Aufwendungen für Heilstollentherapie
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2019 (bei der belangten Behörde eingelangt am ) beantragte die Beschwerdeführerin unter anderem die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen bei Behinderung (Kennzahl 476) im Ausmaß von 3.842,44 Euro.
Mit Schreiben vom richtete die belangte Behörde ein Ergänzungsersuchen (Frist zur Beantwortung bis ) an die Beschwerdeführerin:
"Ergänzungspunkte:
Um Ihre beantragten Aufwendungen berücksichtigen zu können, schicken Sie uns bitte noch folgende Unterlagen:
Bei Benützung eines eigenen Kraftfahrzeuges wegen Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
• Kopie des Zulassungsscheins des eigenen Kraftfahrzeuges
• die Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder der Blindheit im Behindertenpass (§ 42 Abs. 1 BBG)
• Ausweis gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960
• Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz
Liegen die oben genannten Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Freibetrages für ein Kraftfahrzeug vor und verfügt die begünstigte Person über kein eigenes Kraftfahrzeug, so können nachgewiesene Aufwendungen für Taxifahrten berücksichtigt werden.
Bitte um Vorlage folgender Nachweise:
• Rechnungen der Taxifahrten
• Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder der Blindheit im Behindertenpass (§ 42 Abs. 1 BBG)
• Ausweis gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960
• Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz
Bitte senden Sie uns die genaue Aufstellung Ihrer beantragten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt mit den folgenden Details:
• Rechnung inkl. Rechnungsdatum
• Bezeichnung der Aufwendung
• Einzelpreise und Summe über alle Aufwendungen
• Abzüglich erhaltener Ersätze (Krankenkasse, Versicherung, Fonds, usw.)
Zum Nachweis Ihrer beantragten Aufwendungen legen Sie bitte alle Belege bei.
Hinweis:
Bei stationären Aufenthalten, wie z. B. Krankenhaus oder Kur, ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 Euro pro Tag von den beantragten Aufwendungen abzuziehen.
Nur Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Behinderung stehen, können ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden."
In der Folge beantragte die Beschwerdeführerin eine Verlängerung der Frist zur Beantwortung des Ergänzungsersuchens bis .
Mit Schreiben eingelangt bei der belangten Behörde am übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde eine Aufstellung der geltend gemachten Ausgaben und ein Konvolut an Unterlagen.
Die von der Beschwerdeführerin übermittelte Aufstellung der geltend gemachten Ausgaben stellte sich wie folgt dar:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Apotheken | 292,57 | ||
BVA-Arztrechnungen | 330,74 | ||
Parken | 70,00 | ||
Kilometer Arzt | 1.292,00 | ||
Kur Selbstbehalt | 300,93 | ||
Kur Sept Gabi | 779,80 | ||
Telefonkosten | 100,00 | ||
Dr Zeller Kilometer | 176,40 | ||
Klopapier und Taschentücher | 500,00 | ||
3.842,44 |
Mit Einkommensteuerbescheid (ArbeitnehmerInnenveranlagung) 2019 vom wurden die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderung mit einem Betrag von 1.297,83 Euro, mithin in einem um 2.544,61 Euro geringeren Ausmaß anerkannt.
Begründung:
"Aufwendungen für Behandlungsleistungen sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese ärztlich verordnet und die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden. Die Kosten für den privaten Kuraufenthalt, sowie die Aufwendungen für WC-Papier, Taschentücher und die Parkgebühren wurden nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. "
Mit Schreiben vom eingelangt bei der belangten Behörde am bekämpfte die Beschwerdeführerin den Einkommensteuerbescheid 2019:
" ... gegen den Einkommenssteuerbescheid 2019 vom das Rechtsmittel der Beschwerde betreffend die Aufwendungen für Behandlungsleistungen in Bad Hofgastein mit der Begründung, dass diese unter ärztlicher Verordnung und chefärztlicher Bewilligung sowie unter Führung ärztlicher Aufsicht gemacht wurden und daher als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind.
