Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.10.2021, RV/7102723/2020

Lebensmittelpunkt einer Entwicklungshelferin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Putz & Rischka, Rechtsanwälte KG, Reisnerstraße 12, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf) vom betreffend Familienbeihilfe 07.2019-02.2020 für die Kinder ***1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Für den Streitzeitraum 07.2019 bis 02.2020 besteht kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe für die Kinder ***1***.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist seit 2007 in der Organisation und Betreuung des privaten Entwicklungshilfeprojektes "***2***" in Kenia tätig. Es bestand die Absicht, das Projekt nach einer Phase der Begleitung in kenianische Hände zu legen. Es musste in der Folge festgestellt werden, dass in Kenia eine dauernde Leitung aus Europa erforderlich war, sodass die Bf als Entwicklungshelferin nach Kenia entsandt wurde. Sie ist mit einem kenianischen Staatbürger verheiratet und hat mit diesem 2 minderjährige Kinder, die österreichische Staatsbürger sind.

Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe (FB) retournierte die Bf am das unterfertigte Formular und legte die Bestätigungen über den Kindergartenbesuch/Schulbesuch vom bzw. vom für ***1***, sowie die Vereinbarung (Dienstvertrag) über die Verlängerung zur Entsendung der Bf als Entwicklungshelferin im Rahmen des Entwicklungshilfeprojektes vorerst bis . Die Bf wies dabei darauf hin, dass sich zu den Vorjahren keine Veränderungen ergeben hätte.

Mit Mitteilungsschreiben vom wurde der Bf der Wegfall des Anspruches auf FB ab auf Grund einer Gesetzesänderung angezeigt.

Mit Eingabe vom stellte die Bf den Antrag auf Gewährung der FB für ihre beiden Kinder ***1***. Begründend führte die Bf aus, dass die gesetzliche Änderung, womit die Voraussetzungen für den Bezug der FB weggefallen wären, auf einen Redaktionsirrtum beruhen würde. Es wäre keineswegs beabsichtigt gewesen, jenen Kindern von Diplomaten oder Entwicklungshelfern die FB vorzuenthalten.

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom bestätigte die Bf mit Schriftsatz vom , dass in Kenia ein gemeinsamer Haushalt mit den Kindern und dem Kindesvater bestände. Das würde aber nichts an der Tatsache ändern, dass die Bf mit ihren Kindern, die auch österreichische Staatsbürge wären, ihren Hauptwohnsitz in Österreich hätten und ihre Ortsabwesenheit von Wien ausschließlich in der Entsendung als Entwicklungshelferin begründet wäre. Die Bf und ihre Kinder wären im Juli/August 2019 und im Dezember 2019 in Österreich aufhältig gewesen. Die Heimaturlaube wären einerseits durch den Entsendeauftrag andererseits durch die Schulpflicht der Kinder auf die Ferienzeiten beschränkt.

Auch in den Zeiten davor hätte die Bf jede Möglichkeit genutzt, um mit den Kindern in Österreich zu sein, nach Maßgabe der in üblicher Weise in einem Entsendevertrag geregelten Heimaturlaube, wobei es zu vermerken gälte, dass lediglich ein Heimaturlaub /Jahr auf Kosten der Entsendeorganisation ginge, der Rest von der Bf gezahlt werden würde.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bf auf Weitergewährung der FB für ihre beiden minderjährigen Kinder ab Juli 2019 abgewiesen. Die FB für Entwicklungshelfer wäre laut BGBl Nr. 83/2018 mit außer Kraft getreten. Der gewöhnliche Aufenthalt sowie der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf wäre in Kenia gelegen.

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde durch die Bf eingewendet, dass der Sachverhalt jenem, wie er Gegenstand des Beschwerdeverfahrens RV/7105212/2014 vom gewesen wäre.

