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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.12.2021, RV/5100587/2021

Vorbereitung auf die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung als Berufsausbildung; Verlängerung der Anspruchsdauer im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu VNR: ***000*** betreffend Familienbeihilfe für das Kind *****, VNR: ***111***, für den Zeitraum "ab März 2020"zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) dahingehend abgeändert, dass der Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind *****, VNR: ***111***, für die Zeiträume "ab Februar 2021" abgewiesen wird.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

Der am ***07/1996*** geborene Sohn der Beschwerdeführerin (Bf.) wurde mit Bescheid der ***Uni*** vom zur Studienberechtigungsprüfung für das Diplomstudium Humanmedizin zugelassen, die folgende Fächer umfasst: 1.) Aufsatz über ein allgemeines Thema, 2.) Pflichtfächer: Biologie, Chemie 2 und Physik 1, sowie 3.) Wahlfach Anatomie.
Laut den vorgelegten Prüfungszeugnissen wurden die Prüfungen in den Fächern "Aufsatz über ein allgemeines Thema", "Physik 1" und "Biologie" am , am und am erfolgreich abgelegt.

Am beantragte die Bf. mit Vordruck "Beih 100-PDF" die Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ab März 2020.

Das Finanzamt wies in der Folge diesen Antrag mit Bescheid vom ab.
Da einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Test und eines Bewerbungsgespräches noch keine Ausbildung darstellen würden, sei der Antrag auf Familienbeihilfe ab dem Zeitraum abzuweisen. Dies gelte unabhängig davon, ob der Aufnahmetest bestanden werde, das Studium tatsächlich begonnen werde oder die Vorbereitungszeit in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom . Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Vorbereitungszeit für die Studienberechtigungsprüfung als Zeit der Berufsausbildung gelte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , 2011/16/0057, würden "einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgespräches noch keine Ausbildung darstellen". Dies gelte unabhängig davon, ob der Aufnahmetest bestanden werde, das Studium tatsächlich begonnen werde oder die Vorbereitungszeit in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehme.
Es seien in jedem Fach für die Studienberechtigungsprüfung mehrere Prüfungstermine angeboten worden. Da die Bf. keine Zeugnisse ihres Sohnes vorgelegt habe, könne auch von keiner Zielstrebigkeit ausgegangen werden.

Das am beim Finanzamt eingelangte Schreiben betreffend "Antrag auf Wiederaufnahme" wurde von der Behörde als Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gewertet.

Mit der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht legte die Bf. die Prüfungszeugnisse über die Ablegung von Teilprüfungen der Studienberechtigungsprüfung durch ihren Sohn an der ***Uni*** vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung

Der unter Punkt I. angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

Nach § 2 Abs. 9 FLAG 1967 verlängert sich die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

Gemäß § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (idF. BGBl. I Nr. 129/2017, UG) ist die allgemeine Universitätsreife durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:
1. ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis (einschließlich eines Zeugnisses über die Berufsreifeprüfung) oder ein österreichisches Reife- und Diplomprüfungszeugnis oder ein nach schulrechtlichen Vorschriften nostrifiziertes Reifeprüfungszeugnis,
2. ein anderes österreichisches Zeugnis über die Zuerkennung der Studienberechtigung für eine bestimme Studienrichtungsgruppe an einer Universität, Pädagogischen Hochschule oder Fachhochschule;

§ 64a UG trifft zu den Studienberechtigungsprüfungen auszugsweise (soweit für den gegenständlichen Fall von Relevanz) folgende Regelungen:

(1) Personen ohne Reifeprüfung erlangen nach Maßgabe einer Verordnung des Rektorates durch Ablegung der Studienberechtigungsprüfung die allgemeine Universitätsreife für Bachelorstudien und Diplomstudien einer Studienrichtungsgruppe.

(2) Die Studienberechtigungsprüfung kann entsprechend einer Verordnung des Rektorates für folgende Studienrichtungsgruppen abgelegt werden:

8. Medizinische und Veterinärmedizinische Studien;

(3) Zur Studienberechtigungsprüfung sind Personen zuzulassen, die die Zulassung zu Studien einer der Studienrichtungsgruppen an einer Universität anstreben, das 20. Lebensjahr vollendet haben und eine eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für das angestrebte Studium nachweisen.