Diesbezügliche Verrechnungen des Behandlungsbeitrages der BVAEB und der Therapieplan des Gasteiner Heilstollens werden der Beschwerde in Kopie beigelegt."
Mit Schreiben vom richtete die belangte Behörde ein Ergänzungsersuchen (Frist zur Beantwortung bis ) an die Beschwerdeführerin:
"Ergänzungspunkte:
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben.
Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss.
Um die beantragten Kurkosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigen zu können wird um Vorlage eines entsprechenden Zeugnisses bzw. um Bekanntgabe ob entsprechende Zuschüsse geleistet worden sind gebeten (betreffend Kuraufenthalt Bad Gastein -).
Anmerkung:
Auf Grund der bisher vorgelegten Unterlagen (Erstantrag und Beschwerde) kann Ihrer Beschwerde nicht zur Gänze entsprochen werden!"
In der Folge übermittelte die Beschwerdeführerin eine ärztliche Verordnung vom .
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2019 vom geändert und die außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderung im Ausmaß von 1.968,36 Euro anerkannt.
" … Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung zu den §§ 34 und 35 EStG 1988 sind die in dem § 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen (Aufwendungen für Hilfsmittel, Kosten der Heilbehandlung) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Als Kosten der Heilbehandlung (§ 4 der Verordnung) gelten Arztkosten, Spitalkosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen.
Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. etwa , und ).
Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung.
Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (, ).
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit hat der oder die Steuerpflichtige ein vor Antritt der Krankenbehandlung ausgestelltes Zeugnis oder Gutachten vorzulegen, aus welchem die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel klar hervorgehen.
Einem ärztlichen Gutachten kann es dabei gleich gehalten werden, wenn für eine Behandlung von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da dies zumeist ein ärztliches Gutachten voraussetzt (Vgl. ; ).
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/15/0136, hat die Notwendigkeit eines vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens auch der Bundesfinanzhof zur insofern vergleichbaren deutschen Rechtslage in einem Urteil vom , III R 67/96, betreffend Aufwendungen für eine "medizinische Trainingstherapie" in einem ärztlich betreuten Sportstudio hervorgestrichen, weil derartige Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.
Aus diesem Grund fordert die Rechtsprechung für die Anerkennung der getätigten Aufwendungen als Nachweis jedenfalls eine konkrete ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat. (, , , , ).
Das Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplanes ist insbesondere bei Kosten, die durch die allgemeine Lebensführung verursacht sein können ( mwN) wie der Besuch von Heilthermen, Fitnessstudios oder Massagen, unerlässlich, um eine nachweisbare Abgrenzung von Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, die nach einhelliger Rechtsmeinung nicht abzugsfähig sind, treffen zu können (vgl. Doralt, EStG 11, § 34 Rz 78 "Krankheitskosten").
Ärztliche Anordnungen, die die Notwendigkeit der beantragten Aufwendungen (Bad Gastein 7.9.- EUR 779,80 und Fahrtkosten EUR 424,20 insgesamt EUR 1.204,-) belegen, liegen in Ihrem Fall nicht vor.
Die von Ihnen vorgelegte ärztliche Verordnung (ausgestellt am in Bad Gastein/Böckstein) kann einem vor Beginn der Behandlungen ausgestellten ärztlichen Zeugnis, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer sowie das Reiseziel der Gesundheitsmaßnahmen ergeben, nicht gleich gehalten werden und ist daher kein taugliches Beweismittel um den vom Verwaltungsgerichtshof definierten Anforderungen zu entsprechen.
Ihre Beschwerde war daher in diesem Punkt abzuweisen!"
