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Maßnahmenbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 23.11.2021, RM/7300007/2021

Kontoregisterabfrage als Ermittlungshandlung der Finanzstrafbehörde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Volkert Sackmann, Garnisongasse 4/8, 1090 Wien, über die Beschwerde des Beschwerdeführers (Bf.) vom wegen Einsichtnahme in das Kontoregister beschlossen:

Die Beschwerde wegen Einsichtnahme in das Kontoregister wird als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Beschwerdeschrift vom wurden folgende Beschwerden erhoben:

"BESCHWERDE

Durch meinen ausgewiesenen Vertreter erhebe ich gegen

  • die Anordnung der Haus- und Personsdurchsuchung an meiner Wohnadresse ***13***0 vom , durchgeführt am ,

  • die Abfrage des Kontenregisters in Bezug auf meine Person zu einem mir unbekannten Zeitpunkt und gegen die unterlassene Information, dass eine Kontenregisterabfrage

durchgeführt wurde,

  • die Anordnung von Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte vom in Bezug auf meine Geschäftsverbindungen mit der ***14*** und der ***15*** und der Vollzug durch Vernehmung von Angestellten der Kreditinstitute,

BESCHWERDE an das Bundesfinanzgericht. Die Anordnungen und ergriffenen Zwangsmaßnahmen werden in ihrem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte, des Inhalts und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten. Begehrt wird die ersatzlose Behebung der Anordnungen und die Feststellung der Verletzung von Verfahrensrechten und -Vorschriften. Die bekämpften Anordnungen wurden mir am ausgehändigt, sodass ich erstmals an diesem Tag Kenntnis von diesen erlangte. Die Beschwerde ist somit rechtzeitig.

A. Zur verwaltungsbehördlichen Unzuständigkeit

Das Finanzamt Wien 1/23 hat am , am Tag der Hausdurchsuchungen, mir gegenüber einen - gesondert bekämpften - Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung iHv EUR 435.144,23 erlassen. Begründend wurde darin angeführt, ich schulde Abgaben in der genannten Höhe. Wird jedoch der Vorwurf der vorsätzlichen Verkürzung (und dementsprechend: Hinterziehung) von über EUR 100.000,00 erhoben, so liegt gemäß § 53 Abs. 1 FinStrG gerichtliche und nicht verwaltungsbehördliche Zuständigkeit vor.

Bezeichnend ist, dass seit der Erwirkung der Persons- und Hausdurchsuchung am keine neuen Erkenntnisse durch die von der Finanzstrafbehörde hinzugezogene Steuerfahndung gewonnen wurden. Mit anderen Worten muss auch bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Vorsitzenden des Spruchsenats II ein EUR 100.000,00 übersteigender Verkürzungsbetrag festgestanden sein. Damit hat die Finanzstrafbehörde jedoch die Anordnungen beim unzuständigen Organ beantragt und somit das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

Somit ist das gesamte bisherige Verfahren rechtswidrig, zumal man der Finanzstrafbehörde im Hinblick auf den Vorwurf der vorsätzlichen Verkürzung von mehr als EUR 435.000,00 nicht unterstellen kann, sie sei fahrlässig von einem unter EUR 100.000,00 liegenden Verkürzungsbetrag ausgegangen, ohne dass sich irgendwelche Neuerungen, die am den Schluss auf einen eklatant höheren Verkürzungsbetrag erlaubt hätte, ergeben haben.

B. Zur Rechtswidrigkeit des Inhalts und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens

Grundsätzlich gilt für sämtliche nachfolgende Beschwerdepunkte, dass der Sachverhalt, auf dem das eingeleitete Finanzstrafverfahren fußt, derart unkonkret ist, dass schon die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegen mich rechtswidrig war. Somit ist es aber auch nicht verwunderlich, dass die Finanzstrafbehörde keine schriftliche Einleitungsverfügung erlassen hat. Als Bezugspunkt der Anfechtung für den gegen mich erhobenen Vorwurf dienen daher die Ausführungen der - in Vertretung einschreitenden - Spruchsenatsvorsitzenden in den bekämpften Anordnungen (Beschwerdepunkte 1. und 3.).