Mit weiterem Abweisungsbescheid des gleichen Finanzamtes vom wäre im Wesentlichen mit der gleichen Begründung, der gewöhnliche Aufenthalt und Mittelpunkt der Lebensinteressen läge nicht in Österreich, der Antrag auf Familienbeihilfe für den Zeitraum ab Februar 2014 abgewiesen worden.
Durch Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wäre diese Entscheidung abgeändert worden.
Weiters wendete die Bf unter anderem ein:
"Im ebenfalls angefochtenen Bescheid vom wurde nicht mehr die Auffassung vertreten, der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin - deren Kind sich naturgemäß aufgrund des Alters ständig bei ihr befindet - liege nicht in Österreich, sondern wird allein die Begründung herangezogen, dass sich das Kind nur "vorübergehend" in Österreich aufhalte. Dieser Bescheid bezog sich auf die Tochter der Antragstellerin ***1a***, selbstredend liegt zum zwischenzeitig geboren Sohn, ***1b***, der gleiche Sachverhalt vor.

Obgleich sich an den tatsächlichen Verhältnissen seit dem Erkenntnis RV/7105212/2014 nicht die geringste Veränderung ergeben hat und diesem Erkenntnis die zutreffende Annahme zugrunde liegt, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen, nämlich sowohl die wesentlichen persönlichen, wie auch wirtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Österreich liegen, unterstellt der angefochtene Bescheid das Gegenteil nämlich den gewöhnlichen Aufenthalt und den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland.

Nach diesen Ausführungen ist zunächst festzustellen, dass nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen allein abzustellen ist. Es geht nach der Beschwerde vom (zum zunächst abgewiesenen Antrag für Familienbeihilfe ab Oktober 2014) das Finanzamt selbst davon aus, dass dieser Mittelpunkt der Lebensinteressen nach den erwiesenen Umständen in Österreich gelegen ist, doch komme es aber nach Auffassung des Finanzamtes im zunächst abweislichen Bescheid vom gar nicht entscheidend darauf an, vielmehr sei nach objektiven Kriterien die Entscheidung zu treffen, ob sich ein Kind "ständig im Ausland aufhält".

Ein Aufenthalt im angeführten Sinn verlangt grundsätzlich "körperliche Anwesenheit" ().
Dessen ungeachtet ist, um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrecht zu erhalten, eine ununterbrochene Anwesenheit nicht erforderlich.
Anwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher nicht den gewöhnlichen Aufenthalt.

Aus dem bisherigen Verfahren ist dem Finanzamt bekannt, dass die Beschwerdeführerin aus familiären Gründen den Kindesvater in Kenia geheiratet hat, ebenso aber steht fest, dass die Beschwerdeführerin keine Daueraufenthaltsgenehmigung in Kenia hat und der Kindesvater weder eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung in Österreich hat oder eine solche ohne Weiteres erwirkt werden könnte. Überdies ist er zufolge seiner Ausbildung nicht in der Lage, seinen Beruf als Tierarzt in Österreich auszuüben. Es liegen daher auch ausreichend berücksichtigungswürdige Gründe vor, die auch maßgeblich dafür sind, dass die Beschwerdeführerin immer wieder aus familiären Gründen nach Kenia reist.

Im Verfahren, das der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7105212/2014, zugrunde liegt, wurde des Weiteren aktenkundig, dass die Beschwerdeführerin das auf privater Basis initiierte Entwicklungshilfeprojekt der österreichischen Organisation ***2***, unterstützt, worin ein weiterer Grund gelegen ist, dass die Beschwerdeführerin regelmäßig nach Kenia reist, nicht zuletzt auch aus dem Grund, da sie als Organvertreterin der Entwicklungshilfeorganisation vor Behörden und Gerichte geladen wird.

Es ist daher schon nach dem bisher Gesagten davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des gegenständlichen Falles für den vom abweislichen Bescheid erfassten Zeitraum ab nicht von einem ständigen Auslandsaufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 auszugehen ist.

