Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.11.2021, RV/7101495/2021

Arbeitnehmerveranlagung - Berufsgruppenpauschale für Vertreter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

D as Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde vom des Bf., Adresse gegen den Bescheid vom des Finanzamtes Österreich betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2020, zu Recht erkannt:

Der bekämpfte Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Spruchbestandteil.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung L1 beantragte er u.a. Werbungskosten für Arbeitsmittel, das Berufsgruppenpauschale für Vertreter, Sonderausgaben, Unterhaltsabsetzbeträge für seine Kinder A. und B. sowie jeweils den halben Familienbonus plus.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 vom wurden der Familienbonus plus und der Unterhaltsabsetzbetrag für die Tochter A. nicht anerkannt, weil für A. im Jahr 2020 kein Familienbeihilfenanspruch mehr bestand. Für den Sohn B. wurde der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonusplus nur für die Monate berücksichtigt, in denen der Unterhaltsverpflichtung zur Gänze nachgekommen wurde.

Das Berufsgruppenpauschale für Vertreter wurde nicht gewährt, da ein Berufsgruppenpauschale neben der Berücksichtigung tatsächlicher Werbungskosten nicht zustehe und außerdem für ein Vertreterpauschale nur reine Vertretertätigkeit ausgeübt werden dürfe.

Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, wurden in der beantragten Höhe von EUR 462,39 anerkannt.

Auf Grund der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte wurden lediglich 60 EUR an "Topf"-Sonderausgaben anerkannt.

In der Beschwerde vom brachte der Bf i.w. vor, der Familienbeihilfenanspruch für A. müsste nach seiner Ansicht gegeben sein, da sie im Juni 2020 vor Vollendung des 25. Lebensjahres ihr Masterstudium in Mindestzeit abgeschlossen habe.

Bezüglich Unterhaltsabsetzbetrag und Familienbonus sei der Bf 2020 sechs Monate in Kurzarbeit gewesen und hätte nur 80% des Nettobezugs gehabt. Er habe mit seinen Kindern vereinbart, die Unterhaltszahlungen dementsprechend zu kürzen.

Bezüglich Vertreterpauschale sei es, um überhaupt Vertretertätigkeiten bei der Fa. ABC AG ausführen zu dürfen, nötig und von der Firma gewünscht gewesen, die Gewerbeberechtigungsprüfung für die Arbeitskräfteüberlassung zu absolvieren. Daher sei der Bf offiziell gewerberechtlicher Geschäftsführer. Die Tätigkeit des Bf sei aber zu 100% Vertrieb. Alle Geschäftsführungstätigkeiten, Entscheidungen, Strategien und andere leitende Tätigkeiten würden ausschließlich durch die Geschäftsleitung, Hrn. XY, ausgeübt.

Das Vertriebsgebiet des Bf sei Wien, Niederösterreich und Burgenland; das Ausmaß des Außendienstes liege zwischen 60% und 80%.

Entsprechende Aufgaben hierzu seien in der beigelegten Arbeitsplatzbeschreibung zu finden.

Der Bf legte eine Arbeitgeberbestätigung vor. Demnach wurde bestätigt, dass der Bf im Jahr 2020 im Rahmen seines Dienstverhältnisses eine Vertretertätigkeit ausgeübt habe, bei der er mehr als zur Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit im Außendienst tätig gewesen sei. Hauptaufgabengebiet dieser Vertretertätigkeit sei es, zum Zwecke der Anbahnung von Geschäften sowie zur Kundenbetreuung im Außendienst tätig zu sein.

Der Bf legte auch eine Stellenbeschreibung betreffend seine Aufgaben als "Key Accounter Personalbereitstellung" vor. Demnach hatte er zu 60% - 80% Aufgaben im Außendienst und zu 20% - 40% Aufgaben im Innendienst.

In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde ein Guthaben iHv EUR 759,00 festgesetzt (im Erstbescheid wurde ein Guthaben von EUR 659,00 ermittelt).

In der Begründung wurde ausgeführt, der Unterhaltsabsetzbetrag für B. sei nun auf Grund der Angaben in der Beschwerde mit EUR 702,50 monatlich korrekt ermittelt worden.

Für A. sei 2020 keine Familienbeihilfe bezogen worden, sodass ein Unterhaltsabsetzbetrag sowie der Familienbonus plus nicht zustünden.

