Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.11.2021, RV/2101011/2019

Diensterfindungsvergütung - Besteuerung zum Hälftesteuersatz (§ 37 Abs. 1 EStG)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Thomas Heidinger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Hartenaugasse 24, 8010 Graz, über die Beschwerde vom , bei der Abgabenbehörde eingelangt am , gegen den Bescheid des ***FA*** (jetzt Dienststelle des Finanzamtes Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2017 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Gegenstand des anhängigen Verfahrens ist die Besteuerung der Vergütungen, die der Beschwerdeführer (Bf) im Verfahrenszeitraum für Diensterfindungen von seinem Dienstgeber (DG) erhielt.

Der Bf begehrt die Anwendung der §§ 37/38 EStG 1988 und Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz.

Das Finanzamt X (FA) lehnt die Anwendung des § 37 EStG 1988 mit Verweis auf die nach dem Entfall des § 67 Abs. 7 EStG 1988 durch das SteuerreformG 2015/2016 geänderte Rechtslage ab, da die strittigen Vergütungen für Diensterfindungen nunmehr den Lohnbezügen mit teilweiser Besteuerung zum festen Steuersatz nach § 67 EStG 1988 zuzuordnen seien und eine Halbsatzbesteuerung zufolge § 37 Abs. 7 EStG 1988 nicht mehr zur Anwendung kommen könne.

Verfahrensgang/Parteienvorbringen:

Beim Bf fand in Jahr 2019 eine Außenprüfung (AP) für 2014 - 2016 statt, in deren Rahmen ua. die vom DG jährlich gewährten Vergütungen für Diensterfindungen überprüft und sowohl dem Grunde nach, als auch - für 2016 - hinsichtlich ihrer Besteuerung nach §§ 37/38 EStG 1988 anerkannt wurden (AP-Bescheid/ESt 2016 vom ).

Entsprechend dem Ergebnis der AP reichte der Bf im April 2019 beim FA seine ESt-Erklärung 2017 (incl. 25.490,- € Diensterfindungsvergütung) und im nachfolgenden Juli auch die ESt-Erklärung 2018 (incl. 13.300,- € Diensterfindungsvergütung) ein.

Nach zunächst erklärungsgemäßer Veranlagung der ESt 2017 erfolgte eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO. Zugleich ergingen am der nunmehr angefochtene ESt-Bescheid 2017 bzw. am der zu RV/2101150/2019 bekämpfte ESt-Bescheid 2018. In beiden Bescheiden unterblieb die Anwendung des § 37 Abs. 1 EStG 1988 auf die Diensterfindungsvergütung.

Das FA führte begründend aus, dass die je in drei gleichen Teilbeträgen ausbezahlte "Erfinderprämie" (2017 in den Monaten April - Juni; 2018 in den Monaten August - Oktober), mangels Verbrauches des begünstigten "Bezugssechstels" als sonstiger Bezug nach § 67 Abs.1 EStG 1988 zu besteuern gewesen sei. Gem. § 37 Abs. 7 EStG 1988 stehe daher eine Progressionsermäßigung nicht zu. Dass die Erfinderprämie in der Lohnverrechnung nicht als Sonderzahlung iSd § 67 EStG 1988 behandelt, sondern mit dem Normalsteuertarif versteuert worden sei, ändere daran nichts.

In der fristgerecht erhobenen Beschwerde gegen den ESt-Bescheid 2017 verwehrte sich der Bf gegen die steuerliche Behandlung seiner Prämien für Diensterfindungen als sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 und die Nichtanerkennung der Halbsatzbegünstigung.

Die Vergütungen seien in den Monaten April bis Juni 2017 jeweils gemeinsam mit dem Grundgehalt ausbezahlt und im Rahmen der normalen Lohnverrechnung abgerechnet und nach Tarif versteuert worden. Es handle sich um laufende Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.

Der begünstigen Besteuerung nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 unterliege ein Steuerpflichtiger, der innerhalb des Jahressechstels neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) erhalte.

Voraussetzung für die Zuordnung einer Zahlung zu den sonstigen Bezügen sei, dass der Arbeitnehmer andere, laufende, d.h. für regelmäßige Lohnzahlungszeiträume flüssig gemachte Bezüge erhalte (). Laufende Bezüge bildeten somit den Gegensatz zu den sonstigen Bezügen ().

