Maßnahmenbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2021, RM/7300008/2021

Hausdurchsuchung; Beschlagnahme des Laptops des Sohnes der Verdächtigten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***AA***, Frau ***BB*** und Herrn ***CC*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertreter***, gegen die Anordnung und Durchführung der Hausdurchsuchung gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG durch die Vorsitzende des Spruchsenates beim Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , SpV ***1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am erging durch die Vorsitzende Richterin des Spruchsenates (GZ.: SpV ***1***) an die Organe der Steuerfahndung Team Linz im Auftrag des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 als Finanzstrafbehörde gemäß § 93 Abs. 1, 2 und 3 FinStrG die Anordnung zur Durchsuchung von Herrn ***AA***, geb. ***01***, Frau ***BB***, geb. ***02***, und Herrn ***CC***, geb. ***03***, und folgender Orte oder Räumlichkeiten:

***Adr1***
(Hauptwohnsitz ***AA***, geb. ***01***)
(Hauptwohnsitz ***BB***, geb. ***02***)
***Adr2***
(Lageradresse der ***XY*** bzw. ***XZ***)

In dieser Anordnung der Haus- und Personendurchsuchung gemäß § 93 Abs. 1, 2 und 3 FinStrG wird wie folgt ausgeführt:

"Die Anordnung der Hausdurchsuchung erstreckt sich außerdem auf alle Kraftfahrzeuge, die im Verfügungsbereich von Herr ***AA***, geb. ***01***, ***BB*** (Ehepartner), geb. ***02*** und Herr ***CC*** geb. ***03***, sind.

Bei den gesuchten Unterlagen zumindest ab dem Jahr 2011 handelt es sich um sämtliche Geschäftsunterlagen, die über die tatsächlich erzielten Umsätze und Gewinne der Firmen ***XY***. bzw. ***XZ***. sowie der bereits im Firmenbuch gelöschten ***Y-GmbH*** geben (z.B. Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsunterlagen, Eingangs- und Ausgangsrechnungen, Losungsaufzeichnungen, Bestell- und Lieferscheine, Transportpapiere, Zollanmeldungen, Schriftverkehr, Terminkalender, Kontoauszüge, Sparbücher, EDV-Anlagen (Hard- und Software elektronischer Datenverarbeitungsanlagen und mobile Geräte wie Notebooks, Handys, Registrierkassen etc.) sowie um alle Unterlagen, welche Aufschluss über die Kosten der privaten Lebensführung von Herrn ***AA***, ***BB*** und ***CC*** geben können (z.B. Bankbelege, Sparbücher, Verträge, etc.).

Begründung:

***AA*** (vormals **), geb. ***01***, wohnhaft in ***Adr1***, war im Ermittlungszeitraum ab dem Jahr 2011 bis (Betriebseinstellung) Geschäftsführer der slowakischen Gesellschaft "***XY***." (Geschäftszweig Handel mit Waren aller Art). Ab ist ***AA*** als Gesellschafter und aktiv Handelnder im Zusammenspiel mit der Ehegattin ***BB***, geb. ***02*** für die Geschäfte der Nachfolgefirma "***XZ***" verantwortlich, die ebenfalls im Geschäftszweig Handel mit Waren aller Art tätig ist.

Es ist festzustellen, dass ***AA*** eingetragener Geschäftsführer der ***XY***. war und die faktische Geschäftsführung im Zusammenspiel mit seiner Ehegattin ***BB*** hinsichtlich der Fa. ***XZ***. inne hat.

***CC***, geb. ***03***, offiziell gemeldet an der slowakischen Adresse ***XZ-Adr*** war im Ermittlungszeitraum ab dem Jahr 2011 bis 2017 bei der slowakischen Gesellschaft "***XY***." als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Ab dem Jahr 2017 ist ***CC*** bei der Gesellschaft "***XZ***." als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.