Der Bf übe keine (nahezu) ausschließliche Vertretertätigkeit aus. Das Berufsgruppenpauschale für Vertreter stehe daher nicht zu. Als (ehemaliger?) Geschäftsführer und Key Account Manager sei der Bf eindeutig auch in leitender Funktion von nicht untergeordnetem Ausmaß tätig (zB Aufbau und Leitung eines M mit mehreren Standorten, Aufbau und Pflege des Kundenstocks, Mitarbeiter- und Projektbetreuung, Auswahl der Mitarbeiter zur Umsetzung, Kalkulation, Begleitung zur Personalbereitstellung, laufende Betreuung der Personalbereitstellungen ... ).

Auf vergleichbare Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) werde verwiesen.

Die Berücksichtigung von tatsächlichen Aufwendungen und dazu ein Berufsgruppenpauschale sei im übrigen ausgeschlossen. Die beantragten Werbungskosten für Arbeitsmittel iHv EUR 462,39 wurden wiederum anerkannt.

Am beantragte der Bf, die Beschwerde dem BFG vorzulegen.

In der Begründung führte der Bf aus:

" ... Meine Tätigkeit ist zu 100% die eines Vertreters, was auch in einem Schriftstück meines Unternehmens, unterschrieben von der alleinigen Geschäftsleitung!, bestätigt wurde.

Die Bezeichnung "Key Accounter" ist bei uns Standard für jeden Vertreter, das wurde rein aus Marketinggründen so eingeführt um den Kunden aufzuwerten. Der Kunde fühlt sich aufgewertet, wenn er von einem Key Accounter betreut wird. Alle personellen, standortlichen und geschäftsbestimmenden Entscheidung, Aufbau von Büros oder Standorten wurde durch den Vorstand iniziiert, beschlossen und ausgeführt (Hr. CD, Hr. EF, Hr. GH) Nachdem vor einigen Jahren die IT - Geschäfte immer mehr wurden wurde mit 2015 zusätzlich Hr. XY mit der Geschäftsleitung betraut und führt diese seit damals alleinig durch!!! Siehe dazu auch beigelegten Screenshot der Homepage (www.ABC.at). Ebenso können Sie anhand der beigelegten Unterschriftenregelung im Unternehmen meinen genauen Kompetenzbereich prüfen, auch das kann Ihnen gerne die Geschäftsleitung auch nochmals bestätigen. Da ich aus der Vergangenheit weiß, dass die Dienstleistung Arbeitskräfteüberlassung oft falsch verstanden wird, möchte ich gerneergänzend zu meiner Stellenbeschreibung noch diese Dienstleistung ausführlicher erklären und den Tätigkeiten eines z.B. Versicherungsvertreters gegenüber stellen. Tätigkeitsvergleich Versicherungsvertreter zu Arbeitskräfteüberlasser:

