Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.12.2021, RV/1100270/2021

Außergewöhnliche Belastung (Behinderung)

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0016. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100072/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt ***2***) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 durchgeführt und eine Gutschrift in Höhe von € 2.111,00 berechnet. Als Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

"Nur ärztlich verordnete Medikamente sind abzugsfähig. Die von Ihnen beantragten Aufwendungen (Kaskoprämie Rollstuhl, Aqua Thermo Jet) konnten nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht zwangsläufig erwachsen sind. Eine Belastung erwächst zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die von Ihnen beantragten Werbungskosten von 94,98 Euro sind niedriger als der Pauschbetrag von 132 Euro. Wir haben daher den höheren Betrag berücksichtigt."

Mit Beschwerde vom (eingelangt am ) führte die Beschwerdeführerin wie folgt aus:

"Mehrpreis in der Kaskoversicherung (jener Teil der Versicherungsprämie, der die behindertengerechten Umbauten betrifft)

Es handelt sich bei den nachgewiesenen Kosten um den Mehrpreis in der Kasko-Versicherungsprämie für die behindertengerechten Umbauten im entsprechend adaptierten Kraftfahrzeug.

Gemäß EStR 2000, Rz 848 letzter Satz i.V.m. Rz 850 sind Vorrichtungen an einem Kraftfahrzeug, die nicht unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeugs dienen, Hilfsmittel im Sinne des § 4 der VO des BM für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1966 idgF. Aufwendungen für diese können zusätzlich zum Freibetrag i.H.v. EUR 190,- pro Monat geltend gemacht werden. Dies gilt auch für die Reparatur solcher Umbauten und den Einschluss dieser in einer Kraftfahrzeugversicherung.

Das Bundesfinanzgericht hat mit drei Einzelerkenntnissen (vom , RV/1100238/2018, , RV/1100414/2020 und , RV/1100407/2021 für meine Einkommensteuerbescheide 2016, 2017 und 2019) festgestellt, dass der Mehrpreis in der Kasko-Versicherungsprämie für das gegenständliche Fahrzeug eine außergewöhnliche Belastung darstellt, die zusätzlich zum Freibetrag nach § 3 (1) der Verordnung des Bundesministers über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010 angesetzt werden kann.

Damit verweigert die Behörde willkürlich wider besseren Wissens und zum vierten Mal in Folge (!) den Ansatz dieser Kosten.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 542,42 wie nachgewiesen.

Aqua Thermo Jet (Massagegerät)

Die Anschaffung des Aqua Thermo Jet war unabdingbar, um meinen Gesundheitszustand während der Corona-Pandemie mit ihren wiederkehrenden Lockdowns auch nur annähernd aufrecht zu erhalten und den behinderungsbedingt ansonsten rasch voranschreitenden körperlichen Verfall aufzuhalten. Coronabedingt war es nicht mehr möglich, Schwimmbäder für Therapiezwecke aufzusuchen. Das war Sportkader-Mitgliedern vorbehalten. Statt des Therapieschwimmens blieb mir also nur, auf die Heilkraft des Wassers über diese Alternative - ohne nass zu werden - zuzugreifen.

Bzgl. Therapieschwimmen (auch ohne oder besser nach erfolgter therapeutischer Anleitung) habe ich der Behörde mehrfach dargelegt, dass die Krankheitskosten mit der Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind, was sie nach sein müssen; wobei es nach genügt, wenn sie den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglich zu machen, d.h. sie zu lindern bzw. das Fortschreiten der Beeinträchtigung (Behinderung) zu vermeiden (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz, § 34 Rz 78 "Krankheitskosen"; Fuchs/Unger in Hochstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 34 Anh II Rz 35; Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG Kommentar, § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"; ).

Gleiches gilt wohl analog für die Anschaffung des als Medizinprodukt zugelassenen Aqua Thermo Jet, der über 24 Düsen 6 Körperzonen massiert und mir hilft, Verspannungen z.B. im Rücken zu lösen, wiederkehrende Schmerzen zu lindern, das Einschlafen der Hände und den Lymphstau in den Beinen zu verhindern, meine Beweglichkeit und überhaupt Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten - wenn zur Heilbehandlung jedes therapeutische Verfahren, dessen Anwendung im Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt ist, medizinisch indiziert ist - außer, ein für jedermann offensichtliches Missverhältnis zwischen erforderlichem und tatsächlichem Aufwand vorliegt (vgl. BFH , VI R 37/10 mwN). Bei geschlossenen Schwimmbädern in der Ausnahmesituation Corona-Pandemie ist dabei wohl sogar an letzteres ein niedrigerer Maßstab anzusetzen.