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage ihrer Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
"Für die Kurbehandlung im März und September muss ein ärztlicher Antrag sowie eine chefärztliche Bewilligung beantragt werden um diese Behandlung überhaupt zu bekommen. Sowohl im März als auch im September lagen diese vor I. Ein Anruf bei der BVA um Übersendung dieser Unterlagen wurden uns dies leider verneint, weil diese Unterlagen irgendwo in Wien abgelegt werden. Für März habe ich ihnen schon alles zu kommen lassen, für September kann ich ihnen nur die Rechnung der BVA, die ich im Jänner bekommen habe, zuschicken. Aus diesem Grunde ***1*** ich um neuerliche Begutachtung meines Antrages betreffen dem Einkommensteuerbescheid für 2019."
Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor und beantragte die Beschwerde laut Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abzuweisen.
"Sachverhalt: Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die Aufwendungen für Behandlungsleistungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden sollen, obwohl keine ärztliche Verschreibung vor Beginn der Behandlungen vorliegt.
Beweismittel: siehe beigefügte Unterlagen
Stellungnahme: Das Finanzamt beantragt, die Beschwerde laut Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abzuweisen."
Mit Beschluss vom wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt:
Die Beschwerdeführerin wird aufgefordert binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses folgende Unterlagen an das Bundesfinanzgericht zu übermitteln:
das Leistungsblatt der BVA für das Jahr 2019 (bisher wurde nur ein Leistungsblatt aus 2018 vorgelegt), aus dem ersichtlich ist, welche Kosten 2019 von der BVA übernommen wurden;
eine ärztliche Verordnung für eine Kur in Bad Gastein im September 2019;
die von der Beschwerdeführerin erwähnte chefärztliche Bewilligung der BVA für eine Kur in Bad Gastein im September 2019.
Die Beschwerdeführerin wird aufgefordert binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses folgende Fragen zu beantworten:
welche Heilbehandlungen (außer dem Besuch des Heilstollens) erfolgten während des Aufenthaltes in Bad Gastein im September 2019?
handelt es sich bei ***3******1*** um den Ehegatten der Beschwerdeführerin (die übermittelte Rechnung über den Aufenthalt in einem Ferienapartment ist auf "***3*** und ***2******1***" ausgestellt)?
Erfolgten die Hin- und Rückfahrt nach Bad Gastein gemeinsam mit ***3******1***?
Die Beschwerdeführerin wird aufgefordert binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses mitzuteilen, für welche Krankheitsbilder eine Behinderung festgestellt wurde und das zu Grunde liegende zu übermitteln.
Mit Email vom teilte die Beschwerdeführerin dem Bundesfinanzgericht mit:
"I. a. Leistungsblatt aus 2019
I. b. u. c. Bewilligung und die ärztliche Verordnung
II. a. Da eine Kur im Heilstollen immer mehrere Stunden dauert war ich fast immer am späteren Nachmittag Nordic Walking.
II. b. ***3******1*** ist mein Gatte.
II. c. Hin- und Rückfahrt erfolgten mit ***3******1*** weil ich, wie im Anhang (Kopie Behindertenausweis und Schreiben von BASB) ersichtlich, ich einer Begleitperson bedarf.
III. Bescheid vom BASB"
Im Anhang übermittelte die Beschwerdeführerin unter anderem eine Leistungsinformation der BVAEB vom worin unter der Überschrift "Ärztliche Hilfe" ein Betrag von 344,94 Euro betreffend "***4***" bzw. "Gasteiner Heilstollen Betriebsgesellschaft m.b.H."ausgewiesen ist. Unter der Rubrik "Kur/Erholungsaufenthalte" ist "Genesungsheim. Kurheim. sonstiges Heim" bzw "***5***", somit die Kosten für den ersten Kuraufenthalt im Jahr 2019 ausgewiesen. Weiters legte die Beschwerdeführerin einen Verordnungsschein (für "Heilbehelfe und Hilfsmittel") vom vor, in dem "8x Heilstollen im Böckstein" iZm der Diagnose "Morbus Bechterew" von einem Allgemeinmediziner verordnet und diese Verordnung von der BVA bewilligt wurden.