In seiner Entscheidung vom hat das Bundesfinanzgericht einerseits zutreffend darauf hingewiesen, dass lediglich absolvierte "Urlaubsaufenthalte" eher für einen ständigen Auslandsaufenthalt sprechen würden, insgesamt daher die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes kein Präjudiz für Folgezeiträume darstelle. Dass jemand, der den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich hat, dort alles unterhält, was zu einem Wohnsitz gehört, Immobilienbesitz besteht, Personenversicherungen aufrecht sind und vieles andere mehr, was einen "Wohnsitz" ausmacht, sich dorthin aber angeblich nur auf "Urlaub" begibt, ist keine lebensnahe Annahme, vielmehr ist lebensnah, dass sich dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet!

Nach wie vor befindet sich die Antragstellerin nachgewiesenermaßen im Rahmen der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern (Entwicklungshelfergesetz), BGBl. Nr. 574/1983 im Einsatz in Kenia. Im vergangenen Jahr hat sich die Antragstellerin mit ihren Kindern beispielsweise in den Monaten Juli / August und Dezember in Wien aufgehalten, sie ist nach wie vor in Wien an ihrem Wohnsitz polizeilich gemeldet und hat die engsten persönlichen Beziehungen zu ihrer Familie in Wien (Eltern, Schwester, Cousins und ihren Freundeskreis) und hat auch nichts von ihrem wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich aufgegeben.

Zum Beweis für sämtliche dargelegten Umstände wird auf die im bisherigen Verfahren bzw. im Verfahren RV/7105212/2015 des Bundesfinanzgerichtes schon vorgelegten Urkunden verwiesen."

Mit übermittelte die Bf eine ergänzende Stellungnahme (Äusserung) und legt unter anderem dar:
"Die im Vorlagebericht angeführten Umstände sprechen keinesfalls gegen den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland, sondern sind sie die logische und verantwortungsbewusste Folge der Berufsausübung als Entwicklungshelferin. Würde man den Überlegungen des Finanzamtes folgen, so würde niemals ein aus Österreich entsandter Entwicklungshelfer den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen weiterhin in Österreich haben können. Jene Umstände, die das Finanzamt gegen den Mittelpunkt der Lebensinteressen deutet, sind zwingend mit der Ausübung; der Tätigkeit als entsandter Entwicklungshelfer verbunden. Dies gilt auch dann, wenn eine Entwicklungshelferin minderjährige Kinder hat, die sie naturgemäß nicht in Österreich zurücklässt.
Es ist somit selbstverständlich, dass
. die Beschwerdeführerin sich während dieser Berufsausübung an ihrem Dienstort im Ausland befindet,
. die minderjährigen Kinder sich während dieser Zeit bei ihrer Mutter, der Beschwerdeführerin, befinden;
. sich die regelmäßigen Aufenthalte (jeweils bisher ausnahmslos zumindest in den Monaten Juli August jeden Jahres) der Beschwerdeführerin im lnland auf die Urlaubszeiten beschränken;
. die minderjährigen Kinder, die ebenfalls österreichische Staatsbürger sind, sich dann bei ihrer Mutter im Inland befinden.

Die Annahmen des Finanzamtes, die als Begründung gegen den Standpunkt der Beschwerdeführerin ausgelegt werden, sind sowohl wirklichkeitsfremd, wie auch diskriminierend, wenn es in der Stellungnahme im Vorlagebericht heißt, dass die Kinder im Ausland die Schule besuchen. Offenkundig leitet das Finanzamt die gegenteilige Auffassung aus dem Umstand ab, dass der Kindesvater Staatsbürger jenes Landes ist, in welchem die Beschwerdeführerin als Entwicklungshelferin tätig ist. Auch diese Auslegung ist ebenso unrichtig, wie diskriminierend.

Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin nun zum wiederholten Mal die Umstände darlegen muss, die den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Osterreich nachweisen, wie
. vollständig eingerichteten Wohnsitz in Wien;
. Immobilienbesitz in Österreich, den sie ständig benützt;
weiters Kontoverbindung, ununterbrochener Handyvertrag, durch Tickets nachgewiesene Aufenthalte zu Ferienzeiten in Osterreich in der Dauer von nicht unter 6 - 8 Wochen jährlich in Österreich (im Jahr 2019 sogar sowohl in den Sommermonaten Juli, August, wie auch Dezember 2019 / Jänner 2020).

II. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes, auf die dem Gericht vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde bzw. der Bf sowie auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführten Ermittlungen.

III. Rechtsausführungen

Gemäß § 2 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe, für minderjährige Kinder.

Im Sinne des § 2 Abs 2 FLAG 1967 hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs 8 FLAG 1967 haben Personen, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 5 Abs 3 FLAG 1967 besagt, dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder besteht, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Gemäß § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt nach dieser Bestimmung mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

IV. Erwägungen

Nach Etablierung des Entwicklungshilfeprojektes in Kenia (***3***) in den Jahren 2007 bis 2010 bestand zunächst die Absicht, das Projekt nach einer Phase der Begleitung in kenianische Hände zu legen.

Diese Absicht konnte nicht realisiert werden, sondern musste festgestellt werden, dass eine dauernde Leitung aus Europa erforderlich war, sodass die Antragstellerin als Entwicklungshelferin entsandt wurde. Laut der Vereinbarung (Dienstvertrag) vom betreut die Bf das Hilfsprojekt in allen administrativen Belangen, führt und überwacht insbesondere auch die finanzielle Gebarung.

In der Folge heiratete die Antragstellerin Dr. ***4***, einen kenianischen Staatsbürger und Tierarzt.

Ende 2013 wurde die gemeinsame Tochter ***1a*** geboren, Ende 2015 der gemeinsame Sohn ***1b***.

In den Sommermonaten Juli und August sowie im Dezember verbringt die Bf mit ihren Kindern Heimurlaube in Österreich.

Aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 13 Abs. 1 des Bundesgesetztes vom über den Personaleinsatz im Rahmen der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, idF BGBl. Nr. 574/1983, (Entwicklungshelfergesetz) wurden Fachkräfte, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, während der Dauer der Vorbereitung und des Einsatzes hinsichtlich des Anspruches auf Familienbeihilfe, Geburtenbeihilfe und den Abgeltungsbetrag gem. § 35 des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 440, in der jeweils geltenden Fassung so behandelt, als ob sie ausschließlich im Bundesgebiet ihren Wohnsitz hätten und sich im Einsatzland nicht ständig aufhielten. Das gleiche galt für deren Ehegatten, sofern die Eheleute in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben, und für die Kinder, die zu ihrem Haushalt gehören. § 13 Abs. 1 stellte lediglich die Fiktion auf, dass die Entwicklungshelfer während der Vorbereitungs- und Einsatzdauer im Entwicklungsland ausschließlich im Bundesgebiet ihren Wohnsitz hätten, und dass der Aufenthalt im Drittland, unbeschadet der tatsächlichen Dauer, bloß vorübergehend ist, wodurch erreicht werden sollte, dass ein im Inland bestehender Wohnsitz nicht als aufgegeben galt und der davor bestandene Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland auch während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes nicht verloren ging.

Diese gesetzliche Regelung des § 13 Abs 1 trat mit außer Kraft.

Dies hat zur Folge, dass ein Anspruch der Bf auf FB für ihre beiden Kinder nun nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen des FLAG zu ermitteln ist:

In diesem Zusammenhang darauf verwiesen werden, dass zur Entscheidungsfindung auch auf das Erkenntnis des zurückgegriffen wird, zumal die Bf dieses in der Beschwerde mehrfach zitiert.

Gemäß § 2 Abs 8 haben Personen, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert zu § 2 Abs 8 FLAG 1967, dass bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort bestehe, an dem sie mit ihrer Familie leben. Diese Annahme setze allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindung zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus (vgl. ; ; ). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes haben die der Lebensgestaltung dienenden wirtschaftlichen Beziehungen (vgl. etwa ) bei der Frage des Mittelpunkts der Lebensinteressen hinter die persönlichen Bindungen eindeutig zurückzutreten. Den wirtschaftlichen Beziehungen komme nämlich in der Regel eine geringere Bedeutung als den persönlichen Beziehungen zu.

Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens sind im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Daraus folgt, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten ‐ bei gemeinsamer Haushaltsführung ‐ regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird (). Bei Bestehen mehrerer Wohnsitze sind die auf diese entfallenden Aufenthaltszeiten ein bedeutsames quantitatives Kriterium ().

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gebe (vgl. , ).

Die Bf verweist in ihrer Beschwerde darauf, dass das BFG bereits in seinem Erkenntnis vom , RV/7105212/2014 den Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf in Österreich sah. An den tatsächlichen Verhältnissen hätten sich seit dem Erkenntnis nicht die geringsten Veränderungen ergeben.

Entgegen der Ansicht der Bf kommt das BFG nach eingehendem Aktenstudium und Durchsicht aller vorliegenden Unterlagen zu der Auffassung, dass sich die Verhältnisse im Gegensatz zu jenen, die im Jahr 2015 vorlagen, sehr wohl geändert haben.

Schon 2015 hat das BFG in seinem Erkenntnis vom festgehalten hatte, dass allein der Umstand, dass der Ehegatte der Bf in Kenia lebt und arbeitet und die Bf mit der gemeinsamen zweijährigen Tochter diesen von Österreich so oft wie möglich besucht, grundsätzlich eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Kenia sehr nahelegen würde:

"…Die Tatsache, dass der Ehegatte der Bf in Kenia lebt und arbeitet und die Bf diesen so oft wie möglich besucht, legt eine Verlagerung des Lebensmittelpunkt der Bf nach Kenia nahe…".

Dass das BFG den Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf damals dennoch in Österreich sah, war dem Umstand geschuldet, dass die Bf in Österreich erwerbstätig war, und die Bf - nach Ansicht des BFG - "nur" im Rahmen der Entwicklungshilfe und zu Besuchszwecken nach Kenia reiste:

"…Dass die Bf im Rahmen der Entwicklungshilfe und zwecks Besuches ihres Ehegatten und um ihrer Tochter einen regelmäßigen Kontakt zu ihrem Vater zu ermöglichen, häufig nach Kenia reist, führt in diesem Fall nicht zu einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts der Bf. …weiterhin die engeren persönlichen Beziehungen zu Österreich, und zu ihrer in Österreich ansässigen Familie, unterhält, wobei hinzukommt, dass die Bf auch ausschließlich in Österreich erwerbstätig ist bzw. war…".

Die der Entscheidung des zugrunde liegenden Verhältnisse liegen jedoch - nach den eigenen Ausführungen der Bf in ihrer Beschwerde bzw. im Ergänzungsschriftsatz - nicht mehr vor.

Aus den ursprünglichen mehrfachen Aufenthalten/Jahr der Bf in Kenia, die notwendig waren, das Hilfsprojekt vorzubereiten, aufzubauen, zu kontrollieren und zu beaufsichtigen bzw. die zu Besuchszwecken unternommen wurden (siehe dazu , S. 12), wurde ein Daueraufenthalt in Kenia, der nur durch zweimalige Heimurlaube im Heimatland Österreich unterbrochen wird.

Laut Dienstvertrag (20 Wochenstunden, Angestelltengesetz, Dienstort Kenia) über die weitere Entsendung vom , abgeschlossen zwischen der Entwicklungshilfeorganisation und der Bf wird das Beschäftigungsverhältnis und der Einsatz der Bf Vorort als "Entwicklungshelferin" in der Republik Kenia ab (wieder) verlängert. Das Dienstverhältnis verlangt naturgemäß eine ununterbrochene und dauernde Anwesenheit der Bf am Einsatzort.

Die beiden - in der Zwischenzeit schulpflichtigen - Kinder der Bf gehen in Kenia zur Schule. Der kenianische Ehemann der Bf und Kindesvater übt seinen Beruf des Tierarztes in Kenia aus und sieht - nach eigenen Angaben der Bf - keinen Grund, seine Existenz in Kenia aufzugeben (siehe dazu Ausführungen im Erkenntnis des , S. 11).

