Haftung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 33, vom betreffend Haftung für Kommunalsteuer gemäß § 6a Abs. 1 Kommunalsteuergesetz 1993 und Dienstgeberabgabe gemäß § 6a Abs. 1 Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, jeweils samt Nebengebühren, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Haftungsinanspruchnahme auf folgende Abgabenschuldigkeiten im Gesamtbetrag von 7.247,95 Euro eingeschränkt:
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Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Datum erging ein Haftungsvorhalt ("Vorhalt zur Stellungnahme") an die Beschwerdeführerin:
[...]
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Rückstand | Zeitraum | Betrag in EUR | |
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung | 1-12/2017 | 5.702,25 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 112,7 | |
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung | 1-2/2018 | 2.460,89 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 49,21 | |
Dienstgeberabgabe | 1-12/2017 | 682 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 13,64 | |
Dienstgeberabgabe | 1-2/2018 | 326 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 6,52 | |
Summe | 9.353,21 |
[...]
Der Haftungsvorhalt wurde ausweislich des postalischen Rückscheins am von der Beschwerdeführerin übernommen.
Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin mit, sie habe als Geschäftsführerin der ***5***, FN ***1***, unverzüglich den Konkursantrag gestellt. Dieser wäre bereits am ***2*** beim Handelsgericht Wien eingebracht worden.
Da die laufenden Verbindlichkeiten der ***5*** nicht mehr hätten erfüllt werden können, hätte sie einen Anfechtungstatbestand gesetzt, wenn sie die zum damaligen Zeitpunkt offenen Forderungen (zum Teil) beglichen hätte.
Für die Kommunalsteuern für den Zeitraum ab Februar 2018 hafte sie nicht.
Sie sei vielmehr ihren gesetzlichen Verpflichtungen als Geschäftsführerin vorbildlich und pflichtbewusst nachgekommen und ersuche um Berichtigung der Abgabenvorschreibung.
Mit Schreiben vom wurde die Beschwerdeführerin seitens der belangten Behörde eingeladen, sich innerhalb eines Monats die Gläubigergleichbehandlung nachzuweisen.
Diese Ergänzung zum Haftungsvorhalt wurde ausweislich des postalischen Rückscheins am an die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt.
Mit Datum erließ die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin einen Haftungsbescheid:
[...]
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Rückstand | Zeitraum | Betrag in EUR | |
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung | 1-12/2017 | 5.702,25 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 112,7 | |
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung | 1-2/2018 | 2.460,89 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 49,21 | |
Dienstgeberabgabe | 1-12/2017 | 682 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 13,64 | |
Dienstgeberabgabe | 1-2/2018 | 326 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 6,52 | |
Summe | 9.353,21 |
Der Haftungsbescheid wurde ausweislich des postalischen Rückscheins am an die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt.
Mit Email vom bekämpfte die Beschwerdeführerin den Haftungsbescheid:
"… ich erhebe Beschwerde zu Punkt "Dazu wird folgendes festgestellt" auf der Seite 2 Ihres Haftungsbescheides vom "
Da es ihr aus finanziellen Gründen nicht machbar wäre, einen Steuerberater mit der geforderten Liquiditätsaufstellung zu beauftragen könne sie nur folgendes festhalten: die Löhne und Gehälter für Februar 2018 seien nur mehr zu einem geringen Teil von der Firma bezahlt worden. Die Hauptzahlung der ausstehenden Löhne und Gehälter Februar 2018 wären durch den Insolvenzausgleichsfonds bezahlt worden. Hierzu habe sie alle notwendigen Unterlagen (Stundenaufzeichnungen, Diätenaufzeichnungen, …) an die Arbeiterkammer Wien übermittelt.
Daher ersuche sie hiermit nochmals, die Abgabenvorschreibung zu berichtigen.
