zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.05.2021, RV/7101863/2020

Familienbeihilfenanspruch: Exekutivdienst - Grundausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Franz-Josefs-Kai 5/DG, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Gewährung von Familienbeihilfe ab März 2019 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche Bescheid vom wurde vom Finanzamt erlassen wie folgt:
Abweisungsbescheid
Ihr Antrag vom auf Familienbeihilfe wird abgewiesen für:
Name des Kindes / VNR/Geb.dat. / Zeitraum von - bis
(Bf.) / … 03 98 / ab März 2019
Begründung
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.
Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.
Die Ausbildung bei der Polizei stellt gemäß dem Erkenntnis des keine Berufsausbildung dar. Daher war der Antrag abzuweisen.

Die Beschwerde wurde erhoben wie folgt:
Das im bekämpften Bescheid als Begründung für die Nichtgewährung der begehrten Familienbeihilfe angeführte Erkenntnis des VwGH zu ZI. 2018/16/0203 - insbesondere die Annahme einer gegebenen Berufsausübung während der Grundausbildung - ist auf meinen Fall nicht anzuwenden!
Die Entscheidung des VwGH nimmt eindeutig Bezug auf die exekutivdienstliche Grundausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich und zwar konkret auf einen Zeitraum, welcher auf eine erste theoretische Ausbildungsphase (6 Monate) in Form einer praktischen Verwendungsdauer folgt, bevor die Ausbildung zum vollwertigen Exekutivbediensteten durch eine Ergänzungsausbildung (9 Monate) abgeschlossen wird.
Hierzu stellt der VwGH dezidiert fest, dass dieser Zeitraum einer praktischen Verwendung (zwischen zwei Ausbildungsmodulen) keiner Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 gleichzustellen ist, da damit weder die Erlangung einer fachlichen Qualifikation noch die Ablegung entsprechender Prüfungen verbunden ist. Die erfolgreiche Absolvierung dieser "ersten Phase der Dienstausübung" stelle auch keine Voraussetzung für die Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlichrechtliches) Dienstverhältnis dar, sondern diene lediglich dazu, die zur Erfüllung kommender Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zu erlangen, weshalb dieser Abschnitt des Dienstverhältnisses zur Gänze einer Berufsausübung gleichzustellen sei.
Dazu ist ergänzend anzumerken, dass die Betroffenen während dieses Zeitraums auch kein Ausbildungsentgelt erhalten, sondern ein "Normalentgelt" in der Höhe der Entlohnungsgruppe v4 Bewertungsgruppe 1 beziehen.
Im Unterschied dazu befindet man sich während des Zeitraums, der antragsgegenständlichen Grundausbildung für den Exekutivdienst zu keiner Zeit in einer derartigen Phase der praktischen Berufsausübung und zielt die gesamte Ausbildungszeit auf die Erlangung entsprechender Qualifikationen durchgehend begleitet von der Notwendigkeit der Ablegung von Prüfungen mit dem Zwecke der Überstellung auf ein anderes (öffentliches bzw. öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis im Sinne des FLAG ab. Demgemäß erhält man während dieses Zeitraums durchgehend einen Ausbildungsbeitrag und wird eben nicht - auch nicht vorübergehend - in eine Entlohnungsgruppe/Bewertungsgruppe eingestuft.
Dazu hat auch das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/5100538/2014 unter Berufung auf eine einschlägige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, dass selbstverständlich auch unter der Grundausbildung zum Exekutivdienst ein "anerkanntes Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu verstehen ist. Dies deshalb, weil die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) in einer Verordnung des Bundesministeriums für Inneres entsprechend geregelt ist und der von der Tochter des Beschwerdeführers bezogene "Ausbildungsbeitrag" folglich unter die Bestimmung des FLAG § 5 Abs. 1 lit. b zu subsumieren ist.
Somit ist auch unter diesem Aspekt ganz klar davon auszugehen, dass die angeführte Entscheidung des VwGH nur für den "Spezialfall" der praktischen Verwendungsdauer im Zuge der exekutivdienstlichen Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Bereich Geltung haben kann. Eine Anwendung auf meinen Fall gemäß der von mir bekämpften Auslegung des zitierten VwGH-Erkenntnisses steht jedoch eindeutig im Widerspruch zur Rechtsposition des VfGH.
