Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2021, RV/5100880/2020

Besteuerung von Sonderzahlungen bei Einkommensteuer unter € 0,00

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin hat ihre am ausgefüllte handschriftliche Erklärung zur Arbeitnehmerinnenveranlagung am abgegeben. Darauf findet sich auch der Hinweis "Bitte diesmal auch die eingehobene Steuer auf die sonstigen Bezüge zu berücksichtigen (zu refundieren)."

Am folgenden Tag verfasste das Finanzamt den beschwerdegegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2019.

Gegen diesen richtet sich die handschriftlich vom Vater der Beschwerdeführerin verfasste Beschwerde vom , in welcher diese darauf hinweist, dass er von seiner Tochter bevollmächtigt worden sei, in ihrem Namen vor allen Behörden oder Gerichten als Vertreter zu handeln. Eine entsprechende Vollmacht, am erstellt, war dem Schreiben beigelegt.

Einen Hinweis darauf, dass nunmehr Schriftstücke der Finanzverwaltung dem Vater der Beschwerdeführerin zugestellt werden sollten (Zustellvollmacht), enthält weder die Beschwerdeschrift noch die beigelegte Vollmacht.

Wie im angefochtenen Bescheid festgestellt, beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, dass ihr Einkommen € 267,96 betragen habe. Die einbehaltene Lohnsteuer von € 971,24, die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. € 110,00 würden eine Summe von € 1.081,24 ergeben, welche der Beschwerdeführerin zu erstatten sei.

Tatsächlich habe sie nur eine Gutschrift i.H.v. € 958,00 erhalten, da die Steuer auf die sonstigen Bezüge i.H.v. € 123,32 einbehalten geblieben sei. Dadurch wäre das Jahreseinkommen der Beschwerdeführerin in Höhe von € 267,96 mit einem Steuersatz von beinahe 50 % belastet.

Dementsprechend beantragte die Beschwerdeführerin den Einkommensteuerbescheid 2019 insoweit abzuändern, als er auch die Steuer auf die sonstigen Bezüge i.H.v. € 123,32 ersetzt würden.

Mit der Beschwerdevorentscheidung datiert vom wurde das Begehren der Beschwerdeführerin abgewiesen. Die dort angeführte Begründung lautet:

"Begründung:

Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0 % für die ersten 620,00 ................................ 0,00 €
6 % für die restlichen 2.055,26 .................... 123,32 €"

Im am verfassten und am beim Finanzamt eingelangten vom Vater der Beschwerdeführerin unter Berufung auf seine Vollmacht erstellten Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, führte die Beschwerdeführerin als erstes an, dass nur ihr, nicht jedoch auch ihrem Vertreter (Vater), die Beschwerdevorentscheidung vom zugestellt worden sei.

Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen legte die Beschwerdeführerin noch dar, dass im Steuerbuch 2020 des Bundesministeriums für Finanzen auf Seite 12 festgehalten sei, dass ein bestimmtes Basiseinkommen (Existenzminimum) bei jedem unbeschränkt Steuerpflichtigen steuerfrei bleibe. Dieses steuerfreie Basis Einkommen mache bei jedem mindestens € 12.600,00 aus. Auf Seite 24 sei festgehalten, dass Einkommen bis € 11.000,00 jedenfalls steuerfrei gestellt würden.

Aus diesem Grund sei das Einkommen der Beschwerdeführerin weit unter dieser Freigrenze liegend, auch wenn man die sonstigen Bezüge berücksichtige. Die sonstigen Bezüge der Beschwerdeführerin seien daher bei ihr gänzlich steuerfrei.

Am ersuchte das Finanzamt mit Vorhalt die Vorlage einer entsprechenden Vollmacht des Vaters der Beschwerdeführerin.

Daraufhin legte die Beschwerdeführerin am nochmals die bereits oben erwähnte Vollmacht vom samt Ausweiskopien von sich selbst und ihrem Vater vor.

Im Begleitschreiben wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sie diese Vollmacht bereits mit der Beschwerdeschrift überreicht habe, dennoch sei die Beschwerde nur ihr allein zugestellt worden. Sie ersuche um gefällige Kenntnisnahme und Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin hat am ihrem Vater schriftlich folgende Vollmacht erteilt:

"Ich Frau … geboren am … bevollmächtige Herrn … ausdrücklich, mich in allen rechtlichen und tatsächlichen Belangen zu vertreten, wobei sich diese Vollmacht insbesondere auf folgende Rechtshandlungen bzw. rechtlich relevanten Erklärungen bezieht:

- Vertretung gegenüber allen Behörden einschließlich Gerichten ohne inhaltliche Beschränkung mit dem Recht, diese Vollmacht auch an Dritte, wie befugte Parteienvertreter, Versicherungsvertreter oder sonstige zur Vertretung befugte Gewerbetreibende zu delegieren.

