Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2021, RV/7101171/2021

Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus Plus für im Ausland lebende studierende Kinder

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für 2019 beantragte der Beschwerdeführer (Bf) als Unterhaltszahler für seine beiden in Polen wohnhaften Kinder den Familienbonus Plus.

Das Finanzamt forderte den Bf mit Ergänzungsersuchen vom zur Einreichung einer Bestätigung auf, dass für die Kinder Familienbeihilfe oder eine gleichartige ausländische Familienleistung bezogen worden sei. Auch Nachweise über die geleisteten Unterhaltszahlungen (Unterhaltsverpflichtung, Dauerauftrag, Überweisungsbelege etc.) seien erforderlich. Für die Gewährung des Familienbonus Plus sei es erforderlich, dass in Österreich für das Kind Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) gewährt werde. Dieser Antrag müsse von der Person gestellt werden, mit der das Kind im gemeinsamen Haushalt lebe. Erst wenn positiv über einen Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) abgesprochen worden sei, könne der Familienbonus Plus für ein Kind im EU-EWR-Raum oder der Schweiz berücksichtigt werden.

Mit Schreiben vom übersendete der Bf Bestätigungen über bezahlte Alimente. Den Bescheid über den Bezug der Familienbeihilfe für seine beiden Kinder könne er nicht bekommen, da er mit seinen Kindern nicht zusammenwohne. Seine Ex-Frau wolle ihm diese Bestätigung nicht aushändigen, die Behörde auch nicht.

Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom wurde der Familienbonus Plus nicht berücksichtigt, da dieser laut Bescheidbegründung nur für Kinder zustehe, für die Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) in Österreich gewährt werde. Bisher sei kein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt worden, sodass eine Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe (Ausgleichs-/Differenzzahlung) nicht erfolgen könne.

Der Bf ersuchte in seiner Beschwerde vom um Zuerkennung der im Jahr 2019 geleisteten Alimente für seine beiden Kinder, die er regelmäßig besuche. Die Bestätigungen über die Zahlungen habe er bereits an das Finanzamt übermittelt.

Nach einem weiteren Ergänzungsersuchen der Behörde gab der Bf mit Eingabe vom an, dass seine beiden Kinder keine Familienbeihilfe mehr beziehen, da in Polen die Familienbeihilfe nur bis zum 18. Lebensjahr ausbezahlt werde. Da seine beiden Kinder noch studieren, müsse er Alimente bezahlen. Der Bf ersuchte unter Beilage der Zahlungsbestätigungen nochmals um Anerkennung der Alimente.

Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Das Finanzamt wiederholte die Begründung des Einkommensteuerbescheides betreffend Familienbonus Plus und ergänzte, dass auch nicht nachgewiesen worden sei, dass für die Kinder Familienbeihilfe bezogen werde. Daher könne der Unterhaltsabsetzbetrag nicht gewährt werden.

Im Vorlageantrag vom machte der Bf erneut geltend, dass er bereits Bestätigungen über die Unterhaltszahlungen übersendet habe. Er beziehe keine Familienbeihilfe für seine Kinder, er wolle nur die bezahlten Alimente absetzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Bf leistete für seine beiden Kinder (beide geboren 1996), die in Polen bei der geschiedenen Ehegattin des Bf leben, im Jahr 2019 Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt 1.800 PLN monatlich. Für die Kinder wurde keine Familienbeihilfe bzw. Differenzzahlung nach § 4 FLAG in Österreich oder eine gleichartige Familienleistung in Polen bezogen. Die Kinder waren im Jahr 2019 bereits volljährig und betreiben lt. Bf ein Studium.

Der Bf beantragte aufgrund der vom ihm bezahlten Alimente die Berücksichtigung des Familienbonus Plus und des Unterhaltsabsetzbetrages.

Dieser Sachverhalt entspricht der Aktenlage und ist unbestritten.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

2.1.1. Unterhaltsabsetzbetrag

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, der für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und das Kind nicht seinem Haushalt angehört und für das Kind weder ihm noch seinem nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
Leistet er für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht ihm für das zweite Kind ein Unterhaltsabsetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein solcher von 58,40 Euro monatlich zu.

Für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, steht kein Unterhaltsabsetzbetrag zu (§ 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988).

Auch wenn der Bf Alimente an seine Kinder bezahlt hat und die Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 erfüllt sind, steht jedoch der Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages die Regelung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 entgegen. Demnach sind laufende Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, steuerlich nicht zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass der Unterhaltsabsetzbetrag für volljährige Kinder nur dann anzuerkennen ist, wenn an eine andere Person als den Unterhaltszahler (zB. an die Mutter der Kinder) Familienbeihilfe ausbezahlt wird. Diese Regelung gilt sowohl für im Inland lebende Kinder wie auch für Kinder, die sich im Ausland aufhalten.

Der Bf hat daher keinen Anspruch auf den Unterhaltsabsetzbetrag. Der Beschwerde konnte in diesem Punkt keine Folge gegeben werden.

2.1.2. Familienbonus Plus

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen zu.

Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung des Familienbonus Plus ist demnach, dass für das Kind Familienbeihilfe bezogen wird. Aufgrund der gewählten Textierung des § 33 Abs. 3a EStG 1988 reicht ein allfälliger Anspruch auf Familienbeihilfe nicht aus, die Familienbeihilfe muss vielmehr gemäß § 10 FLAG beantragt (soweit die Gewährung nicht gemäß § 10a Abs 1 FLAG automatisch erfolgt) und auch tatsächlich gewährt werden (siehe Kanduth-Kristen in Jakom EStG 2021, § 33 Tz 31, unter Verweis auf ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 9).

Im vorliegenden Fall steht fest, dass für die Kinder des Bf. keine Familienbeihilfe bzw. Differenzzahlungen (die der Familienbeihilfe gleichgesetzt sind) gewährt wurden. Damit kommt die Zuerkennung der Familienbeihilfe Plus nicht in Betracht.

Auch in diesem Punkt war die Beschwerde abzuweisen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101171.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at