Mein ausgewiesener Vertreter hat in den Ermittlungsakt der Steuerfahndung am Einsicht genommen. Und, obwohl in den Anordnungen der Spruchsenatsvorsitzenden auf Ermittlungen reflektiert wird, insbesondere, dass die Spedition ***16*** Dienstleistungen für die ***2***. bzw. deren behauptetes Vorgängerpendant ***17*** durchgeführt hätte, finden sich dort keinerlei Unterlagen, die dies bestätigen hätten können. Damit nicht genug, wird in der Anordnungsbegründung ja sogar angedeutet, dass es mehrere derartiger Dienstleistungen gegeben hätte - wie gesagt, ohne Beweis.

Sodann wird - auf welcher Faktenbasis auch immer - festgestellt, dass ich als Ansprechperson für die Speditionsleistungen auf Seiten der beiden slowakischen Gesellschaften ***17*** und ***2***. fungiert hätte. Darüber hinaus soll es Ermittlungen in der ***3*** gegeben haben, die ergeben hätten, dass am Geschäftssitz der ***2***. in der ***3*** keine Geschäftstätigkeit der angeführten Kapitalgesellschaft festgestellt werden konnte. Auch dazu findet sich nichts im Akt. Freilich nicht erhoben wurde, dass die ***2***., deren Gesellschafter ich bin, über ein Warenlager in der ***3*** verfügt. Dies wäre insofern nicht irrelevant gewesen, als damit die Behauptung, die ***2***. sei nur eine Domizilgesellschaft, widerlegt wäre.

Hingegen finden sich Fotografien von Nachrichten zwischen einem - offenkundig oberösterreichischen - Restaurantbetreiber und einem Gesprächspartner, den dieser unter "***1***" eingespeichert hat. Zu dieser Telefonnummer hat die Steuerfahndung ein Auskunftsersuchen an die österreichischen Telekommunikationsbetreiber gestellt.

Mit diesem im Hinblick auf die gerichtliche Zuständigkeit (§ 76a StPO) gesetzwidrigen Auskunftsersuchen bringt die Finanzstrafbehörde in Erfahrung, dass die Rufnummer auf die ***4*** angemeldet war. Hätte die Finanzstrafbehörde einen Blick in das Firmenbuch geworfen, so hätte sie unschwer feststellen können, dass mit Generalversammlungsbeschluss vom die Gesellschaft aufgelöst wurde.

Wenn die belangte Behörde vermeint, ich hätte die faktische Geschäftsführung im Zusammenspiel mit meiner Ehegattin ***5*** hinsichtlich der Fa. ***2***. innegehabt und es bestehe daher der begründete Verdacht, dass ich Umsatz- und Gewinnverkürzungen getätigt hätte, so entbehren diese Behauptungen nicht nur jedes nachvollziehbaren Substrats, sie sind darüber hinaus ein Zirkelschluss. Diese Ausführungen lassen auch bei einem zur Verfügung stehenden extensivsten Interpretationsspielraum keine Tathandlung erkennen, die in irgendeiner Form eine Hinterziehung von Abgaben belegen könnten. Inwiefern ich als Gesellschafter, nicht aber Geschäftsführer der ***2***. für deren abgabenrechtlichen Belange verantwortlich gewesen sein soll, bleibt im Dunkeln.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass die Finanzstrafbehörde jegliche Ermittlungen, die eine (Nicht-) Involvierung meiner Person in die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der ***2***. nachweisen bzw. widerlegen könnten, unterlassen hat, weshalb das geführte Verfahren mangelhaft und gesetzwidrig ist. Die Finanzstrafbehörde hat vielmehr willkürlich, entgegen § 57 Abs 2 FinStrG, den Beschuldigtenkreis auf mich ausgedehnt, ohne hierfür über nachvollziehbare Gründe zu verfügen.