Bei einer im Jahr 2019 routinemäßig durchgeführten finanzpolizeilichen Kontrolle eines Lieferfahrzeuges der slowakischen Gesellschaft "***XZ***" wurden auf der Lagerfläche des Fahrzeuges Warenkartons mit der Lieferanschrift "***XZ***, ***Adr2*** bei Wien, Österreich", vorgefunden. Der bei der Kontrolle anwesende Hr. ***CC*** (eingetragene Geschäftsführer der ***XZ***.) gab als Erreichbarkeitsnummer eine Mobiltelefonnummer der zum Kontrollzeitpunkt in Liquidation befindlichen ***Y-GmbH*** an.

Finanzbehördliche Erhebungen haben weiters ergeben, dass telefonische Warenbestellungen bei der Gesellschaft ***XZ***. über Mobiltelefonanschlüsse des mittlerweile liquidierten Österreichischen Chinarestaurants, der "***Y-GmbH***", abgewickelt wurden.

Die ***Y-GmbH*** stand im wesentlichen Einflussbereich von Frau ***BB***, welche als Gesellschafterin 75 % der Anteile gehalten sowie auch operativ bzw. aktiv tätig war. Als 25 %iger Gesellschafter und Geschäftsführer bei dieser Gesellschaft fungierte der Ehepartner Hr. ***AA***.

Im Jahr 2020 wurde ein Augenschein an der für Warenlieferung an die Gesellschaft ***XZ***. verwendeten Adresse "***Adr2***", durchgeführt.

Im Zuge dieser Amtshandlung konnten Ladevorgänge von zwei weiteren Lieferfahrzeugen der Gesellschaft ***XZ***. aus einem dort befindlichen Lagergebäude beobachtet werden.

Bei einem weiteren Augenschein an der Wohnadresse von ***AA*** und ***BB*** (***Bf1-Adr***) wurden drei Lieferfahrzeuge der ***XZ***. parkend vorgefunden.

Weitere Ermittlungen ergaben, dass die Spedition ***04*** GmbH im Ermittlungszeitraum Dienstleistungen für die ***XZ***. bzw. deren Vorgängerfirma ***XY***. durchgeführt hat. Bei den durchgeführten Dienstleistungen handelte es sich um die Abwicklung von Warentransporten von China via Hamburg nach Österreich, zum Lager an der Adresse ***Adr2***. Die Verzollung der Lieferungen (Haushaltswaren/Lebensmittel) erfolgte in Hamburg mit dem "Zollverfahren 4200". Bei diesem Zollverfahren entfällt die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer in Deutschland, da eine unmittelbare Innergemeinschaftliche Lieferung der Waren in die Slowakei deklariert wurde.

Anhand der Transportpapiere erfolgte die Warenbewegung jedoch nicht in die Slowakische Republik, sondern nach Österreich, in das Lager an der Adresse ***Adr2***.

Als Ansprechperson für die Speditionsleistungen auf Seiten der beiden slowakischen Gesellschaften ***XY***. und ***XZ***. fungierte jeweils Hr. ***AA***.

Die Fa. ***XZ***. hat in der Slowakei an der Adresse ***XZ-Adr*** den offiziellen Firmensitz neben weiteren 266 Unternehmen.
Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen konnte am Geschäftssitz in der Slowakei keine Geschäftstätigkeit der angeführten Kapitalgesellschaft festgestellt werden.
Es muss davon ausgegangen werden, dass es sich lediglich um ein in der Slowakei domiziliertes Unternehmen handelt (Domizilgesellschaft).

Eine Überprüfung der ***XZ***. ergab, dass diese in Österreich steuerlich nicht erfasst ist.

Die Fa. ***XY***. hatte den gleichen Firmensitz wie de ***XZ***. und ist als "Vorgänger Gesellschaft" dieser zu qualifizieren. Die Geschäftstätigkeit sowie die handelnden Personen korrespondiert mit der ***XZ***.

Die Gesellschaft ***XY***. war in Österreich ebenfalls steuerlich nicht erfasst.

Festgestellt wurde, dass diese beiden Unternehmen Waren nach Österreich geliefert bekommen haben um diese den österreichischen Markt zuzuführen. Diese für den slowakischen Markt bestimmten Handelswaren wurden somit in Österreich ohne Zugrundelegung einer Besteuerung veräußert. Da diese Waren von dem inländischen Warenlager ausgeliefert wurden, ist von einer Umsatzsteuerplicht und einer zumindest beschränkten Körperschaftssteuerpflicht der ***XY***. und der ***XZ*** in Österreich auszugehen.