Bitte um Berücksichtigung weiterer EUR 15.406,49 wie nachgewiesen.

Bitte um Berücksichtigung der Kosten der Behinderung und Krankheit, usw., soweit mein Einkommen bei Abzug dieser Aufwendungen unter das steuerliche Existenzminimum i.H.v. EUR 11.000,- fällt, bei meinem (Ehe-)Partner.

…"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:

"Außergewöhnliche Belastungen sind bei Ermittlung des Einkommens unter bestimmten Voraussetzungen abzuziehen. Der Abzug erfolgt nach Berücksichtigung des bereits um die Sonderausgaben geminderten Gesamtbetrags der Einkünfte.

Die Belastung

  1. darf nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben darstellen,

  2. muss außergewöhnlich sein,

  3. muss zwangsläufig erwachsen,

  4. muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen und

  5. darf nicht unter ein Abzugsverbot fallen.

Alle Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein.

Aufwendungen sind nur insoweit außergewöhnlich, als sie höher sind als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse (Maßgeblichkeit des gesamten wirtschaftlichen Einkommens unter Berücksichtigung des Familienstandes, ) und gleicher Vermögensverhältnisse (Maßgeblichkeit des mit dem Verkehrswert anzusetzenden gesamten Vermögens, ) erwachsen. Es darf sich um keine im täglichen Leben übliche Erscheinung bzw. "gewöhnliche" Belastung handeln (vgl. , betr. Mehraufwendungen einer berufsbedingten auswärtigen Verpflegung; , betr. Aufwendungen für ein Kindermädchen bei berufstätigen Eltern).

Der Abschluss einer Kasko Versicherung ist nicht außergewöhnlich, da die Mehrheit der PKW Besitzer bei Anschaffung eines PKW's eine Kasko Versicherung abschließt. Es handelt sich um eine "gewöhnliche" Belastung.

Eine Belastung erwächst zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Der Abschluss einer Kasko Versicherung erfolgt freiwillig.

Damit ist das Schicksal dieses Punktes der Beschwerde bereits entschieden. Es fehlen bei den geltend gemachten Aufwendungen bereits zwei Voraussetzungen für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung.

§ 34 Abs. 6 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

  1. Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

  2. Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind."

Die diesbezügliche Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, bestimmt, soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung, im § 4 Folgendes:

"Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."

"Unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 sind nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn also eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0292, mwN).

Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind daher in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Diesem Umstand trägt der Verordnungsgeber Rechnung, indem er in § 3 Kraftfahrzeuge anspricht, deren Anschaffung zu einem Vermögenswert führt, sodass nur jene Mehraufwendungen (pauschalisierend) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, die auf die behindertengerechte Ausstattung entfallen und bei denen realistischerweise davon ausgegangen werden muss, dass sie bei einem unterstellten Verkauf nicht abgegolten werden (vgl. zu Aufwendungen für die behindertengerechte Ausstattung einer Wohnung nochmals das hg. Erkenntnis 2008/15/0292).

§ 4 der streitgegenständlichen Verordnung betrifft hingegen Hilfsmittel, die infolge Verwendbarkeit für bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/14/0172)" [].

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde im Streitpunkt aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Unter www**** wird der Aqua Thermo Jet wie folgt beschrieben:

Massage und Entspannung

Erholen Sie sich vom Alltag beim Liegen auf warmen Wasser. Erfahren Sie eine neue Form der Entspannung durch die wohltuende Aqua-Jet-Massage. Schöpfen Sie neue Kraft. Lauschen Sie der Musik und spüren Sie diese gleichzeitig mit allen Zellen Ihres Körpers.

AQUAJET-MASSAGE

Wie ein Physiotherapeut massiert der AquaThermoJet von den Oberschenkeln bis zum Nacken. Statt den Händen eines Therapeuten spürt der Gast temperierte Wasserstrahlen, die durch die Folie hindurch wirken. So erlebt er die heilende Kraft des Wassers ohne nass zu werden. Der AquaThermoJet massiert über 24 Düsen 6 Körperzonen und ist als Medizinprodukt zugelassen.