Ich beantrage daher, den bekämpften Bescheid entsprechend abzuändern und meinem Antrag auf Auszahlung der Familienbeihilfe vollinhaltlich zu entsprechen.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen.
Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB , ). Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (zB ). Laut Verwaltungsgerichtshof können im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB ) und es fällt auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 (zB ).
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, stellt die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar.
Dieses Erkenntnis betrifft zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneint der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziert dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es ist daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert wird (vgl. ).
Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spielt daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.
Da (der Bf.) keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 absolvierte, besteht für den Zeitraum ab März 2019 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Im Wesentlichen kann auf meine Beschwerde vom verwiesen werden. Dieses Vorbringen halte ich aufrecht. Daran vermögen die Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung nichts zu ändern.
Ich habe am die Grundausbildung für den Exekutivdienst im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 begonnen, im Zuge dieser Ausbildung wird fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt.
Die von der Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ.: Ra 2018/16/0203, beschäftigt sich lediglich mit der Frage, ob die Zeit der Kursunterbrechung im Rahmen der Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichgesetzes zu werten ist oder nicht. Die soeben zitierte Entscheidung ist somit auf meinen Fall nicht anwendbar, da ich nicht die Ausbildung zum fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst, sondern die 24-monatige durchgehende - nicht durch eine Ausbildungsphase unterbrochene - Grundausbildung für den Exekutivdienst absolviere.
In der Grundausbildung für den Exekutivdienst befinde ich mich zu keiner Zeit in einer Phase der praktischen Berufsausübung und zielt die Ausbildungszeit auf die Erlangung entsprechender Qualifikationen begleitet von Ablegung von Prüfungen mit dem Zweck der Überstellung auf ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis im Sinne des FLAG ab. In diesem Zusammenhang verweise ich - wie bereits in meiner Beschwerde - auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zu GZ. RV/5100538/2014.
Meine Ausbildung ist somit jedenfalls als Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz anzusehen.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Beantragt wird vom Beschwerdeführer (Eigenantrag) die Familienbeihilfe für die exekutivdienstliche Ausbildung mit Sondervertrag für Vertragsbedienstete des Bundes.
Beweismittel: FBH-Antrag inkl. Sondervertrag Dok. 3 bzw Dok 6
Stellungnahme:
Dem VwGH v , GZ Ra 2018/16/0203 folgend, handelt es sich bei der Grundausbildung eines öffentlich Bediensteten bereits um eine Berufsausbildung (laut Nachtrag des vorlegenden Finanzamtes gemeint: Berufsausübung). Da die Grundausbildung im Exekutivdienst somit keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellt, wird um Abweisung der Beschwerde ersucht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Dem Ansuchen des Bf. um Aufnahme als Vertragsbediensteter bei der Landespolizeidirektion Wien wurde laut Schreiben vom stattgegeben.
Er wurde mit Wirksamkeit vom aufgenommen und vorbehaltlich einer Änderung des Ausbildungsstandortes eingeladen, sich am Freitag, den , um 08.00 Uhr zum Dienstantritt im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien (BZS-W), 1030 Wien, … einzufinden (vorgelegtes Schreiben vom ).