(4) Das Ansuchen um Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung ist schriftlich beim Rektorat jener Universität einzubringen, bei der ein Studium der angestrebten Studienrichtungsgruppe eingerichtet ist. Das Ansuchen hat zu enthalten:
1. den Namen, das Geburtsdatum, die Adresse sowie - falls vorhanden - die Matrikelnummer;
2. den Nachweis der Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Staates oder den Nachweis der Angehörigkeit einer Personengruppe gemäß der Personengruppenverordnung;
3. das angestrebte Studium;
4. den Nachweis der Vorbildung (Abs. 3);
5. das Wahlfach oder die Wahlfächer.

(5) Die Studienberechtigungsprüfung umfasst folgende fünf Prüfungen:
1. eine schriftliche Arbeit über ein allgemeines Thema;
2. zwei oder drei Prüfungen, die im Hinblick auf Vorkenntnisse oder Fertigkeiten für die angestrebte Studienrichtungsgruppe erforderlich sind (Pflichtfächer) und
3. eine oder zwei Prüfungen nach Wahl der Prüfungskandidatin oder des Prüfungskandidaten aus dem Bereich der angestrebten Studienrichtungsgruppe (Wahlfach oder Wahlfächer).

(12) Die Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten sind berechtigt, negativ beurteilte Prüfungen zweimal zu wiederholen. Die letzte zulässige Wiederholung ist in kommissioneller Form durchzuführen. Nach negativer Beurteilung der letzten zulässigen Wiederholung erlischt die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung für diese Studienrichtungsgruppe. Eine neuerliche Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung für diese Studienrichtungsgruppe an der betreffenden Universität ist ausgeschlossen. Bei gemeinsam eingerichteten Lehramtsstudien ist eine neuerliche Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung für die Studienrichtungsgruppe Lehramtsstudien an allen beteiligten Bildungseinrichtungen ausgeschlossen.

(13) Die Beurteilung einer Prüfung gemäß Abs. 5 hat mit "bestanden" oder "nicht bestanden" zu erfolgen. Die Gesamtbeurteilung hat auf "bestanden" zu lauten, wenn keine Prüfung mit "nicht bestanden" beurteilt wurde; in den übrigen Fällen ist sie mit "nicht bestanden" festzulegen. Die Bestimmungen des § 59 Abs. 1 Z 12 und der §§ 73 und 79 sind sinngemäß anzuwenden.

(14) Über die Ablegung jeder Prüfung ist ein Zeugnis auszustellen. Das Rektorat hat nach Vorliegen aller Prüfungszeugnisse ein Studienberechtigungszeugnis für die jeweilige Studienrichtungsgruppe auszustellen. Dieses Studienberechtigungszeugnis gilt für jede Universität, Pädagogische Hochschule und Fachhochschule, an der ein Studium der jeweiligen Studienrichtungsgruppe eingerichtet ist.

(15) Der erfolgreiche Abschluss der Studienberechtigungsprüfung berechtigt zur Zulassung zu allen Studien jener Studienrichtungsgruppe, für welche die Studienberechtigung erworben wurde.

(16) Die Festlegung der Anzahl der Prüfungen nach Abs. 5 Z 2 und 3 und die Festlegung der Pflichtfächer gemäß Abs. 5 Z 2 für die jeweilige Studienrichtungsgruppe erfolgen durch Verordnung des Rektorates.

Gemäß § 5 Abs. 1 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung durch Verordnung zu bestimmen, inwieweit Personen, die sich auf die Studienberechtigungsprüfung vorbereiten, unter Berücksichtigung von Art und Dauer des Studiums ordentlichen Hörern im Hinblick auf den Anspruch auf Studienbeihilfe gleichzustellen sind Die Verordnung hat die Anspruchsdauer, den Nachweis des günstigen Studienerfolges und die Voraussetzungen für das Erlöschen des Anspruchs festzulegen.

Die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Gewährung von Studienbeihilfe an Kandidaten für die Studienberechtigungsprüfung, BGBl. 573/1992, lautet:
"§ 1. (1) Personen, die nach dem Studienberechtigungsgesetz, BGBl. Nr. 192/1985 (Anm.: richtig: BGBl. Nr. 292/1985), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 624/1991, zur Studienberechtigungsprüfung zugelassen wurden, werden ordentlichen Hörern hinsichtlich des Anspruchs auf Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz gleichgestellt.