WIRKUNG

Lockerung von Verspannungen. Verbesserung der Durchblutung und des Stoffwechsels. Straffung des Gewebes. Stimulierung der Lymphbahnen. Abbau von Stress. Steigerung des Wohlbefindens. Wellness-Attraktion.

Der AquaThermoJet ist eine Attraktion für jede Einrichtung und überzeugt durch seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten: Er eignet sich hervorragend für Wellness-, Beauty- und Fitnessbereiche, wo er zur Selbstbedienung und mit Münzautomat betrieben werden kann. Hotelgäste können den AquaThermoJet zur Überbrückung von Wartezeiten oder zur Erholung benutzen. Auch in Arztpraxen oder in Firmen mit Gesundheitsmanagement kann er zur Entspannung und Behandlung angewendet werden.

PERSONALERSPARNIS

Durch die komfortable Bedienung des AquaThermoJets ist Ihr Gast in der Lage, die Massageliege ohne Hilfe zu benutzen. So haben Sie eine Attraktion mehr in Ihrem Sortiment, benötigen aber kein zusätzliches Personal.

RENTABILITÄT

Je nach Anzahl der Anwendungen und der Preisgestaltung kann der AquaThermoJet bereits nach einem Jahr bares Geld für Sie verdienen. Er ist problemlos an bauseits bereits vorhandene Münzautomaten oder Steuerungsabrechnungssysteme anzuschließen.

OPTIONALE WOHLFÜHLANWENDUNGEN

Klangwellenmassage und Atemfrequenzschwingung machen das Erlebnis komplett. Dabei dient die Wanne als Klangkörper, denn sie ist der Lautsprecher. Der ganze Körper wird im Rhythmus der Musik in Schwingungen versetzt. Die integrierte Atemfrequenzschwingung beruhigt die Atmung und entspannt. Ein unglaubliches Erlebnis.

DESIGN

Der AquaThemoJet bietet viele Designoptionen und lässt sich so in jede Umgebung integrieren. Verschiedene Farbkombinationen oder eine Blende aus Bambus machen ihn optisch zu einem echten Highlight. Zusätzlich lässt sich mit weißen Dioden für ein noch schöneres Ambiente sorgen.

ELEKTRONISCHE STEUERUNG

Durch Touch-Tronic ist der AquaThermoJet einfach und unkompliziert zu bedienen. Mit dem Bedientableau können, von verschiedenen Programmen über die Zeitwahl bis hin zu Temperatur, alle Funktionen der Massageliege mühelos eingestellt werden.

FLEXIBILITÄT

Der AquaThermoJet passt sich seinem Benutzer perfekt an. Das Bedientableau kann um 180 Grad geschwenkt werden und lässt sich so optimal im Stehen und im Liegen bedienen. Eine eingeformte Kopfmulde mit runder, gepolsterter Auflage sorgt für höchsten Liegekomfort. Die softe Spezialfolie ist äußerst hygienisch und ermöglicht ein entspanntes Liegen.

Da der zu beurteilende Aqua Thermo Jet somit ein Wirtschaftsgut mit allgemeiner Verkehrsfähigkeit darstellt, steht der Anerkennung der geltend gemachten Kosten zunächst das Fehlen einer Vermögenseinbuße, eines verlorenen Aufwandes und damit einer "Belastung" beim Beschwerdeführer entgegen" ().

An dieser Beurteilung vermögen auch die von der Beschwerdeführerin gemachten Angaben, wonach die Nutzung des Aqua Thermo Jets eine deutliche subjektive Linderung der Beschwerden bewirke und jedenfalls medizinisch indiziert sei, nichts zu ändern, da für die steuerliche Beurteilung der Kosten für die Anschaffung des Aqua Thermo Jets als außergewöhnliche Belastung einzig und allein entscheidend ist, dass es sich beim gegenständlichen Aqua Thermo Jet um ein Wirtschaftsgut mit einem allgemeinen Verkehrswert handelt, dessen Anschaffungskosten keine vermögensmindernde Ausgabe im Sinne des § 34 EStG 1988 darstellen. Eine Berücksichtigung im Rahmen des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1966 idF BGBl. II Nr. 430/2010, scheitert daran, dass es sich um kein Hilfsmittel handelt, das für nur bestimmte individuelle Personen verwendbar ist, sondern um ein Wirtschaftsgut mit einem allgemeinen Verkehrswert."

