zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 09.11.2021, RV/7103350/2018

Verlängerte Verjährungsfrist wegen hinterzogener Abgaben - ausländische Kapitaleinkünfte aus Stiftungen in Liechtenstein

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Dieter Fröhlich, den Richter Mag. Christian Seywald sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialrat Friedrich Nagl und Mag. Ulrike Richter über die Bescheidbeschwerde vom der Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Dieter Schneider, Gartengasse 21, Tür 10, 1050 Wien, gegen

1) die Bescheide über die Wiederaufnahme der Veranlagungsverfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 des Finanzamtes Wien ., vom , zugestellt am und

2) die Einkommensteuerbescheide für das Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 des Finanzamtes Wien ., vom , zugestellt am und

3) die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 des Finanzamtes Wien ., vom , zugestellt am

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Monika Holub

zu Recht erkannt:
I.

Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2006, 2007, 2008 und 2009 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Ferner hat das Bundesfinanzgericht in der Beschwerdesache beschlossen:
II.

Die Beschwerde gegen die oben angeführten Wiederaufnahmebescheide und die Anspruchszinsenbescheide 2006, 2007, 2008 und 2009 wird gemäß § 85 Abs. 2 in Verbindung mit § 278 BAO für zurückgenommen erklärt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Artikel I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Im Zuge einer Routineprüfung wurde das Finanzamt auf hohe Eingänge und Ausgänge auf einem Bankkonto der Tochter der Beschwerdeführerin (***1***) aufmerksam. (6/2010: Zufluss: € 1,3 Mio. und € 1,5 Mio., Abfluss: € 2,5 Mio). Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde der steuerliche Vertreter (in der Folge StV) ersucht, diese Kontenbewegungen zu erklären. Er teilte mit, dass die Gutschriften aus der Auflösung einer liechtensteinischen Stiftung herrühren, bei welcher die Beschwerdeführerin (idF Bf.) Verfügungsberechtigte sei, die also ihr zuzurechnen sei. Die Bf. habe aus dem daraus resultierenden Kapital Geld an ihre Tochter T. überwiesen.

Dem Finanzamt war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass die Bf. über Kapitalvermögen in einer liechtensteinischen Stiftung verfügte. Von der Bf. wurden ab dem Jahr 2001 jährlich Arbeitnehmererklärungen eingereicht, weil sie nach dem Tod ihres Ehegatten zwei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezog: Neben einer eigenen Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung erhielt sie ab September 2001 eine Witwen-Firmenpension.

Die Bf. war seit 2002 durch einen berufsbefugten Steuerberater steuerlich vertreten. Von diesem wurden jährlich die Steuererklärungen - Arbeitnehmererklärungen- beim Finanzamt eingereicht. Die ESt-Erklärung 2006 ist am , die ESt-Erklärung 2007 am , die ESt-Erklärung 2008 am und die ESt-Erklärung 2009 am mittels FinanzOnline vom StV eingebracht worden.

Die Bf. hat das Vorhandensein von Kapitalvermögen im Ausland gegenüber der Abgabenbehörde verschwiegen und die daraus erzielten Kapitaleinkünfte in den Steuererklärungen nicht offengelegt. Die Bf. hat durch ihren steuerlichen Vertreter keine Einkommensteuererklärungen (E1) unter Angabe ihrer Einkünfte aus Kapitalvermögen (Punkt 12. des Formulars) eingereicht, sondern wahrheitswidrig eine Erklärung zur Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung betreffend ausschließlich nichtselbständige Einkünfte eingebracht.

Da die Bf. bisher keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt hatte, wurde vom Finanzamt eine Außenprüfung gemäß § 147 BAO in Verbindung mit § 99 Finanzstrafgesetz durchgeführt. Bei Prüfungsbeginn am wurde vom StV mit vorbereitetem Schriftsatz eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG für die Einkommensteuer der Jahre 2004 - 2010 erstattet. Die Bf. habe in den Jahren 2004 bis 2010 ausländische Kapitalerträge und sonstige Einkünfte (Spekulationsgewinne aus Wertpapieren) nicht erklärt. In einer Beilage zur Selbstanzeige wurden diese steuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen auf liechtensteiner und schweizer Bankkonten und die daraus resultierende Einkommensteuerschuld von insgesamt Euro 288.953,09 wie folgt aufgegliedert:

Tabelle 1

Im Zuge der Betriebsprüfung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Ehegatte der Bf., G. war als Generalvertreter von AG, vor allem für Aufbau und die Entwicklung des Absatzmarktes in Russland tätig. Er hatte in Liechtenstein drei Stiftungen eingerichtet, bei denen er regelte, dass nach seinem Tod seine Ehegattin, ***Bf1*** und seine beiden Kinder, S. und ***1***, geb. Tt. als Verfügungsberechtigte und Erstbegünstigte des Stiftungsvermögens eingesetzt wurden. G. starb im August 2001.

Die Bf. erhielt die Verfügungsmacht über das Kapitalvermögen der A- Stiftung mit einem Wert von ca. Euro 3 Millionen (lt. eigenen Angaben), sowie die Tochter (T,.) die Verfügungsmacht über das Vermögen der B- Stiftung und der Sohn (S,,) über das Vermögen der C- Stiftung. Nach Angaben der Begünstigten hatten diese Stiftungen ein ähnlich hohes Kapitalvermögen wie bei der Bf (rd. Euro 3 Mio.).

Diese drei Stiftungen und ihr Kapitalvermögen wurden von der L. Bank AG in Vaduz verwaltet. Die Stiftungsräte waren Anwälte dieser Bank. Der Sohn (S,,) erklärte, dass ihm der Vater den Namen eines Steuerberaters oder Rechtsanwaltes in Wien genannt habe, an den er sich nach seinem Tode wegen einer Stiftung in Liechtenstein wenden solle. Er habe vom Vater auch ein Kuvert mit einem Zettel erhalten, auf dem der Name der Stiftung gestanden habe.

Nach dem Ableben von G. haben die Bf., der Sohn und die Tochter Kontakt mit der L. Bank Vaduz aufgenommen und einen gemeinsamen Termin zur Einsetzung als Begünstigte und Verfügungsberechtigte des Kapitalvermögens der jeweils ihnen zuzurechnenden Stiftung in Vaduz im Herbst 2001 wahrgenommen.

Wie der Ehemann, bzw. Vater zu dem großen Kapitalvermögen in Liechtenstein gekommen ist, konnte keiner der Begünstigten erklären. Sie gaben einhellig an, nicht zu wissen, woher (aus welcher Quelle) das in Liechtenstein angelegte Geld stammte.

Nach Angaben der Bf. und ihrer beiden Kinder haben sie später den Vermögensverwalter gewechselt. Sie übertrugen gemeinsam die Vermögensverwaltung ihres in den Stiftungen gehaltenen Kapitalvermögens von den Anlageberatern der L. Bank AG auf die schweizer Vermögensberatungsgesellschaft Sch. AG Zürich, für welche persönlich der langjährige Bankmanager und Vermögensberater V. (Verwaltungsrat-Präsident und Partner dieser Gesellschaft) tätig wurde.

Der bevollmächtigte Vermögensberater, V. habe ihnen (der Bf. und ihren Kindern) im Jahr 2008 eine Änderung der bestehenden Stiftungen geraten. Die Stiftungen wurden umbenannt und das Kapitalvermögen, das bisher auf Wertpapierdepots und Konten der liechtensteinischen L. Bank gelegen ist, wurde auf Konten der schweizerischen Privatbank SB. & Co in O. verlagert.