C. Zu den einzelnen Beschwerdepunkten

ad 1.) Illegale Durchsuchung

Wie bereits soeben im Punkt B. ausgeführt, ist der einzige aus dem Akt nachvollziehbare Grund dafür, dass gegen mich eine Anordnung der Haus- und Personsdurchsuchung erwirkt wurde, folgender Umstand:

In Oberösterreich hat ein Betreiber eines Restaurants eine Nummer unter der Bezeichnung "***1***" eingespeichert. An diese Rufnummer schickte er WhatsApp-Nachrichten aus denen hervorgeht, dass er Verpackungsmaterial benötigt. Die Finanzstrafbehörde hat ein Auskunftsbegehren an die Telekommunikationsbetreiber iSd § 99 Abs. 3 FinStrG abgesetzt und derart herausgefunden, dass die Rufnummer auf die ***4***, deren Gesellschafter, Geschäftsführer und Liquidator ich war, nach wie vor angemeldet ist. Aus diesem Umstand schließt die Finanzstrafbehörde begründungslos, dass ich für die abgabenrechtlichen Belange einer slowakischen Gesellschaft, bei der ich zwar Gesellschafter, nicht jedoch Geschäftsführer bin, verantwortlich zeichne.

Das ist schlicht und ergreifend absurd und lebensfremd. Die gegen mich ergangene Anordnung der Durchsuchung ist gesetzwidrig, weil nicht einmal ein Anfangsverdacht (§ 82 Abs. 1 FinStrG) bestand. § 57 Abs. 5 FinStrG verpflichtet die Finanzstrafbehörde bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur soweit in Rechte von Personen einzugreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Finanzvergehens, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen.

ad 2.) und 3.) Illegale Kontenregisterabfrage und gesetzwidrige "Kontenöffnung"

Mit Anordnung vom wurde das Bankgeheimnis in Bezug auf meine Kontoverbindungen zur ***14*** und der ***15*** in rechtswidriger Weise durchbrochen.

Zeitlich vorgelagert muss die Finanzstrafbehörde eine Kontenregisterabfrage durchgeführt haben, da sie sonst nicht die Offenbarung meiner Geschäftsverbindungen zu den genannten Kreditinstituten begehrt hätte.

Aber auch im Rahmen der Befragung von ***6*** (Rechtsabteilung ***7***) wurde gegen das Gesetz verstoßen. So wurde ***6*** zur Person ***8*** befragt, doch ist dieser Name auf der Anordnung von Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte überhaupt nicht angeführt, sodass die Befragung hierzu rechtswidrig war.

Auch diesen Anordnungen liegen reine Spekulationen zugrunde, sie unterscheiden sich inhaltlich nicht von der Durchsuchungsanordnung und sind daher rechtswidrig.

Beschwerdeanträge

Der Beschwerdeführer stellt aus den oben angeführten Gründen den

Antrag,

das Bundesfinanzgericht wolle der Beschwerde Folge geben und feststellen, dass ich in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter dadurch verletzt wurde, dass die Finanzstrafbehörde wider besseren Wissens im verwaltungsbehördlichen Verfahren gegen mich vorgegangen ist, sämtliche gegen mich ergangenen Anordnungen von Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte hinsichtlich der ***14*** und der ***15*** im Hinblick auf das Nichtvorhandensein eines Anfangsverdachts gegen mich für rechtswidrig erklären, der Finanzstrafbehörde auftragen, sämtliche bei mir sichergestellte Gegenstände, insbesondere meine Münzsammlung umgehend an mich rückauszufolgen und das eingeleitete Finanzstrafverfahren gegen mich einzustellen.

****

Wegen der Verteilung der Rechtssachen in der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichts über verschiedenen Zuteilungsgruppen wurden von den von dem Bf. eingebrachten Beschwerden nur der unter Punkt 2. des Beschwerdebegehrens angeführten Beschwerdepunkt als Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt der Finanzstrafbehörde der erkennenden Richterin zugeteilt (bzw. auf Unzuständigkeitserklärung eines Kollegen mit Eingang Juli 2021 übertragen).

Da hinsichtlich weiterer Beschwerdepunkte Beschwerden zurückgezogen wurden, erging zunächst eine Anfrage an den Vertreter der Bf., ob nach dem nunmehrigen Verfahrensstand noch eine Entscheidung über die Maßnahmenbeschwerde wegen der Kontoregisterabfrage erforderlich erscheine.

Dazu wurde vom Vertreter am geantwortet, dass er die Ansicht vertrete, dass jede Maßnahme der Finanzstrafbehörde - und dazu gehöre auch die Einsicht in das Kontoregister -vor dem BFG bekämpft werden könne. Die gegenteilige Rechtsansicht würde dazu führen, dass der Gesetzgeber keine wirksame Beschwerde normieren habe wollen, womit Art. 13 EMRK (Recht auf wirksame Beschwerde) verletzt wäre (dies könne dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden).

