Keine Rückzahlung bei Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung von bereits entrichteten Abgaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer N-1, betreffend Rückzahlung gemäß § 239 BAO zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, dass dem Antrag auf Rückzahlung eines Betrages von € 16.484,72 stattgegeben und dieser hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrages von € 807.750,66 als unbegründet abgewiesen wird.
Die Rückzahlung des erstgenannten Betrages erfolgte bereits am .
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Eingabe vom beantragte das Bf. die Rückzahlung des nach Bewilligung der gleichzeitig beantragten Aussetzung der Einhebung (RV/7101353/2021) nachstehender Abgaben auf seinem Abgabenkonto in Höhe von € 824.235,38 ausgewiesenen Guthabens:
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Lohnsteuer | 2010 | 126.704,50 |
Lohnsteuer | 2011 | 124.823,79 |
Lohnsteuer | 2012 | 153.525,31 |
Lohnsteuer | 2013 | 134.228,77 |
Lohnsteuer | 2014 | 104.251,83 |
Lohnsteuer | 2015 | 107.086,64 |
Dienstgeberbeitrag | 2010 | 13.047,37 |
Dienstgeberbeitrag | 2011 | 12.703,73 |
Dienstgeberbeitrag | 2012 | 14.910,70 |
Dienstgeberbeitrag | 2013 | 13.086,81 |
Dienstgeberbeitrag | 2014 | 10.304,55 |
Dienstgeberbeitrag | 2015 | 9.579,38 |
Begründend wurde vorgebracht, dass das Finanzamt mit den Bescheiden vom die Haftungsbescheide nach § 82 EStG sowie die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Finanzjahre 2010 bis 2015 erlassen habe. Gegen diese Bescheide habe das Bf. fristgerecht eine Bescheidbeschwerde erhoben, die bis dato im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht noch nicht entschieden worden sei.
Aufgrund der Inanspruchnahme des Bf. als Haftenden iSd § 82 EStG stehe dieses nach haushaltsrechtlichen Bestimmungen in der Pflicht von den Dienstnehmern, welche eine Naturalwohnung benützten und Schuldner der Lohnsteuer seien, einen Regress durchzuführen. Das fristenauslösende Element für den Regress bilde die Zahlung der Abgabennachforderung mit an die Abgabenbehörde.
Nach Studium der einschlägigen Fachliteratur, Rechtsprechung und nach Konsultierung der Finanzprokuratur sei im Verhältnis des Dienstgebers (Bf.) und den Bediensteten (Naturalwohnungsnutzer) eine Übernahme einer fremden Schuld im Sinne des § 1358 ABGB vorliegend, deren Verjährungsfrist für den Regress unklar sei. Aufgrund einer Empfehlung der Finanzprokuratur wäre davon auszugehen, dass bei Einbringung einer Klage (Regressforderung) gegen die Bediensteten, welche nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (GZ A7/96-B 2844/95 vom ) vorgegeben sei, von einer dreijährigen Verjährungszeit ab Zahlung des Dienstgebers () auszugehen wäre und nicht von einer allgemeinen (30-jährigen) Verjährungsfrist. Dies insbesondere, da die ordentlichen Gerichte zu einer kürzeren Verjährungsfrist des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern tendierten. Demnach würde eine Verjährung spätestens mit eintreten.
Mit dem Vorlagebericht vom , eingegangen am , sei das Bf. über die Aktenvorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG) informiert worden. Aufgrund der voraussichtlichen Verfahrensdauer wäre aus Sicht des Bf. nicht davon auszugehen, dass eine Entscheidung durch das BFG vor dem erfolgen werde. Um eine Verjährung der Forderungen des Bf. gegenüber seinen Bediensteten aufgrund der Arbeitgeberhaftung iSd § 82 EStG zu vermeiden (die gesamte Lohnsteuernachforderung für alle Abgabenkonten betrage ca. € 3,1 Mio.), werde der vorliegende Antrag auf Aussetzung nach § 212a BAO und die. Rückzahlung eingebracht, um das fristenauslösende Element der Zahlung durch den Arbeitgeber () aufzuheben und die Durchführung eines Regressverfahrens gegen die Bediensteten erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung anstreben zu müssen.