Bedingt durch ihre nunmehrige mehrjährige Erwerbstätigkeit der Bf in Kenia einerseits und durch die Schulpflicht der beiden Kinder andererseits beschränken sich die regelmäßigen jährlichen Aufenthalte der Bf bzw. ihrer Kinder in Österreich - so auch die eigenen Ausführungen der Bf in der Beschwerde bzw. in der Äußerung vom - damit auf die Urlaubszeiten Juli, August bzw. auf Dezember, so auch im Jahr 2019.

Damit sind aber die Lebensverhältnisse der Eltern und der antragsgegenständlichen Kinder dahin geordnet, dass der Lebensmittelpunkt der Bf und ihrer Familie in Kenia gelegen ist.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH unterbricht das Verbringen der Ferien und der Aufenthalt an einzelnen Wochenenden in Österreich den ständigen Aufenthalt im Ausland nicht ().

Dagegen sind die von der Bf im Streitzeitraum ins Treffen geführten persönlichen Beziehungen nach Österreich (Eltern, Schwester), eine Mietwohnung, eine in Österreich aufrechte Personenversicherung, ein Handyvertrag, Bausparervertag bzw. ein Anteil an einer Immobilie in diesem Zusammenhang vernachlässigbar.

Zusammenfassend vertritt das BFG die Auffassung, dass nach den Erfahrungen des täglichen Lebens im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort bestehen, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Daraus folgt, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf und ihrer Kinder ‐ bei gemeinsamer Haushaltsführung am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden ist (siehe dazu ).

Der Familienwohnsitz der Bf in dem Sinn, dass an diesem Ort die gesamte Familie dauerhaft zusammenlebt ist demnach in Kenia.

§ 2 Abs 8 FLAG 1967 steht im Beschwerdezeitraum der Gewährung von FB entgegen.

Ergänzend wird ausgeführt:
§ 5 Abs 3 FLAG 1967 besagt, dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder besteht, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. u.a. ; , 98/15/0016; , 2001/13/0160).

Auch österreichische Staatsbürger sind von der einschränkenden Bestimmung des § 5 Abs 3 FLAG 1967 erfasst.

Die Bestimmung ist verfassungskonform /vgl. , ).

Der VwGH hat eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland "gerade noch" als einen vorübergehenden Aufenthalt angesehen (), hingegen sei ein einjähriger Auslandsaufenthalt nur zum Zwecke eines einjährigen Schulbesuches im Ausland als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen ( unter Hinweis auf Kuprian, Kein Familienanspruch bei Ausbildung eines Kindes in einem Drittland in UFS Journal 2011/10, 371).

Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor.

Die beiden minderjährigen Kinder der Bf besuchen in Kenia seit Jänner 2016 den Kindergarten bzw. die Schule.

Dabei handelt es sich um einen Zeitraum, der nicht mehr bloß als vorübergehender Aufenthalt beurteilt werden kann. Wie oben bereits dargelegt, unterbricht das Verbringen der Ferien den ständigen Aufenthalt im Ausland nicht. Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , 2350/79, ausgesprochen, dass Personen, die sich während der Arbeitswoche ständig am Betriebsort aufhalten, nur dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies muss grundsätzlich auch für Schüler gelten, die sich während der Schulwoche ständig am Schulort aufhalten, sofern nicht im Einzelfall ein zeitliches Überwiegen der Aufenthalte in Österreich glaubhaft gemacht werden kann (vgl. ). Ein derartiges Überwiegen des Aufenthaltes in Österreich wurde aber von der Bf weder ins Treffen geführt noch glaubhaft gemacht.

Somit ist aber - wie oben aufgezeigt - von einem ständigen Aufenthalt der Kinder im Ausland auszugehen.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe lagen daher im Streitzeitraum nicht (mehr) vor.

V. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. für viele ; ; ; ; ). Eine einzelfallbezogene Beurteilung ist somit im Allgemeinen nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. oder ).

Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt (zu einer bestimmten Rechtsnorm) fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, soweit das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (vgl. oder ). Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO, etwa ; oder ).

Da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, die Entscheidung vielmehr den Leitlinien der dargestellten Rechtsprechung folgt, ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

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