Die Arbeitskräfteüberlassung versorgt Unternehmen bei Auftragsspitzen mit geeignetem Personal, wenn die eigenen Ressourcen nicht mehr ausreichen. Das heißt unsere Mitarbeiter arbeiten für einen bestimmten Zeitraum zu einem vereinbarten Stundensatz im Haus desKunden und im Team des Kunden um dessen Projekte umzusetzen. Die Personalverantwortung und Anweisungsbefugnis ist in dieser Zeit nur beim Kunden. Mein Unternehmen bekommt in dieser Zeit das Honorar für die geleisteten Stunden. So wie das Produkt des Versicherungsvertreters die Versicherung ist, ist meines somit, auch wenn es sich eigenartig anfühlt, der Mitarbeiter. Eine Versicherung muss gewisse Leistungen bringen, eine Aufgabe erfüllen und ist für einen bestimmten oder offenen Zeitraum definiert, z.B. eine Haushaltsversicherung oder Lebensversicherung Ebenso ist es beim Mitarbeiter. Er muss eine vom Kunden definierte Leistung erbringen, genauso wird der Zeitraum definiert, wann diese Leistung angefordert wird. Das erfolgt entweder auf Kundenanfrage, oder passiert wie auch bei einem Versicherungsvertreter, wenn er den Kunden vor Ort bei einem Besuch über die Leistungsmöglichkeiten informiert. Bei einem zweiten Besuch in Folge wird dann dem Kunden das Produkt vorgestellt. Beim Versicherungsvertreter die Polizze, bei derArbeitskräfteüberlassung der Mitarbeiter, um zu überprüfen, ob das präsentierte "Produkt" der Erwartungshaltung des Kunden entspricht. Sollte das so sein, kann es in beiden Fällen zum sofortigen Abschluss kommen, oder zu einer Angebotslegung, und in weiterer Folge zum Vertragsabschluss. Sämtliche Belange, die den Mitarbeiter betreffen wie Dienstvertrag, Gehalt, Einsatzbedingungen, und die Betreuung und Verwaltung obliegt alleinig der HR-Abteilung! (siehe auch Unterschriftenregelung). Ein weiterer Kontakt mit dem Mitarbeiter erfolgt nur durch die regelmäßigen Kundenbesuche, wo die Kundenzufriedenheit mit dem "Produkt" überprüft wird. Bei Ende des Vertrags mit dem Kunden wird der überlassene Mitarbeiter wieder der HR-Abteilung übergeben und alle Vertreter im Unternehmen haben den Auftrag dieses "Produkt" wieder zu verkaufen durch Ihre Akquisitionstätigkeit. Bitte verzeihen Sie mir die Formulierung einen Menschen als Produkt zu bezeichnen, dies dient lediglich um aufzuzeigen, dass es hier keinen Unterschied zur verglichenen Vertretertätigkeit bei Versicherungen gibt. Die Aufgaben sind identisch: Telefonakquisition, Kundenbesuche zur Produktvorstellung, Abschlussgespräche, Auftragsunterzeichnung und auch die Beendigung von Aufträgen. ..."

Beigelegt waren eine Unterschriftenregelung/Kompetenzregelung der ABC, ein Screen Shot des Teams der ABC und eine Stellenbeschreibung des Bf als "Key Accounter Personalbereitstellung."

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem BFG vor und führte i.w. aus, im Vorlageantrag sei nur mehr die Aberkennung des Vertreterpauschales strittig. Diesbezügliche Internetrecherchen hätten ergeben, dass der Bf von 2007 - 2020 gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen sei und erst seit 2021 die Funktion eines Key Account Managers ausübe. Der Bf sei mit einer Fülle von Tätigkeiten betraut gewesen, welche über die Agenden eines Vertreters hinausgingen und keinesfalls von untergeordnetem Ausmaß gewesen seien. Der Unterschriftenregelung/Kompetenzregelung sei nicht zu entnehmen, ob diese auch für den Zeitraum bis 2020 gültig sei, da der Bf erst seit 2021 als "Key Account Manager" tätig sei. Daher sei auch die Stellenbeschreibung für das Streitjahr nicht aussagekräftig. Nach außen hin sei der Bf sehr wohl als Geschäftsführer aufgetreten. Im Hinblick auf Lehre und Judikatur werde daher die Erledigung iSd BVE beantragt.

Für die Tochter A. sei 2020 keine Familienbeihilfe bezogen worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Sachverhalt

Der Bf ist bei der Fa. ABC GmbH nichtselbständig beschäftigt.

Die Firma wurde im Oktober 2007 als ABC M GmbH gegründet und 2009 in eine AG umgewandelt. Die Geschäftsfelder wurden sukzessive erweitert. Die 4 Geschäftsfelder - M, N, O und P - firmierten seit Jänner 2016 unter ABC AG. Im April 2021 erfolgte die Änderung der Rechtsform in die ABC GmbH.

Der Bf war von 2007 bis Dezember 2020, und somit auch im Streitjahr, in der Geschäftsleitung der ABC tätig. Er ist gewerberechtlicher (bis 2009 auch handelsrechtlicher) Geschäftsführer und war bis April 2021 Prokurist und Geschäftsleiter des M. Die leitende Funktion des Bf umfasste den Aufbau und die Leitung des M mit mehreren Standorten, was neben den allgemeinen Leitungsaufgaben wie der Vertretung nach außen auch den Aufbau und die Pflege des Kundenstocks,die Mitarbeiter- und Projektbetreuung, die Auswahl der Mitarbeiter zur Umsetzung, Kalkulation, Begleitung der Personalbereitstellung sowie laufende Betreuung der Personalbereitstellung beinhaltete.