Für das vorliegende Abgabenkonto liege kein Zugang in FinanzOnline vor. Dieses Abgabenkonto sei durch das BMF lediglich zur Durchführung der automatisierten Bundesbesoldung (Ableitung der Lohnsteuer und SV-Beträge) eingerichtet worden.
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Das Finanzamt wies das Ansuchen mit Bescheid vom teilweise ab, da auf dem Abgabenkonto nur ein Guthaben in Höhe des rückgezahlten Betrages bestanden habe.
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Dagegen erhob das Bf. am die Beschwerde und brachte vor, dass die Abgabenbehörde die Rechtslage zu § 212a BAO grob verkenne und somit der erlassene Bescheid vom , ohne Berücksichtigung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO), in einem besonderen Maß mit der Rechtsvorschrift im Widerspruch stehe und daher den Gleichheitssatz nach Art 7 B-VG (objektive Willkür) verletze.
Mit Antrag vom habe das Bf. für das Abgabenkonto N-1 die Aussetzung der Einhebung mit detaillierter Darstellung der besonderen Umstände gestellt sowie um Rückzahlung der genannten Jahresbeträge ersucht.
Eine bescheidmäßige Erledigung seitens der Abgabenbehörde zum Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO sei bis dato nicht erfolgt.
Parallel dazu, ohne eine bescheidmäßige Erledigung hinsichtlich des Antrages auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO), sei durch das Finanzamt mit Datum vom der Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages ergangen, welcher mit beim Bf. eingegangen sei und gegen den sich nun die vorliegende Beschwerde richte.
Nach § 212a BAO könne der Abgabenpflichtige die Aussetzung der Einhebung bis zur rechtskräftigen Entscheidung beantragen. Dieser Antrag sei fristgerecht gestellt und gleichzeitig die Rückzahlung der bereits geleisteten Nachforderungsbeträge beantragt worden.
Die beantragten jährlichen Rückzahlungsbeträge (Nachforderungen) seien jedoch nicht erstattet worden. Die rücküberwiesene Summe gemäß dem Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages betrage € 16.484,72. Diese entspreche daher nicht dem Antrag vom . Die detaillierten Gründe für die Rückzahlung seien im Antrag vom enthalten und bezweckten den Schutz der Republik Österreich vor finanziellen Schäden infolge eines möglichen zivilrechtlichen Regressverfahrens gegenüber den steuerpflichtigen Bediensteten.
Nach Rechtsansicht des Bf. sei folglich der Bescheid vom (Abweisung eines Aussetzungsantrages) rechtswidrig und damit aufzuheben, weil über den Antrag auf Aussetzung der Einhebung iSd § 212a BAO seitens der Abgabenbehörde nicht entschieden worden und der Rückzahlungsbetrag nicht antragsgemäß erfolgt sei. Die somit ausgeübte objektive Willkür der Abgabenbehörde, welche durch das Bf. behauptet werde, bedinge die ersatzlose Aufhebung des Bescheides vom .
Ergänzend werde mit dieser Beschwerde vorgebracht, dass die Abgabenbehörde den Bescheid über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages mangelhaft begründe. Damit würden Verfahrensvorschriften iSd § 93 BAO verletzt, die nach Rechtsansicht des Bf. zusätzlich die Aufhebung des Bescheides über die teilweise Abweisung eines Rückzahlungsantrages vom erforderten.
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und führte begründend aus, dass gemäß § 239 Abs. 1 BAO erster Satz die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen könne.
Ein Guthaben iSd § 239 Abs. 1 BAO sei das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto (vgl. ). Ein Guthaben entstehe erst dann, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteige. Dabei komme es nicht auf die Gutschriften an, welche die Abgabenbehörde nach Auffassung des Abgabepflichtigen hätte durchführen müssen, sondern auf die von der Abgabenbehörde tatsächlich durchgeführten Gutschriften (vgl. z.B. ; ).