Im Juni 2008 wurde aus der A--Stiftung der Bf. die AA--Stiftung, die Tochter änderte die B--Stiftung in BB- Stiftung und der Sohn benannte die ihm zuzurechnende C--Stiftung in CC--Stiftung um.

Wiederrum auf Anraten des gemeinsamen Vermögensberaters wurde über die Kanzlei Z. in Panama City im Jänner 2009 die D--Stiftung in Panama errichtet. Für diese Stiftung galt das gleich Stiftungsrecht wie für die liechtensteinischen Stiftungen. Das Kapitalvermögen der Bf. und ihrer beiden Kinder wurde von den drei Stiftungen in Liechtenstein zur panamaischen D--Stiftung transferiert, wobei die Bankkonten und Wertpapierdepots bei der SB.&Co Privatbank nach ihren Angaben unverändert geblieben seien. Nach einiger Zeit sei wieder alles auf die liechtensteinischen Stiftungen zurückübertragen worden (lt. Niederschrift T,.). Einen Grund für diese kostenaufwendigen Rechtsgestaltungen und Transaktionen wisse keiner der wirtschaftlichen Eigentümer (lt. Einvernahme Bf., T,. u. S,,).

Im Juli 2010 sind sowohl die drei Stiftungen in Liechtenstein als auch die Stiftung in Panama aufgelöst worden. Auf Grund einer Empfehlung ihres Vermögensberaters V, haben die Bf. sowie die beiden Kinder ihr Kapital aus den Stiftungen abgezogen und in mehrere ausländische fondgebundene Lebensversicherungen bei der Swiss Life Versicherungsgesellschaft und bei der LV1871 Private Insurance AG investiert. Von der Bf. sind rund € 200.000 in eine solche fondsgebundene Lebensversicherung mit individualisertem Wertpapierdepot nach liechtensteinischem Recht bei der LV 1871 Privat Assurance AG, in Liechtenstein angelegt worden.

Wie die Bf. haben T,. und S,, anlässlich des Beginns der Außenprüfung durch den StV (diesbezüglich wurde von den Angehörigen ebenfalls derselbe Steuerberater bevollmächtigt) Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG erstattet und eine Einkommensteuerschuld aus bisher nichtversteuerten ausländischen Kapitalerträgen in Höhe von € 135.000 (T,. 2004-2007) und € 201.698 (S,, 2004-2011) eingestanden.

Im Zuge der Außenprüfung ist außerdem hervorgekommen, dass im Jahr 2008 vom ehemaligen Arbeitgeber (AG GmbH) kein Lohnzettel über den Bezug der Witwen-Firmenpension an die Abgabenbehörde übermittelt worden ist. Von der Bf. wurde dieser Umstand genutzt, um den tatsächlich bezogenen zweiten Lohnbezug der Abgabenbehörde zu verschweigen. In der Steuererklärung 2008 wurde von der Bf. - außer der Kapitalerträge - auch wahrheitswidrig erklärt, T, einen Lohnbezug erhalten zu haben und wurde damit der zweite Lohnbezug (Firmenpension von € 54.905, Kz. 210) nicht der Einkommensteuerveranlagung unterzogen. Da von der Bf. in der Arbeitnehmererklärung 2008 lediglich ihre Sozialversicherungspension (€ 15.194, Kz. 210) erklärt wurde, lukrierte sie dadurch unwidersprochen eine Steuergutschrift in Höhe von € 5.796.

Vom Finanzamt (FA) wurden auf Grund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung mit Bescheide vom die Veranlagungsverfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 gemäß § 303 Abs. 1 BAO von Amts wegen wiederaufgenommen und mit gleichem Datum wurden geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 erlassen. Weiters ergingen Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für die Jahre 2006, 2007, 2008 und 2009 vom .

In der Begründung der Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide wurde Folgendes ausgeführt:

"Im Jahr 2014 erhielt das Finanzamt erstmalig Kenntnis über Kapitalvermögen der Bf. aufliechtensteinischen und schweizer Bankkonten und Wertpapierdepots, das inLiechtenstein errichteten Stiftungen (A- Stiftung, bzw. AA- Stiftung) gehalten wurde. Diese Stiftungen und ihr Kapitalvermögen sind der Bf. als Verfügungsberechtigte und wirtschaftliche Eigentümerin zuzurechnen. Damit sind die daraus resultierenden Kapitalerträge auch der Bf. zuzurechnen und von ihr zu versteuern.

Aufgrund des Haltens von Vermögen auf ausländischen Konten und Wertpapierdepots und die konkrete Gestaltung über die liechtensteinischen Stiftungen muss davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Erträge von der Bf. vorsätzlich der Besteuerung in Österreich entzogen wurden.Es ist deshalb gemäß § 207 Abs. 2 BAO keine Verjährung eingetreten.

Die bisher nicht erklärten, jedoch zu veranlagenden Kapitalerträge, stellen einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens dar.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gemäß § 303 Abs. 1 BAO, weil die in der Begründung des gleichzeitig erlassenen geänderten Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung im Verhältnis zum Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die betreffenden Änderungen sind von erheblicher Auswirkung und können nicht als geringfügig angesehen werden.

Die Einkommensteuerveranlagung erfolgt aufgrund der in der Selbstanzeige vom bekanntgegebenen steuerpflichtigen Einkünfte unter Aufgliederung der entsprechenden Kennzahlen der ESt-Erklärung."

S,, diese Abgabenbescheide vom sind mit Zustellnachweis am dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter rechtswirksam zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom , persönlich am in der Einlaufstelle des FA eingebracht, erhob die Bf. durch ihren StV gegen die vorgenannten Bescheide Beschwerde wegen behaupteter Rechtswidrigkeit. Zur Begründung wurde Folgendes vorgebracht:

"Mit Schreiben vom haben wir die Einkünfte aus Kapitalvermögen der Bf. für die Jahre 2004 bis 2010 bekanntgegeben. Auf Grundlage dieser Offenlegung wurden vom FA in den angefochtenen Abgabenbescheiden Abgabennachforderungen entsprechend den Angaben der Selbstanzeige sowie Anspruchszinsen festgesetzt.

Die Offenlegung erfolgte in Form einer schriftlichen Selbstanzeige vom , welche auf Anraten des StV erstattet wurde, um sämtliche relevanten Sachverhalte im Zusammenhang mit den gegenständlichen Kapitaleinkünften auch tatsächlich ordnungsgemäß aufzuzeigen.

In der Begründung der Bescheide wird die längere Verjährungsfrist damit argumentiert, dass das FA aufgrund von Kontrollmitteilungen aus der Schweiz erstmals Kenntnis über ausländische Kapitalerträge der Bf. erhielt. Im Zuge der Überprüfung dieser ausländischen Konten erlangte das FA Kenntnis von zwei Stiftungen, deren Einkünfte der Bf. zuzurechnen sind. Aufgrund dieser Gestaltung ist das FA davon ausgegangen, dass die angezeigten Kapitalerträge vorsätzlich der Besteuerung in Österreich entzogen worden sind und wegen der anzuwendenden verlängerten 10-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO keine Verjährung eingetreten sei.

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige- Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Nach § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung bewirkt, wenn Abgaben, die mit Bescheid festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht festgesetzt werden konnten.

Für die Verwirklichung eines derartigen Vorsatzdeliktes ist es erforderlich, dass der Abgabepflichtige gemäß § 8 FinStrG einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Dabei reicht es grundsätzlich aus, dass der Täter diese Verwirklichung - also die Hinterziehung der österreichischen Einkommensteuer auf ausländische Kapitalerträge - ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet.