(2) Die Gleichstellung erfolgt lediglich zur erstmaligen Erlangung der Studienberechtigung für ein ordentliches Studium. Die Wahl des Studiums steht dem Bewerber frei.

(3) Als erstes Semester der Gleichstellung gilt frühestens das Semester, in dem der Bewerber zur Studienberechtigungsprüfung zugelassen wurde, und spätestens das auf die Zulassung nächstfolgende Semester. Die Wahl steht dem Bewerber frei.

§ 2. Die Dauer der Gleichstellung und damit auch die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe beträgt ein Semester, sofern nicht mehr als zwei Prüfungsfächer zu absolvieren sind, sonst höchstens zwei Semester.

§ 3. (1) Ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für einen allfälligen weiteren Anspruch auf Studienbeihilfe liegt vor, wenn die Studienberechtigungsprüfung erfolgreich abgelegt wurde.

(2) Zum Ausschluss der Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 51 Abs. 1 Z 4 StudFG sind innerhalb der Antragsfrist (§ 39 Abs. 2 StudFG) des Semesters nach Ablauf der Gleichstellung Nachweise über die erfolgreiche Ablegung wenigstens der Hälfte der zu absolvierenden Prüfungsfächer der Studienberechtigungsprüfung vorzulegen.

§ 4. (1) Der Anspruch auf Studienbeihilfe nach dieser Verordnung erlischt mit Ende der Gleichstellung.

(2) Wird jedoch in dem auf die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung folgenden Semester kein ordentliches Studium aufgenommen, erlischt der Anspruch auf Studienbeihilfe nach dieser Verordnung bereits mit Ende des Monats, in dem das letzte Prüfungsfach der Studienberechtigungsprüfung absolviert wurde.

§ 5. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Gewährung von Studienbeihilfe an Kandidaten für die Studienberechtigungsprüfung, BGBl. Nr. 528/1986, in der Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 213/1990, außer Kraft."

Rechtliche Beurteilung

Die Vorbereitung auf die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung stellt nach herrschender Ansicht eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 dar (Lenneis/Wanke, FLAG², § 2 Tz 56). In Punkt 02.01 Rz 16.7. der Durchführungsrichtlinien zum FLAG 1967 heißt es:
"Die Vorbereitungszeit für die Ablegung der Studienberechtigungsprüfung gilt als Zeit der Berufsausbildung. Die Zulassung zur Ablegung der Studienberechtigungsprüfung erfolgt mit Bescheid des Rektors einer Universität, wobei als Vorbereitungszeit maximal zwei Semester gewährt werden. Sind nur zwei Prüfungsfächer zu absolvieren, beträgt die Vorbereitungszeit ein Semester. Sind mehr als zwei Prüfungsfächer zu absolvieren, beträgt die Vorbereitungszeit zwei Semester. Im Zulassungsbescheid sind die jeweiligen Prüfungsfächer angegeben. Die Vorbereitungszeit beginnt im Regelfall mit dem der Zulassung folgenden Monatsersten. Auf Wunsch der antragstellenden Person kann die Vorbereitungszeit auch mit dem Semester der Zulassung oder dem der Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung nachfolgendem Semester beginnen. Nach Ablauf der Vorbereitungszeit ist nachzuweisen, dass mindestens eine Fachprüfung der Studienberechtigungsprüfung erfolgreich abgelegt wurde."

Auch das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die Vorbereitung auf die Studienberechtigungsprüfung zwar nicht als Studium, aber als Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. b Satz 1 FLAG 1967 anzusehen ist, wobei die Vorbereitungszeit im Regelfall mit dem der Zulassung folgenden Monatsersten beginnt und bei vollem zeitlichen Einsatz, je nach der Zahl der Prüfungsfächer, von einem bis zwei Semestern Vorbereitungszeit auszugehen ist (z.B. ; ; Lenneis/Wanke, FLAG², § 2 Tz 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Gegenteiliges ist auch aus dem in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/16/0057, nicht abzuleiten, war in jenem Fall lediglich der Umstand eines Tests und eines Bewerbungsgesprächs, nicht aber die Tätigkeit zur Vorbereitung darauf Gegenstand der Prüfung, ob damit bereits eine Berufsausbildung vorliege ().