Im übermittelten Behindertenausweis der Beschwerdeführerin finden sich die Eintragungen "D3", "Begleitperson".
Mit Beschluss vom übermittelte das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde die Stellungnahme der Beschwerdeführerin samt Beilagen zur allfälligen Stellungnahme.
Mit Email vom erstattete die belangte Behörde eine Stellungnahme, in der sie ua darauf hinwies, dass es eine teilweise inhaltsgleiche Vorlage des Ehegatten der Abgabepflichtigen, ***3*** ***1***, St.Nr. ***6***, gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 gebe.
Zur Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde bekannt, dass in der Beschwerdevorentscheidung entsprechende Unterlagen zum Kuraufenthalt in Bad Hofgasten vorgelegt und die daraus resultierenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt worden wären. Beschwerdegegenständlich seien nunmehr die Aufwendungen für den Aufenthalt in Bad Gastein vom 7.9.-. Daraus wären 1.204,00 Euro nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt worden.
Mit der Stellungnahme an das wäre ua. eine Verordnung vom über 8 x Heilstollen in Böckstein vorgelegt worden, welche von der BVAEB am bewilligt worden wäre. Diese Verordnung sei der belangten Behörde Finanzbehörde bisher nicht bekannt gewesen.
Nach Vorlage dieser Unterlagen wären nach Ansicht der belangten Behörde diese außergewöhnlichen Belastungen dem Grunde nach anzuerkennen. Aber die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte hätten Aufenthalts- und Fahrtkosten bei in voller Höhe beantragt.
Laut Behindertenpass der Beschwerdeführerin sei der Bedarf einer Begleitperson eingetragen.
Mit Beschluss vom wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt:
"Die Beschwerdeführerin wird aufgefordert binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu den folgenden Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes Stellung zu nehmen:
Im Beschwerdefall ist die Abzugsfähigkeit vom Reise- und Unterbringungskosten als außergewöhnliche Aufwendungen iZm einer Behinderung strittig.
Die Beschwerdeführerin hat eine Rechnung vom über die Unterbringung im "***7*** Fam ***11******8******9***" gerichtet an "***3*** und ***Bf1***" über vierzehn Nächtigungen für zwei Personen vom bis zum in einer Ferienwohnung vorgelegt. Darin wurden 779,80 Euro verrechnet.
Die iZm diesem Aufenthalt geltend gemachten Fahrtkosten betrugen 424,20 Euro (laut Aufstellung der Beschwerdeführerin 1.010 Kilometer für die Fahrt von ***10*** zum ***7***). Anzumerken ist, dass die Kilometergelder für die Fahrten zum Heilstollen nach Böckstein von der belangten Behörde als abzugsfähig anerkannt wurden.
Die Beschwerdeführerin hat eine ärztliche und von der BVAEB bewilligte Verordnung für die Heilstollentherapie im September 2019 vorgelegt. Das Bundesfinanzgericht beabsichtigt daher, die geltend gemachten Fahrt- und Unterbringungskosten dem Grunde nach anzuerkennen.
Aus der Aktenlage der belangten Behörde und den im Zuge der Vorlage übermittelten Unterlagen ist hinsichtlich des Kuraufenthaltes im September ersichtlich, dass die Fahrten und der Aufenthalt im ***7*** jeweils gleichzeitig mit dem Gatten stattgefunden haben, wie die Beschwerdeführerin auch selbst auf Vorhalt es Bundesfinanzgerichtes angegeben hat.
Eine vollständige - also doppelte - Geltendmachung der - Aufwendungen durch die Beschwerdeführerin und ihren Gatten ist daher ausgeschlossen. Der Gatte der Beschwerdeführerin hat den Aufenthalt im Übrigen auch nicht als Begleitperson getätigt, sondern selbst eine Kur absolviert, für die er die Kosten geltend gemacht hat. Eine doppelte Geltendmachung einmal angefallener Ausgaben ist nicht zulässig.