Es besteht daher der begründete Verdacht, dass Hr. ***AA*** als eingetragener Geschäftsführer somit als für die abgabenrechtlichen Belange Verantwortlicher der Gesellschaft "***XY***." und als Gesellschafter und aktiv Handelnder der "***XZ***." im Zusammenspiel mit der Ehegattin ***BB*** und Hrn. ***CC*** als eingetragener Geschäftsführer der beiden Gesellschaften ***XY***. und ***XZ***. zumindest ab dem Jahr 2011 bis dato Umsatz- und Gewinnverkürzungen getätigt und somit vorsätzlich unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Verkürzungen an Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer und Kapitalertragsteuer in noch zu bestimmender Höhe bewirkt und damit die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 1, Abs. 2 lit. a FinStrG begangen haben.

Die Durchführung einer Hausdurchsuchung in den oben bezeichneten Betriebs- und Geschäftsräumlichkeiten, sowie Wohnräumlichkeiten der Beschuldigten ist erforderlich, weil der begründete Verdacht besteht, dass sich darin Unterlagen, wie bereits oben angeführt, befinden, die im Finanzstrafverfahren gegen ***AA*** und ***CC*** als Beweismittel in Betracht kommen. Der Erhalt dieser Beweismittel ist durch gelindere Mittel nicht erfolgversprechend bzw. möglich.

Die Durchführung der Personendurchsuchungen ist geboten, da ***AA*** und ***BB*** sowie ***CC*** eines Finanzvergehens verdächtig sind.

Die Zuständigkeit des Vorsitzenden des Spruchsenates zur Ausstellung dieses Haus- und Personendurchsuchungsbefehles ergibt sich nach § 93 Abs. 1 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 FinStrG, zumal auf Grund des derzeitigen Verfahrensstandes von einer gerichtlichen Zuständigkeit nicht ausgegangen werden kann."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde des Beschwerdeführers (Bf.) ***Bf1***, (Sohn von ***AA*** und ***BB***) wird wie folgt ausgeführt:

"Durch meinen ausgewiesenen Vertreter erhebe ich gegen die am auch in meinen Wohnräumlichkeiten durchgeführte Haus- und Personsdurchsuchung an meiner Wohnadresse ***Adr1***, sowie gegen die Sicherstellung meines Laptops (MacBook Air, Seriennummer ***Fxxx***), das Rechtsmittel der
BESCHWERDE
an das Bundesfinanzgericht. Die ergriffenen Zwangsmaßnahmen werden in ihrem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts angefochten. Begehrt wird die Feststellung der Verletzung meines Hausrechts und der Ausspruch, dass die Finanzstrafbehörde meinen Laptop umgehend zurückstellen muss und für den Fall, dass sie ihn bereits gespiegelt hat, die Vernichtung der gespiegelten Daten. Die bekämpften Maßnahmen wurden am gesetzt, sodass die Beschwerde rechtzeitig ist.

Die anlässlich der Hausdurchsuchung am einschreitenden Beamten der Finanzstrafbehörde haben die an sie gerichtete Anordnung insofern überschritten, als dass sie, ohne Nachfragen und ohne zu überprüfen, ob eine Sicherstellung von der Anordnung gedeckt ist, meinen Laptop an sich nahmen. Mein Laptop wurde mitgenommen, ich habe ihn bis heute nicht zurückbekommen.

Für die Sicherstellung meines privaten Laptops fehlte es den Beamten an einer Rechtsgrundlage. Der bioße Umstand, dass ich mit meinen Eltern im gemeinsamen Haushalt wohne und dass eine Durchsuchungsanordnung gegen die beiden erlassen wurde, rechtfertigt nicht den Eingriff in meine Privatsphäre, insbesondere nicht den Eingriff in meine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Schutz des Eigentums und Datenschutz. Das Vorgehen der Beamten war somit rechtswidrig, weil sie das Verhältnismäßigkeitsgebot des § 57 Abs 5 FinStrG missachteten.