Ein sonstiger Bezug müsse sich sowohl durch den Anspruch vermittelnden Rechtstitel als auch in der tatsächlichen Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden. Regelmäßig mit dem laufenden Arbeitslohn ausbezahlte Bezüge erfüllten diese Voraussetzung nicht. Es müsse eine eindeutige Abgrenzung von den laufenden Bezügen möglich sein (VwGH Ro 2017/13/0005; VwGH 91/14/0038).

Da laufend ausbezahlte Diensterfindungsvergütungen daher keine sonstigen Bezüge seien, habe im Rahmen einer Veranlagung nach § 41 EStG 1988 der ermäßigte Steuersatz des § 37 Abs. 1 EStG 1988 zur Anwendung zu kommen, sofern die Voraussetzungen des § 38 EStG 1988 erfüllt seien. Welcher Einkunftsart diese Vergütungen zuzurechnen seien, sei grundsätzlich unerheblich.

Für die Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Diensterfindungsvergütungen zu § 67 Abs. 1 und Abs. 2 EStG 1988 sei nicht allein der Zeitpunkt ihrer Auszahlung ausschlaggebend. Bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des § 37 EStG 1988 sei auf eine Kalenderjahresbetrachtung abzustellen (BFG RV/2101067/2018). Entscheidend sei, dass die Erfindungsvergütung - neben dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie der "Z Jahresprämie" - im Jahressechstel keinen Platz finde und daher nicht einmal teilweise mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 zu versteuern sei.

Der Beschwerde angeschlossen war eine Bestätigung des DG, wonach der Bf die strittigen Bezugsteile als Vergütung für mehrere, mittels Aktenzeichen des Patentamtes spezifizierte Diensterfindungen mit aufrechtem Patentschutz erhalten habe und diese zur Gänze als laufende, nach Tarif versteuerte Bezüge mit dem Bruttobetrag von 25.490,- € in der Kz 245 (BFG-Anmerkung: gemeint des Lohnzettels) enthalten seien.

In einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) verwies das FA darauf, dass § 37 Abs. 1 TS 3 EStG 1988 zwar eine Progressionsermäßigung in Form einer Halbsatzbegünstigung für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen iSd § 38 EStG 1988 vorsehe, doch schließe § 37 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 eine derartige Progressionsermäßigung für Einkünfte aus, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 versteuert würden.

§ 67 Abs. 1 EStG 1988 definiere als sonstige Bezüge Zahlungen vom selben Arbeitgeber, welche neben dem laufenden Arbeitslohn (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen) ausbezahlt würden. Insoweit diese sonstigen Bezüge das Jahressechstel gemäß § 67 Abs. 2 EStG 1988 nicht überstiegen, sei bis zu einer bestimmten Grenze der begünstigte feste Steuersatz gemäß Abs. 1 anzuwenden.

Nicht schädlich für die Behandlung als sonstiger Bezug iSd § 67 EStG 1988 sei die Aufteilung auf beispielsweise vier Auszahlungen (dreimonatlich), wie die Aufteilung bei den sonstigen Bezügen von Beamten (vgl auch zu einer Auszahlung pauschaler Ambulanzgebühren in vier Tranchen; dazu die Anm von Shubshizky, ASoK 2010, 345; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG 1988, § 67 Rz 11).

Ein weiteres Merkmal von sonstigen Bezügen sei die Abgeltung von Leistungen aus mehreren Lohnzahlungszeiträumen (; ). Auch dieses Kriterium sei gegenständlich erfüllt, da die (auf drei Monate verteilt ausbezahlte) jährlich zustehende Diensterfindungsvergütung für das gesamte Kalenderjahr bezahlt worden sei und somit alle Lohnzahlungszeiträume eines Kalenderjahres betreffen würde.

Die Besteuerungsregeln für sonstige Bezüge seien zwingendes Recht (§ 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988). Erhalte der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn vom selben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge, sei die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels nach Maßgabe des § 67 Abs. 1 EStG 1988 mit einem festen Steuersatz zu berechnen.

