen der Parkometerabgabeverordnung (Abgabepflicht).

Mit jedem täglich, neuerlichen Gültigkeitsbeginn der Kurzparkzone über den Abstellzeitraum von , 10:47 Uhr bis , 12:40 Uhr trat jedoch die Abgabepflicht erneut in Kraft, weshalb mit jedem Tag, welches das Fahrzeug innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gelassen wurde, ein neuerliches Abgabendelikt, für das ebenfalls eine Verwaltungsstrafe zu verhängen ist, gesetzt wurde.

Es wurde somit nicht ein einmal geschaffener rechtswidriger Zustand aufrechterhalten, sondern kam im vorliegenden Fall zum ursprünglichen Verkürzungstatbestand mit fällig werden einer weiteren Parkometerabgabe (an den Folgetagen) ein neuer Tatbestand hinzu.

Die dem Gesetz zu Grunde liegenden Überlegungen der Parkraumbewirtschaftung schließen aus, selbst aufeinanderfolgende Abgabenzeiträume zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen, werden doch in jedem Zeitraum in der Regel verschiedene Parkraumwerber in ihren individuellen Interessen berührt. Zum ursprünglichen Tatbestand tritt mit Fälligwerden einer weiteren Parkometerabgabe ein neuer hinzu (vgl. ).

Die angestrebte Bewilligung wurde am erteilt, die Übertretung der Parkometerabgabeverordnung erfolgte jedoch bereits am 1) , 2) [Anmerkung BFG, gemeint: ], 3) , 4) und 5) .

Die pauschale Entrichtung der Parkometerabgabe bzw. die Ausnahmegenehmigung gilt aber erst ab deren Erteilung von der Behörde nach erfolgter Abgabenentrichtung und nicht rückwirkend, es erfolgte die Beanstandung somit zu Recht.

Die Besorgung eines neuen Parkklebers kann auch Wochen vor dem Gültigkeitsende des vorhergehenden erfolgen.

1) und 2): Es sind daher im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu deren Einstellung führen könnten.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Die angelastete Übertretung war daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

Nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außeracht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könnte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Der Akteninhalt und Ihr Vorbringen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sie nach Ihren persönlichen Verhältnissen im gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wären, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder den von Ihnen verursachten Verkürzungserfolg vorauszusehen, oder dass Ihnen rechtmäßiges Verhalten in der konkreten Situation unzumutbar gewesen wäre.

Sie haben daher durch die Verletzung der für Sie bestehenden und Ihnen auch zumutbaren Sorgfaltspflicht die Abgabe fahrlässig verkürzt.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welchedie Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Somit liegen auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit vor.

Handlungen und Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Gemäß § 19 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der Strafe.

Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren. Die Tat schädigte in nicht bloß unbedeutendem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen Entrichtung der Parkometerabgabe. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen und kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Unter Berücksichtigung Ihres Vorbringens (notstandsähnliche Situation) konnte die Strafhöhe spruchgemäß niedrig bemessen werden.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, soweit sie der Behörde bekannt waren, sowie auf allfällige Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei fehlendem eigenen Einkommen und Vermögen, sowie allfälliger Sorgepflichten durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991.

3) bis 5):Als Merkmal des Notstandes hat eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen zu gelten ( ZI. 319/73 u.a.).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand im Sinne des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer, unmittelbar drohender Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht ( ZI. 88/08/0168), wobei die Situation nicht schuldhaft herbeigeführt werden darf.

Am sind Sie - laut eigenen Angaben - unverschuldet und unvorhersehbar ins Spital eingeliefert worden. Weder Sie noch Ihre Lebensgefährtin waren demnach nicht in der Lage das Parkpickerl zu verlängern.

Ein Verschulden liegt dann vor, wenn die Zwangslage voraussehbar war und Maßnahmen zur Verhinderung des Eintrittes der Notsituation möglich und zumutbar waren.

Wie bereits zitiert ist die Besorgung eines neuen Parkklebers bereits Wochen vor dem Gültigkeitsende des vorhergehenden möglich. Ein 2-Jahre lang laufendes Parkpickerl 7 Tage vor dem Gültigkeitsende erst zu verlängern, bedarf im fortgeschrittenen Lebensalter im Falle eines verändernden Gesundheitszustandes mehr Zeit und wäre es demnach in Ihrer Sorgfalt gelegen, einen Parkkleber zumindest 1 Monat zuvor zu verlängern. Insbesondere ist auf die Termine und der Verlängerung des Parkpickerls während der Coronazeit Bedacht zu nehmen.

Ein Notstand liegt daher nicht vor.

Da im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen sind, welche zu dessen Einstellung bzw. Ermahnung führen hätten können, ist die im Spruch näher ausgeführte und Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage als erwiesen anzusehen.

