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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.10.2021, RV/5100758/2020

Nachweise für den Besuch von Lehrveranstaltungen bis zur Abmeldung vom Studium

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu VNR ***1*** betreffend Rückforderung zu Unrecht für das Kind ***K*** (VNR ***2***) für den Zeitraum März 2019 bis Juni 2019 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 950,80 € zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Tochter der Beschwerdeführerin wurde am zum Bachelorstudium Biologie an der Universität ***3*** zugelassen.

Am teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit, dass ihre Tochter dieses Studium beendet habe und daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr bestehe.

Am erging eine entsprechende Mitteilung im Sinne des § 12 FLAG 1967 an die Beschwerdeführerin, in der eine Ende des Beihilfenbezuges mit Juni 2019 ausgewiesen wurde.

Im Zuge einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe gab die Beschwerdeführerin dem Finanzamt am bekannt, dass ihre Tochter vom bis einen Ferialjob bei einem näher bezeichneten Arbeitgeber leisten und dann ab für ein Jahr als Au-Pair in die USA gehen werde.

Zu der im Zuge dieser Überprüfung abverlangten "Abbruchsbestätigung der UNI v. ***K***, Studienerfolgsnachweis von ***K***" wurden am eine Abgangsbescheinigung der Universität ***3*** vom und eine Bestätigung des Studienerfolges vom selben Tag vorgelegt. In der erstgenannten Bescheinigung wird eine Abmeldung vom Studium mit bestätigt, in der zweitgenannten Bestätigung eine erfolgreiche Ablegung der Vorlesung Pflanzenbiologie (Lehrveranstaltung Nr. 630300, positiv beurteilt am ) und der Übung mit Vorlesung in Chemisches und physikalisches Rechnen für Biologie (Lehrveranstaltung Nr. 630212, positiv beurteilt am ) ausgewiesen.

Mit Vorhalt vom wurde von der Beschwerdeführerin ein "Studienerfolgsnachweis falls vorhanden, wenn nicht dann Mitschriften" abverlangt.

Die Beschwerdeführerin legte daraufhin am neuerlich die bereits vorgelegte Bestätigung des Studienerfolges vom vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin für ihre Tochter für den Zeitraum März 2019 bis Juni 2019 bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 950,80 € zurück. Begründet wurde dies wie folgt: "Da ihre Tochter ***K*** die letzte Prüfung am abgelegt wurde und keine Mitschriften vorgelegt wurden - ist die zuviel ausbezahlte Familienbeihilfe zurückzufordern."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Im Zuge eines Telefonates sei der Beschwerdeführerin nochmals mitgeteilt worden, dass die Mitschriften vom zweiten Semester fehlen würden. Diese würden der Beschwerde angeschlossen. Sie hoffe damit, die Beschwerde "abgeklärt" zu haben.

Der Beschwerde waren auf 150 Seiten in Kopie eine Fülle von (mit Computer erstellten) Vortragsunterlagen angeschlossen, auf denen sich vereinzelte handschriftliche Anmerkungen (offenkundig der Tochter der Beschwerdeführerin) finden. Erkennbar handelt es sich bei den Unterlagen unter anderem um Vorlesungsunterlagen zu den Vorlesungen Zellbiologie und Einführung in die Biochemie.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Lehrplan oder einer Studienordnung vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil des Studiums und damit der Berufsausbildung selbst. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden Einrichtung reicht für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hierzu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen zu manifestieren hat. Um das ernsthafte und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungserfolg nach außen in Erscheinung treten zu lassen und somit den Familienbeihilfenanspruch zu wahren, wären insbesondere dann, wenn in einem Semester keine Prüfungen oder Übungen absolviert worden sind, erkennbare Bemühungen des anspruchsvermittelnden Kindes im nächsten Semester notwendig. In Ihrem Fall wurden betreffend des strittigen Zeitraumes von März 2019 bis Juni 2019 keine ausreichenden Nachweise vorgelegt, dass Ihre Tochter in diesem Zeitraum Vorlesungen, Übungen oder Lehrveranstaltungen besucht bzw. Prüfungen abgelegt hat. Bei den von Ihnen vorgelegten Unterlagen handelt es sich ausschließlich um Computerausdrucke (also keine Mitschriften). Außerdem dürften die Unterlagen erst am (Datum scheint auf vielen Seiten auf) ausgedruckt worden sein."