Nach ständiger VwGH-Rechtsprechung sei das Jahressechstel bei jeder Auszahlung sonstiger Bezüge nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihres Zufließens zu berechnen (vgl. ). Daraus ergebe sich, dass sonstige Bezüge bei einem im Auszahlungszeitpunkt noch verfügbaren Jahressechstel zwingend nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu versteuern seien. Im gegenständlichen Fall wäre zum Auszahlungszeitpunkt, entgegen der Vorgangsweise des Arbeitgebers, noch ein Teil der Diensterfindungsvergütung mit dem festen Steuersatz zu versteuern gewesen.

Nach Ansicht des Finanzamtes lasse die Systematik des Einkommensteuergesetzes (iVm dem verfassungsrechtlich gebotenen Determinierungsgebot) nicht den Schluss zu, dass es im Belieben von Normunterworfenen stehe, freiwillig auf zwingend vorgesehene Steuerbegünstigungen (wie hier Sonderzahlungsbegünstigung gemäß § 67 EStG 1988) zu verzichten, um andere steuerliche Vorteile (hier Progressionsermäßigung gemäß § 37 EStG 1988) zu erlangen. Andernfalls wäre der Ausschlussgrund des § 37 Abs. 7 EStG 1988 (keine Progressionsermäßigung für zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuerte Einkünfte) inhaltsleer, weil beliebig vermeidbar. In weiterer Folge müsste jedem Steuerpflichtigen mit vergleichbarer Diensterfindungsvergütung bei korrekter Abrechnung durch den Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt werden, im Wege der Steuerveranlagung auf die erfolgte (teilweise) Versteuerung mit dem festen Steuersatz nach § 67 EStG 1988 zu verzichten und auf Antrag die Halbsatzbegünstigung des § 37 EStG 1988 zu erhalten.

Aus Sicht des FA komme zwingend der Ausschlussgrund gemäß § 37 Abs. 7 EStG 1988 zum Tragen, wenn sich bei der Veranlagung zeige, dass eine Vergütung aus der Verwertung von Patentrechten noch zum Teil mit dem festen Satz des § 67 EStG 1988 zu versteuern gewesen wäre.

Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Vergütung gebiete nach Ansicht der Abgabenbehörde zudem § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich und Abs. 7 EStG 1988 ein Abstellen auf die einzelne Erfindung.

Der in drei Teilbeträgen gewährten Diensterfindungsvergütung liege eine einheitliche, aus einer einzelnen Erfindung resultierende Leistung zugrunde, für welche die Halbsatzbegünstigung nicht zustehe, da ein Teil der Gesamtvergütung noch mit dem festen Steuersatz nach § 67 EStG 1988 begünstigt gewesen wäre. Eine Aufsplittung in der Form, dass für jenen Teil die Halbsatzbegünstigung zustehe, der rechtmäßig als Sechstelüberhang nach dem Tarif zu versteuern gewesen wäre, sei angesichts der Einheitlichkeit der Leistung aus dem Gesetz nicht abzuleiten.

In weiterer Folge zitierte das FA aus den Erläuterungen zum Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl I Nr. 118/2015 betreffend die Streichung der bis Ende 2015 geltenden besonderen Steuerbegünstigung für Diensterfindungsvergütungen aus dem EStG 1988:

"Entsprechend dem Vorschlag der Steuerreformkommission zum Thema Harmonisierung von Sozialversicherung und Lohnsteuer sollen Jubiläumsgeldzahlungen und Diensterfindungsprämien in beiden Bereichen abgabenpflichtig sein. Die Begünstigung für Diensterfindungsprämien in § 67 Abs. 7 soll daher ab 2016 gestrichen werden. Im Gegenzug soll für Jubiläumsgeschenke (dh nur für Sachzuwendungen) aus Anlass eines Dienstjubiläums des Arbeitnehmers oder eines Firmenjubiläums bis zu einer Höhe von 186 Euro im Jahr in § 3 Abs. 1 Z 14 eine Befreiung vorgesehen werden."

Die oa Abschaffung des § 67 Abs. 7 EStG 1988 habe dazu geführt, dass derartige Vergütungen, die - wie im vorliegenden Fall - steuerlich auf Grund des Rechtstitels und der Auszahlungsmodalität als sonstiger Bezug einzustufen seien, nunmehr nach Maßgabe des § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 gegebenenfalls mit einem festen Steuersatz zu versteuern seien. Da die Bestimmung des § 37 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988 unverändert geblieben sei, habe sie nach Ansicht der Abgabenbehörde im vorliegenden Fall zur Anwendung zu kommen und die Halbsatzbegünstigung hinsichtlich der Diensterfindungsvergütung zu entfallen.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wiederholte der Bf im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor und beantragte deren Abweisung.