III. Beschwerdeanträge
Der Beschwerdeführer stellt aus den oben angeführten Gründen den
Antrag,
das Bundesfinanzgericht wolle der Beschwerde Folge geben und die Verletzung von meinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Schutz des Eigentums und Datenschutz feststellen und für den Fall, dass die Finanzstrafbehörde den Laptop bereits gespiegelt hat, dieser auftragen, die Vernichtung der gespiegelten Daten nachweislich vorzunehmen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG bedarf die Durchführung einer Hausdurchsuchung (Abs. 2) oder einer Personendurchsuchung (Abs. 3) einer mit Gründen versehenen schriftlichen Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Die Anordnung richtet sich an die mit der Durchführung betraute Finanzstrafbehörde. Eine Kopie dieser Anordnung ist einem anwesenden Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung auszuhändigen. Ist kein Betroffener anwesend, so ist die Kopie nach § 23 des Zustellgesetzes zu hinterlegen. Wurde jedoch die Anordnung vorerst mündlich erteilt, weil die Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung an die mit der Durchsuchung beauftragten Organe wegen Gefahr im Verzug nicht abgewartet werden konnte, so ist die Kopie innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.

§ 93 Abs. 2 FinStrG:

Hausdurchsuchungen, das sind Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen, dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich darin eine eines Finanzvergehens, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, verdächtige Person aufhält oder dass sich daselbst Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

§ 93 Abs. 7 FinStrG:

Jeder, der durch die Durchsuchung in seinem Hausrecht betroffen ist, ist berechtigt, sowohl gegen die Anordnung als auch gegen die Durchführung der Durchsuchung Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zu erheben.

Die vom Spruchsenatsvorsitzenden angeordneten Durchsuchungen müssen auch verhältnismäßig sein. Zur dieser Verhältnismäßigkeit von Hausdurchsuchungen formuliert das FinStrG generell:

"§ 57. [FinStrG] [...] (5) Die Finanzstrafbehörde darf bei der Ausübung von Befugnissen und bei der Aufnahme von Beweisen nur soweit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Jede dadurch bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Finanzvergehens, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen. Unter mehreren zielführenden Ermittlungshandlungen und Zwangsmaßnahmen hat die Finanzstrafbehörde jene zu ergreifen, welche die Rechte der Betroffenen am Geringsten beeinträchtigen. Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Personen achtet und deren Rechte und schutzwürdigen Interessen wahrt."

Sachverhalt und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 93 Abs. 1 FinStrG in der Fassung des (idFd) BGBI I 2010/104, mit Wirkung ab dem , bedarf die Durchführung einer Hausdurchsuchung (Abs. 2) oder einer Personendurchsuchung (Abs. 3) einer mit Gründen versehenen schriftlichen Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Die Anordnung richtet sich an die mit der Durchführung betraute Finanzstrafbehörde. Eine Kopie dieser Anordnung ist einem anwesenden Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung auszuhändigen. Ist kein Betroffener anwesend, so ist die Kopie nach § 23 des Zustellgesetzes zu hinterlegen. Wurde jedoch die Anordnung vorerst mündlich erteilt, weil die Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung an die mit der Durchsuchung beauftragten Organe wegen Gefahr im Verzug nicht abgewartet werden konnte, so ist die Kopie innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.

Hausdurchsuchungen sind - so die Definition des § 93 Abs. 2 FinStrG - Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen. Sie dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich darin eine eines Finanzvergehens, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, verdächtige Person aufhält (hier nicht relevant) oder dass sich daselbst Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder - hier von Bedeutung - die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Gemäß § 94 Abs. 1 FinStrG sind Hausdurchsuchungen mit möglichster Schonung unter Vermeidung unnötigen Aufsehens und jeder nicht unumgänglichen Belästigung oder Störung der Betroffenen vorzunehmen. Auch ist gemäß § 94 Abs. 2 FinStrG dem Betroffenen vor Beginn der Durchsuchung Gelegenheit zu geben, das Gesuchte herauszugeben oder sonst die Gründe für die Durchsuchung zu beseitigen. Hievon kann abgesehen werden, wenn Gefahr im Verzug ist.

Gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG idFd BGBI I 2013/14, mit Wirkung ab dem , ist jeder, der durch die Durchsuchung in seinem Haus recht betroffen ist, berechtigt, sowohl gegen die Anordnung als auch gegen die Durchführung einer Hausdurchsuchung Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zu erheben. Dabei kommt ein Begehren auf rückwirkende Aufhebung der Anordnung nach bereits erfolgter Durchführung derselben (hier am ) nicht mehr in Betracht, wohl aber kann gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit dieser Anordnung festgestellt werden (siehe , , RV/5300009/2020, u.a.).

Für die Rechtsmäßigkeit der Anordnung einer Hausdurchsuchung bedarf es als Voraussetzung u.a. eines begründeten Verdachtes in Bezug auf das Vorliegen von Finanzvergehen, welche durch die gesuchten Beweismittel aufgeklärt werden sollen.

Ein Verdacht als Voraussetzung für eine Hausdurchsuchung, wonach ein Finanzvergehen vorliege und an einem bestimmten Ort, der durchsucht werden soll, sich entsprechende Beweismittel befinden, muss also "begründet" sein, soll heißen, er muss objektivierbar sein, die bloß subjektive Überzeugung von Organwaltern der Finanzstrafbehörde alleine reichte nicht aus.

Ein solcher Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung; er hat auch die subjektive Tatseite zu umfassen. Es müssen genügende Gründe vorliegen, die die Annahme der in Frage stehenden These rechtfertigen, beispielsweise, dass der laut Akteniage Beschuldigte als Täter der vorgeworfenen Finanzvergehen in Betracht kommt. Ein derartiger Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen (z.B. für viele: ; , 0131, 0132; ; ; ). Er bedingt sohin die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf die vom Verdacht umschlossene Annahme, dass Finanzvergehen begangen wurden, geschlossen werden kann (z.B. für viele: ; ; ; ; ; , etc.).

Zum Beschwerdevorbringen des Bf. ist auszuführen, dass Hausdurchsuchungen nach § 93 Abs. 2 FinStrG u.a. dann angeordnet werden, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass sich in der zu durchsuchenden Räumlichkeit Gegenstände befinden, die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde nicht bestritten und dies ergibt sich aus der zugrundeliegenden Hausdurchsuchungsanordnung, dass jedenfalls die im selben Haushalt lebenden Eltern des Bf. und ***CC*** einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 2 lit. a Finanzstrafgesetz verdächtig sind.

Auch wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt, dass sich in den Räumlichkeiten ***Adr1***, Gegenstände befinden, die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Die Vorsitzende des Spruchsenates II beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg ordnete am gemäß § 93 Abs. 1, 2 und 3 FinstrG u.a. die (hier relevante) Durchsuchung der Räumlichkeiten in ***Adr1*** (Hauptwohnsitz ***AA***, geb. ***01*** und ***BB***, geb. ***02***) an. Diese Anordnung richtete sich an die Organe der Steuerfahndung Linz im Auftrag der Finanzstrafbehörde.

Am wurden diese Anordnungen vollzogen. Die Anordnung erlaubte somit das Betreten und Durchsuchen der hier in Rede stehenden Räumlichkeiten in ***Adr1***, somit auch des Zimmers des Bf., sowie die Beschlagnahme der dort gefundenen Gegenstände, die für das betreffende Strafverfahren "als Beweis dienlich sein könnten".

In der zugrundeliegenden Anordnung über die Haus- und Personendurchsuchung vom betreffend den Ort/die Räumlichkeiten ***Adr1*** sind die Gründe bzw. die gesuchten Unterlagen angeführt und entsprechend qualifiziert. Somit ist auch das in diesem Haus befindliche Zimmer des Bf. von der Durchsuchungsanordnung umfasst.

Die vorgefundene IT-Infrastruktur wurde auch im Protokoll der IT-Fahndung entsprechend dokumentiert.

In der am aufgenommenen Niederschrift mit Frau ***BB***, wurde, was Speichermedien betrifft, von ihr bekanntgegeben, dass es nur einen Laptop, welcher im Eigentum des Bf. stehe, gäbe. Dieses Gerät wurde jedoch im Rahmen einer freiwilligen Nachschau den ermittelnden Beamten zur Verfügung gestellt.