Der Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung vom beinhaltet, auszugsweise wiedergegeben, Folgendes:
1. Organisationseinheit, die für den Bund abschließt: Landespolizeidirektion Wien
2. Vor- und Familiennamen: (Bf.)

4. Beginn des Vertrages:
5. Befristung: Dieser Dienstvertrag ist auf 24 Monate befristet
7. Beschäftigungsart: VB des Bundes mit Sondervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung
8. Entlohnungsschema: siehe Punkt 15. Sonderbestimmungen
9. Besoldungsdienstalter: Für die Dauer dieses Dienstverhältnisses finden die §§ 19 und 26 VBG 1948 keine Anwendung.
Die in diesem Ausbildungsverhältnis zurückgelegte Dienstzeit wird im Falle der Übernahme in ein öffentlich rechtliches Dienstverhältnis oder im Falle eines unbefristeten Dienstverhältnisses nach dem VBG 1948 zur Gänze angerechnet.
10. Art der Grundausbildung: Diese Grundausbildung beinhaltet Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum der Sicherheitsakademien und wird durch Berufspraktiken auf Polizeidienststellen ergänzt.
11. Beschäftigungsausmaß: Vollbeschäftigung

15. Sonderbestimmungen:
15.1 Als Ausbildungsbeitrag gebührt ein monatliches Entgelt in der Höhe des Gehaltes einer Beamtin oder eines Beamten des Exekutivdienstes der Verwendungsgruppe E2c Gehaltsstufe 1. Die Bestimmungen des § 8a Abs. 2 VBG (Sonderzahlung) sind anzuwenden.
Über die in den §§ 16 und 22 VBG iVm den §§ 16, 17, 17a und 17b GehG 1956 vorgesehenen Vergütungen gebühren während der ersten 12 Monate des Vertragsverhältnisses keinerlei sonstige pauschalierten Zulagen und Nebengebühren.
Ab dem 13. Monat des Vertragsverhältnisses gebühren überdies die für Beamte der Verwendungsgruppe E2c vorgesehenen exekutivspezifischen Zulagen und Nebengebühren.

15.4 Der Dienstgeber kann das Ausbildungsverhältnis bei mangelndem Ausbildungserfolg innerhalb einer Frist von 2 Wochen auflösen.
Ein allfälliger Urlaubsanspruch ist innerhalb dieser Frist zu verbrauchen.

Am bestätigte das Bildungszentrum, dass der Bf. "seit in einem Dienstverhältnis zur polizeilichen Grundausbildung mit der Landespolizeidirektion Wien (steht).
Die polizeiliche Grundausbildung wird ho. im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien versehen." (Ausbildungsbestätigung der polizeilichen Grundausbildung).

Betreffend das Jahr 2019 meldete die Landespolizeidirektion Wien dem Finanzamt gemäß § 84 Abs. 1 EStG 1988 Bezüge für den Zeitraum 01. März bis 31. Dezember (Abgabeninformationssystemabfrage).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.

Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Z. 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Ausbildungsziel der Grundausbildungen ist die inhaltliche und methodische Vermittlung jener Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Anforderungen des jeweiligen Aufgabenbereichs professionell und verantwortungsvoll nachzukommen. Der Lehrstoff ist entsprechend dem neuesten Stand der Wissenschaft, den dienstlichen Erfordernissen sowie den aktuellen pädagogisch-didaktischen Grundsätzen zu vermitteln (§ 2 der VO).

Die Sicherheitsakademie (SIAK) hat für die in § 1 angeführten Grundausbildungen nach Maßgabe des dienstlichen Bedarfes Grundausbildungslehrgänge bereitzustellen. Die Leitung der Grundausbildungslehrgänge obliegt der SIAK (§ 3 Abs.1 der VO).

Die Grundausbildungen sind in Form von Grundausbildungslehrgängen zu gestalten. Die Inhalte und die Mindeststundenanzahl der Lehrgegenstände der Grundausbildungslehrgänge für die jeweilige Grundausbildung sind in den Anlagen 1 bis 3 festgelegt (§ 4 Abs. 1 der VO).

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs. 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amtswegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Nach der Anlage 1 zu dieser Verordnung umfasst die Polizeigrundausbildung folgende Lehrgegenstände:
A - LEHRPLAN
Lehrgegenstand … Mindeststundenanzahl

B - Dienstprüfung
MÜNDLICHE GESAMTPRÜFUNG: Im Zuge der Prüfung sollen exekutivspezifische Sachverhalte praxisorientiert, themenübergreifend und kompetenzorientiert behandelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei in den polizeifachlichen Kompetenzen, wobei seitens der Prüfer auch Themengebiete aus den anderen im Lehrplan angeführten Ausbildungsmodulen berücksichtigt werden sollen.

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die
Basisausbildung (12 Monate Theorie),
das Berufspraktikum I (3 Monate),
die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)
und das viermonatige Berufspraktikum II.