Im finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren reichte der Bf einerseits diverse Unterlagen zum Nachweis seines Vorbringens nach und zog anderseits den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 BAO) zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Der Bf ist seit 1999 Dienstnehmer der Y-GmbH. Nachdem er zunächst als "Fachteamleiter" tätig war, hatte er bis Juni 2017 die Funktion eines "Fachbereichsleiter(s) in globaler Verantwortung für die F&E-Abteilung" inne, zu dessen Aufgabenbereich u.a. die "Absicherung neuer Innovationen und Ideen durch Patente" gehörte. Seit Juli 2017 ist der Bf Geschäftsführer im Unternehmen seines DG.

Im Jahr 2017 flossen dem Bf im Rahmen dieses Dienstverhältnisses Bruttobezüge von 358.555,70 € zu (L 16/Kz 245: 298.417,25 €) zu, darin enthalten neben der verfahrensgegenständlichen "Erfindervergütung" (25.490,- €) ua. eine "Z"-Leistungsprämie (20.913,23€) sowie diverse Sachbezüge, darunter auch ein ganzjähriger Sachbezug für ein Dienstauto im Höchstbetrag von mtl. 960,- €.

Abweichend vom Lohnzettel kamen im Zuge der ESt-Veranlagung 2017 auch ein Pendlerpauschale (372,- €) und ein Pendlereuro (10,- €) in Ansatz.

Nach den vorgelegten Dienstverträgen ex 1999 und 2014 war auf das Dienstverhältnis des Bf bis zu dessen Wechsel in die Geschäftsführung der Kollektivvertrag für Angestellte der Industrie (nachfolgend KV Industrie) anzuwenden.

Gemäß § 14 KV Industrie hat der Dienstgeber Anspruch auf Anbietung einer von einem Angestellten während des Bestandes des Dienstverhältnisses gemachten Diensterfindung iSd § 7 Abs. 3 PatentG. Im Fall der Inanspruchnahme durch den DG gebührt dem Erfinder die "im Gesetz vorgesehene Entschädigung". Das österr. Patentgesetz samt darauf basierender Einzelvereinbarungen gelten subsidiär.

Demnach gebührt einem Dienstnehmer für die Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Dienstgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechtes hinsichtlich einer solchen Erfindung eine "angemessene besondere Vergütung" (vgl. § 8 PatentG 1970).

Da im Zuge der vorangehenden AP für 2014-2016 die Anwendbarkeit des § 38 EStG 1988 auf die 2016 an den Bf ausbezahlte "Erfindervergütung" geprüft und anerkannt wurde, geht das BFG - unter Berücksichtigung der für 2017/2018 vorliegenden Unterlagen - davon aus, dass diese Voraussetzungen auch im Verfahrenszeitraum erfüllt waren.

Lt. DG-Bestätigung vom wurden dem Bf die verfahrensgegenständlichen Bezugsteile unter dem Titel "Diensterfindungsvergütung" "im Hinblick auf Ihre Erfindung/en" ausbezahlt. Sie betreffen mehrere, mittels Aktenzeichen des Patentamtes spezifizierte Diensterfindungen aus den Vorjahren ("Prioritätstage" 11/2003 - 11/2016) mit aufrechtem Patentschutz im Verfahrenszeitraum und wurden vom DG zur Gänze als laufender Bezug nach Tarif versteuert (Bruttobetrag von 25.490,- € erfasst in Kz 245 des Lohnzettels).

Die Auszahlung erfolgte gemäß vorheriger Vereinbarung zwischen dem Bf und dem DG nach Maßgabe der im Vorjahr erfolgten Nutzung der Erfindungen durch den DG und wurde in den Monaten Mai - Juni 2017 in Teilbeträgen von je 8.496,67 € gemeinsam mit dem laufenden Bezug durchgeführt.