- Vertretung gegenüber Banken und Versicherungen unabhängig von Art und Umfang des Geschäfts, also insbesondere auch der Abschluss oder die Beendigung von Verträgen, die Einlage, Entgegennahme oder Behebung von Geldbeträgen sowie die Vornahme von Überweisungen alle meine Konten, Polizzen und dergleichen betreffend.

- Uneingeschränkte Vertretung sonstigen Dritten gegenüber.

Ein gänzlicher und teilweiser Widerruf dieser Vollmacht ist im Zweifel nur wirksam, wenn er ausdrücklich gegenüber dem betroffenen Dritten erfolgt ist oder in schriftlicher Form Herrn/Frau … zur Kenntnis gebracht wurde und ich zu diesem Zeitpunkt geschäftsfähig war."

Die Beschwerdevorentscheidung datiert vom war ausschließlich an die Beschwerdeführerin adressiert. Der Vater der Beschwerdeführerin wird in diesem Bescheid nicht erwähnt.

Der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vom wurde vom Vater der Beschwerdeführerin in Vertretung der Beschwerdeführerin unterzeichnet.

Die einzige Einkunftsquelle der Beschwerdeführerin im Jahr 2019 war der Bezug von Pension, welche ihr von der ***1*** Gebietskrankenkasse (nunmehr ÖGK ***1***) ausbezahlt worden ist.

Ihr Lohnzettel hat folgendes Aussehen:


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KZ
Betrag
KZ
Betrag
Bruttobezüge gemäß § 25 (ohne § 26 und ohne § 3 Abs. 1 Z 16b)
(210)
19.664,40
Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 (innerhalb des Jahressechstels soweit nicht nach § 67 Abs. 10 versteuert) und gemäß § 67 Abs. 5 zweiter Teilstrich (innerhalb des Jahreszwölftels), vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge (SV-Beiträge)
(220)
2.809,20
Insgesamt für lohnsteuerpflichtige Einkünfte einbehaltene SV-Beiträge, Kammerumlage, Wohnbauförderung
937,58
Abzüglich einbehaltene SV-Beiträge: für Bezüge gemäß Kennzahl 220
(225)
133,94
Summe SV-Beiträge - KZ 225 - KZ 226
(230)
803,64
Steuerpflichtige Bezüge
(245)
16.051,56
Insgesamt einbehaltene Lohnsteuer
971,24
Anrechenbare Lohnsteuer
(260)
971,24
Bundespflegegeld
4.289,00

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Parteivorbringen, den vorgelegten Aktenteilen sowie der Einsicht in die Datenbanken der Finanzverwaltung, soweit diese im Bundesfinanzgericht zugänglich sind. Denkvorgänge der Beweiswürdigung, welche isoliert von der Betrachtung der Betroffenen Normen schwer verständlich wären, finden sich auch unter Punkt "3. Rechtliche Beurteilung".

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom ausschließlich an die Beschwerdeführerin

§ 83 Abs. 1 und 2 BAO (Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961) lauten:

"(1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen."

Die oben wörtlich zitierte Vollmacht vom regelt detailliert und umfassend, in welchen Angelegenheiten der Vater der Beschwerdeführerin diese vertreten darf. Aus der Formulierung "mich in allen rechtlichen und tatsächlichen Belangen zu vertreten" und der weiteren beispielhaften, jedoch nicht abschließenden, Aufzählung ist zu schließen, dass die Beschwerdeführerin ihren Vater allumfassend in jeder Hinsicht, zur Vertretung ermächtigen wollte.

§ 9 ZustG (Zustellgesetz BGBl. Nr. 20/1982) lautet auszugsweise:

"(1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

"

Nach der ständigen Judikatur und Lehre (siehe dazu etwa die Aufzählungen in Ritz, BAO6, § 9 ZuStG Tz 20, Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 (2021) § 83 Rz 5) umfassen allgemeine Vollmachten immer auch die Zustellvollmacht.

Daraus folgt, dass in der Beschwerdevorentscheidung datiert vom der Vater der Beschwerdeführerin als Empfänger hätte bezeichnet werden müssen, wobei eine Zustellung "zu Handen" ausgereicht hätte. Adressat der Beschwerdevorentscheidung hätte jedoch die Beschwerdeführerin bleiben müssen.

Da die Beschwerdeführerin aber als einzige und damit als Adressat und Empfängerin in der Beschwerdevorentscheidung datiert vom genannt und diese auch ihr zugestellt wurde, war diese Zustellung rechtsunwirksam (siehe Ritz, aaO. Tz 26).