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und verwies auf die Ausführungen des Richters in den bereits genannten Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichtes betreffend Anerkennung des Mehrpreises der Kaskoversicherung (Versicherungsprämie für die behindertengerechten Umbauten) als außergewöhnliche Belastung. Betreffend der weiteren behinderungsbedingten Kosten für die Anschaffung des bereits dargestellten Massagegeräts ergänzte die Beschwerdeführerin wie folgt:

"…Bzgl. Therapieschwimmen habe ich der Behörde mehrfach dargelegt, dass die Krankheitskosten mit der Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind, was sie nach auch sein müssen; wobei es nach genügt, wenn sie den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglicher zu machen, d.h. sie zu lindern bzw. das Fortschreiten der Beeinträchtigung (Behinderung) zu vermeiden…

Bis heute versucht die Behörde trotzdem zu behaupten, dass ich "ohne" therapeutische Anleitung bzw. Verschreibung kein Therapieschwimmen im Sinne einer Heilbehandlung in Anspruch nehmen kann und vergleicht diese bei mir lebenslang notwendige Therapieform ernsthaft mit einem (einmaligen und nur wenige Wochen dauernden) Kuraufenthalt.

Das zum Therapieschwimmen Gesagte kann analog nur für die Anschaffung des als Medizinprodukt zugelassenen Aqua Thermo Jet gelten, der über 24 Düsen verschiedene Körperzonen massiert und mir hilft, Verspannungen z.B. im Rücken zu lösen, wiederkehrende Schmerzen zu lindern, das Einschlafen der Hände und Lymphstau in den Beinen zu verhindern, meine Beweglichkeit und überhaupt Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten - wenn zur Heilbehandlung doch jedes therapeutische Verfahren, dessen Anwendung im Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt ist, medizinisch indiziert ist - außer, ein für jedermann offensichtliches Missverhältnis zwischen erforderlichem und tatsächlichem Aufwand vorliegt (vgl. BFH , VI R 37/10 mwN). Bei geschlossenen Schwimmbädern in der Ausnahmesituation Corona-Pandemie ist dabei wohl sogar an letzteres ein niedriger Maßstab anzusetzen.

Dieses wie ein Physiotherapeut massierende Gerät, das für den professionellen Einsatz im Wellness-, Beauty- und Fitnessbereich, in Hotels und Arztpraxen sowie Firmen mit Gesundheitsmanagement gedacht ist, stellt ein Wirtschaftsgut dar, dessen Verkehrswert zweifelsfrei eingeschränkt ist, als es nicht für Endkunden gedacht ist und es (auch) für Gebrauchtgeräte keinerlei Markt gibt.

Auch für diese behinderungsbedingten Kosten muss somit die immer obsoleter werdende und vielfach überstrapazierte Gegenwerttheorie in den Hintergrund rücken und - in teleologischer Reduktion - der aktuellen Judikatur gefolgt werden, die mit ihrer auf dem Kausalitätsprinzip beruhenden Linie den "gesetzgeberischen Willen" viel besser berücksichtigt. Alleine aus Billigkeitserwägungen muss es hier eine Ausnahme von der Gegenwerttheorie geben, um überschießende Wirkungen zu vermeiden.

Der verfassungsrechtlich gebotene Anspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen darf gerade in einer Pandemie, in der der Gesetzgeber Therapieschwimmen verunmöglicht, nicht derart unzulässig eingeschränkt werden, dass auch im Einzelfall keinerlei Aufwendungen abgesetzt werden dürfen, die später ggf. auch nur teilweise zu steuerfreien Erträgen führen könnten. Der Gesetzgeber darf gerade in einer solchen Sondersituation die Schwächsten der Gesellschaft nicht auch noch durch dogmatisches Festhalten an veralteten Grundlagen bestrafen. Hinzu kommt, dass das Massagegerät erheblichen Platzbedarf hat und den Wohnwert maßgeblich mindert.

