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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.11.2021, RV/2100366/2021

Steuerpflicht einer slowenischen Sozialversicherungsrente

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im anhängigen Verfahren die steuerliche Behandlung von Pensionsbezügen aus Slowenien im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Bf für 2018.

Das Finanzamt X (FA), jetzt Dienststelle des Finanzamtes Österreich, geht davon aus, dass die (geringfügigen) slowenischen Pensionsbezüge des Beschwerdeführers (Bf) im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung (ANV) als nichtselbständige Einkünfte (ohne Lohnsteuerabzug) der Besteuerung in Österreich zu unterziehen sind.

Der Bf bestreitet eine Steuerpflicht dieser Einkünfte in Österreich.

Weitere Streitpunkte aus dem erstinstanzlichen Verfahren sind vor dem BFG nicht mehr strittig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die gegenständliche Entscheidung ergeht im fortgesetzten Verfahren nach Aufhebung des BFG-Erkenntnisses vom , RV/2100803/2019 durch den VwGH mit Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0034.

In diesem Erkenntnis stellte der VwGH fest, dass die verfahrensgegenständlichen slowenischen Pensionsbezüge des Bf - im Fall ihrer Veranlassung durch ein früheres Arbeitsverhältnis - gemäß Art 18 DBA Österreich Slowenien als ausländische Sozialversicherungspension der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat Österreich unterliegen.

Der für die gegenständliche Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus Punkt I. des BFG-Erkenntnisses vom , RV/2100803/2019 wie folgt:

"I. Der Bf, ein deutscher Staatsbürger, der aufgrund langjähriger Ansässigkeit in Österreich seit Jahren unbeschränkt steuerpflichtig ist, erzielte im Verfahrensjahr 2018 Einkünfte aus mehreren Ruhegenussbezügen (deutsche staatliche Altersrente, deutsche Betriebsrente, österreichische Sozialversicherungspension, slowenische staatliche Pension).

Die Besteuerung der österreichischen und deutschen Einkünfte erfolgte entsprechend der durch das BFG im Jahr 2016 für Vorjahre geklärten Rechtslage (Behandlung der österreichischen Sozialversicherungspension und der deutschen Betriebsrente als steuerpflichtige nichtselbständige Bezüge (Kz 245/359), Behandlung der deutschen staatlichen Altersrente als steuerfreie Auslandseinkünfte unter Progressionsvorbehalt (Kz 453/791).

Zu den Details dieser - nach Klärung im erstinstanzlichen Rechtmittelverfahren beim BFG nicht mehr strittigen - Besteuerung wird auf die BFG-Erkenntnisse vom 28.Sept.2016 RV/2100009/2016 bzw. RV/2101418/2016 verwiesen.

Erstmals in der Beschwerdevorentscheidung (BVE) zur ANV 2018 vom erfasste das FA unter den steuerpflichtigen Bezügen des Bf (Kz 359) auch eine - lt. BVE-Begründung - "slowenische Sozialversicherungspension" in Höhe von 175,75 €, die dem FA im Rahmen eines zwischenstaatlichen Informationsaustausches bekannt geworden war.

Da der Bf im Vorlageantrag in Bezug auf seine slowenischen Einkünfte selbst von einer staatlichen, gesetzlichen Altersrente ausgeht, deren Zufluss in der vom FA erfassten Höhe er nicht bestreitet, sieht auch das BFG keine Veranlassung an der rechtlichen Grundlage und Höhe der slowenischen Rentenbezüge des Bf zu zweifeln." (Zitatende ).

Ergänzend wird festgestellt:

Im gemäß dem VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2020/15/0034 ergänzten Ermittlungsverfahren erging zur strittigen Pension im Amtshilfeweg die Auskunft des slowenischen Finanzministeriums, dass der Bf eine "pension from compulsory pension and disability insurance" des "ZPIS - Pension and Disability Insurance Institue of Slovenia" erhält, die in Slowenien nicht besteuert wird, weil der Bf ab nicht als "Slovenian tax resident" eingestuft wird.

Das BFG geht davon aus, dass damit der Inhalt der im Rahmen des zwischenstaatlichen Informationsaustausches (AEOI) beim FA eingegangenen Mitteilung der Slowenischen Behörden vom bestätigt wird und eine "Sozialversicherungspension" vorliegt, welche zudem aufgrund fehlender Ansässigkeit des Bf in Slowenien nicht besteuert wird.

Auf Fragen nach den Einkünften, die diesen Pensionsbezügen zugrunde liegen, ging das slowenische Finanzministerium nicht ein.

Auch der Bf äußerte sich trotz Aufforderung zu den Einkünften bzw. sonstigen Umständen, die seinen slowenischen Pensionsbezügen zugrunde liegen, nicht und legte auch die angeforderten Beweismittel nicht vor.

II. Gemäß § 1 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen natürliche Personen, die im Inland über einen Wohnsitz verfügen, mit ihrem gesamten Welteinkommen der unbeschränkten Steuerpflicht ().

Soweit im Einkommen oder bei der Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, sind für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen des EStG maßgebend (vgl.§ 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988)

Nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 gehören Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Das Doppelbesteuerungsabkommen Österreich Slowenien, BGBl. III Nr. 4/1999 idF BGBl. III Nr. 93/2018 (DBA) ordnet das Besteuerungsrecht für Ruhegehälter aus ehemaligen Arbeitsverhältnissen dem Ansässigkeitsstaat zu. Ausnahmen bestehen bei Ruhegehältern für ehemalige Tätigkeiten im Öffentlichen Dienst (Art 18 u. Art 19 Abs. 2 DBA).