Die weiteren Beschwerden seien deswegen zurückgezogen worden, weil sie durch Entscheidungen des zuständigen Strafgerichts überholt und damit irrelevant geworden seien. Dies sei jedoch bei der verfahrensgegenständlichen Beschwerde anders gelagert, dazu gebe es keine Entscheidungen des Strafgerichts.

****

In der Folge wurden seitens des BFG die für das verfahrensgegenständliche Verfahren benötigten Unterlagen von der Steuerfahndung abverlangt.

Mit Schreiben des wurden dem Vertreter des Bf. die Kontoregisterabfrage der Steuerfahndung vom und die Beauftragung der Steuerfahndung durch die Finanzstrafbehörde übermittelt und eine Frist zur allfälligen ergänzenden Äußerung dazu eingeräumt.

Eine weitere Stellungnahme zur Urkundenübermittlung wurde nicht eingebracht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahme) wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Prüfungsmaßstab ist die Rechtswidrigkeit; Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist die nachträgliche Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer derartigen behördlichen Maßnahme an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung der Amtshandlungen.

In diesem Sinne besteht auch in Finanzstrafsachen gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 FinStrG die Berechtigung, sich gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beschweren, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt worden ist. Dabei ist gemäß § 152 Abs. 1 Satz 3 FinStrG zur Erhebung einer derartigen Maßnahmenbeschwerde derjenige berechtigt, der behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

Gemäß § 152 Abs. 1, zweiter Satz FinStrG ist gegen das Verfahren betreffende Anordnungen, soweit nicht ein Rechtsmittel für zulässig erklärt ist, eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig; sie können erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis (Bescheid) angefochten werden.

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt allgemein dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt, ohne vorangegangenen Bescheid - (mittels faktischer Amtshandlungen) in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. ; , 2012/17/0430; siehe auch Ritz, BAO 6, § 283 Tz 5 ff mit entsprechenden praktischen Beispielen).

Inhaltliche Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde ist es also, dass sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung gerichtet ist. Es wird somit als Verfahrensgegenstand insoweit die Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch gefordert, andernfalls die Beschwerde - hier gemäß § 156 Abs. 1 und 4 FinStrG - zurückzuweisen ist.

Eine "Verhaltensbeschwerde" gemäß Art 130 Abs. 2 Z. 1 B-VG erfasst formfreies Verwaltungsverhalten, das nicht mit Bescheid- oder Säumnisbeschwerde bekämpfbar und auch nicht einer Maßnahmenbeschwerde zugänglich ist, vgl. z.B. §§ 88 Abs. 2, 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz - SPG (Mayer/Muzak, B-VG5, Art 130 II.2). Einfachgesetzlich kann die Bekämpfbarkeit von Weisungen (Art 20 Abs.1 B-VG) vorgesehen werden (Mayer/Muzak, aaO, mit Zitat Hauer, Zuständigkeit, in Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit 36). Fehlt es aber an einer solchen einfachgesetzlichen Basis wie im FinStrG (mit einigen wenigen ausdrücklichen Ausnahmen), besteht keine Beschwerdeberechtigung; in diesem Sinne bestimmt auch § 152 Abs. 1 Satz 2 FinStrG, dass gegen das Verfahren betreffende Anordnungen eines Organes einer Finanzstrafbehörde (z.B. einer Verweigerung einer Akteneinsicht) eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig ist, soweit nicht ein Rechtsmittel für zulässig erklärt worden war. Derartige verfahrensleitende Verfügungen können daher erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis angefochten werden. Dennoch erhobene Beschwerden wären als unzulässig gemäß § 156 Abs. 1 und 4 FinStrG ebenfalls zurückzuweisen.