Nach ständiger Rechtsprechung des OGH und VwGH (E. , 2009/16/0188) muss der Täter für das Vorliegen eines Eventualvorsatzes das mit seinem Handeln verbundene Risiko erkannt und als so hoch eingeschätzt haben, dass er die Möglichkeit der Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolges ernst nimmt. Das bedeutet, bedingt vorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung einer Straftat als naheliegend ansieht, aber dennoch an seinem Verhalten festhält, weil er bereit ist auch diesen Erfolgseintritt (hier die Hinterziehung der Einkommensteuer)hinzunehmen (Handlungsmotto: na, wenn schon). Bewusst fahrlässig verhält sich hingegen, wer es für möglich hält, dass er durch sein Verhalten ein bestimmtes Tatbild verwirklicht, diesen Tatbestandserfolg aber nicht herbeiführen will. In beiden Fällen erkennt der Täter die Möglichkeit des verpönten Erfolgseintrittes. Im Falle bewusster Fahrlässigkeit handelt er jedoch im Vertrauen darauf, dass dieser Erfolg nicht eintreten werde (Handlungsmotto: es wird schon nicht).

Die Heranziehung der verlängerten Verjährungsfrist von zehn Jahren kommt gemäß § 207 Abs. 2 BAO T, in Betracht, soweit eine Abgabe hinterzogen wurde. Nach herrschender Meinung ist die Beurteilung, ob eine Abgabe hinterzogen worden ist, im Abgabenveranlagungsverfahren eine Vorfrage. Die Beurteilung dieser Vorfrage ist in der Begründung des Bescheides darzulegen. Aus der Begründung muss sich ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme einer Abgabenhinterziehung berechtigt ist. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien des Straftatbestandes sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen. Anderenfalls, d.h. wenn keine eindeutige und jeden Zweifel ausschließende Feststellung der Tatbestandsverwirklichung möglich ist, gilt der Grundsatz, dass im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten zu entscheiden ist. Nach herrschender Meinung gilt die Unschuldsvermutung (Art 6 MRK) auch für die Beurteilung des Tatbestandsmerkmales der hinterzogenen Abgabe bei der Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO (vgl. Ritz, BAO6, § 207, Tz. 15).

Im gegenständlichen Fall wurde in der Begründung lediglich darauf hingewiesen, dass im Zuge der Außenprüfung habe festgestellt werden können, dass durch das Verschweigen der ausländischen Bankkonten und Wertpapierdepots unter Zwischenschaltung liechtensteinischer Stiftungen in den ESt-Veranlagungsverfahren (Einreichung wahrheitswidriger Abgabenerklärungen) die Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung bewirkt worden sei. Es wurde vom FA mit dieser Begründung pauschal eine vorsätzliche Abgabenverkürzung unterstellt, ohne dass das etwaige Vorliegen einer Hinterziehungsabsicht im vorliegenden Einzelfall konkret geprüft wurde. Ob die strafrechtlich bedeutsamen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der Abgabenhinterziehung erfüllt wurden, ist auch im Verfahren der Abgabenfestsetzung nach materiellem Finanzstrafrecht zu beurteilen. In der Bescheidbegründung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide hat die Behörde die Vorfrage, ob und warum eine Abgabenhinterziehung vorgelegen hat, nicht ausreichend einzelfallbezogen beurteilt.

Das Kapitalvermögen, welches in den angesprochenen liechtensteinischen Stiftungen verwaltet wurde, stammt vom im Jahr 2001 verstorbenen Ehemann der Bf. Die Bf. erhielt nach seinem Tod erstmals Kenntnis davon, dass für sie auf diese Art finanzielle Vorsorge getroffen wurde.

Der Ehegatte war ein erfolgreicher Geschäftsmann der Nachkriegszeit, der jedoch derartige Sachverhalte seiner Familie stets vorenthielt und sich diesbezüglich auch jegliche Diskussion verbat. Sowohl die beiden Kinder als auch die Ehegattin mussten stets davon ausgehen, dass sämtliche finanziellen Dispositionen des G. der herrschenden Rechtslage entsprachen. Auch nach dessen Ableben war aus ihrer Sicht davon auszugehen, dass die in den Stiftungen veranlagten Gelder ordnungsgemäß versteuert wurden und in Österreich keine weitere Steuerpflicht bestanden hat. Die Bf. war zweifelsfrei der Ansicht, dass die in den Stiftungen erwirtschafteten Kapitalerträge an der Quelle besteuert wurden und in Österreich kein weiterer Handlungsbedarf mehr besteht.

Die Auflösung der liechtensteinischen Stiftungen und der Stiftung in Panama im Jahr 2010 auf Grund der Veranlagung des Kapitalvermögens in ausländische fondgebundene Lebensversicherungen erfolgte auf Anraten des mit der Vermögensverwaltung beauftragten Vermögensberaters.

Da eine vorsätzliche Abgabenverkürzung nicht vorliegt, wäre vielmehr zu prüfen, ob die Bf. hinsichtlich der Nichterklärung ihrer ausländischen Kapitaleinkünfte bei der Einkommensteuerveranlagung in Österreich nicht einem Irrtum unterlegen ist. Im Bereich des Finanzstrafrechts ist der Rechtsirrtum dem Tatirrtum gleichgestellt. Ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Der ausdrückliche Gesetzeswortlaut des § 9 FinStrG besagt bereits, dass im Falle eines Irrtums, auch bei dessen Unentschuldbarkeit, Vorsatz ausgeschlossen ist.

Mit dieser Irrtumsregelung im FinStrG wurde darauf Bedacht genommen, dass die Gesellschaft heute weitgehend von Normen geleitet wird, die im allgemeinen Wertbewusstsein nicht vorgebildet sind und die auch nicht von jedem Normadressaten - mag er auch eine höhere Bildung haben - zur Gänze überschaut werden können, was insbesondere für die Vielzahl der steuerrechtlichen Vorschriften gilt (OGH, , 12 Os26/73, EvBl 1974/22). Diese Entscheidung weist klar auf die Komplexität steuerlicher Regelungen hin und macht deutlich, dass insbesondere bei Laien volle Normkenntnis nicht vorausgesetzt werden könne. Im gegenständlichen Fall wäre von der Bf. das komplexe Stiftungsrecht und die daran geknüpften steuerlichen Fragen zu beachten gewesen.

Letztlich geht es bei der Beurteilung des Irrtums darum, ob die Bf. Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme der ausländischen Kapitaleinkünfte in die österreichische Einkommensteuererklärung einzuholen gehabt hätte. Einem deutschen Judikat (FG Münster, , 1K1544/04) liegt die Ansicht zugrunde, dass aus dem bloßen Unterlassen der Einholung von Erkundigungen kein bedingter Vorsatz abgeleitet werden könne.

Die Bf. ging davon aus, dass das in den liechtensteinischen Stiftungen angelegte Vermögen und die Erträgnisse daraus ausschließlich im Ausland steuerpflichtig sind, d.h. wie in Österreich endbesteuert sind. Dies lässt sich durch ihren laienhaften Zugang zu steuerlichen Themen erklären. Es kann ihr diesbezüglich maximal Fahrlässigkeit vorgeworfen werden; die Gefahr einer etwaigen Verkürzung von Einkommensteuer war ihr weder bekannt noch bewusst oder gar von ihr intendiert. Die Bf. hat eine Abgabenverkürzung weder ernstlich für möglich gehalten noch sich mit ihr abgefunden. Ihr ist diese falsche Rechtsansicht erst im Zuge verstärkter öffentlicher Berichterstattung sowie steuerlicher Beratung bewusst geworden.