Im Vorlageantrag vom wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihre Tochter die Kurse sehr wohl besucht habe. Es sei nirgends vorgeschrieben, ob sie die Mitschriften per Hand oder auf dem Computer führen müsse. Sie habe sich im Juni 2019 entschieden, als Au Pair nach Amerika zu gehen. Noch bevor die Prüfungstermine ausgegeben worden seien, habe sie sich vom Studium abgemeldet. Zeitgleich sei dem Finanzamt mitgeteilt worden, dass somit der Anspruch auf Familienbeihilfe wegfalle. Im Oktober habe sie dann das Schreiben bezüglich der Rückforderung erhalten. Da sich ihre Tochter seit in Amerika aufhalte, habe ihr diese ihre Mitschriften nur per Mail zukommen lassen können. Diese habe die Beschwerdeführerin wiederum am ausgedruckt und dem Finanzamt geschickt. Es sei ihr klar, dass ihre Tochter keine Prüfungen gemacht habe, um den Studienabschluss zu machen. Die Vorlesungen habe sie aber sehr wohl besucht.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

In Beantwortung eines Vorhaltes des Bundesfinanzgerichtes gab die Tochter der Beschwerdeführerin mit Stellungnahme vom , eingelangt beim Finanzzentrum Linz am , beim Bundesfinanzgericht erst am , ergänzend jene konkreten Lehrveranstaltungen bekannt, die sie im Sommersemester 2019 noch besucht hatte. Ferner wurde das Lehrveranstaltungszeugnis zum Fach Tierbiologie vorgelegt. Demnach ist die Tochter der Beschwerdeführerin am zur Prüfung in diesem Fach angetreten, hat die Prüfung aber (neuerlich) nicht bestanden. Diese negativ beurteilte Prüfung sei der Grund gewesen, weshalb sie sich am als ordentlicher Student von der Universität abgemeldet habe. Der Antritt zur Tierbiologieprüfung im Juni 2019 sei bereits ihr vierter und somit letzter möglicher Antritt für diese Pflichtvorlesung aus dem ersten Semester gewesen. Weiters wurde ein Nachrichtenverlauf mit einer ehemaligen Studienkollegin aus dem Jahr 2019 vorgelegt. Daraus sei ersichtlich, dass sie ihre Kollegin über den zur Prüfung kommenden Lernstoff aus der Vorlesung Anatomie und Diversität der Pflanzen informiert habe. Eine "prüfungsimmanente" Vorlesung zeichne sich durch eine Anwesenheitspflicht, welche in diesem Fall bei Beginn der Übung vom Vortragenden kontrolliert worden sei, und einer begrenzten Anzahl an verfügbaren Plätzen aus. Da ihre Studienzeit bereits zwei Jahre zurück liege, sei es schwierig weitere Beweise zu erbringen, um ihre Anwesenheit in anderen Vorlesungen zu glaubhaft zu machen. Ebenso sei es ihr ein Anliegen, nochmals zu erwähnen, dass ihr, als sie sich Ende Juni 2019 telefonisch beim Finanzamt gemeldet habe, um über ihre Exmatrikulation zu berichten, versichert worden sei, dass durch ihre Exmatrikulation keine Nachzahlung an das Finanzamt anfallen werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin wurde am zum Bachelorstudium Biologie an der Universität ***3*** zugelassen.

Im Wintersemester 2018/2019 wurden am und Prüfungen im Umfang von insgesamt 6 ECTS erfolgreich abgelegt. Im Sommersemester 2019 trat die Tochter der Beschwerdeführerin am (zum vierten Mal) zur Prüfung in Tierbiologie an, hat diese Prüfung aber nicht bestanden.

Daraufhin wurde das Studium am abgebrochen.

Beweiswürdigung

Strittig war im vorliegenden Fall die Frage, ob das Studium im Sommersemester 2019 noch betrieben wurde. Davon ist zum einen angesichts des Prüfungsantrittes am auszugehen. Zum anderen hat die Tochter der Beschwerdeführerin im Zuge des vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Vorhalteverfahrens ergänzend zu den bereits im Verwaltungsverfahren übermittelten Vorlesungsunterlagen jene konkreten Lehrveranstaltungen bekannt gegeben, die sie im Sommersemester 2019 noch besucht hatte. Schließlich wurde ein Nachrichtenverlauf mit einer ehemaligen Studienkollegin aus dem Jahr 2019 vorgelegt, aus dem ebenfalls erkennbar ist, dass die Tochter der Beschwerdeführerin im Sommersemester 2019 das Studium noch betrieben hat.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die näher bezeichnete Voraussetzungen erfüllen.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag näher angeführter Höhe monatlich zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG anzuwenden.