Gemäß § 99 Abs. 6 FinStrG bedürfen Ersuchen um Auskünfte im Sinne des § 38 Abs. 2 Z 1 des Bankwesengesetzes - BWG, BGBl. Nr. 532/1993, ausgenommen die Einsicht in das Kontenregister (§ 4 Abs. 1 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz - KontRegG, BGBl I Nr. 116/2015) einer Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Die Anordnung samt Auskunftsersuchen ist dem Kredit- oder Finanzinstitut, dem Beschuldigten sowie den aus der Geschäftsverbindung verfügungsberechtigten Personen zuzustellen, sobald diese der Finanzstrafbehörde bekannt geworden sind. Die Ausfertigung an das Kredit- oder Finanzinstitut hat keine Begründung zu enthalten. Die Zustellung an den Beschuldigten und die Verfügungsberechtigten kann aufgeschoben werden, solange durch sie der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre. Hierüber ist das Kredit- oder Finanzinstitut zu informieren, das die Anordnung und alle mit ihr verbundenen Tatsachen und Vorgänge gegenüber Kunden und Dritten geheim zu halten hat. Kredit- oder Finanzinstitute und deren Mitarbeiter sind verpflichtet, die verlangten Auskünfte zu erteilen sowie Urkunden und Unterlagen einsehen zu lassen und herauszugeben. Dies hat auf einem elektronischen Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat in strukturierter Form so zu erfolgen, dass die Daten elektronisch weiterverarbeitet werden können. Gegen die Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates steht dem Beschuldigten und den aus der Geschäftsverbindung verfügungsberechtigten Personen das Rechtsmittel der Beschwerde zu. Insoweit das Bundesfinanzgericht die Unzulässigkeit der Anordnung feststellt, unterliegen die dadurch erlangten Auskünfte dem Verwertungsverbot im Sinne des § 98 Abs. 4 FinStrG.

Einsicht in das Kontenregister

Auskünfte aus dem Kontenregister

§ 4 Abs. 1 Kontenregistergesetz (KontRegG): Auskünfte aus dem Kontenregister sind im Wege elektronischer Einsicht zu erteilen:

1. für strafrechtliche Zwecke den Staatsanwaltschaften und den Strafgerichten,

2. für finanzstrafrechtliche Zwecke überdies den Finanzstrafbehörden und dem Bundesfinanzgericht,

3. wenn es im Interesse der Abgabenerhebung zweckmäßig und angemessen ist, für abgabenrechtliche Zwecke den Abgabenbehörden des Bundes und dem Bundesfinanzgericht,

Abs. 2: Suchbegriffe dürfen nur konkrete Personen, Konten oder Schließfächer sein.

Abs. 3: Jede Abfrage und Übermittlung personenbezogener Daten aus dem Kontenregister ist so zu protokollieren, dass eine Zuordnung der Abfrage oder Übermittlung zu einem bestimmten Organwalter möglich ist. Die Protokollaufzeichnungen sind zehn Jahre aufzubewahren und dann zu löschen.

Abs. 3a: Die Erteilung von Auskünften an die in Abs. 1 genannten Behörden darf nur im Einzelfall erfolgen und ist dem innerhalb der jeweils zuständigen Behörde eigens zur Wahrnehmung dieser Aufgaben benannten und ermächtigten Personal vorbehalten. Diese Behörden haben sicherzustellen, dass das abfrageberechtigte Personal in Bezug auf die Vertraulichkeit und den Datenschutz hochprofessionell arbeitet und in hohem Maße integer und ausreichend qualifiziert ist.

Abs. 4: Betroffene Personen und Unternehmer haben das Recht auf Auskunft, welche sie betreffende Daten in das Kontenregister aufgenommen wurden. Die Abfrage kann über FinanzOnline erfolgen.

Abs. 5: Außerhalb einer Außenprüfung sind im Verfahren zur Veranlagung der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer Auskünfte aus dem Kontenregister nicht zulässig, es sei denn, dass die Abgabenbehörde Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung hat, Ermittlungen gemäß § 161 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961 einleitet und der Abgabepflichtige vorher Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Die Würdigung der Stellungnahme ist aktenkundig zu machen.

Abs. 6: Über eine durchgeführte Kontenregistereinsicht der Abgabenbehörde ist der Abgabepflichtige über FinanzOnline zu informieren.

Zum Kontoregister (Ausführungen auf der Homepage des BMF):

"Im Rahmen der Steuerreform 2016 wurde ein weiteres Betrugsbekämpfungspaket beschlossen. Das darin enthaltene Kontenregister- und Konteneinschaugesetz (KontRegG) hat zwei wesentliche Bestandteile, das Kontenregister und die Konteneinschau durch die Abgabenbehörden.