Ansässig ist nach den Bestimmungen dieses Abkommens eine Person in jenem Land, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet (Art 4 Abs.2 DBA).

Art. 18 DBA lautet: "Vorbehaltlich des Artikels 19 Absatz 2 dürfen Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden."

Art 19 Abs.2 DBA normiert:

"a) Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft geleisteten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.

b) Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist.

Für Ruhegehälter, die in keine dieser Kategorien fallen, gibt es keine expliziten DBA-Regelungen zwischen Österreich und Slowenien. Als Auffangbestimmung kommt für deren Besteuerung Art 22 DBA in Betracht:

"Andere Einkünfte

(1) Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person, die in den vorstehenden Artikeln nicht behandelt wurden, dürfen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft nur in diesem Staat besteuert werden.

(2) Absatz 1 ist auf andere Einkünfte als solche aus unbeweglichem Vermögen im Sinne des Artikels 6 Absatz 2 nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Empfänger im anderen Vertragsstaat eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte oder eine selbständige Arbeit durch eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt und die Rechte oder Vermögenswerte, für die die Einkünfte gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte oder festen Einrichtung gehören. In diesem Fall ist Artikel 7 beziehungsweise Artikel 14 anzuwenden."

Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die "Abgabenbehörden (…) die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt."

"Die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände sind vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muß vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen." (§ 119 Abs. 1 BAO)

§ 161 Abs. 1 BAO verpflichtet die "Abgabenbehörde (…) die Abgabenerklärungen zu prüfen (§ 115). Soweit nötig, hat sie, tunlichst durch schriftliche Aufforderung, zu veranlassen, daß die Abgabepflichtigen unvollständige Angaben ergänzen und Zweifel beseitigen (Ergänzungsauftrag)."

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO "hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht."

Die genannten Verfahrensbestimmungen gelten zufolge § 2a BAO auch für das BFG.

III. Auf Basis der Erkenntnisse aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren geht das BFG für die verfahrensgegenständlichen Pensionsbezüge des Bf von einer staatlichen slowenischen Sozialversicherungspension aus, die aufgrund fehlender Ansässigkeit des Bf in Slowenien im Verfahrenszeitraum nicht zu besteuern war und dort auch nicht besteuert wurde.

Wie festgestellt, wurden im fortgesetzten finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren sowohl von den slowenischen Behörden als auch vom Bf Auskünfte/Unterlagen über die Art der Tätigkeit oder Umstände, die den Pensionsbezügen zugrunde liegen, vergeblich angefordert.

Aufgrund des Auslandsbezuges und der Nähe zum Beweis oblag gemäß § 115 Abs.1 letzter Satz BAO die Aufklärung dieses Sachverhaltsaspektes primär dem Bf.

Wenn auch im Amtshilfeverfahren mit den slowenischen Behörden über die Tätigkeit des Bf bzw. die Umstände, die den angefragten Pensionsbezügen zugrunde liegen, nichts bekannt wurde, so kommt in der Auskunft des slowenischen Finanzministeriums doch zum Ausdruck, dass allein die Ansässigkeit des Bf in Österreich für die Nichtbesteuerung dieser Bezüge in Slowenien maßgeblich war.

Dies schließt neben einer Zuordnung zu Art 18 DBA auch die Möglichkeit einer Besteuerung nach Art 22 DBA ein. Ein Rentenbezug nach Art 19 Abs.2 DBA ist wegen der deutschen Staatbürgerschaft des Bf aus der Auskunft nicht abzuleiten.

Nach der VwGH-Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörde in dem Ausmaß zurück, in dem die zur Mitwirkung verpflichtete Partei nicht bereit ist, zur Aufklärung beizutragen. Die Verletzung der Mitwirkungspflichten befreit die Behörde davon, den Sachverhalt über das von ihr als erwiesen erachtete Maß hinaus in alle Richtungen zu prüfen. Dies gilt umso mehr bei Sachverhalten mit Wurzeln im Ausland, bei welchen die Abgabepflichtigen im Rahmen ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht auch eine Beweismittelbeschaffungs- und -vorsorgepflicht trifft (vgl. ; ; ; ; ; ).

Im anhängigen Verfahren muss eine weitergehende Klärung des Sachverhalts aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Bf (§ 115 Abs.1 iVm § 119 BAO) dahingestellt bleiben. Doch erachtet das BFG den Sachverhalt in Hinblick auf die im Amtshilfeverfahren erteilte Auskunft des slowenischen Finanzministeriums im Sinne einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit des österreichischen Besteuerungsrechts für die slowenischen Pensionsbezüge des Bf als hinreichend geklärt, zumal keine Umstände bekannt wurden, die für eine Besteuerung in Slowenien sprechen (vgl. Ritz BAO Kommentar6, § 167 Rz 8 mit einschlägigen Judikaturverweisen).

Auf Basis des finanzgerichtlichen Ermittlungsergebnisses erfolgte die Einbeziehung der verfahrensgegenständlichen slowenischen Pensionsbezüge in die Besteuerungsgrundlagen des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2018 somit zu Recht.

Da die weiteren Beschwerdepunkte im BFG-Verfahren nicht mehr strittig waren, wird mit der gegenständlichen Entscheidung die BVE vom bestätigt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung folgt dem Erkenntnis des und der angeführten weiteren VwGH-Judikatur.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 161 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 18 DBA SLO (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Slowenien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 4/1999
Art. 19 DBA SLO (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Slowenien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 4/1999
Art. 22 DBA SLO (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Slowenien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 4/1999
§ 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise



VwGH, Ra 2020/15/0034


ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100366.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at