BVE erging irrtümlich nicht zum tatsächlich angefochtenen Bescheid
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die vermeintliche Beschwerde vom , eingebracht am gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Bescheid über die Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens vom wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom erging durch die belangte Behörde ein Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens mit folgendem Wortlaut:
"Ihr am eingebrachtes Ansuchen um Bewilligung einer Zahlungserleichterung für die Entrichtung Ihrer Abgabenschuldigkeiten wird abgewiesen.
Zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen werden Sie ersucht, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 160.861,54 bis zu entrichten.
Begründung:
Die von Ihnen begehrte Stundungsfrist ist bereits abgelaufen."
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Am erließ die belangte Behörde einen Bescheid über die Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens, der folgenden Inhalt hat:
"Ihr am eingebrachtes Ansuchen auf Bewilligung einer Ratenzahlung für die Entrichtung Ihrer Abgabenschuldigkeiten gemäß § 323e Abs. 2 Bundesabgabenordnung (IF BAO) wird abgewiesen.
Zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen werden Sie ersucht, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 160.861,54 bis zu entrichten.
Begründung:
Der Rückstand besteht nicht überwiegend aus Abgaben, die zwischen dem und dem fällig geworden sind. Dabei wurden auch die bescheidmäßig festgesetzten (zukünftigen) Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer in die Ermittlung des Überwiegens miteinbezogen. Die Voraussetzungen des § 323e Abs. 2 Z 1 BAO sind daher nicht erfüllt."
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Mit Eingabe vom brachte der Bf. eine Bescheidbeschwerde mit folgendem Inhalt ein:
"Betreff:
***Bf1***
AbgabenNummer ***BF1StNr1***
Beschwerde
Ich, ***Bf1***, erhebe hiermit Einspruch über Ihre Entscheidung - Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens
Wie Sie aus unserer Buchhaltung, die monatlich Online abgehandelt wird, sehen können, ist mangels Auftragslage unser Umsatz bzw. Einkommen seit Anfang 2019 gleich null.
Die längst fälligen ausständigen Rechnungen in der Höhe von € 230 000,00 sind seit 2019 von unserem Rechtsanwalt Hr. ***RA1***, eingeklagt, aber bis zum heutigen Tag nicht exekutiert.
Über meine Person möchte ich ihnen höflich zur Kenntnis bringen
Meine schwere Leukämieerkrankung
Coviderkrankung mit Spätfolgen
OP der Bandscheiben mit anschließender Reha.
Ausstellung eines Behindertenpasses Nr. ***1***
Spitalaufenthalte
bzgl. Überschreitung der Stundungsfrist
Ich habe meine Wohnung bzgl. finanzieller Schwierigkeiten verloren, daher keinen festen Wohnsitz, sondern nur mehr eine Postadresse mit Schwierigkeiten bei der Postzustellung. In meinem Betrieb in ***2***, ist die Firma ***A*** eingemietet, auch nur mehr für mich eine Postadresse. Ich habe kein Auto und keine Besitztümer, daher ersuche ich sie nochmals höflich um eine Aussetzung der Abgaben bis es mir gesundheitlich und finanziell besser geht und ich wieder wie ein normaler Mensch, der 60 Jahre gearbeitet hat, leben kann und bitte Sie, all dies in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.
Alle Positionen die ich angeführt habe sind ihrerseits auch überprüfbar, alle Befunde werde ich bei Bedarf und Anforderung schnellstens an Sie übermitteln."
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Am erging durch die belangte Behörde folgende Beschwerdevorentscheidung:
"Ihre am eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Erledigung Ihres Antrages auf Ratenbewilligung gemäß § 323e Abs. 2 Bundesabgabenordnung (iF BAO) wird abgewiesen.
Zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen werden Sie ersucht, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 160.560,77 bis zu entrichten.
BEGRÜNDUNG:
Gemäß § 212 Abs.1 der Bundesabgabenordnung können Zahlungserleichterungen nicht bewilligt werden, wenn die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Zahlungsaufschub gefährdet wird. Eine solche Gefährdung erscheint durch die Angaben in Ihrem Ansuchen gegeben. In Anbetracht der laufenden Exekutionsmaßnahmen erscheint die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdet. Da im Hinblick auf die Höhe des Rückstandes entsprechende Pfandobjekte nicht greifbar sind, erscheint die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdet."
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Dagegen beantragte der Bf. mit Schriftsatz vom die "Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz". Die Begründung wird mangels Entscheidungsrelevanz nicht wiedergegeben.
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Mit Bericht vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.
Im genannten Vorlagebericht wurde festgehalten, dass sich die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung fälschlicherweise auf den § 212 Abs. 1 beziehe, nichtsdestotrotz lägen die Voraussetzungen zum Covid-19-Ratenzahlungsmodell nicht vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Wie aus der Schilderung des Verfahrensganges ersichtlich, hat die belangte Behörde am und je einen Bescheid im Zusammenhang mit Zahlungserleichterungen erlassen.
Zweifelsfrei steht fest, dass der Bf. am eine Beschwerde gegen einen Bescheid betreffend Zahlungserleichterung einbrachte, ohne das Datum des angefochtenen Bescheides anzuführen.
Somit ist zu klären, ob sich die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens oder gegen den Bescheid vom über die Abweisung eines Covid-19-Ratenzahlungsansuchens handelt.
Die Beschwerde vom enthält zwar nicht das Datum des angefochtenen Bescheides, richtet sich aber gegen die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens, sowie in der Begründung die Wortfolge "bezüglich Überschreitung der Stundungsfrist", weshalb für das Bundesfinanzgericht zweifelsfrei feststeht, dass die Beschwerde den Bescheid vom betrifft, da dieser über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens abspricht und die Begründung "Die von Ihnen begehrte Stundungsfrist ist bereits abgelaufen" enthält, während die Erledigung vom die Bezeichnung "Bescheid über die Abweisung eines COVID-19-Ratenansuchens" hat und die Begründung keine Ausführungen zum Thema "Überschreitung der Stundungsfrist" ausweist.
Damit hätte die belangte Behörde über die Beschwerde vom (eingebracht am ) gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom entscheiden müssen.
Die belangte Behörde hat jedoch offenbar irrtümlich die genannte Beschwerde dem Bescheid über die Abweisung eines COVID-19-Ratenzahlungsansuchens vom zugeordnet und am eine diesbezügliche BVE erlassen.
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung hat zu erfolgen, wenn der angefochtene Bescheid von einer hiefür nicht zuständigen Behörde erlassen wurde. Eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO darf dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (, ).
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde gegen den Bescheid vom vorlag, bewirkt eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes ().
Der Vorlageantrag vom war aber grundsätzlich zulässig, da zwar eine rechtswidrige, aber im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung vorliegt (vgl. , , RV/7103328/2016).
Die Beschwerdevorentscheidung vom war daher aufzuheben.
In der Folge wird durch die belangte Behörde zur Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom eine BVE zu erlassen sein.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab (vgl. die zitierten Erkenntnisse).
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 323e Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102404.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at