Das Kontenregister ist eine Datenbank, die Informationen darüber enthält, wer welche Konten, Depots oder Schließfächer bei welcher Bank oder bei einem gewerblichen Schließfachanbieter hat.

Das Kontenregister ist seit in Betrieb und ist nach zweimonatiger Befüllung durch die Kreditinstitute seit abfragebereit.

Im zentralen Kontenregister sind die Girokonten, Bausparkonten, Kredit- und Zahlungskonten, Sparbücher und Wertpapier-Depots, sofern sie mit IBAN hinterlegt sind, sowie Schließfächer aller Unternehmen und aller Privatpersonen bei einem in Österreich tätigen Kredit- oder Finanzinstitut aufgelistet. Im Kontenregister sind nur die Namen der Personen/Unternehmen, die Konto-bzw. Schließfachnummern sowie die Kredit- oder Finanzinstitute ersichtlich.

Nicht enthalten sind Kontostände und Bewegungen auf dem Konto selbst. Diese sind erst bei einer richterlich genehmigten Konteneinschau ersichtlich.

Die Daten im Kontenregister werden vom jeweiligen Kredit- oder Finanzinstitut bereitgestellt und laufend aktualisiert.

Kann ich die über mich gespeicherten Daten im Kontenregister abfragen?

Ja, diese Daten können über Ihren persönlichen FinanzOnline Zugang eingesehen werden."

Eine Auskunft für finanzstrafrechtliche Zwecke bedeutet nicht, dass bereits ein Finanzstrafverfahren gegen eine bestimmte Person anhängig geworden wäre.

Im Gegensatz zu einer Einsichtnahme in einem Abgabenverfahren hat bei Einsichtnahmen durch die Finanzstrafbehörde bzw. das Bundesfinanzgericht keine Information des Abgabepflichtigen zu erfolgen. Jede Abfrage ist jedoch so zu protokollieren, dass eine Zuordnung der Abfrage oder Übermittlung zu einem bestimmten Organwalter möglich ist. Die Protokollaufzeichnungen sind 10 Jahre aufzubewahren und dann zu löschen.

Dem Rechtsschutzbeauftragten wurde ausschließlich im Zusammenhang mit Kontoöffnungen gesetzlich eine Aufgabe zugeordnet, Kontoregisterabfragen erfolgen nach eigenständiger Entscheidung eines Organwalters der Finanzstrafbehörde ohne eine Meldepflicht.

Gemäß § 57 Abs. 1 FinStrG sind Finanzvergehen von Amts wegen zu verfolgen.

Abs. 2: Die Finanzstrafbehörde und ihre Organe haben ihr Amt unparteilich und unvoreingenommen auszuüben und jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden. Sie haben die zur Belastung und die zur Verteidigung des Beschuldigten dienenden Umstände mit der gleichen Sorgfalt zu ermitteln.

Abs. 3: Jeder Beschuldigte ist durch die Finanzstrafbehörde sobald wie möglich über das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren und den gegen ihn bestehenden Tatverdacht sowie über seine wesentlichen Rechte im Verfahren (§§ 77, 79, 83, 84, 113, 114, 125, 151 und 152) zu informieren. Dies darf nur so lange unterbleiben, als besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre, insbesondere, weil Ermittlungen oder Beweisaufnahmen durchzuführen sind, deren Erfolg voraussetzt, dass der Beschuldigte keine Kenntnis von den gegen ihn geführten Ermittlungen hat. Das gleiche gilt, wenn sich durch im Zuge des Ermittlungsverfahrens hervortretende Umstände eine Änderung des Tatverdachtes ergibt. Auch alle anderen vom Finanzstrafverfahren betroffenen Personen sind über ihre wesentlichen Rechte zu belehren. Die Informationen und Belehrungen können auch mündlich erteilt werden, worüber erforderlichenfalls ein Aktenvermerk aufzunehmen ist.

Abs. 5: Die Finanzstrafbehörde darf bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur soweit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Finanzvergehens, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen. Unter mehreren zielführenden Ermittlungshandlungen und Zwangsmaßnahmen hat die Finanzstrafbehörde jene zu ergreifen, welche die Rechte der Betroffenen am Geringsten beeinträchtigen. Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdigen Interessen wahrt.

Ermittlungshandlungen der Finanzstrafbehörde dienen der Prüfung des Vorliegens eines Tatverdachtes gegen eine bestimmte Person, einen bestimmten Verband.