…"

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im vorliegenden Beschwerdefall liegt bei der Beschwerdeführerin ein Grad der Behinderung von 100 vor. Pflegegeld wurde im Kalenderjahr 2020 für 12 Monate bezogen. Laut vorliegender Zusammenfassung der Arbeitnehmerveranlagung 2020 beantragte die Beschwerdeführerin (BF) den pauschalen Freibetrag für das auf die behinderte Person zugelassene Kraftfahrzeug. Es liegt ein Ausweis gemäß § 29b StVO 1960 vor.

Im bekämpften Einkommensteuerbescheid vom wurden Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) in Höhe von € 4.634,00 sowie nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 273,26 angesetzt.

Die BF beantragt nunmehr zusätzlich die Berücksichtigung des Mehrpreises der Kaskoversicherung in Höhe von € 542,42 und der Anschaffungskosten des Aqua Thermo Jets in Höhe von € 15.406,49.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt betreffend das Jahr 2020 ist unstrittig. Die von der BF geltend gemachten Aufwendungen wurden belegt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung ist nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen in der dort näher geregelten Weise zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Durch Krankheit verursachte Aufwendungen sind außergewöhnlich, sie erwachsen aus tatsächlichen bzw. bei Unterhaltsverpflichtung aus rechtlichen Gründen zwangsläufig (vgl. dazu zBJakom/Vock EStG, 2017, § 34 Rz 90 unter "Krankheitskosten", und die dort zit. VwGH-Judikatur; Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar,§ 34 Anhang II-ABC Tz 35).

Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ua. Aufwendungen iSd § 35 EStG 1988, die anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5 leg. cit.) sowie Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Nach dem letzten Absatz dieser Bestimmung kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Für das Beschwerdejahr ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBI Nr. 303/1996 idF BGBI II Nr. 430/2010 (in der Folge kurz: VO), maßgeblich. Mit dieser VO wurden weiterführende Regelungen hinsichtlich der Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen getroffen.

Für Körperbehinderte mit eigenem Fahrzeug ist zur Abgeltung von besonderen Behindertenvorrichtungen und dafür, dass ein Massenbeförderungsmittel nicht verwendet werden kann, ein Freibetrag von 190,00 € monatlich zu gewähren (§ 3 Abs. 1 der VO).

Nach § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel [Hilfsmittel im Sinne der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel), die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen; sie haben infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert; normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche idR keine "Hilfsmittel"] sowie Kosten der Heilbehandlung [als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen; ebenso stellen die in diesem Zusammenhanganfallenden Fahrtkosten bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten oder des amtlichen Kilometergeldes bei Verwendung des (familien-)eigenen Kraftfahrzeuges Kosten der Heilbehandlung dar] im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen. Im nachgewiesenen Ausmaß gesondert absetzbare Kosten sind jedoch nur dann unter § 4 der VO zu subsumieren, sofern diese Kosten mit der Behinderung in (unmittelbarem, ursächlichem) Zusammenhang stehen (vgl. Jakom/Vock EStG, 2017, § 35 Rz 25 und 27 mwN; Doralt, EStG15, § 35 Tz 17; Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2015, Seiten 595 f).

Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 der VO sind nach § 1 Abs. 3 der VO ohne Kürzung um pflegebedingte Geldleistungen oder den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 abzugsfähig.

Hinsichtlich des Mehrpreises in der Kaskoversicherung, welcher die behindertengerechten Umbauten betrifft (Rollstuhlverladevorrichtung des eigenen PKWs) in Höhe von 542,42 € wird der Beschwerde stattgegeben. Auf die Erkenntnisse des , vom , RV/1100414/2020 sowie vom , RV/1100238/2018, welche den Fall der Beschwerdeführerin in den Jahren 2016 bis 2018 betroffen haben, wird verwiesen.

Betreffend des Erwerbes des Aqua Thermo Jet ist wie folgt auszuführen:

Ausgaben, die auf eine Krankheit zurückgehen, sind im täglichen Leben keine regelmäßigen Ausgaben. Sie belasten also den, der sie zu tragen hat, mehr als die Mehrzahl der übrigen Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes. Dass derartige Ausgaben im Hinblick auf das Einkommen des Steuerpflichtigen nicht außergewöhnlich scheinen, ist mit den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht in Einklang zu bringen (). Krankheitskosten des Steuerpflichtigen selbst erwachsen ihm aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (vgl. Fuchs/Unger in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 54. Lfg (März 2013), § 34 EStG Anhang II - ABC Tz 35, Stichwort "Krankheitskosten").