2016 wurde neben dem Bf auch XY in die Geschäftsleitung der ABC AG berufen. Für die Geschäftsleitung des M war wie bis dahin der Bf verantwortlich.

Im Streitjahr übte der Bf keine (nahezu) ausschließliche Vertretertätigkeit aus.

Sollte der Bf ab 2021 nicht mehr in der Geschäftsleitung, sondern (möglicherweise ausschließlich) als Key Account Manager tätig sein (er ist aber nach wie vor gewerberechtlicher Geschäftsführer), so ist dies in vorliegender Entscheidung, welche ausschließlich das Streitjahr 2020 betrifft, nicht zu beurteilen und es kann dahingestellt bleiben, ob für nachfolgende Zeiträume eine andere steuerliche Beurteilung zu erfolgen hat. So wäre in diesem Verfahren die Frage zu lösen, ob es sich bei der Tätigkeit als Key Account Manager um eine nahezu ausschließliche Vertretertätigkeit handelt.

Die Werbungskosten, die vom Arbeitgeber nicht berücksichtigt wurden, betragen EUR 462,39.

Für die Tochter A. wurde im Streitjahr keine Familienbeihilfe bezogen.

Die Höhe des Unterhaltsabsetzbetrags und des Familenbonus plus für den Sohn B. sind der BVE zu entnehmen.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Bf beträgt EUR 71.118,84.

Beweiswürdigung

Die Ausführungen über die Fa ABC sind Internetrecherchen entnommen (vgl. homepage https://www.ABC.at).

Die leitende Funktion des Bf ist einerseits einem Auszug aus dem Firmenbuch und andererseits Internetrecherchen entnommen. Der Bf gibt selbst an, gewerberechtlicher Geschäftsführer zu sein. Dass er bis 2009 (Umwandlung in eine AG) handelsrechtlicher Geschäftsführer war, ist im Firmenbuch ausgewiesen. Dass er bis April 2021 Prokura hatte, ist ebenfalls dem Auszug aus dem Firmenbuch zu entnehmen.

Dass der Bf auch (noch) im Streitjahr in der Geschäftsleitung der ABC mit den beschriebenen Aufgaben tätig war, ist Internetrecherechen zu entnehmen und wurde bereits in der Begründung der BVE so dargestellt.

So ist in https://at.linkedin.com betreffend den Bf vermerkt: "Geschäftsleitung bei ABCM AG"

In einer Presseinformation vom (https://www.ABC.pdf) wird u.a. ausgeführt: "Was am Ende des Tages zählt, ist der Projekterfolg unserer Kunden", ergänzt Bf., Geschäftsleiter des M."

In https://www.xing.com/profile/Bf. ist vermerkt:

"Berufserfahrung von Bf.
Bis heute 11 Monate, seit Jan. 2021 Key Account Manager
ABC AG
14 Jahre, 2007 - Dez. 2020 Geschäftsleitung
ABCM AG
Aufbau und Leitung eines
M mit mehreren Standorten, Aufbau und Pflege des Kundenstocks, Mitarbeiter-, und Projektbetreuung"

In https://www.***2*** - P (Vermerk: © 2021 ABC AG) werden unter Geschäftsleitung der ABC AG XY und Bf. angeführt.

In https://***1***.at - Bericht vom wird unter "ABC: Bilanzergebnis und Neuorganisation" u.a. ausgeführt:

"Seit Jänner 2016 firmiert die ABCM AG unter ABC AG. Die vier Geschäftsfelder - M, N, O und P - sind seither unter dem Dach der ABC AG vereint. Mit der Bündelung der Kompetenzen will man die Weichen für weiteres Wachstum stellen. In die Geschäftsleitung der ABC AG wurde XY berufen. Für die Geschäftsleitung des M zeichnet wie bisher Bf. verantwortlich."

Die Richtigkeit des Firmenbuchs ist unbestritten.

Das BFG geht in freier Beweiswürdigung von der Richtigkeit der dargestellten und übereinstimmenden Internetquellen aus.

Dem Bf gelang es nicht, die Ausführungen in der BVE (... eindeutig auch in leitender Funktion von nicht untergeordnetem Ausmaß tätig zB. Aufbau und Leitung eines M mit mehreren Standorten, Aufbau und Pflege des Kundenstocks etc ...), welche Vorhaltscharakter haben, zu widerlegen.