Aus der Tatsache, dass der Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom Vater der Beschwerdeführerin verfasst und im Namen der Beschwerdeführerin unterzeichnet wurde und darin in der Sache vorgebracht wurde, kann geschlossen werden, dass dem Vater der Beschwerdeführerin, also ihrem Vertreter, die genannte Beschwerdevorentscheidung tatsächlich zugekommen ist, wodurch die fehlerhafte Zustellung nach § 9 Abs. 3 ZustG geheilt wurde (siehe dazu Ritz, aaO. Tz. 24).

Berechnung der Einkommensteuer 2019:

Vorausgeschickt sei, dass Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Finanzen, wie die Lohn- und Einkommensteuerrichtlinien und auch das "Steuerbuch" nur Rechtsmeinungen des Bundesministeriums für Finanzen wiedergeben, ohne jedoch selbst den Anspruch zu erheben, normative Wirkungen zu entfalten (Anderfalls wären sie vom Verfassungsgerichtshof als nicht ordnungsgemäß kundgemachte Verordnungen aufzuheben).

Allein das Einkommensteuergesetz (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) und die auf Basis des Einkommensteuergesetzes ergangenen Verordnungen sowie vereinzelte Bestimmungen in anderen Gesetzen sind für die Berechnung der Einkommensteuer von Bedeutung.

Das Steuerbuch des Bundesministeriums für Finanzen ist sogar eine wesentlich vereinfachte Darstellung des Steuerrechts, welche dem in dieser Materie noch nicht Kenntnisreichen ermöglichen soll, einen ersten Überblick über die Normen und den dahinterstehenden Grundgedanken zu gewinnen.

Nun kann man dem dort geschilderten und von der Beschwerdeführerin zitierten Grundgedanken, dass ein bestimmter Teil des Einkommens nicht besteuert werden soll (Existenzminimum), sehr wohl auch in den betreffenden Vorschriften des EStG 1988 finden, doch wie bei jeder generellen Regel gibt es auch hier (gesetzlich definierte Ausnahmen). Dies betrifft vor allem fixe Steuersätze und eine allfällige Endbesteuerung.

Für die anhängige Beschwerde sind folgende Normen relevant:

§ 33 EStG 1988 (auszugsweise):

"§ 33. (1) Die Einkommensteuer beträgt jährlich

für die ersten 11 000 Euro 0%
für Einkommensteile über 11 000 Euro bis 18 000 Euro 25%
für Einkommensteile über 18 000 Euro bis 31 000 Euro 35%
für Einkommensteile über 31 000 Euro bis 60 000 Euro 42%
für Einkommensteile über 60 000 Euro bis 90 000 Euro 48%
für Einkommensteile über 90 000 Euro 50%

Für Einkommensteile über eine Million Euro beträgt der Steuersatz in den Kalenderjahren 2016 bis 2020 55%.

(2) Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

(6) Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:

3. Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nach der Z 1 nicht vor, beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 400 Euro. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 17 000 Euro und 25 000 Euro auf Null.

(8) … 3. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4, höchstens aber 110 Euro jährlich, rückzuerstatten (SV-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f. "

§ 41 Abs. 4 lautet:

"Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bleiben Bezüge, die nach § 67 Abs. 1 oder § 68 steuerfrei bleiben oder mit den festen Sätzen des § 67 oder mit den Pauschsätzen des § 69 Abs. 1 zu versteuern waren, außer Ansatz. Die Steuer, die auf sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 und auf Bezüge gemäß § 67 Abs. 5 zweiter Teilstrich, die gemäß § 67 Abs. 1 zu versteuern sind, entfällt, ist aber gemäß § 67 Abs. 1 und 2 neu zu berechnen, wenn diese sonstigen Bezüge 2 100 Euro übersteigen. Die Bemessungsgrundlage sind die sonstigen Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß § 67 Abs. 1 und 2 sowie die Bezüge gemäß § 67 Abs. 5 zweiter Teilstrich, die gemäß § 67 Abs. 1 zu versteuern sind, abzüglich der darauf entfallenden Beiträge gemäß § 62 Z 3, 4 und 5. Bis zu einem Jahressechstel von 25 000 Euro beträgt die Steuer 6% der 620 Euro übersteigenden Bemessungsgrundlage, jedoch höchstens 30% der 2 000 Euro übersteigenden Bemessungsgrundlage. Ungeachtet des vorläufigen Steuerabzugs gemäß § 69 Abs. 2 und 3 gilt ein Siebentel dieser Bezüge als ein Bezug, der mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 zu versteuern war und von dem 6% Lohnsteuer einbehalten wurde. Ein Siebentel der Bezüge gemäß § 69 Abs. 5 und 7 gilt als Bezug, der mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 zu versteuern ist."