Neben der verfahrensgegenständlichen "Erfindervergütung" erhielt der Bf zusätzlich zum laufenden Lohn weitere besondere Bezugsteile, darunter etwa im April 2017 einen "Z"-Leistungsbonus im Betrag von 20.913,23 €, der gemäß einer Sondervereinbarung zum Dienstvertrag aufgrund der Erfüllung bestimmter (Vor)Jahresleistungsziele ausbezahlt wurde.

Das Jahressechstel nach § 67 Abs. 2 EStG 1988 zum Lohnbezug des Bf betrug im Jahr 2017 bei einer Ganzjahresbetrachtung 44.932,23 € (Basisbezug, Überstundenpauschale, laufende Zulage, Sachbezüge). Der Gesamtbetrag aus den Sonderzahlungen für Urlaubsgeld und Weihnachtrenumeration (42.559,09 €) und dem "Z"-Leistungsbonus vom April 2017 überstieg mit 63.472,32 € dieses Jahressechstel deutlich.

Den oa. Feststellungen liegen als unbedenklich beurteilte FA-Vorlageunterlagen bzw. im finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren nachgereichte Unterlagen (Dienstverträge v. , u. ; Arbeitsplatzbeschreibung "Leiter F&E-Abteilung"; Auszug KV/Industrie; Bf-Lohnkonto 2017, DG-Bestätigungen und mit Aufstellung der Patente) und Ergebnisse von FA-Datenbankrecherchen des BFG (u.a. zur AP betreff. ESt 2014-2016) zugrunde.

II. Gemäß § 37 Abs. 1 Teilstrich 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 105/2014 ermäßigt sich der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen iSd § 38 EStG 1988 auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

Nach § 37 Abs. 7 Satz 2 EStG 1988 steht für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 EStG 1988 versteuert werden, keine Progressionsermäßigung zu.

"Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßigt sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder selbst zu" (§ 38 Abs. 1 EStG 1988).

§ 67 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 117/2016 lautet, soweit hier von Interesse:

"(1) Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs. 2 nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge

1. für die ersten 620 Euro 0%,

2. für die nächsten 24.380 Euro 6%,

3. für die nächsten 25.000 Euro 27%,

4. für die nächsten 33.333 Euro 35,75%.

(…)

(2) Das Jahressechstel beträgt ein Sechstel der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge. Soweit die sonstigen Bezüge gemäß Abs. 1 mehr als das Jahressechstel oder nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge mehr als 83.333 Euro betragen, sind diese übersteigenden Bezüge im Auszahlungsmonat nach Abs. 10 zu besteuern. Bei der Berechnung des Jahressechstels ist jener laufende Bezug, der zusammen mit dem sonstigen Bezug ausgezahlt wird, bereits zu berücksichtigen. (…)

(…)

(10) Sonstige Bezüge, die nicht unter Abs. 1 bis 8 fallen, sind wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Diese Bezüge erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß Abs. 2."

§ 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 118/2015 lautet:

"Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu."

Einem Arbeitnehmer mit Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis, der Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hat, steht zudem ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j EStG 1988 entsprechend (§ 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 118/2015).

Zu der im vorliegenden Fall strittigen Frage, ob die dem Bf vom DG gewährte Diensterfindungsvergütung der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 1 Teilstrich 3 EStG 1988 iVm § 38 EStG 1988 zugänglich ist oder ob die Ausschlussbestimmung des § 37 Abs. 7 Satz 2 EStG 1988 zum Tragen kommt, hat das BFG im Erkenntnis vom , RV/2101067/2018 zu einem ähnlichen Sachverhalt wie im anhängigen Verfahren (Gewährung einer Diensterfindungsprämie, welche in drei Teilbeträgen im Juli, August und September 2016 ausbezahlt wurde) die Auffassung vertreten, dass es für die Lösung dieser Frage nicht darauf ankommt, ob ein Teil der Vergütung bei richtiger Zuordnung zu den sonstigen Bezüge noch mit dem festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 EStG 1988 zu besteuern war, weil der betreffende Betrag zu den jeweiligen Auszahlungszeitpunkten noch im Jahressechstel Deckung gefunden hätte. Eine derartige Interpretation, bei der die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes letztlich von der Zufälligkeit des Auszahlungszeitpunkts abhängt, wurde vom BFG als nicht sachgerecht erachtet.