Da die Bf. keinen Vorsatz einer Abgabenhinterziehung hatte, sondern fahrlässig handelte, ist im Veranlagungsverfahren von der kürzeren Verjährungsfrist für Abgaben von fünf Jahren auszugehen. Die Nachforderung der Abgaben für die Veranlagungsjahre 2004 bis 2009 erfolgt daher rechtswidrig.

Es wird die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch einen Spruchsenat des Bundesfinanzgerichtes beantragt."

Die Betriebsprüferin gab zur Bescheidbeschwerde im Schreiben vom sinngemäß folgende Stellungnahme ab:

Im Hinblick auf den bei der BP hervorgekommenen Sachverhalt über die in den Jahren 2004 bis 2009 in beträchtlicher Hohe nicht erklärten Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen, welches in liechtensteinischen Stiftungen gehalten wurde und die Frau ***Bf1*** zuzurechnen sind, würden die in der Beschwerde vorgebrachten Äußerungen nach Ansicht der BP eine reine Schutzbehauptung darstellen.

[...]

Die Bf. und die beiden Kinder hätten dann ihr weiteres Vorgehen miteinander abgestimmt und gemeinsam, bzw. in gleicher Weise, absichtlich das Kapitalvermögen über die zwischengeschalteten Stiftungen und die ausländischen Bankkonten vor der Abgabenbehörde verheimlicht und durch die gewollte Abgabe unrichtiger Steuererklärungen die Einkommenssteuer von den ausländischen Kapitalerträgen hinterzogen.

Die Beschwerdeschreiben für S,, drei Personen seien von demselben steuerlichen Vertreter mit dem gleichen Text verfasst worden. Es werde eingewendet, bei allen Familienangehörigen habe kein Vorsatz zur Abgabenhinterziehung vorgelegen, weil sie S,, drei einem Rechtsirrtum unterlegen seien und deshalb nicht gewusst hätten, dass die erzielten ausländischen Kapitalerträge in ihrem Wohnsitzstaat (Österreich), wo sie unbeschränkt steuerpflichtig sind, zu versteuern gewesen seien.

Nicht bestritten werde, dass die objektive Tatseite erfüllt sei. Die Bf. sowie ihre beiden Kinder haben unter Verletzung der ihnen obliegenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch das Nichterklären der im Inland steuerpflichtigen ausländischen Kapitaleinkünfte eine Verkürzung der Einkommensteuer bewirkt.

Die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes der Abgabenhinterziehung sei in den Bescheiden und im Prüfungsbericht insofern mit der Feststellung dargelegt worden, dass die Abgabepflichtige aufgrund ihres Auftretens kognitiv in der Lage gewesen sei, die Pflicht zur Angabe von ausländischen Kapitaleinkünften in der Einkommensteuererklärung zu erkennen. Weiters sei dazu ausgeführt worden, dass es weder im Einklang mit den Erfahrungen des täglichen Lebens, noch mit den logischen Denkgesetzen stehe, dass jemand nach einem Erbanfall in Höhe eines solch beträchtlichen ausländischen Kapitalvermögens nicht mit einem steuerlichen Vertreter über das erlangte Vermögen und seine Versteuerung im In- und Ausland spricht. Die Bf. wie auch die beiden Kinder seien seit dem Jahr 2002 durchgehend durch einen berufsbefugten Steuerberater steuerlich vertreten gewesen.

Dieser Umstand lasse aber T, zwei Schlussfolgerungen zu, die zweifelsfrei auf das vorsätzliche Handeln der Bf. und ihrer beiden Kinder hinweisen würden: Haben diese mit ihrem steuerlichen Vertreter über das erlangte ausländische Vermögen anlässlich der Erstellung ihrer Steuererklärungen gesprochen (was grundsätzlich ein übliches Verhalten wäre), mussten sie von der Steuerpflicht der ausländischen Kapitaleinkünfte gewusst haben und hätten mit Billigung des StV wahrheitswidrige Abgabenerklärungen eingereicht. Habe die Bf. ihrem langjährigen steuerlichen Vertreter das ausländische Kapitalvermögen aber tatsächlich verschwiegen, weise dieses Verhalten eindeutig darauf hin, dass sie von der Steuerpflicht der Kapitalerträge in Österreich wusste und aus diesem Grunde ihren Steuerberater nicht als Mitwisser von der beabsichtigten Abgabenhinterziehung einweihen wollte. T, bei sicherem Wissens von der Steuerpflicht der ausländischen Kapitalerträge wäre es verständlich und logisch, dass der steuerliche Vertreter von der Bf. über ihr ausländisches Kapitalvermögen und damit erwirtschafteten hohen Kapitalerträge nicht informiert worden ist. Bei einem derartigen Geschehensablauf erübrige sich nämlich eine Information und Erkundigung beim seinem berufsbefugten steuerlichen Vertreter.

Der Einwand, das Verschweigen der Familienangehörigen von der Erlangung von insgesamt rund Euro 9 Mio. ausländischem Kapitalvermögen aus unbekannter Quelle gegenüber ihren Steuerberatern beruhe auf der Ahnungslosigkeit und Unwissenheit von der Steuerpflicht, sei hingegen völlig unrealistisch und unglaubwürdig. Jeder durchschnittlich gebildete Steuerpflichtige würde in einem solchen Fall zumindest Zweifel haben und jedenfalls bei der Erstellung der Steuererklärung sich bei seinem Steuerberater hinsichtlich seiner bedeutenden ausländischen Kapitalerträge erkundigen. Im Vergleich zur inländischen Kapitalertragssteuer von 25% ist von den jährlichen Kapitalerträgen der Bf. zwischen € 100.000 und € 145.000 T, eine Quellensteuer von maximal 1,40% einbehalten worden. Dieser auffallende Steuerunterschied muss zu Zweifeln führen, ob mit dieser geringen ausländischen Quellensteuer tatsächlich die gesamte Steuerpflicht erfüllt worden ist.

Die Familienangehörigen hätten auch eindeutig gewusst, dass sie die Verfügungsberechtigten und wirtschaftlichen Eigentümer des in der Stiftung verdeckten Kapitalvermögens seien. Beispielsweise habe die Tochter auch Vermögenswerte aus ihrer Stiftung entnommen (Beweis: Niederschrift T,.).

Der Begriff "Steueroase" in Verbindung mit in Liechtenstein und in der Schweiz angelegtem Vermögen sei schon seit Jahrzehnten in aller Munde und habe bereits damals zum Allgemeinwissen gehört. Seit vielen Jahren seien in den Medien und in der Öffentlichkeit die Sicherstellung der Besteuerung von Kapitaleinkünften aus in Liechtenstein und in der Schweiz angelegtem Kapitalvermögen Gegenstand politischer und wirtschaftlicher Diskussionen gewesen.

Dass dieses Wissen konkret auch in der Familie Tt. vorhanden war, beweise schon die damalige steuerschonende Veranlagung des Vermögens in den liechtensteinischen Stiftungen durch G.. Laut Aussage des Sohnes sei er noch zu Lebzeiten des Vaters von seiner ihm zugedachten Liechtensteinstiftung informiert worden (durch Übergabe eines Kuverts und Namensnennung einer Kontaktperson).

Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei regelmäßig anzunehmen, dass diejenigen, die über ein größeres Vermögen verfügen, sich hierüber informieren und deshalb auch von der potentiellen Steuerpflicht der anfallenden Erträge wissen. Nach dem Erlangen des Kapitalvermögens im Jahr 2001 sei dieses von allen drei Verfügungsberechtigten jahrelang einhellig im Ausland belassen worden, offensichtlich gerade deshalb um der inländischen Einkommensteuer zu entgehen.