Angemerkt wird, dass eine Erstsichtung nach der Hausdurchsuchung ergeben hat, dass das (vorgebliche) Notebook des Bf. jedenfalls für geschäftliche Zwecke der "***XZ***" Verwendung gefunden hat.

In dem vom Bf. bekämpften Hausdurchsuchungsbefehl werden "EDV-Anlagen (Hard- und Software elektronischer Datenverarbeitungsanlagen und mobile Geräte wie Notebooks, Handys, Registrierkassen etc.)" dezidiert als im Betracht kommende Beweismittel und somit als Gegenstände, nach denen gesucht wird, bezeichnet.

Somit erweist sich bei dringendem Verdacht von Abgabenhinterziehungen, begangen durch Mitbewohner des Bf., die Anordnung und Durchführung der Hausdurchsuchung sowie auch die Beschlagnahme des behaupteter Weise im Eigentum des Bf. befindlichen Laptops als rechtmäßig. In der mit der Mutter des Bf., ***BB***, aufgenommenen Niederschrift, gab diese zu Protokoll, dass es nur einen Laptop, welcher im Eigentum des Bf. stehe und es wurde dieser im Rahmen einer freiwilligen Nachschau den ermittelnden Beamten zur Verfügung gestellt. Eine Erstsichtung der darauf gespeicherten Daten durch die Finanzstrafbehörde ergab, - wie bereits ausgeführt - dass dieser Laptop für geschäftliche Zwecke der "***XZ***" Verwendung gefunden hat und sich die im Rahmen der Hausdurchsuchung aufgetretene dringende Verdachtslage, dass auf dem einzig vorhandenen Laptop Daten gespeichert sind, die als Beweismittel Betracht kommen, bestätigt hat. Zwischenzeitig wurde dieser Laptop, nach Auswertung und Sichtung der darauf gespeicherten für das gegenständlichen Finanzstrafverfahren in Frage kommenden Daten, dem Bf. ausgehändigt. Ein unangemessener Eingriff in das vom Bf. behauptete Eigentumsrecht an diesem Laptop kann daher seitens des Bundesfinanzgerichtes nicht gesehen werden.

Auch kann das Recht des Bf. auf Schutz seiner persönlichen Daten nicht verletzt sein, weil sich die Auswertung der auf dem Laptop gespeicherten Daten lediglich auf abgaben- und finanzstrafrechtliche Ermittlungszwecke bezog und nicht auf private höchstpersönliche Daten und somit das öffentliche Interesse an der Gewinnung von Beweismitteln in einem Abgaben- und Finanzstrafverfahren jedenfalls höher wiegt als das persönliche Interesse des Bf.

Ein konkretes Beschwerdevorbringen, dass die Durchführung der Hausdurchsuchung unangemessen und überschießend erfolgt wäre, enthält die Beschwerde nicht. Bedenkt man, dass das Verhalten der Tatverdächtigen ganz offensichtlich auf völlige Abgabenvermeidung gerichtet war (keine steuerliche Erfassung in Österreich trotz umfangreichem Ausmaß der gewerblichen Handelstätigkeit) und die Beschuldigten mittlerweile im begründeten Verdacht stehen, eine Abgabenhinterziehung in gerichtlicher Zuständigkeit begangen zu haben, so steht die mit der Hausdurchsuchung und mit der Gewinnung des hier in Rede stehenden Beweismittels (Beschlagnahme des Laptops) bewirkte Rechtsgutbeeinträchtigung in einem angemessenen Verhältnis zum Gewicht des Finanzvergehens, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg. Dass auch der Laptop als Beweismittel in Betracht kommt, obwohl der Bf. selbst nicht als Verdächtiger geführt wird, wurde mit der gegenständlichen Beschwerde nicht in Abrede gestellt.

Das Beschwerdevorbringen des Bf. erweist sich somit insgesamt nicht als berechtigt und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab und hat die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit von Zwangsmaßnahmen im Einzelfall zum Gegenstand.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RM.7300008.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at