Laut vorliegender Unterlagen besteht bei der BF ein Grad der Behinderung von 100 %. Die Behinderung ist unter anderem auf ein Leiden in den Bereichen der Wirbelsäule zurückzuführen.

Für behinderungsbedingte Mehraufwendungen sehen § 35 EStG 1988 und die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, grundsätzlich Pauschbeträge vor. Zusätzlich dazu sind nach § 4 dieser Verordnung nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel wie Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß abzuziehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , B 785/02, ausgeführt, dass eine gesetzeskonforme Interpretation des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, zu dem Ergebnis führt, dass unter den dort verwendeten Begriff "Hilfsmittel" auch sanitäre Einrichtungsgegenstände fallen, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden werden oder nicht. Der Ausdruck "nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel" in § 4 dieser Verordnung ist daher gesetzeskonform in einem weiten Sinn zu interpretieren.

Hilfsmittel im Sinne des § 4 der zitierten Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu mildern oder zu beseitigen (zB Rollstuhl, orthopädische Schuheinlagen, Hörgerät, Brille, Blindenhilfsmittel; vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 35, Rz 66, Stand , rdb.at). Die Hilfsmittel müssen in Zusammenhang mit der jeweiligen Behinderung stehen, ansonsten kommt ein Abzug als außergewöhnliche Belastung nur mit Selbstbehalt in Betracht (siehe ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigem Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb entsprechend der Gegenwerttheorie nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden (, vgl. auch Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 54. Lfg (März 2013), § 34 Abs. 1 EStG 1988, Tz 6, und die dort zitierten Erkenntnisse des VwGH). Mit dem im § 34 EStG 1988 verwendeten Tatbestandsmerkmal "Belastung" ist der Gegenwertgedanke auch legistisch verankert.

Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht es auch, dass die Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes eine Vermögensumschichtung darstellt (vgl. etwa zur Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes , mwN) und Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind (vgl. ; ). Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssten, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (; ; , betreffend einen Aufzug für ein bloß einstöckiges Wohnhaus eines Querschnittgelähmten; vgl. auch Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 54. Lfg (März 2013), § 34 Abs. 1 EStG 1988, Tz 13, mwN; vgl. auch Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19 (), § 34 Tz 19/1, mwN; vgl. auch Jakom/Vock, EStG, 2017, § 34 Rz 20, mwN).

Das Bundesfinanzgericht stellt zwar nicht in Abrede, dass der Aqua Thermo Jet aufgrund seiner Anwendungsbereiche dem weiteren degenerativen Prozess entgegenwirken kann und - wie die BF in ihren Beschwerdeschriften ausgeführt hat - ihr hilft, Verspannungen im Rücken zu lösen, wiederkehrende Schmerzen zu lindern, das Einschlafen der Hände und den Lymphstau in den Beinen zu verhindern sowie ihre Beweglichkeit und Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Die - wenn auch durch ihre Behinderung und wiederkehrende Lockdowns motivierte Anschaffung dieser Aquajet-Massagevorrichtung ändert aber nichts daran, dass den Aufwendungen in Höhe von € 15.406,49 ein Gegenwert gegenübersteht.

Beim streitgegenständlichen Aqua Thermo Jet handelt es sich laut in der Beschwerdevorentscheidung zitierter Beschreibung um eine Attraktion für jede Einrichtung für Wellness-, Beauty- und Fitnessbereiche, wo er zur Selbstbedienung und mit Münzautomat betrieben werden kann. Hotelgäste könnten den Aqua Thermo Jet zB zur Überbrückung von Wartezeiten oder zur Erholung benutzen. Auch in Arztpraxen oder Firmen könnte er zur Entspannung und Behandlung angewendet werden. Der Aqua Thermo Jet wird mit Erholung vom Alltag beworben. Man soll eine neue Form der Entspannung erfahren, neue Kraft schöpfen und der Musik lauschen. Statt den Händen eines Therapeuten spüre der Gast temperierte Wasserstrahlen, die durch die Folie hindurch wirken. Der Thermo Jet massiere über 24 Düsen 6 Körperzonen und sei auch als Medizinprodukt zugelassen. Folgende Wirkungen werden beschrieben: Lockerung von Verspannungen, Verbesserung der Durchblutung und des Stoffwechsels, Straffung des Gewebes, Stimulierung der Lymphbahnen, Abbau von Stress, Steigerung des Wohlbefindens, Wellness-Attraktion.