In der Folge nahm die belangte Behörde eine Überprüfung der tatsächlichen Auszahlung der Löhne und Gehälter der ***5*** im Jänner und Februar 2018 vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise statt und verminderte den Haftungsbetrag um 1.077,63 Euro auf einen Betrag von 8.275,58 Euro:
[...]
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Rückstand | Zeitraum | Betrag in EUR | |
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung | 1-12/2017 | 5.702,25 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 112,70 | |
Kommunalsteuer lt. GPLA Prüfung | 1-2/2018 | 1.404,39 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 28,08 | |
Dienstgeberabgabe | 1-12/2017 | 682,00 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 13,64 | |
Dienstgeberabgabe | 1-2/2018 | 326,00 | |
Säumniszuschlag | hiezu | 6,52 | |
Summe | 8.275,58 |
[...]
Der Haftungsvorhalt wurde ausweislich des postalischen Rückscheins am an die steuerliche Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt.
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Sie verweise darauf, dass sie keine Haftung für die Dienstgeberabgabe des Monats Februar 2018 treffe, weil die Konkurseröffnung am ***8*** erfolgt wäre.
Die Berufungsvorentscheidung sei daher mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.
Abschließend bringe sie vor, dass keine Gläubigerungleichbehandlung erfolgt wäre, wie sich aus dem Konkursakt eindeutig ergebe.
Beweis: beizuschaffender Akt ***7*** HG Wien
Sie stelle daher den Antrag, des Bundesfinanzgericht wolle der Beschwerde Folge geben und den Bescheid aufheben.
Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und nahm wie folgt Stellung:
"Aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde hinsichtlich nicht ausgezahlter Löhne und Gehälter für Februar 2018 erfolgte nach neuerlichen Erhebungen der Abgabenprüfgruppe in der Beschwerdevorentscheidung eine Spruchabänderung und Einschränkung des Haftungszeitraumes für Kommunalsteuer auf Jänner 2017 bis Jänner 2018 sowie eine Reduzierung des Haftungsbetrages auf Euro 8.275,58. Zur Frage der Fälligkeit der Dienstgeberabgabe für Februar 2018 wird auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung (Blatt 42) verwiesen."
Mit Email vom teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie auf eine monatliche Aufgliederung der Abgabenbeträge verzichte.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Über das Vermögen der Primärschuldnerin, der ***5***, FN ***6***, wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***8***, Aktenzahl ***7***, der Konkurs eröffnet. Die Bekanntmachung der Konkurseröffnung in der Ediktsdatei erfolgte am ***8***.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***9*** wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben.
Im Rahmen des Konkurses der Primärschuldnerin wurde eine Quote von 883,88 Euro entrichtet.
Mit Eintragung vom ***10*** wurde die Primärschuldnerin im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht. Die verbleibenden beschwerdegegenständlichen Abgabenschulden der Primärschuldnerin waren somit bei dieser selbst uneinbringlich.
Die Beschwerdeführerin war vom ***15*** bis zur Konkurseröffnung mit Beschluss vom ***8*** Geschäftsführerin der Primärschuldnerin.
Betreffend die Beschwerdeführerin wurde mit Wirkung vom ***11*** beim Bezirksgericht Schwechat zum Aktenzeichen ***12*** ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde am ein Zahlungsplan mit einer Quote von 8% zahlbar in Form einer Barquote bis angenommen. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Schwechat vom ***13*** (kundgemacht am ***14***) wurde das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben.
Im Schuldenregulierungsverfahren der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde eine Forderung in der Höhe von 7.391,70 Euro angemeldet. Dies entspricht dem in der Beschwerdevorentscheidung angeführten Haftungsbetrag von 8.275,58 Euro abzüglich der ausgezahlten Konkursquote von 883,88 Euro.
Die Beschwerdeführerin hat in Erfüllung des Zahlungsplans hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Abgabenschuldigkeiten eine Quote von 8%, das sind 591,34 Euro, entrichtet.