Somit beabsichtigt das Bundesfinanzgericht folgende Aufwendungen - zusätzlich zu den bereits in der Beschwerdevorentscheidung zugesprochenen - anzuerkennen:
Aufenthalt Bad Gastein September:
Unterbringung 779,80 Euro : 2 = 389,90 Euro
Fahrtkosten 1010 km x 0,42 Euro = 424,20 Euro : 2 = 212,10 Euro"
Der Beschluss erging an die belangte Behörde und die Beschwerdeführerin, der er ausweislich des postalischen Rückscheins am zugestellt wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Strittig ist im Beschwerdefall die Anerkennung von Fahrt- und Beherbergungskosten für einen Aufenthalt in Bad Gastein vom 7.9. bis zum .
Der Betrag setzt sich zusammen aus:
Rechnung vom "***7***", ausgestellt auf ***3*** und ***Bf1***, über 14 Nächtigungen für zwei Personen 779,80 Euro
Fahrtspesen: 505 km x 2 = 1010 km x 0,42 Euro 424,20 Euro
Bei der Beschwerdeführerin liegt eine Behinderung im Ausmaß von 70% vor.
Der Beschwerdeführerin wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter mit Schreiben vom ein Heilverfahren in der Einrichtung Impuls Hotel Tirol, Grünlandstraße 5, 5630, Bad Hofgastein, für 22 Tage sowie Einfahrten in den Heilstollen Böckstein bewilligt. Diesbezüglich hatte die Beschwerdeführerin für die Dauer des Aufenthaltes eine Zuzahlung von 300,93 Euro für 21 Tage zu leisten. Diese Kur wurde März/April 2019 (Rechnung des Hotels vom ) absolviert.
Die Fahrt zu dieser Kur hat die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihrem Gatten durchgeführt, der dort ebenfalls einen Aufenthalt absolvierte. Die geltend gemachten Fahrtkosten (880 Km) betrugen 369,60 Euro.
Mit Schreiben vom bestätigte das "Gasteiner Heilstollenteam" die Anmeldung der Beschwerdeführerin zu einer Stollentherapie. Der Therapieplan sah acht Einfahrten in den Heilstollen (zwischen und ) vor und enthielt den Hinweis: "Die ärztliche Untersuchung findet 2 Stunden vor Ihrer 1. Anwendung (bei 8.00 Uhr-Einfahrt ab 7.00 Uhr) im Stollenkurhaus statt. Der Kureinführungsvortrag beginnt 30 Minuten vor Ihrer ersten Einfahrt."
Der Beschwerdeführerin wurde mit Verordnungsschein (für "Heilbehelfe und Hilfsmittel") vom vor, die Behandlung "8x Heilstollen im Böckstein" iZm der Diagnose "Morbus Bechterew" von einem Allgemeinmediziner verordnet und diese Verordnung wurde in der Folge von der BVAEB bewilligt. Diese angeordnete Gesundheitsmaßnahme steht iZm der Behinderung der Beschwerdeführerin.
In einer ärztlichen Verordnung vom wird von einem Arzt der Krankenanstalt Gasteiner Heilstollen als Diagnose angeführt:
M35.0 Sjögren-Syndrom
132 Chronische Sinobronchialsyndrom
J44 COPD I - Asthma gemischt
M45 Spondylitis ankylosans (HLA-B27 negativ) (ED:2015)
Für die Dauer eines Aufenthaltes vom bis zum werden als Therapie sieben Einfahrten in den Thermalstollen verordnet.
Die Beschwerdeführerin hat die Fahrt zur Therapie im März/April 2019 gemeinsam mit ihrem Ehegatten ***3*** ***1*** angetreten. Die Beschwerdeführerin hat die Fahrt zur Therapie im September 2019 gemeinsam mit ihrem Ehegatten ***3*** ***1*** angetreten und war auch mit diesem gemeinsam im ***7*** untergebracht.