§ 67 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

"Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs. 2 nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge

1. für die ersten 620 Euro 0%,
2. für die nächsten 24 380 Euro 6%,
3. für die nächsten 25 000 Euro 27%,
4. für die nächsten 33 333 Euro 35,75%.

Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs. 2 höchstens 2 100 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2 100 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 erster Teilstrich, Abs. 6 bis 8 und Abs. 10 nicht zu berücksichtigen."

Wendet man diese Regeln auf das Einkommen der Beschwerdeführerin im Jahr 2019 an, ergibt sich Folgendes:

Die Beschwerdeführerin bezog an steuerpflichtigen Einkünften gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 ("Einkommen ist der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrags nach § 105.") ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 iVm. § 25 EStG 1988), wozu auch Pensionen zählen, in Höhe von € 16.051,56.

Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte in gleicher Höhe.

Zu diesem Betrag zählen aber nach nicht jene Einkünfte, welche nach § 41 Abs. 4 erster Satz iVm. § 67 Abs. 1 nicht oder mit fixem Steuersatz besteuert werden.

Dies trifft bei der Beschwerdeführerin auf die Sonderzahlungen in Höhe von Brutto € 2.809,20 zu, welche daher auch nicht im Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte (siehe oben) enthalten sind.

Für diese € 2.809,20 gilt daher nicht die allgemeine Regelung des § 33, welche das steuerliche Existenzminimum sicherstellt, sondern eine Sonderregelung, welche sich im § 67 Abs. 1 EStG 1988 findet. Die nach Abzug der auf die Sonderzahlung entfallenden Sozialversicherungsbeiträge (€ 133,94) verbleibenden € 2.675,26 unterliegen für € 620,00 dem Steuersatz von 0% und für € 2.075,26 dem von 6% (€ 123,32).

Dieser Betrag hätte als Lohnsteuer von der pensionsauszahlenden Stelle einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden sollen, dies ist, wie aus dem oben angeführten Lohnzettel ersichtlich, unterblieben und daher im Rahmen der Arbeitnehmerinnenveranlagung nachzuholen.

Dass die Sonderzahlungen einem getrennten Steuerregime unterliegen, welches in aller Regel, abgesehen von äußerst seltenen Ausnahmefällen, zu einer begünstigten Besteuerung führen, welche auf die Regeln des § 33 EStG 1988 (und daher auch das steuerliche Existenzminimum) keine Rücksicht nimmt, wurde schon wiederholt dem Verfassungsgerichtshof zur Beurteilung unterbreitet, welcher bisher keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung gefunden hat (siehe etwa ).

Die Einkommensteuer 2019 der Beschwerdeführerin ist daher wie folgt zu berechnen:

Vom Gesamtbetrag der Einkünfte sind der Pauschbetrag für Sonderausgaben nach § 18 Abs. 2 EStG 1988 in Höhe von € 60,00 und gemäß § 34 Abs. 6 4. Alternative EStG 1988 iVm. § 35 Abs. 5 EStG 1988 die tatsächlichen Kosten der Behinderung der Beschwerdeführerin in Höhe von € 15.723,60 in Abzug zu bringen, dies ergibt ein Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 in Höhe von € 267,96.

Von diesem ist der Pensionistenabsetzbetrag von € 400,00 abzuziehen, woraus sich eine Einkommensteuer unter € 0,00 ergibt.

Aus diesem Grund können gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 € 110,00 von den bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen, welche gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 gleich bei der Berechnung der Lohnsteuer als Werbungskosten berücksichtigt worden sind und damit die Summe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemindert haben, rückerstattet werden.

Dazu kommt noch die bisher bereits bezahlte anrechenbare Lohnsteuer in Höhe von € 971,24, welche allerdings nicht die Lohnsteuer auf die sonstigen Bezüge in Höhe von € 123,32 enthält, welche von der Pensionsauszahlenden Stelle hätten einbehalten werden müssen. Diese mindern daher den zurückzubezahlenden Betrag.

In Summe ergibt dies unter Berücksichtigung der Rundung gemäß € 39 Abs. 3 EStG 1988 von € -0,08 eine Abgabengutschrift von € 958,00 wie im angefochtenen Bescheid, weswegen die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich dieses Erkenntnis einerseits sich auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die übereinstimmende Lehre und andererseits bei der Berechnung der Steuer unmittelbar auf den Gesetzeswortlaut stützt, werden keine Rechtsfragen berührt, deren Bedeutung über die Entscheidung dieser Beschwerde hinausgehen berührt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100880.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at