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG lautete in der Stammfassung BGBl. Nr. 376/1967:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, …

b) für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist, …"

Mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 604/1987 wurde § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dahingehend geändert, dass an Stelle des Ausdruckes "27. Lebensjahr" der Ausdruck "25. Lebensjahr" trat.

Zu dieser Rechtslage hielt der Verwaltungsgerichtshof (auch zu Universitätsstudien) in ständiger Rechtsprechung fest, Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG sei es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Zudem reiche der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung für sich allein noch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hinzu müsse vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen zu manifestieren habe. Zwar sei nicht der Prüfungserfolg ausschlaggebend. Das anspruchsvermittelnde Kind müsse aber durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 90/13/0241).

Mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 wurde § 2 Abs. 1 lit. b FLAG geändert und lautete sodann:

"b) für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betreiben. Das Studium wird ernsthaft und zielstrebig betrieben, wenn im ersten Studienabschnitt nach jedem Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- oder Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Die Erbringung des Studiennachweises ist Voraussetzung für den Anspruch ab dem zweiten und den folgenden Studienjahren des ersten Studienabschnittes. Der Nachweis ist erstmals zu Beginn des Studienjahres 1993/94 und unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Der Nachweiszeitraum wird durch eine vollständige Studienbehinderung infolge eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses (z.B. Krankheit) oder ein nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten bewirkt dabei eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes um ein Semester. Zeiten des Mutterschutzes sowie der Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf des Nachweiszeitraumes."

Die geänderte Bestimmung trat zufolge des § 50c Abs. 1 FLAG mit in Kraft.

Die Regierungsvorlage (465 BlgNR, 18. GP) dazu enthielt die Sätze "Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Die Erbringung des Studiennachweises ist Voraussetzung für den Anspruch ab dem zweiten und den folgenden Studienjahren des ersten Studienabschnittes" noch nicht. Diese wurden erst aufgrund eines Abänderungsantrages im Familienausschuss in den Text aufgenommen (vgl. AB 517 BlgNR, 18.GP).

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, wurde § 2 Abs. 1 lit. b FLAG neuerlich geändert und u.a. die Altersgrenze mit der Vollendung des 26. Lebensjahres des Kindes gezogen sowie Bestimmungen über die Studiendauer und einen Studienwechsel aufgenommen. Im geänderten Wortlaut findet sich statt der Wortfolge "[...] ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betreiben. Das Studium wird ernsthaft und zielstrebig betrieben, wenn [...]" die Wortfolge "[...] ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. [...]"

Nach weiteren Änderungen erhielt § 2 Abs. 1 lit. b FLAG folgende im Beschwerdefall anzuwendende Fassung nach der Änderung durch das BGBl I Nr. 24/2019:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, …

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß, …

Nach der Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 durch das Bundesgesetz BGBl Nr. 311/1992 hat der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung mit der Definition der Berufsausbildung nur mehr in den Fällen weiter angewendet, die außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Bereichs des Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes lagen.

Die in der Beschwerdevorentscheidung erwähnte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar.

Für das erste Studienjahr gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung. Das ändert aber nichts daran, dass das Studium tatsächlich betrieben werden muss, um von einer Berufsausbildung sprechen zu können. Die Familienbeihilfe wird zwar monatlich gewährt und die Anspruchsvoraussetzungen müssen zwar für jeden Kalendermonat vorliegen, doch ist es grundsätzlich im Hinblick auf die in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen, nicht erforderlich, über den pauschalierten Erfolgsnachweis hinaus, der eben im ersten Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann, detaillierte Nachweise zu erbringen, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird. Nur in bestimmten Fällen können solche Fragen ausschlaggebend sein. So ist es etwa im Falle eines Studienabbruchs durchaus möglich, dass dieser Studienabbruch nicht zum Ende eines Studienjahres oder eines Semesters erfolgt ( mit Hinweis auf ).

Im gegenständlichen Fall wurden ausreichend Nachweise dafür erbracht, dass das Studium auch im Sommersemester noch jedenfalls bis zum (Prüfungsantritt im Fach Tierbiologie) betrieben worden ist. Damit stand der Beschwerdeführerin für ihre Tochter Familienbeihilfe im Zeitraum März 2019 bis Juni 2019 zu, weshalb sich der Rückforderungsbescheid als rechtswidrig erweist und daher ersatzlos aufzuheben war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevanten Rechtsfragen sind bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () geklärt. Eine im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung wirft nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (z.B. mwN). Eine ordentliche Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Linz, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100758.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at