Bei diesem Gerät bzw. dieser Vorrichtung handelt es sich aufgrund der vorgenannten Beschreibungen und Funktionen um ein Wirtschaftsgut, welches für jedermann nutzbar gemacht werden kann, und welches nicht nur für die BF im Hinblick auf ihre Behinderung verwendbar ist. Solche Gebrauchsgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter, die für jedermann nutzbar sind, stellen jedoch keine "Hilfsmittel" im Sinne des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, dar (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 35, Rz 67, Stand , rdb.at, mwN).

Von der BF wurden auch keine behindertenspezifische Adaptierungen bzw. Zusatzfunktionen betreffend des streitgegenständlichen Aqua Thermo Jet durchgeführt bzw. angemerkt. Es handelt sich - wie von der Abgabenbehörde bereits in ihrer Beschwerdevorentscheidung ausgeführt - um ein Wirtschaftsgut mit allgemeiner Verkehrsfähigkeit, welches von jedermann zwecks Wellness, Erholung und Entspannung benutzt werden kann. Der Aqua Thermo Jet stellt somit auch für jedermann einen Nutzen dar, der an Entspannung und Wellness etc. (siehe Produktbeschreibung) interessiert ist. Dabei handelt es sich zweifellos nicht um jenen Typ lediglich höchstpersönlich nutzbarer Güter, wie sie der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom , 92/14/0172, vor Augen hatte, sondern um ein marktgängiges Wirtschaftsgut mit entsprechendem Verkehrswert. Die bereits zitierte Produktbeschreibung macht diesbezüglich jegliche weitere Erörterung entbehrlich.

Im vorliegenden Beschwerdefall liegt betreffend der Anschaffung des Aqua-Thermo-Jets auch keine ärztliche Verordnung im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes vor. Eine ausschließlich durch die Behinderung der BF verursachter Erwerb lässt sich auch diesbezüglich nicht erhärten. Es handelt sich beim in Rede stehenden Aqua-Thermo-Jet um ein Wirtschaftsgut, welches im Zuge des bestehenden Wellness-Trends auch von anderen Personen nachgefragt wird. Es ist keine spezifische, ausschließlich auf die Bedürfnisse der BF abgestimmte Beschaffenheit, welche den alleinigen Einsatz nur für deren individuelle Behinderung ermöglichen würde, zu erkennen.

Die nunmehr vorliegende Rechtsmeinung des Bundesfinanzgerichtes steht im Einklang mit weiteren Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichtes und der bisherigen Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates hinsichtlich Absetzbarkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen in vergleichbaren Fällen ( - Anschaffung eines Fahrradergometers durch einen Herzinfarktpatienten; - Anschaffung einer Gegenstromschwimmanlage bei multipler Sklerose; - G/06 - Anschaffung einer Infrarot-Tiefenwärmekabine, eines Solariums, einer Dampfdusche und eines - einfachen, nicht speziell für den therapeutischen Einsatz konzipierten und auch von Familienangehörigen verwendeten - Cross-Ergometers; - Anschaffung einer Infrarot-Tiefenwärmekabine und von Fitness- und Massagegeräten; - Anschaffung von diversen Fitnessgeräten; - Anschaffung einer Infrarotwärmekabine).

Im vorliegenden Beschwerdefall erkennt das Bundesfinanzgericht aufgrund vorstehender Ausführungen trotz Vorliegens der Ausnahmesituation einer Pandemie und deren Folgen dem Grunde nach keine "Belastung" des Einkommens im Sinne des § 34 EStG 1988. Dem zusätzlichen Argument der BF, die immer obsoleter werdende und vielfach überstrapazierte Gegenwerttheorie müsse hier in den Hintergrund rücken, kann nicht entsprochen werden.

Der Beschwerde war somit in diesem Punkt kein Erfolg beschieden. Die geltend gemachten Kosten in Höhe von € 15.406,49 werden nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen bereits vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurden, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 35 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 35 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100270.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at