Daher sind der Beschwerdeführerin die damit verbundenen Kosten nur zur Hälfte zuzurechnen.
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin, ***3*** ***1***, hat im Rahmen dieser gemeinsamen Aufenthalte selbst eine Therapie absolviert und war somit nicht als Begleitperson anzusehen.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
gesamt | 50% | ||
Fahrtkosten März/April 2019 in Euro | 369,60 | 184,80 | |
Unterbringungskosten September 2019 in Euro | 779,80 | 389,90 | |
Fahrtkosten September 2019 in Euro | 424,20 | 212,10 |
Beweiswürdigung
Das Vorliegen einer Behinderung bei der Beschwerdeführerin, das Ausmaß dieser Behinderung und der Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Ausgaben ergeben sich insbesondere aus den seitens der Beschwerdeführerin im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen (ua Behindertenpass, Gutachten vom und Bescheid über die Neufestsetzung des Grades der Behinderung vom ).
Die Notwendigkeit der Durchführung der Gesundheitsmaßnahme (Stollentherapie in Böckstein) ergibt sich aus der im Ermittlungsverfahren vor dem Bundesfinanzgericht vorgelegten und von der BVAEB bewilligten Verordnung der genannten Gesundheitsmaßnahme.
Dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Aufenthaltskosten iZm der Stollentherapie bei ihr nur zur Hälfte zurechenbar sind ergibt sich aus der durch die Beschwerdeführerin vorgelegten Rechnung vom über die Unterbringung im "***7*** Fam ***11******8******9***" gerichtet an "***3*** und ***Bf1***" über vierzehn Nächtigungen für zwei Personen vom bis zum . Dafür wurden 779,80 Euro verrechnet.
Dass die von der Beschwerdeführerin die den streitgegenständlichen Kilometergeldern zu Grunde liegende Fahrt gemeinsam mit ihrem Gatten, ***3*** ***1***, absolviert hat, wurde von der Beschwerdeführerin selbst mit Email vom mitgeteilt.
Dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin, ***3*** ***1***, im Rahmen des gemeinsamen Aufenthaltes selbst eine Therapie absolviert hat, ergibt sich aus Aktenlage der belangten Behörde.
Dass die geltend gemachten Aufenthalts- und Fahrtkosten iZm der Stollentherapie im September 2019 bei ihr nur zur Hälfte zurechenbar sind, wurde der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom - einschließlich der Darlegung der maßgeblichen Überlegungen - vorgehalten und mitgeteilt, dass das Bundesfinanzgericht beabsichtige, nur die Hälfte der Kosten anzuerkennen. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, dazu binnen drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses Stellung zu nehmen Dieser Beschluss wurde der Beschwerdeführerin ausweislich des postalischen Rückscheins am zugestellt. Die Beschwerdeführerin hat dieser Auffassung des Bundesfinanzgerichtes nicht widersprochen, sodass von einer Zuordnung der streitgegenständlichen Kosten zur Beschwerdeführerin im Ausmaß von 50% auszugehen war.
Dass sie die Fahrt zur Kur im März/April 2019 gemeinsam mit ihrem Ehegatten durchgeführt hat, hat die Beschwerdeführerin auf Anfrage des Bundesfinanzgerichtes mit Email vom mitgeteilt und ergibt sich auch aus dem Akteninhalt.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 leg. cit.) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 leg. cit.) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.
Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2 leg. cit.).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3 leg. cit.).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4 leg. cit.).
Die Belastung darf weiters weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
§ 34 Abs. 5 EStG 1988 setzt das Ausmaß des vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 leg. cit.) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehaltes fest, bei dessen Überschreitung davon auszugehen ist, dass die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
§ 34 Abs. 6 EStG 1988 sieht vor, dass folgende Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden können:
- Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten.
- Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8 leg. cit.
- Aufwendungen für die Kinderbetreuung im Sinne des Abs. 9 leg. cit.
- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
- Aufwendungen im Sinne des § 35 leg. cit., die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 leg. cit. vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.