Es seien sogar gezielt Verschleierungshandlungen zur Vorbeugung einer Tatentdeckung gesetzt worden. Dies sei nämlich der eigentliche Grund für die Änderung der liechtensteinischen Stiftungen auf einen anderen Namen und die Verlagerung des Kapitalvermögens von Liechtenstein auf die schweizerische Privatbank SB.&Co gewesen. Zu dieser Vermögensverwaltungsbank sei anzumerken, dass sie damals für ihren bereitwilligen, diskreten Umgang mit ausländischem Großkapital in der Branche bekannt war. Deshalb sei das kleine schweizer Bankhaus in dieser Zeit auch stark gewachsen und verzeichnete hohe fragwürdige Einlagenzugänge. Die Privatbank musste schließlich nach einem Schuldeingeständnis 2011 und der Verurteilung in den USA zur Beihilfe der Steuerhinterziehung liquidiert werden (vgl. z.B. www.manager-magazin.de/unternehmen/banken/a-875836.html).

Wenn die vorgenommenen Umgestaltungen, einschließlich der Errichtung einer weiteren Stiftung in Panama, auf Anraten des etablierten Vermögensberaters von Sch. AG erfolgt sei, zeuge das davon, dass eine einschlägige Beratung stattgefunden habe und mit vollem Wissen und Willen die Entscheidung gefällt worden ist, das Vermögen - unter Hinterziehung der österreichischen Einkommensteuer - steuerschonend im Ausland zu veranlagen.

Weiters sei der behaupteten Unwissenheit entgegenzuhalten, dass es allgemein üblich sei, dass in sämtlichen Verträgen und Formularen, die im Ausland abgeschlossen, bzw unterzeichnet wurden, Klauseln enthalten waren, die darauf hinwiesen, dass der Steuerberater kontaktiert werden solle.

Die bei der Prüfung vorgelegten Bankauszüge hätten S,, Informationen enthalten, die darauf hinwiesen, dass die ausländischen Kapitalerträge im Wohnsitzstaat (gegenständlich Österreich) zu versteuern seien. Auf diesen Dokumenten seien beispielsweise folgende Texte enthalten:

"Der International Report stellt kein offizielles Steuerdokument dar. Die darin enthaltenen Angaben dienen ausschließlich zu Informationszwecken sowie als Hilfsmittel für die Erstellung Ihrer Steuererklärung."

"Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass der vorliegende International Report als Hilfsmittei für die Erstellung Ihrer Steuererklärung dient und die Bank für die Vollständigkeit des Reportes sowie für die Richtigkeit der Angaben, im Besondern jener von Dritten, keine Haftung übernehmen kann. Bitte beachten sie, dass diese Aufstellung nicht die steuerbaren Erträge nach dem spezifischen Recht des Staates ausweist, in weichem Sie steuerpflichtig sind. Kontaktieren Sie diesbezuglich bitte Ihren Steuerberater."

"Bitte beachten Sie, dass diese Aufstellung unter Umstanden nicht exakt die steuerbaren Erträge nach dem spezifischen Recht Ihres Domizilstaates ausweist, sondern lediglich als Hilfsmittel für Ihren Steuerberater konzipiert ist. Wir empfehlen Ihnen daher, diesbezüglich Ihren Steuerberater zu kontaktieren."

Da die Abgabepflichtige auch Bankkonten in Österreich gehabt habe, hätte ihr bekannt sein müssen, dass die österreichische Kapitalertragsteuer als Abzugsteuer konzipiert ist und 25% betrage. Es habe ihr auffallen müssen, dass die ausländische Abzugsteuer ein viel geringeres Ausmaß hatte. Davon auszugehen, dass ein Anleger ernsthaft vermeine mit dieser geringen ausländischen Quellensteuer (zwischen 0,3% und 1,4% einbehalten) S,, seine Steuerpflichten erfüllt zu haben, sei auch bei einem laienhaften Zugang zu steuerlichen Themen lebensfremd und als nicht glaubwürdig zu erachten.

Da von den Familienangehörigen für ihre Vermögensverwaltung gemeinsam professionelle Vermögensberater konsultiert und beauftragt wurden, könne davon ausgegangen werden, dass diese die Abgabepflichtigen spätestens bei Unterzeichnung der Verträge (Bevollmächtigung zur Vermögensverwaltung) darauf hingewiesen haben, dass ihre Steuerpflichten in Österreich nicht mit einer Besteuerung der Erträge im Ausland erledigt seien, sondern diesbezüglich ein Steuerberater in Österreich konsultiert werden solle.

Das Gesamtbild dieses Sachverhaltes führe zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Bf. die Verkürzung der Einkommensteuer von ihren Kapitalerträgen vorsätzlich herbeigeführt habe.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden vom FA die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer 2006 bis 2009 und gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2009 sowie die Anspruchszinsenbescheide als unbegründet abgewiesen.

Die Begründung der BVE betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren lautet:

"Gemäß § 303 Bundesabgabenordnung kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn der Bescheid erschlichen worden ist oder Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Für die Jahre 2004 bis 2009 wurde erklärungsgemäße Veranlagungen durchgeführt, wobei von der Bf. tatsachenwidrig T, nichtselbstständige Einkünfte erklärt worden sind, nicht aber die Einkünfte aus ausländischem Kapitalvermögen offengelegt wurden.

Aufgrund einer Selbstanzeige bei Beginn der Außenprüfung sowie von Kontrollmitteilungen aus der Schweiz wurde der Abgabenbehörde erstmals bekannt, dass die Bf. ausländische Kapitaleinkünfte von erheblichem Umfang in diesen Jahren erzielte und bisher nicht erklärt hat. Da dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit und damit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen ist und die steuerlichen Auswirkungen nicht bloß geringfügig sind, erfolgte die Wiederaufnahme zurecht und war spruchgemäß zu entscheiden."

In einer ergänzenden Begründung zur BVE betreffend die ESt-Bescheide wurde sinngemäß Folgendes ausgeführt:

Laut eigenen Angaben habe die Bf. die gegenständlichen Vermögenswerte bereits im Jahr 2001 von ihrem Gatten nach seinem Tode erhalten. Sie sei bereits in diesem Jahr steuerlich vertreten gewesen und habe in den jährlichen Arbeitnehmererklärungen bewusst wahrheitswidrig T, ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erklärt.

Die Tatsache, dass sich ihr Gatte bezüglich des ausländischen Kapitalvermögens und deren Versteuerung bedeckt gehalten habe, spräche der Logik folgend eher dafür, dass dieses Vermögen bisher nicht korrekt versteuert worden ist. Warum bei dieser objektiven Verdachtslage, die Bf. das Gegenteil annehmen habe können, sei nicht plausibel und dem FA nicht nachvollziehbar. Bezüglich der Weiterveranlagung ihres ausländischen Kapitalvermögens und der Auflösung, bzw. Umbenennung der Stiftungen habe sich die Bf. von einem professionellen Vermögensberater betreuen lassen. Das weise auf ihren Wissensstand über die Steuerpflicht der Kapitalerträge in Österreich hin, weil ein Vermögensberater entsprechende Informations- und Aufklärungspflichten gegenüber seinen Mandanten habe.

Auch Nichtunternehmer würden grundsätzlich wissen, dass Kapitaleinkünfte aus der Schweiz und aus Liechtenstein dem Finanzamt in Österreich zu erklären sind und spätestens im Zuge der breitangelegten öffentlichen Berichterstattungen sei die Steuerpflicht ausländischer Kapitalerträge zum Allgemeinwissen der österreichischen Bevölkerung geworden.