Die beschwerdegegenständlichen Säumniszuschläge in der Höhe von 143,75 Euro wurden seitens der belangten Behörde nicht bescheidmäßig vorgeschrieben.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von den Parteien vorgelegten Unterlagen und abgegebenen Stellungnahmen sowie aus der Einsichtnahme in das Firmenbuch.
Die Uneinbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgabenforderungen bei der Primärschuldnerin ergibt sich aus dem gerichtlich mit Schlussverteilung abgeschlossenen Konkursverfahren und der zeitnah vorgenommenen amtswegigen Löschung im Firmenbucht.
Nach der Lebenserfahrung kann unter solchen Umständen jedenfalls von einer endgültigen Uneinbringlichkeit ausgegangen werden.
Die Feststellungen zur unternehmensrechtlichen Geschäftsführerfunktion der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den Eintragungen im Firmenbuch.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Rechtsgrundlagen
Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG 1993, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs.2 BAO gilt sinngemäß.
Gemäß § 6a Abs. 1 Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. für Wien Nr. 17/1970 idgF, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechtewahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff. BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Tatbestand
Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach § 9 BAO und § 80 BAO ist eine Abgabenforderung, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ().
Die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen gegen die Primärschuldnerin bestehen und wurden von der Beschwerdeführerin - mit Ausnahme der Kommunalsteuer für Februar 2018 - auch nicht bestritten. Diesbezüglich wurde die Haftung seitens der belangten Behörde auch entsprechend eingeschränkt.
Die Zahlungstermine der beschwerdegegenständlichen Abgabenforderungen betreffend Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe gegen die Primärschuldnerin fallen in den Vertretungszeitraum der Beschwerdeführerin (***15*** bis ***8***), wobei die Haftung hinsichtlich der Kommunalsteuer für Februar 2018 - wegen Nichtauszahlung von Löhnen und Gehältern für diesen Zeitraum - aus dem Haftungsbetrag auszuscheiden war.
Hinsichtlich der in Haftung gezogenen Säumniszuschläge ist festzustellen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig.
Somit konnte - mangels bescheidmäßiger Festsetzung der Säumniszuschläge - auch keine Fälligkeit für diese Säumniszuschläge gegenüber der Primärschuldnerin eintreten. Mangels Fälligkeit der Abgabe konnte die Beschwerdeführerin auch keine Pflicht verletzt haben, die Abgabe (zeitgerecht) zu entrichten (zB ).
Die im Konkurs der Primärschuldnerin ausgeschüttete Quote war haftungsmindernd zu berücksichtigen. Die bezahlte Quote im Schuldenregulierungsverfahren der Beschwerdeführerin war dagegen nicht zu berücksichtigen, da diese zwar für die Entrichtung, nicht aber für die Festsetzung des Haftungsbetrages relevant ist.
Die Stellung der Beschwerdeführerin als Vertreterin ist jedenfalls gegeben, wie sich aus den vorliegenden Unterlagen klar ergibt.
Die Uneinbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Abgabenforderungen bei der Primärschuldnerin ist ebenfalls gegeben.
Vertretungszeitraum
Gemäß § 2 Abs 1 Insolvenzordnung (IO) treten die Rechtswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Insolvenzedikts folgt.
§ 2 Abs 2 Insolvenzordnung (IO) sieht diesbezüglich vor, dass durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen wird.
Somit war die Beschwerdeführerin am ***8*** noch in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Primärschuldnerin verfügungsberechtigt.
Schuldhafte Pflichtverletzung
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (zB ; , 2011/16/0184; , 2013/16/0166; , 2013/16/0208; , 2013/16/0016).
Die Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; ; ). Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit aus (zB ; ).
Der Beschwerdeführerin beruft sich im Wesentlichen darauf, dass sie unmittelbar den Konkursantrag gestellt hätte, die laufenden Verbindlichkeiten der Primärschuldnerin nicht mehr hätten erfüllt werden können, sie einen Anfechtungstatbestand gesetzt hätte, wenn sie die zum damaligen Zeitpunkt offenen Forderungen (zum Teil) beglichen hätte und ihren gesetzlichen Verpflichtungen als Geschäftsführerin vorbildlich und pflichtbewusst nachgekommen wäre.