§ 35 Abs. 1 EStG 1988 sieht vor, dass dem Steuerpflichtigen, wenn er außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des
(Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 leg. cit.),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 leg. cit. von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 leg. cit.), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
hat und weder der Steuerpflichtige selbst noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zusteht
Nach § 35 Abs. 2 EStG 1988 bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
§ 35 Abs. 3 EStG 1988 regelt - in Abhängigkeit vom prozentuellen Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit - die betragsmäßige Höhe des Freibetrages.
Anstelle des Freibetrages können nach § 35 Abs. 5 EStG 1988 auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6 leg. cit).
§ 1 Abs. 1 VO BGBl. Nr. 303/1996 bestimmt, dass wenn der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988) oder
- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
hat, die in den §§ 2 bis 4 leg. cit. genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
Nach § 1 Abs. 2 VO BGBl. Nr. 303/1996 liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
Gemäß § 1 Abs. 3 VO BGBl. Nr. 303/1996 sind die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 leg. cit. nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
Nach § 4 VO BGBl. Nr. 303/1996 sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Die Abgabenbehörde hat ihrer Entscheidung die jeweils vorliegende amtliche Bescheinigung iSd § 35 Abs. 2 EStG 1988 zugrunde zu legen (; Peyerl in Jakom EStG13, § 35 Rz 11). weiter). Der amtlichen Bescheinigung kommt eine die Abgabenbehörde bindende Wirkung zu (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 35 Rz 7 mwN).
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) der Beschwerdeführerin sind im Beschwerdefall durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle, also des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, nachzuweisen. Für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum hat die Beschwerdeführerin einen solchen Nachweis erbracht.
Mit einer Gesundheitsmaßnahme in Zusammenhang stehende Aufwendungen stellen nur dann eine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 dar, wenn sie zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit (oder sonstigen körperlichen Beeinträchtigung) nachweislich notwendig sind ().
Werden Heilkosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht, so hat der Antragsteller sein Begehren im Rahmen des ihm Zumutbaren derart zu konkretisieren, daß eine Diagnose beigebracht und die Zweckmäßigkeit jener Therapie bzw jenes operativen Eingriffes durch entsprechende ärztliche Bescheinigung dargelegt wird, von der bzw von dem ein Heilerfolg erwartet oder zumindest erhofft werden kann. Eine Pflicht zur amtswegigen (ergänzenden) Beweisaufnahme besteht für die Behörde allenfalls dann, wenn sie am Wahrheitsgehalt eines ausreichend konkreten Vorbringens zweifelt, sodaß es erforderlich wäre, die Zweifel entweder zu beseitigen oder zu erhärten ().
Auch den Nachweis der - grundsätzlichen - Zwangsläufigkeit der Aufwendungen hat die Beschwerdeführerin erbracht.
Allerdings betreffen die geltend gemachten Fahrtkosten für die Kur im März/April 2019 sowie die geltend gemachten Fahrt- und Unterbringungskosten für die Kur im September 2019 nur zur Hälfte die Beschwerdeführerin. Zur anderen Hälfte sind sie dem Ehegatten der Beschwerdeführerin zuzurechnen.
In der Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde die nachgewiesenen Kosten aus der eigenen Behinderung der Beschwerdeführerin nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen mit einem Betrag von 1.968,36 Euro angesetzt. Dieser Betrag war um 50% der Fahrtkosten für die Kur im März/April 2019, also um 184,80 Euro (Anm: ganzer Betrag bisher in BVE berücksichtigt) , zu vermindern sowie um 50% der Fahrt- und Unterbringungskosten für die Kur im September 2019, also um 602,00 Euro, zu erhöhen.
Insgesamt war somit der Betrag von 1.968,36 Euro (BVE) auf 2.385,56 Euro zu erhöhen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall erfolgte die Entscheidung anhand der Rechtsprechung an Hand der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 35 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 35 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7100498.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at