Gemäß § 8 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht, dabei genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich halt und sich mit ihr abfindet. Handlungen oder Unterlassungen mit dem Ziel, Abgaben zu verkürzen, beruhen auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensentschluss. Auf diesen könne T, aus dem Verhalten des Täters geschlossen werden. Die Kenntnis über das grundsätzliche Bestehen der Einkommensteuerpflicht von ausländischen Kapitalertragen könne jedenfalls bei einer intellektuell durchschnittlich begabten Person, zu der die Bf. aufgrund ihrer langjährigen beruflichen Tätigkeit zweifellos zu zählen sei, vorausgesetzt werden.

Aus den im Zuge der Betriebsprüfung festgestellten und bewiesenen Verstößen gegen die die Bf. treffenden Erklärungs- Offenlegungs- und Wahrheitspflichten könne logisch und empirisch einwandfrei auf das Wissen und Wollen der Hinterziehung von Abgaben geschlossen werden.

Die steuerlich vertretene Bf. habe in allen diesen Jahren durch ihren Steuerberater tatsachenwidrige Arbeitnehmererklärungen über den ausschließlichen Bezug von nichtselbstständigen Einkünfte mittels FinanzOnline einbringen lassen und daraus zum Teil sogar Steuergutschriften (2008) bezogen. Im Wissen über die Steuerpflicht ihrer beträchtlichen ausländischen Kapitaleinkünfte habe sie diese gegenüber der Abgabenbehörde wahrheitswidrig verschwiegen, mit dem Willen die Einkommensteuer zu hinterziehen.

Mit Schriftsatz vom stellte die Bf. durch ihren StV gegen die genannten BVE vom fristgerecht einen Vorlageantrag. Das FA legte mit Vorlagebericht vom Juli 2018 die Bescheidbeschwerden samt den bezugshabenden Verwaltungsakten dem BFG zur Entscheidung vor.

In dem Beschwerdeschriftsatz vom wurden aus advokatorischer Vorsicht auch die Wiederaufnahmebescheide und die Anspruchszinsenbescheide angefochten. Diese Bescheidbeschwerden enthielten aber außer der Bezeichnung der angefochtenen Bescheide nicht die Inhaltserfordernisse gemäß § 250 Abs. 1 BAO. Es fehlten die Erklärung in welchen Punkten die Bescheide angefochten und welche Änderungen begehrt werden sowie eine Begründung, warum die Bescheide für rechtswidrig erachtet werden. Aus dem mangelhaften Anbringen konnte daher nicht festgestellt werden, welche Unrichtigkeit die Bf. den Wiederaufnahmebescheiden und Anspruchszinsenbescheide anlastet und warum sie ihr Beschwerde gegen diese Bescheide für gerechtfertigt halte.

Aus diesem Grunde wurde mit zugestellt am , der Bf. gemäß § 85 Abs. 2 BAO die Behebung der inhaltlichen Mängel der Bescheidbeschwerden gegen die Wiederaufnahme- und Anspruchszinsenbescheide aufgetragen. Der Beschluss enthielt den Hinweis, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Mängelbehebung die Beschwerde als zurückgenommen gilt.

Im Schreiben vom gab der StV mit ausdrücklichen Bezug zum Mängelbehebungs-auftrag folgende Parteienerklärung ab:
"Die Wiederaufnahmebescheide betreffend die Einkommensteuerveranlagungsverfahren 2004 bis 2012 werden S,, in jenem Punkt angefochten, dass die Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren zu Unrecht erfolgten."
Eine weitere Mängelbehebung erfolgte nicht.

Die Parteien wurden mit schriftlicher Ladung von der mündlichen Verhandlung beim BFG am verständigt und es wurden die Mitglieder des anberaumten Senates mitgeteilt.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom StV ergänzend Folgendes vorgebracht:

Erwiesen ist, dass die Bankbelege mit den von der BP zitierten Hinweisen auf die inländische Steuerpflicht der Bf. lange Zeit nicht vorgelegen sind. Diese Bankunterlagen seien der Stiftung, bzw. dem Stiftungsvorstand zugegangen. Erst auf ausdrückliches Verlangen im Zuge der Außenprüfung seien diese Unterlagen der Bf. ausgefolgt worden. Die Bf. hatte als Stiftungsbegünstigte nahezu keine Rechte und der Stiftungsvorstand habe S,, Informationen zurückgehalten. Das Stiftungsrecht selbst sei sehr kompliziert und für einen Normalbürger nicht zu verstehen. Wäre beispielsweise die Stiftung als intransparentes Gebilde errichtet worden, was grundsätzlich möglich gewesen wäre, hätte eine völlig andere Steuerrechtslage gegolten und die Bf. hätte T, erhaltene Ausschüttungen erklären müssen.

Das vom Ehemann in den Stiftungen angelegte Vermögen stamme nicht aus dubiosen Geschäften. Es sei sicher durch seine Tätigkeit für AG von ihm erwirtschaftet worden und stamme vermutlich aus direkten Zahlungen von der AG Zentrale aus Atlanta. Die Bf. meinte mit ihrer Aussage T,, dass sie nicht angeben könne, wann und für welche genauen Tätigkeiten der Bf. dieses in Liechtenstein angelegte Geld erhalten habe.

In der angesprochenen Judikatur zu den KESt-Fällen bei geerbten Auslandskapitalvermögen werde nach Ansicht des StV der strafrechtliche Zweifelssatz "in dubio pro reo" schlichtweg ignoriert. Das sei bedenklich. Eine Beweiswürdigung, die sich auf die allgemeinen Lebenserfahrungen und auf Annahmen nach den Denkgesetzen der Logik stützt, könne nämlich niemals ganz ohne Zweifel erfolgen.

Der zweite Lohnzettel bei der Veranlagung 2008 sei wegen technischer Unzulänglichkeiten beim FinanzOnline nicht erklärt worden. Da vom Arbeitgeber kein Lohnzettel an das EDV-System der Finanz übermittelt wurde, konnte in der Abgabenerklärung über FinanzOnline auch kein zweiter Lohnzettel eingegeben werden. Ein der Bf. vorwerfbares Verhalten habe hier sicher nicht vorgelegen. Es war wohl ein Fehler des StV, dass er versehentlich die elektronische Erklärungseinbringung (Est-Erkl 2008) bestätigte und dabei übersehen habe, dass fehlerhaft T, ein Lohnzettel im System erfasst war.

Die Bf. hat zwar im Jahr 2008 durch den Wechsel der Vermögensberatung wirtschaftlich über ihr Vermögen disponiert und damit ein gewisses erkennbares Interesse an ihrem Vermögen gezeigt. Eine Auseinandersetzung und Kenntnis von der Steuerpflicht der Kapitalerträge sei damit aber nicht verbunden gewesen.

Die Bf. sei im gesamten Streitzeitraum absolut gutgläubig gewesen. Ob das gleichsam letztwillig nach dem Tod von G. erlangte Kapitalvermögen aus den drei liechtensteinischen Stiftungen im Nachlassverfahren von den gesetzlichen Erben im Vermögensbekenntnis angegeben worden ist, wisse die Bf. nicht mehr. Da dies fast 20 Jahre zurückliege, könne dieser Umstand wahrscheinlich auch nicht mehr beim Verlassenschaftsgericht aufgeklärt werden.

Von der Bf. werde die Rechtsmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 und 2009 anerkannt, weil sie akzeptiert, dass durch die außenwirksamen Amtshandlungen gemäß § 209 BAO die Verjährungsfrist bis Ende 2016 verlängert worden ist und deshalb keine Verjährung vorgelegen ist. Auch die formellrechtliche Verfahrensbeendigung (Zurücknahmeerklärung) der aus Vorsichtsgründen erhobenen Beschwerde gegen die Wiederaufnahme- und Anspruchszinsenbescheide werde von der Bf. anerkannt.