Dass die übereinstimmenden Presseberichte und Internetportale den Bf unrichtigerweise als Mitglied der Geschäftsleitung qualifizieren würden, ist nicht nachvollziehbar. Dass der Bf (erst) seit 2021 ausschließlich als Key Account Manager tätig ist, wird ebenso glaubhaft dargestellt. Der belangten Behörde ist insofern Recht zu geben, wenn sie im Vorlagebericht ausführt:

"Der Unterschriftenregelung /Kompetenzregelung ist nicht zu entnehmen, ob diese auch für den Zeitraum bis 2020 gültig ist, da der Bf. erst seit 2021 als Key Account Manager tätig ist. Auch die Stellenbeschreibung "Key Account Manager" ist daher für das strittige Veranlagungsjahr nicht aussagekräftig."

Die vorgelegte Bestätigung des Arbeitgebers, wonach der Bf im Streitjahr (nur) eine Vertretertätigkeit ausgeübt habe, kann in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des BFG nicht zu Grunde gelegt werden, da sie im Widerspruch zu den oben erwähnten Quellen steht.

Der Umfang der leitenden Aufgaben des Bf ist ebenfalls den erwähnten Quellen entnommen. Dass eine Funktion in der Geschäftsleitung mit Prokura keine nahezu ausschließliche Vertretertätigkeit (Personen, die nahezu ausschließlich im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind) darstellt, ist evident. Dass derartige Aufgaben in einem Zeitrahmen erbracht werden, der das von der Judikatur geforderte Zeitausmaß für eine "völlig untergeordnete andere Tätigkeit" neben der Vertretertätigkeit des Bf erheblich überschreitet, ergibt sich schon aus Art und Umfang der leitenden Tätigkeiten.

Das Vorbringen des Bf im Vorlageantrag und die Beilagen (Unterschriftenregelung, Screen Shot Homepage und Tätigkeitsbeschreibung) sind möglicherweise für Jahre ab 2021 (auch auf der Homepage der ABC unter "Daten und Fakten" ist mit April 2021 eine Änderung der Rechtsform von einer AG in eine GmbH beschrieben; damit gehen möglicherweise Umstrukurierungen einher; laut Internetplattform XING ist der Bf seit Jänner 2021 Key Accout Manager und war vorher in der Geschäftsleitung tätig) relevant, betreffen aber nicht die Jahre bis inklusive 2020.

Die Ausführungen, wonach 2015 zusätzlich Hr. XY mit der Geschäftsleitung betraut wurde und diese seit damals alleinig durchführt, stehen im Widerspruch zu den angeführten Quellen.

Dass der Bf im Streitjahr (auch) als Key Account Manager (allenfalls mit einem einem Vertreter ähnlichen Tätigkeitsbereich), tätig war, ist denkbar, jedoch für die Einstufung einer nahezu ausschließlichen Vertretertätigkeit nicht ausreichend.

Dass man, um die Vertretertätigkeit ausüben zu dürfen, die Gewerbeberechtigungsprüfung absolvieren muss, ist nicht unmittelbar einsichtig.

Die übrigen Feststellungen sind unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Allgemeines:

Festgestellt wird, dass nur mehr das Vertreterpauschale strittig ist. Die in der Beschwerde dargelegten anderen Beschwerdepunkte (Unterhaltsabsetzbetrag, Familienbonus plus, Sonderausgaben) wurden mittels BVE erledigt und vom Bf nicht mehr bekämpft. Das BFG schließt sich den richtigen diesbezüglichen Ausführungen der Amtspartei an und legt diese seiner Entscheidung zu Grunde. Die Werbungskosten für Arbeitsmittel wurden von der Amtspartei in voller Höhe berücksichtigt und sieht das BFG keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Wie schon die Amtspartei zu Recht im übrigen anmerkte, ist die Berücksichtigung von tatsächlichen Aufwendungen und dazu ein Berufsgruppenpauschale gemäß § 5 der anzuwendenden Verordnung ausgeschlossen.

Berufsgruppenpauschale für Vertreter:

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Werbungskosten sind auch Arbeitsmittel (Z 7), Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen (Z 9), Aufwendungen für Aus- und Fortbildungen (Z 10).