Aus finanziellen Gründen sei es für sie nicht machbar, einen Steuerberater mit der geforderten Liquiditätsaufstellung zu beauftragen. Weiters verwies die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag darauf, dass sie keine Haftung für die Dienstgeberabgabe des Monats Februar 2018 treffe, weil die Konkurseröffnung am ***8*** erfolgt wäre.
Dazu ist seitens des Bundesfinanzgerichtes auszuführen, dass nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, daß diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze. In Bezug auf diese qualifizierte Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers ist durch , 91/13/0038, keine Änderung eingetreten ().
Auf dem Vertreter lastet die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().
Bei der Frage der Gleichbehandlung der Gläubiger kommt es darauf an, ob der Abgabengläubiger im Hinblick auf die vorhandenen liquiden Mittel des Abgabenschuldners dadurch benachteiligt wurde, dass die erfolgten Zahlungen an den Abgabengläubiger geringer ausgefallen sind, als sie bei Verwendung der liquiden Mittel und anteiliger Befriedigung des Abgabengläubigers ausgefallen wären ().
Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen ().
Die Beschränkung einer allfälligen Haftung des Vertreters auf die Höhe des Quotenschadens setzt den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre ().
Kommt der Geschäftsführer der Aufforderung zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens nicht nach und erbringt er nicht den ihm obliegenden Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, haftet er dann für die in Rede stehenden Abgabenschulden zur Gänze ().
Auf das Erfordernis zur Erbringung eines derartigen Nachweises, welcher sich auf die jeweiligen Fälligkeitstage der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten bezieht, ist die Beschwerdeführerin bereits im Vorhalt der Abgabenbehörde vom betreffend Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO hingewiesen worden.
Der Verweis auf die Erfüllung gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen und die rechtzeitige Stellung eines Konkursantrages ist im Übrigen jedenfalls nicht geeignet, eine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich der nicht (rechtzeitigen und vollständigen) Begleichung der Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin auszuschließen.
Ermessen
Die Haftungsinanspruchnahme liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, wobei dieses Ermessen auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung umfasst ().
Der Grad des Verschuldens des Vertreters ist eines der Kriterien, die bei Ausübung des Ermessens berücksichtigt werden können (vgl. ).
Die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ().
Ermessensentscheidungen haben sich innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht zuhalten und sind innerhalb dieser Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ist ().
Vermögenslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit des Haftenden stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, denn eine allfällige, derzeitige Uneinbringlichkeit schließt es nämlich nicht aus, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen und künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ( mHa zB , , und , und 2006/15/0089).
Soweit ein zur Haftung Herangezogener mit seinem Vorbringen eine persönliche Unbilligkeit in der Einhebung der Abgaben aufzeigen will, ist darauf zu verweisen, dass ein solcher Umstand im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht zu berücksichtigen ist ().
Der Umstand der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens über die Beschwerdeführerin war daher nicht haftungsmindernd zu berücksichtigen.
Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, wobei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles ein wesentliches Ermessenskriterium ist.
Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin steht im Beschwerdefall fest.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Ermessensübung ist die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers im Beschwerdefall daher zu Recht erfolgt, da keine Gründe angeführt wurden, aus welchen sich eine Unbilligkeit der Haftung ableiten ließe.
Die Geltendmachung der Haftung gegenüber der Beschwerdeführerin erfolgte überdies zeitnah zur Insolvenz der Primärschuldnerin sowie zum Entstehen der in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten.
Ergebnis
Im Ergebnis war der Beschwerde teilweise Folge zu geben und die Haftung im spruchgemäßen Ausmaß festzusetzen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall wurde die Entscheidung in Anwendung der zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes getroffen. Da somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag, war eine Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6a Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 6a Abs. 1 Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400066.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at