Im Fall eines Rückzahlungsantrages sei grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheine (; ).
Im Zeitpunkt des Antrages auf Rückzahlung (am ) sei auf dem Abgabenkonto des Bf. ein Guthaben in Höhe von € 16.484,72 ausgewiesen gewesen. Mangels eines - darüber hinaus gehenden - Guthabens im Sinn des § 215 Abs. 1 BAO könne ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 239 Abs. 1 BAO nicht mit Erfolg erhoben werden (vgl. ).
Aus dem Dargelegten folge, dass der Bescheid vom (betreffend die teilweise Abweisung des Rückzahlungsantrages vom ) zu Recht ergangen sei, weshalb die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen sei.
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Das Bf. beantragte daraufhin mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und verwies auf die Ausführungen des Antrages vom .
Zusätzlich werde die Verbindung dieses Verfahren mit der Beschwerde vom sowie Antrag gemäß § 264 BAO vom in Bezug auf den Antrag zur Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) angeregt. Die Beschwerde vom sei dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom bereits übermittelt worden.
Beide Verfahren hätten ihren Ursprung im Antrag des Bf. vom (Einbringung am ) und stünden in Verbindung mit dem beim BFG zur Entscheidung vorgelegten Verfahren hinsichtlich der Beschwerde vom sowie den Ergänzungen vom in Bezug auf die Bescheide des Finanzamtes über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (2010-2015) sowie den Haftungsbescheiden nach § 82 EStG 1988 (2010-2015).
Eine Verbindung mit dem Verfahren hinsichtlich Beschwerde gegen die Bescheide zur Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (2010-2015) sowie den Haftungsbescheiden (2010-2015) zum Abgabenkonto N-1 mit dem vorliegenden Verfahren werde nicht angeregt (Vorlagebericht Finanzamt vom ).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen festgestellt:
Am beantragte das Bf. die Rückzahlung eines Betrages von € 824.235,38. Zu diesem Stichtag wies das Abgabenkonto N-1 ein Guthaben in der Höhe von € 16.484,72 aus. Dieses Guthaben wurde am an das Bf. zurückgezahlt.
Der dem Rückzahlungsantrag zugrundeliegende Antrag auf Aussetzung der Einhebung wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom und die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen. Schließlich wies auch das Bundesfinanzgericht die Beschwerde betreffend Aussetzung der Einhebung mit Erkenntnis vom , RV/7101353/2021, als unbegründet ab.
Beweiswürdigung:
Dieser - seitens des Bf. nicht bestrittene - Sachverhalt ergab sich zweifelsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Rechtslage und Erwägungen:
Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie gemäß § 215 Abs. 4 BAO nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) kann gemäß § 239 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Strittig ist, ob die angefochtenen Lohnsteuern und Dienstgeberbeiträge 2010-2015 im Gesamtbetrag von € 824.235,38 aufgrund der beantragten Aussetzung der Einhebung antragsgemäß an das Bf. zurückzuzahlen ist.
Da der dem Rückzahlungsantrag zugrundeliegende Antrag auf Aussetzung der Einhebung bzw. die gegen den Abweisungsbescheid eingebrachte Beschwerde jedoch entgegen der Erwartung des Bf. abgewiesen wurde, wurde zum Zeitpunkt der Antragstellung, dem , auf dem Abgabenkonto des Bf., Steuernummer N-1, lediglich ein rückzahlbares Guthaben in der Höhe von € 16.484,72 ausgewiesen, weshalb dem Rückzahlungsantrag ein darüber hinaus gehender Erfolg zu versagen war.
Ein Guthaben im Sinne des § 239 Abs. 1 BAO stellt sich als Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar ().
Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgeblich sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen hätten durchgeführt werden müssen ().
Die mit Bescheid vom erfolgte teilweise Abweisung des vom Bf. am eingebrachten Rückzahlungsansuchens erfolgte deswegen zu Recht, weil an diesem Tag kein den Betrag von € 16.484,72 übersteigendes rückzahlbares Guthaben auf dessen Abgabenkonto bestand.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 215 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102262.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at