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können vom Bundesminister für Finanzen zur Ermittlung von Werbungskosten Durchschnittsätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Steuerpflichtige nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

§ 1 der auf Grund des § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten lautet auszugsweise:

"Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

9. Vertreter

5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Vom Arbeitgeber steuerfrei ausbezahlte Kostenersätze (z.B. Tages- und Nächtigungsgelder, Kilometergelder bei Dienstreisen) kürzen den jeweiligen Pauschalbetrag. Zur Ermittlung der richtigen Bemessungsgrundlage wird der Lohnzettel des betreffenden Kalenderjahres herangezogen.

Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist (). Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Der Arbeitnehmer muss eine nehezu ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist (wie zum Beispiel Kontrolltätigkeit, beratende Tätigkeit etc.) ist keine Vertretertätigkeit ().

Es steht zwar die Ausübung einer völlig untergeordneten anderen Tätigkeit der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegen (), jedoch steht auf Grund der vom Bf verrichteten Leitungsaufgaben fest, dass andere Tätigkeiten als Anbahnung und Abschluss von Geschäften sowie Kundenbetreuung keinesfalls eine völlig untergeordnete Rolle spielten.

Auch wenn der Bf überwiegend im Außendienst gewesen sein mag, ändert sich an dieser Beurteilung nichts. Die in der Verordnung vorgesehene Einschränkung auf Personen, die überwiegend im Außendienst tätig sind, gilt nur dann, wenn die geforderte Voraussetzung einer nahezu ausschließlichen Vertretertätigkeit erfüllt ist.

Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit), zählt nicht als Vertretertätigkeit (Jakom/Lenneis, § 16 Rz 66, mit Verweis auf zu einem "EDV-Organisationsberater"; ; zu einem Key Account Manager. Bei der Fülle der von einer "Dealer Account Managerin" (Vertriebsleiterin) über die Anbahnung und den Abschluss von Verträgen und die Kundenbetreuung hinausgehenden Aufgaben kann von einer "völlig untergeordneten anderen Tätigkeit" (die der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales nicht entgegensteht) nicht mehr gesprochen werden (vgl. Jakom/Lenneis, § 16 Rz 66, mit Verweis auf )).

Da die beschriebenen Leitungsaufgaben des Bf über eine ausschließliche Vertretertätigkeit, welche ausschließlich die Anbahnung und den Abschluss von Geschäften sowie die Kundenbetreuung umfasst, sowohl von der Art als auch vom Zeitausmaß her weit hinausgehen, kann im Einklang mit Lehre und Judikatur das beantragte Vertreterpauschale nicht gewährt werden.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts¬hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ggstdl. Entscheidung folgt der zit. Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2020 wird abgeändert wie folgt:

Das Einkommen im Jahr 2020 beträgt: 71.058,84 €

Berechnung der Einkommensteuer:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

Übermittelte Lohnzettel laut Anhang

Bezugsauszahlende Stelle stpfl. Bezüge (245)

ABC AG 71.581,23 €

Werbungskosten, die der Arbeitgeber

nicht berücksichtigen konnte - 462,39 € 71.118,84 €

Gesamtbetrag der Einkünfte 71.118,84 €

Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):

Pauschbetrag für Sonderausgaben - 60,00 €

Einkommen 71.058,84 €

Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:

0 % für die ersten 11.000,00 0,00 €

20 % für die weiteren 7.000,00 1.400,00 €

35 % für die weiteren 13.000,00 4.550,00 €

42 % für die weiteren 29.000,00 12.180,00 €

48 % für die restlichen 11.058,84 5.308,24 €

Steuer vor Abzug der Absetzbeträge 23.438,24 €

Familienbonus Plus - 250,08 €

Unterhaltsabsetzbetrag - 350,40 €

Verkehrsabsetzbetrag - 400,00 €

Steuer nach Abzug der Absetzbeträge 22.437,76 €

Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:

0 % für die ersten 620,00 0,00 €

6 % für die restlichen 11.001,40 660,08 €

Einkommensteuer 23.097,84 €

Anrechenbare Lohnsteuer (260) - 23.856,91 €

Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 0,07 €

Festgesetzte Einkommensteuer - 759,00 €

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101495.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at