Artikel II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

Im Mittelpunkt steht die Streitfrage, ob die geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2009, vor Eintritt der Festsetzungsverjährung gemäß §§ 207ff BAO dem zustellungsbevollmächtigten StV der Bf. am zugestellt worden sind.

Die vorstehenden Sachverhaltsausführungen liegen der Entscheidung zu Grunde. Diese Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und ergeben sich aus den Parteienerklärungen und den Dokumenten des bezugshabenden Verwaltungsaktes. Insoweit zu einzelnen Sachverhaltselementen widersprüchliche Beweise vorliegen, insbesondere zur Frage des Wissens und Wollens der Bf. der Verkürzung der Einkommensteuer für den Eintritt der verlängerten Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO, ist in der rechtlichen Beurteilung auch die Beweiswürdigung enthalten. Bei der Subsumtion ist dargelegt, aus welchen Erwägungen das BFG zu welchem konkreten Beweisergebnis gelangt ist.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf S,, in- und ausländischen Einkünfte.

Ursprünglich unterlagen ausländische Kapitalerträge, auf die die Endbesteuerung nicht anzuwenden war, dem Normalsteuersatz. Aus verfassungsrechtlichen und gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen wurden durch § 37 Abs. 8 EStG 1988 die ausländischen Kapitalerträge den inländischen Kapitalerträgen mit einem endbesteuerten besonderen Steuersatz von 25% gleichgestellt (mit Budgetbegleitgesetz 2003 für Einkünfte, die nach dem zugeflossen sind). Folgende ausländischen Kapitalerträge sind gemäß § 37 Abs. 8 EStG mit einem besonderen Steuersatz von 25 % zu versteuern:

1. im Ausland bezogene Gewinnanteile an ausländischen Kapitalgesellschaften,

2. im Ausland bezogene Zinserträge iSd § 93 Abs. 2 Z. 3 idF vor BudBG 2011 (ausländische Bankeinlagen) sowie nicht im Inland bezogene Kapitalerträge iSd § 93 Abs. 3 idF vor BudBG 2011 (Forderungswertpapiere ohne kuponauszahlender Stelle im Inland),

3. Ausschüttungsgleiche Erträge ausländischer Kapitalanlagefonds und Immoblienfonds.

Zur wesentlichen Feststellung dieser Steuerrechtslage reichte bereits die bloße Durchsicht einer Einkommensteuererklärung (vgl. Punkt 12. Einkünfte aus Kapitalvermögen, 12.3. Kapitalerträge aus ausländischen Kapitalanlagen Kz. 754).

Nachdem ein Vorhalt des Finanzamtes zu keiner Klärung bestimmter Bankkontenbewegungen führte, wurde bei der Bf. eine Außenprüfung nach § 99 FinStG anordnete. Zu Beginn dieser Amtshandlung erfolgte durch den StV eine strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 29 FinStG. Im vorbereiteten Schriftsatz vom wurde eingestanden und im Detail dargelegt, dass von der Bf. für die Veranlagungsjahre 2004 bis 2010 steuerpflichtige Einkünfte aus ausländischen Kapitalerträgen gemäß § 37 Abs. 8 und § 30 EStG (Einkünfte aus Spekulationsgeschäfte mit Wertpapieren) nicht erklärt worden sind (siehe Tabelle 1).

Da der Abgabenbehörde diese für die Einkommensteuer entscheidungserheblichen Tatsachen im Zeitpunkt der erklärungsgemäßen Erlassung der Erstbescheide (jeweils im Oktober und November des Folgejahres) nicht bekannt waren, erfolgte von Amtswegen die Wiederaufnahme der Verfahren und wurde die Einkommensteuer entsprechend den Angaben in der Selbstanzeige neu festgesetzt.

Die für die Festsetzungsverjährung maßgebenden Bestimmungen lauten:

Nach § 207 Abs. 1 und Abs. 2 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt bei der Einkommensteuer fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Das ist für die zu veranlagende Einkommensteuer der Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 4 BAO).

§ 209 Abs. 1 und Abs. 3 1. Satz BAO lauten:

"(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

(3) Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4)."

1. Feststellung der Verjährungsfrist für die Einkommensteuerveranlagung der Jahre 2008 und 2009 gemäß § 209 BAO

Durch die erklärungsgemäße Veranlagung der Einkommensteuer für 2008 mit dem Erstbescheid vom wurde die fünfjährige Verjährungsfrist (Fristende ) um ein Jahr bis zum verlängert.

Der Beginn der Außenprüfung mit Unterfertigung des Prüfungsauftrages am ist eine nach außen erkennbare Amtshandlung, wodurch die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr bis zum verlängert wurde.

Im Jahr 2015 war die Außenprüfung bei der Bf. anhängig. Diese fand in den Räumlichkeiten ihres Steuerberaters statt und es erfolgten laut Auskunft der Prüferin u.a. nachweislich am , und Prüfungshandlungen beim Steuerberater in dessen Büro. Es wurden für die Abgabenerhebung relevante Unterlagen abverlangt, überprüft und mit dem StV besprochen sowie die bereits angeforderte Vorlage von benötigten Aufzeichnungen und Belegen der Bf. urgiert. Auch diese Amtshandlungen der laufenden Betriebsprüfung, die im Jahr 2015 stattgefunden haben, führten zu einer weiteren Verlängerung der Verjährungsfrist bis zum .

Da der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom nachweislich am rechtswirksam zugestellt worden ist, erfolgte die Festsetzung der Einkommensteuer innerhalb der gemäß § 209 Abs. 1 BAO durch außenwirksame Amtshandlungen bis verlängerten Verjährungsfrist.

Das gleiche gilt für den Einkommensteuerbescheid 2009 vom . Der Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist () wurde durch den Erstbescheid vom und die die Zustellung des Prüfungsauftrages im Juli 2014 um ein Jahr verlängert. Eine Verlängerung um ein weiteres Jahr ist durch die beschriebenen Amtshandlungen der laufenden Außenprüfung beim Steuerberater im Jahr 2015 eingetreten. Die Zustellung des Einkommensteuerbescheides 2009 am erfolgte daher vor Ablauf der gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängerten Verjährungsfrist.

2. 10-jährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben gemäß § 207 Abs. 2 BAO

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 ist bewirkt, mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten (§ 33 Abs. 3 lit. a FinStrG).

Für die Frage einer verlängerten Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 BAO ist zu beurteilen, ob von der Bf. durch die wahrheitswidrige Nichtangabe ihrer ausländischen Kapitalerträge in den Einkommensteuerklärungen 2006, 2007, 2008 und 2009 vorsätzlich die Einkommensteuer verkürzt worden ist.

Einigkeit besteht, dass der objektive Tatbestand der Abgabenhinterziehung von der Bf. verwirklicht worden ist. Bestritten ist jedoch die Tatfrage, ob die Bf. wusste und wollte, dass sie durch ihr Tun die Einkommensteuer verkürzt, also mit Wissen und Willen die Festsetzung der gesetzlich geschuldeten Einkommensteuer verhindert hat.

Die subjektive Tatseite kann in der Regel T, aus den bekannten Tatumständen erschlossen werden.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass diejenigen, die größeres Vermögen haben, sich über ihr Vermögen informieren und deshalb auch über die potentielle Steuerpflicht von den daraus erzielten Erträgen Bescheid wissen.