Die Abweisung der dagegen eingebrachten Amtsrevision begründete der VwGH im Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0014 im Wesentlichen wie folgt:

"Die mit der Bestimmung des § 37 Abs. 7 EStG 1988 beabsichtigte Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Diensterfindungsvergütungen tritt nach der für das Streitjahr 2016 geltenden Rechtslage dann nicht ein, wenn wie vom Bundesfinanzgericht im Revisionsfall festgestellt, bei richtiger lohnsteuerlicher Behandlung der Diensterfindungsprämien zwar eine (teilweise) Versteuerung mit dem festen Steuersätzen des § 67 EStG 1988 hätte erfolgen müssen, dafür aber andere (später ausbezahlte) sonstige Bezüge (etwa der 13. und 14. Monatsbezug) wegen Sechstelüberschreitung zum vollen Tarif zu versteuern gewesen wären.

Eine vom Gesetzgeber nicht gewollte doppelte steuerliche Begünstigung der Diensterfindungsvergütung liegt nicht vor, wenn lediglich auf Grund des zufälligen Auszahlungszeitpunktes der feste Steuersatz des § 67 EStG 1988 zur Anwendung kommt (bzw. kommen müsste), über das Kalenderjahr betrachtet aber andere sonstige Bezüge wegen der begünstigten Besteuerung der Diensterfindungsprämie zum vollen Tarif versteuert werden müssen. Teleologische, historische und verfassungsrechtliche Erwägungen sprechen dafür, die Ausschlussbestimmung des § 37 Abs. 7 EStG 1988 dahingehend auszulegen, dass ein solcher Jahressechstelüberhang einer Progressionsermäßigung nach § 38 EStG 1988 im Rahmen der Veranlagung zugänglich ist (vgl. Fuchs in Doralt et al, EStG 198821, § 38 Tz 14/1; Bramerdorfer/Kovacevic, Steuerliche Behandlung von Diensterfindungsvergütungen, SWK 2018, 969ff; Jakom/Kanduth-Kristen EStG 1988, 2020, § 38 Rz 14)."

In der Folge ergingen im Sinne dieses VwGH-Erkenntnisses weitere BFG-Entscheidungen in Verfahren mit vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen (vgl. ; , RV/2100669/2020; , RV/2101049/2018).

III. Das BFG sieht aufgrund des gleichgelagerten Sachverhalts keine Veranlassung, im anhängigen Verfahren von der angeführten VwGH- und BFG-Judikatur abzuweichen.

Die Zuordnung der Diensterfindungsvergütung zu den sonstigen Bezügen wurde vom VwGH im oa. Verfahren nicht in Frage gestellt und erscheint auch für das BFG im anhängigen Verfahren eindeutig (Jahresvergütung, ausbezahlt in drei Raten; Anspruch gemäß gesonderter Vereinbarung und ohne Bezug zu Leistungen des Bf in den Lohnzahlungszeiträumen 2017).

Da bei der vom VwGH bestätigten Kalenderjahresbetrachtung das begünstigte Jahressechstel nach § 67 Abs. 2 EStG 1988 beim zu beurteilenden Lohnbezug zur Gänze auf andere sonstige Bezüge ("Z-Leistungsprämie, Urlaubsgeld, Teile der Weihnachtsrenumeration) entfällt, war die verfahrensgegenständliche Diensterfindungsvergütung zur Gänze der Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz nach § 37 Abs. 1 iVm § 38 EStG 1988 zugänglich.

Der Beschwerde war daher bezüglich der Besteuerung der im Jahr 2017 zugeflossenen Diensterfindungsvergütung stattzugeben und der angefochtene Bescheid entsprechend abzuändern.

Eine weitere Änderung gegenüber dem angefochtenen Bescheid ergibt sich in Bezug auf das Pendlerpauschale und den Pendlereuro. Da dem Bf lt. Dienstvertrag ein Dienstwagen zur Verfügung stand und für dessen Privatnutzung seinen Lohnbezügen im Jahr 2017 ganzjährig ein steuerpflichtiger Sachbezug zugerechnet wurde, war er vom Abzug eines Pendlerpauschales und Pendlereuros ausgeschlossen (vgl. zuletzt ).

Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte infolge Zurücknahme des entsprechenden Antrages Abstand genommen werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. )

Im anhängigen Verfahren lagen die genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Die Entscheidung folgt dem VwGH-Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0014.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101011.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at