Im Rahmen dieser Ermittlungsaufgaben steht es der Finanzstrafbehörde zu unter Beachtung der Vorgaben des § 57 Abs. 5 FinStrG Einsicht in Unterlagen aus dem Abgabenverfahren des Abgabepflichtigen, sein Abgabenkonto und eben auch das beim BMF geführte Kontoregister zu nehmen. In der Folge natürlich auch Einvernahmen eines Beschuldigten oder von Zeugen durchzuführen ohne, dass eine Bekämpfungsmöglichkeit zu jedem einzelnen Verfahrensschritt normiert wäre.

Ein Rechtsschutz im Sinne einer Überprüfbarkeit der Rechtmäßigkeit der Anordnung besteht im Zusammenhang mit Konten einer Person erst im Zuge einer Kontenöffnung, eine abschließende Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit, die im Zusammenhang mit einer bewilligten Kontenöffnung auch in einem Verwertungsverbot enden kann, ist einem Straferkenntnis oder im gerichtlichen Finanzstrafverfahren einem Urteil vorbehalten.

Nach den vom Amt für Betrugsbekämpfung vorgelegten Unterlagen hat ***9*** am bei ***10*** angefragt, ob er eine Kontoregisterabfrage beim Bf. machen soll, was mit Mail vom bejaht und am selben Tag durchgeführt wurde.

Die Kontoregisterabfrage zu Konten des Bf. vom wurde dem BFG auf Anfrage am vorgelegt.

Aufgabenbereich und rechtliche Position der Steuerfahndung vor Implementierung des Abgabenbetrugsbekämpfungsamtes mit :

"Der Aufgabenbereich der Steuerfahndung erstreckt sich von der Fahndung, Ermittlung und Aufdeckung von Hinterziehungsfällen über die Durchführung von Maßnahmen behördlicher Zwangs- und Befehlsgewalt bis hin zur Vertretung vor Gerichten jeweils im Auftrag der zuständigen Finanzstrafbehörde. Die Steuerfahndung selbst ist keine Finanzstrafbehörde, sondern unterstützt die Finanzämter in deren Finanzstraffällen einschließlich in den von der Justiz beauftragten Ermittlungsverfahren in Gerichtsfällen."

Die Steuerfahndung wurde zunächst telefonisch durch die zuständige damalige Teamleiterin der Finanzstrafbehörde ***11*** beauftragt Kontoregisterabfragen im Zusammenhang mit der Fallprüfung zur ***2***. und der ***17*** zu machen, am hat sie eine Vereinbarung mit der Steuerfahndung unterfertigt, die ausweist, dass auch Kontoregisterabfragen von der Steuerfahndung gemacht werden sollten.

Es wurde somit im Auftrag der Finanzstrafbehörde eine Ermittlungsmaßnahme gesetzt die gemäß § 152 Abs. 1, zweiter Satz FinStrG nicht gesondert mit Beschwerde anfechtbar ist, daher war die Beschwerde gegen die Kontoregisterabfrage beim Bf. als unzulässig eingebracht zurückzuweisen.

Vollständigkeitshalber wird auf § 53 Abs. 8 FinStrG verwiesen:

§ 53 Abs. 8 FinStrG: Kann eine Prüfung, ob das Gericht nach den Abs. 1 bis 4 zur Ahndung des Finanzvergehens zuständig sei, noch nicht vorgenommen werden, so hat die Finanzstrafbehörde alle zur Sicherung der Beweise erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Solche Maßnahmen der Finanzstrafbehörde sind wegen Unzuständigkeit nicht anfechtbar, wenn sich später die gerichtliche Zuständigkeit herausstellt.

Daher steht es der Finanzstrafbehörde zu, zunächst im Zusammenwirken mit dem Vorsitzenden des Spruchsenates Kontoöffnungen vornehmen zu lassen und erst, wenn sich eine Verdachtslage erhärtet hat, dass Finanzvergehen in gerichtlicher Zuständigkeit vorliegen, konkrete Anlastungen mit Anfallsbericht nach § 100 StPO an die Staatsanwaltschaft heranzutragen, um eine Unzuständigkeitserklärung nach § 202 FinStrG tunlichst hintanzuhalten.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RM.7300007.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at