Eine Vorbereitung auf die Studienberechtigungsprüfung und damit eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 kann regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn die Voraussetzungen für die Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung erfüllt sind. Auch nach der dargestellten Verwaltungspraxis beginnt die Vorbereitungszeit auf die Studienberechtigungsprüfung regelmäßig erst mit dem der Zulassung folgenden Monatsersten, sodass im gegenständlichen Fall - dem Antrag der Bf. entsprechend - ein Beihilfenanspruch ab dem beantragten Zeitraum März 2020 gegeben war.
Im Beschwerdefall wurde auch der nach der Verwaltungspraxis nach Ablauf der Vorbereitungszeit zu erbringende Nachweis, dass mindestens eine Fachprüfung der Studienberechtigungsprüfung erfolgreich abgelegt wurde, erbracht.

Zu beachten ist allerdings, dass der Sohn der Bf. am ***07/2020*** das 24. Lebensjahr vollendete.
Die Altersgrenze bei Berufsaus(fort)bildung wurde durch das BudgetbegleitG 2011, BGBl I 2010/111, auf 24 Jahre herabgesetzt. Dies bedeutet, dass grundsätzlich höchstens bis zum Ende des Monats, in den der 24. Geburtstag fällt, Familienbeihilfe zusteht (siehe dazu und zu den Ausnahmen Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Tz 29 ff).

Durch das 6. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 28/2020, wurde jedoch dem § 2 FLAG 1967 ein Abs. 9 angefügt, der gemäß § 55 Abs. 45 FLAG 1967 mit in Kraft getreten ist und nach dessen lit. a. sich die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise verlängert.

In den Materialien (126 BlgNR XXVII. GP - Ausschussbericht NR) heißt es dazu:
"Für Volljährige wird die Familienbeihilfe grundsätzlich nur dann gewährt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden (z.B. ein Studium betreiben). Mit Vollendung des 24. Lebensjahres endet der Familienbeihilfenbezug, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (z.B. Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).
Auf Grund der COVID-19-Krise wird die Absolvierung einer Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) im Regelfall beeinträchtigt und daher die Fortsetzung bzw. der Abschluss verzögert.
Innerhalb der derzeit im FLAG 1967 vorgesehenen Altersgrenzen kann eine Unterbrechung der Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) insofern saniert werden, als die Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verlängert werden kann.
Die derzeitige COVID-19-Krise ist als derartiges Ereignis anzusehen und zwar unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung.
Diese Verlängerung wird unmittelbar in Bezug auf jene Studienphase wirksam, in der die Beeinträchtigung durch die COVID-19-Krise erfolgt.
Um die angesprochenen Nachteile für die in Rede stehende Personengruppe zu kompensieren, deren Gesamtstudiendauer, die für die Gewährung der Familienbeihilfe im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise zur Verfügung steht, über die Vollendung des 24. der 25. Lebensjahres hinausgeht, soll die Zeitdauer der Gewährung der Familienbeihilfe über diese derzeit geltenden Altersgrenzen hinaus verlängert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass auch - zusätzlich zur bereits vorgesehenen Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird - für jene Zeiten Familienbeihilfe weiter gewährt werden kann, in denen der Studienbetrieb beeinträchtigt war. Dies soll durch eine Verlängerung des Anspruches auf die Familienbeihilfe im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung um längstens sechs Monate und im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr erfolgen."

Die Bf. hat in ihrem Schreiben vom auf die Beeinträchtigungen durch die COVID-19-Krise hingewiesen.
Gemäß § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 verlängerte sich daher im Beschwerdefall infolge der COVID-19-Krise die Anspruchsdauer nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für den volljährigen Sohn der Bf., der durch die mit Bescheid des Rektors der ***Uni*** vom erfolgte Zulassung zur Ablegung der Studienberechtigungsprüfung eine Berufsausbildung begonnen hatte, über die Altersgrenze hinaus um sechs Monate.

Aus den dargestellten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und darüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des (monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 26 Tz 3 m.w.N).

Gemäß § 282 BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Das Finanzamt wird daher im Beschwerdefall die Familienbeihilfe für die Zeiträume März 2020 bis einschließlich Jänner 2021 gemäß § 11 FLAG 1967 auszahlen und gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ausstellen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist eine Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG eine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100587.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at