Ferner werden im Ausbildungsplan Struktur und Ausbildungsziele der Polizeigrundausbildung wie folgt beschrieben:
Die Polizeigrundausbildung soll den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch praxisnahe Lehre unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden jene Kompetenzen vermitteln, die im Kompetenzprofil für den uniformierten Polizeidienst als relevant definiert wurden. Die Schwerpunkte der polizeilichen Grundausbildung sind Handlungssicherheit und Bürgernähe auf Basis menschenrechtskonformen Verhaltens.
BASISAUSBILDUNG - 12 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen jenes rechtliche sowie einsatztaktische und -technische Basiswissen erlangen, das sie für den Dienst in einer Polizeiinspektion (PI) benötigen. Die Wissensvermittlung soll kompetenzorientiert und praxisnah unter Vernetzung aller Ausbildungsinhalte erfolgen.
BERUFSPRAKTIKUM I - KENNENLERNEN DES DIENSTBETRIEBES - 3 MONATE
Das Berufspraktikum dient zur Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut.
VERTIEFUNG - 5 MONATE
Die Polizeibediensteten sollen die Ausbildungsinhalte, Erlebnisse und Erfahrungen des Berufspraktikums reflektieren. Darüber hinaus sollen sie das in der Basisausbildung erworbene Wissen vertiefen und mit den Ausbildungsinhalten des Berufspraktikums vernetzen.
BERUFSPRAKTIKUM II - EINFÜHRUNG IN DEN DIENSTBETRIEB - 4 MONATE
Während der Einführung in den Dienstbetrieb werden die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt.
In der im Ausbildungsplan ferner enthaltenen Stundentafel werden die in der Anlage 1 zur Ausbildungsverordnung angeführten Lehrgegenstände und Unterrichtseinheiten wie folgt näher aufgegliedert:
Lehrgegenstand - Unterrichts-einheiten - Gesamt
1. PERSONALE UND SOZIALKOMMUNIKATIVE KOMPETENZEN

2. POLIZEIFACHLICHE KOMPETENZEN

3. SITUATIONSADÄQUATE HANDLUNGSKOMPETENZEN SOWIE WAHRNEHMUNGS- UND REFLEXIONSKOMPETENZEN

4. BERUFSPRAKTIKUM
(Quelle: https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx; vgl. ).

Im Zeitraum März 2019 (der Abweisungsbescheid betrifft den Zeitraum ab März 2019) bis August 2019 (in diesem Monat wurde der Abweisungsbescheid erlassen) befand sich der Bf. am Beginn seiner exekutivdienstlichen Ausbildung im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien - die Ausbildung begann am .

Der Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG wird im Gesetz nicht näher definiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, um vom Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG ausgehen zu können. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, hat der Verwaltungsgerichtshof diese in der Rz 11 wie folgt zusammengefasst:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff der "Berufsausbildung" alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (, , ). Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinn ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (). Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa im Praktikum zu vermittelnde praktische Grundkenntnisse unter die Berufsausbildung fallen, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2009/16/0315, ausgesprochen. Wie sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ergibt, fällt unter eine Berufsausbildung auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf (; zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre ).

Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass bei einer "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt (Rz 32).

Weiters hob der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung hervor, dass das von einer Absolventin eines Lehramtsstudiums absolvierte Unterrichtspraktikum eine Einschulung am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers und keine Berufsausbildung mehr darstelle (Rz 26, 27). Dagegen stelle die Ableistung der Gerichtspraxis durch einen Rechtspraktikanten eine Berufsausbildung dar, da es sich dabei um eine Berufsvorbildung und keine Einschulung am Arbeitsplatz handle (Rz 28).

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG dar.

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Auf die beispielhaft angeführten h.a. Erkenntnisse wird verwiesen:
; ;
;

Der Bf. hat im März 2019 mit der Basisausbildung im Exekutivdienst begonnen. Somit liegt iSd zitierten Erkenntnisse des VwGH und des Bundesfinanzgerichtes eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für die ersten drei Teile der Ausbildung (ab März 2019 bis zur Ablegung der Dienstprüfung) vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall auf Grund der zitierten Erkenntnisse nicht gegeben.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101863.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at