Nur in 3): Als mildernd waren Ihre Angaben, dass Sie aufgrund des Spitalsaufenthaltes nicht entfernen konnten, zu werten. Eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafe kam selbst bei Annahme ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse nicht mehr in Betracht.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkemeterabgabeverordnung).

Die Abgabe ist mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Die angelastete Übertretung war daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.

3) bis 5): Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe gemäß § 19 VStG ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Handlung schädigt in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen, dem die Strafdrohung dient, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht gerade gering war.

Die Strafe hat sich vor allem auch am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt auch das Ziel, den Parkraum zu rationieren und kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Sie zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten.

Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen. Ihr Verschulden kann daher nicht als geringfügig angesehen werden.

Unter Berücksichtigung Ihres Vorbringens konnte die Strafhöhe spruchgemäß niedrig bemessen werden. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 VStG."

In den zu 1) und 2) am und 3) bis 5) am jeweils fristgerecht eingebrachten Beschwerden führte der Bf. neben Anführung der jeweils gegenständlichen Geschäftszahl aus:
1) und 2):"Beschwerde ich hatte noch 7 Tage Zeit zu lösen, konnte nicht wissen dass ich mit der Rettung ins Spital geführt werde. Und von bis 16.07. im Spital war. Meine Frau ist am verstorben. Ich würde endlich um die Einstellung des Verfahrens bitten, ich fahre derzeit einen Rollator und habe einen Urin-Katheder."
3) bis 5): Beschwerde wie schon am gesendet. Ihr könnt mir ruhig einen Amtsarzt vorbei schicken."

Die belangte Behörde legte die Beschwerden samt Verwaltungsakten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. binnen der festgesetzten Frist aufgefordert, die Aufnahme- bzw. Entlassungsbestätigungen vom eingewendeten Krankenhausaufenthalt, sowie eine Bestätigung über den eingewendeten Rettungseinsatz dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Aus dem fristgerecht (E-Mail vom ) vorgelegten
1) "Entlassungsbrief (Pflege - Transferierung)" vom Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH) geht hervor, dass der Bf. am im genannten Krankenhaus aufgenommen wurde, wo er bis behandelt wurde;
2) "Patientenbrief" vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien geht hervor, dass der Bf. am aus dem AKH in vorgenanntes Krankenhaus überstellt wurde, wo er bis behandelt wurde.
Zum eingewendeten Rettungseinsatz (Bestätigung) gab der Bf. an, es gäbe darüber keine Bestätigung.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Unbestritten ist, dass der Bf. das mehrspurige Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am 1) von 10:47 bis 19:00 Uhr; 2) um 12:40 Uhr; 3) von 09:00 bis 19:00 Uhr; 4) von 09:00 bis 19:00 Uhr und 5) von 09:00 bis 19:00 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 4, abgestellt hatte.

Die gebührenpflichtige Kurzparkzone gilt am Abstellort von Montag bis Freitag (werktags) von 9 bis 19 Uhr; die maximale Parkdauer beträgt drei Stunden.

Es ist erwiesen, dass der Bf. keine ordnungsgemäß entwerteten Parkscheine in das Fahrzeug eingelegt und auch keine elektronischen Parkscheine aktiviert hatte.

Dem Bf. wurde mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das (gegenständliche) Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen 123 (A) unter den genannten Auflagen vom bis erteilt. Die Ausnahmebewilligung gilt zusätzlich für bestimmte Bereiche im 18. Wiener Gemeindebezirk, u.a. den Heinz-Holecek-Platz.

Dem Bf. wurde mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone für das (gegenständliche) Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen 123 (A) unter den genannten Auflagen vom bis erteilt. Die Ausnahmebewilligung gilt zusätzlich für bestimmte Bereiche im 18. Wiener Gemeindebezirk, u.a. den Heinz-Holecek-Platz.

An den Beanstandungstagen bis waren die vorher genannten Ausnahmebewilligungen nicht mehr bzw. noch nicht gültig.

Es ist erwiesen, dass sich der Bf. von bis im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien in stationärer Behandlung befand und der Bf. am in das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien überstellt wurde, wo er sich bis in stationärer Behandlung befand.

Nach seinen Angaben wurde der Bf. mit der Rettung in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien gebracht.

Gemäß Patientenbrief vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder wurde der Bf. aus dem Allgemeinen Krankenhaus begründend übernommen: "bei beidseitigen massiven Beinödemen mit Stauungsdermatits und Spannungsblasen zur weiteren Ätiologieabklärung und Therapie."

Rechtslage:

Gemäß § 1 Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.

Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

In § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 ist angeordnet, dass Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen sind.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

§ 6 VStG regelt den entschuldigenden Notstand nicht, sondern setzt diesen voraus. Eine Notstandssituation erfordert - so wie beim rechtfertigenden Notstand - das Vorliegen eines unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteils für ein Rechtsgut. Gemäß § 10 StGB ist der Täter diesfalls entschuldigt, wenn der aus der Tat drohende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der Nachteil, den die Tat abwenden soll, und in der Lage des Täters von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen kein anderes Verhalten zu erwarten war. Die genannten Kriterien gelten grundsätzlich auch im VStG.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gehört es zum Wesen des Notstandes, dass der Beschuldigte einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder das Vermögen ausgesetzt ist und diese Gefahr zumutbarerweise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlung behoben werden kann (vgl. zB ).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist streng und lässt eine Entschuldigung kraft Notstands nur in Ausnahmefällen zu, insbesondere bei akuten Erkrankungen. So etwa, wenn (und soweit) der Täter einer mit Bescheid verfügten Ausweisung (aus dem Bundesgebiet) wegen akuter Erkrankung nicht entsprechen kann (vgl. ).

Rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes:

Wann genau (Zeitpunkt) der Bf. das gegenständliche Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone (nahe an seiner Wohnadresse) abgestellt hatte, ist nicht aktenkundig. Erwiesenermaßen war der Bf. im Zeitraum bis in den vorgenannten Krankenhäusern stationär aufgenommen. Da die Beanstandungstage bis umfassen, der Bf. schon am mit der Rettung in das Krankenhaus eingeliefert wurde und dort bis stationär aufgenommen war, ist es denklogisch, dass er das Fahrzeug vor dem abgestellt hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bf. erwiesenermaßen eine gültige Ausnahmebewilligung von der im 19. Wiener Gemeindebezirk geltenden höchstzulässigen Parkdauer in der flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone. Diese Ausnahmebewilligung, die auch den im 18. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Abstellort des Fahrzeuges umfasste, hatte eine Gültigkeit von bis . Da jedoch mit Ablauf dieser Ausnahmebewilligung und mangels Entwertung von Parkscheinen das gegenständliche Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkometerabgabe in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war (ab ), ist die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der ihm mit den angefochtenen Straferkenntnissen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gegeben. Die Ereignisse, die zur Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Verkürzung der Parkometerabgabe geführt haben, wurden vom Bf. schlüssig und nachvollziehbar dargelegt.
Durch die vorgelegten Entlassungsbescheinigungen ist zudem belegt, dass der Bf. vom bis in den vorgenannten Krankenhäusern stationär behandelt wurde.
Angesichts der glaubwürdigen Angaben des Bf. zum Ablauf des Geschehens am mit der unplanmäßigen Einlieferung in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien bedarf es keiner Beibringung eines Beweismittels für den Rettungstransport.
Es kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass im Hinblick auf den (im Sachverhalt angeführten) Patientenbrief vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder eine umgehende medizinische Behandlung in einem Krankenhaus unumgänglich war.

In Anbetracht der vorliegenden Sachverhaltskonstellation ist zu beurteilen, ob ein entschuldigender Notstand iSd § 6 VStG vorliegt.

Es besteht kein Zweifel daran, dass der Bf. krankheitsbedingt nicht in der Lage war, das Fahrzeug persönlich aus der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 4, zu bewegen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob es dem Bf. möglich gewesen wäre, eine andere Person mit der Entfernung seines Fahrzeuges vom Tatort zu beauftragen (oder mit der Verlängerung der Ausnahmebewilligung zu beauftragen), kann die Lebenssituation des Bf. nicht unberücksichtigt bleiben: Gemäß seinem Einspruch gegen die vorangegangenen Strafverfügungen brachte der Bf. glaubwürdig vor, seine Lebensgefährtin habe sich aus gesundheitlichen Gründen nicht kümmern können. Sie sei ab Ende Juli im Spital aufgenommen und ist gemäß Beschwerdevorbringen am verstorben. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass es dem Bf. nach seiner Aufnahme im Krankenhaus nicht möglich war, eine geeignete Person zu organisieren, die mit seinem Fahrzeug aus der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1180 Wien, Heinz-Holecek-Platz, Parkplatz Reihe 4, hätte wegfahren können oder eine Verlängerung der Ausnahmebewilligung beantragt.

Dem Bf. wurde mit Bescheid vom eine Ausnahmebewilligung von Kurzparkzone im 19. Wiener Gemeindebezirk für das gegenständliche Fahrzeug mit der Gültigkeit bis erteilt. Seine Entlassung aus dem Krankenhaus war am . Zu berücksichtigen ist daher zugunsten des Bf, dass er unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus die neue Ausnahmebewilligung beantragt hat.

Die Abwägung der Umstände des Falles führt zur Überzeugung, dass vom Vorliegen eines entschuldigenden Notstandes iSd § 6 VStG auszugehen ist.

Somit ergibt die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes, dass in allen fünf Fällen der subjektive Tatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe nicht verwirklicht wurde, weil dem Bf. kein Verschulden zugerechnet werden kann.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500651.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at