Bereits 2004 und in den Folgejahren hat es intensive mediale Berichterstattungen und öffentliche Diskussionen zur Steuerpflicht ausländischer Kapitalerträge gegeben. Beispielsweise wurde dieses Thema anlässlich des Rechtsfalles "Lenz, EuGH, C-315/02" in Tageszeitungen behandelt (z.B. Der Standard, , Diskriminierende Kapitalertragsbesteuerung). Erheblich war ab dem Jahr 2006 das Medieninteresse auf Grund der von Deutschland erworbenen Steuersünder-CD. Es gab dazu Berichterstattungen in nahezu allen Zeitungen, im Radio und Fernsehen. Auch die Strafverfolgung prominenter deutscher Staatsangehöriger wegen Abgabenhinterziehung, weil sie ihr auf schweizer und liechtensteinischen Bankkonten gehaltenes Kapitalvermögen vor dem deutschen Fiskus verborgen haben, stand im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Die umfangreiche Medieninformation zur Steuerpflicht ausländischem Kapitalvermögens konnte damals kaum jemanden entgangen sein. Erst recht nicht denjenigen, deren Aufmerksamkeit sensibilisiert sein musste, weil sie ein solches Vermögen in der Schweiz oder Liechtenstein hatten.

Aus den Angaben der Bf. und den Kindern (T,. und S,,) bei ihren niederschriftlichen Befragungen und der Auskunft des FA für Gebühren sowie des Nachlassgerichtes ist zu schließen, dass das in den drei liechtensteinischen Stiftungen für sie bereitgehaltene Kapitalvermögen von insgesamt rund 9 Mio. Euro bereits im Verlassenschafts- und Erbschaftssteuerverfahren nicht angegeben worden ist.

Die Bf. und die beiden Kinder erklärten anlässlich ihrer Einvernahme von dem Vermögen in Liechtenstein nichts gewusst zu haben und auch nicht zu wissen, woher dieses Kapitalvermögen stamme. Bei einem solchen Geschehen, stellt sich für jedermann die Frage, ob dieses in den liechtensteinischen Stiftungen angelegte Geld womöglich aus illegaler Quelle herrührt (z.B. unversteuertes Schwarzgeld). Bei dieser objektiven Verdachtslage würde jeder um Redlichkeit bemühte Erwerber selbstverständlich fachliche Erkundigungen einholen. Dazu gehört auch die steuerrechtliche Frage, ob und wie die mit dem beträchtlichem Auslandsvermögen künftig erwirtschafteten Erträge in Österreich zu versteuern wären.

Das behauptete blinde Vertrauen der Bf. und der Kinder auf das stets rechtstreue Verhalten des Ehemannes und Vaters, weshalb die Stiftungsbegünstigten vermeint hätten, die ausländischen Kapitalerträge in Österreich nicht versteuern zu müssen, ist bei einer derart objektiv verdächtigen Sachlage einfach nicht glaubwürdig. Hier liegen schon am Geschehensbeginn für jedermann erkennbare Zweifel vor, die nach allgemeiner Lebenserfahrung selbstverständlich zur Erkundigung und Einholung von Informationen über die Steuerpflicht für das erworbene Großvermögen führen.

Die Bf. sowie die Kinder hatten nach dem Tode von G. über einen Rechtsanwalt in Wien die Kontaktdaten der für die Stiftungen zuständigen Personen bei der L. Bank AG in Vaduz erhalten. Sie waren dann gemeinsam zur Regelung ihrer Stiftungsangelegenheiten im Jahr 2001 bei der L. Bank in Vaduz. Dort wurden sie von Anwälten der Bank über die ihnen zuzurechnende Stiftung, die Vermögensverwaltung und ihre Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen informiert. Mittels Beistatuten vom September 2001 (also nach dem Tode von G.) sind die Bf. und ihre beiden Kinder als Erstbegünstigte jeweils einer Stiftung durch die Domar Treuhand- und Verwaltungsanstalt Vaduz (Stifterin) eingesetzt worden und haben damit ausdrücklich Verfügungsmacht über Ertrag und Substanz dieses Stiftungsvermögens erhalten.

Diese Beistatuten enthalten die Unterschrift der Angehörigen und es ist deshalb mit Sicherheit anzunehmen, dass die Bf. sowie T,. und S,, vom Inhalt dieser Stiftungsregelungen Kenntnis hatten. Bei der niederschriftlichen Einvernahme haben die Begünstigten unmissverständlich dargelegt, dass sie von den Beratern der L. Bank 2001 von ihrer Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen informiert worden sind. Unter anderem teilte T,. auch mit, anfangs mehrmals Geld aus der Stiftung entnommen zu haben.

Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Bf. sowie die Kinder sowohl bei der Kontaktperson in Wien (Rechtsanwalt) und insbesondere von den Mitarbeitern der L. Bank AG, welche zunächst die weitere Vermögensverwaltung für das Stiftungsvermögen im Auftrag der Begünstigten vorgenommen haben, sogleich S,, fachkundigen Informationen, auch über die Steuerpflicht des von ihnen erworbenen Kapitalvermögens erhielten und soweit noch erforderlich Erkundigungen eingeholt haben.

Zudem waren S,, drei Begünstigten seit 2002 durch einen berufsbefugten Steuerberater durchgehend steuerlich vertreten und haben Abgabenerklärungen beim Finanzamt eingereicht.

In den aktenkundigen Bankunterlagen wurde ausdrücklich auf die Steuerpflicht der ausländischen Kapitalerträge im Wohnsitzstaat hingewiesen und empfohlen deshalb den Steuerberater zu kontaktieren. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich jemand zumindest grundsätzlich über sein Kapitalvermögen und deren Entwicklung im Verlauf der Jahre informiert und daher in die für ihn relevanten Bankbelege - allenfalls auch durch Reisen nach Liechtenstein - Einsicht nimmt.

Bei dieser Sachlage ist es deshalb undenkbar, dass die Bf. über die Steuerpflicht der ausländischen Kapitalerträge in ihrem Wohnsitzstaat Österreich, nicht Bescheid wusste. Soweit sie von ihren fachkundigen Beratern keine (weiteren) Information über Steuer- und Erklärungspflicht dieser Kapitaleinkünfte in Österreich eingeholt haben sollte, hat sie mit Sicherheit auch kein Wissensdefizit gehabt. Der Bf. standen von Beginn an laufend ein Vermögensberater (zunächst Bankfachleute der L. Bank und anschließend V. von Vermögensverwaltung Sch. AG) und insbesondere der zur Steuerberatung befugte und bevollmächtigte steuerliche Vertreter) für kompetente steuerliche Information zur Verfügung und waren diese Personen auch zur Information verpflichtet.

Vielmehr ist aus einem allfälligen Verschweigen der ausländischen Kapitalerträge gegenüber dem mit der Erstellung der Abgabeerklärung beauftragten Steuerberater zu schließen, dass dieser von der Bf. bewusst nicht zum Mitwisser einer Abgabenhinterziehung gemacht werden sollte.

Im gegenständlichen Fall ist auch erwiesen, dass die Bf. und ihre beiden Kinder sich in der Vorgehensweise hinsichtlich ihres ausländischen Kapitalvermögens abgestimmt und dann auf gleiche Weise gehandelt haben. Es hätten daher S,, drei Personen - wie in den Beschwerden auch behauptet - demselben Rechtsirrtum über viele Jahre hinweg (2002 bis 2009) unterliegen müssen. Ein derartiges Unwissen ist bei der erwiesenen Sachlage (Vermögensberater, ständige StV, jährliche Abgabenerklärungen, nachweisliche Informationen zur Steuerpflicht der Kapitalerträge auf den Bankdokumenten) bei handlungsfähigen und mit durchschnittlicher Vernunft begabten Personen nicht denkbar. Der Einwand des Irrtums über die Steuerpflicht der Kapitalerträge stellt sich eindeutig als Schutzbehauptung dar.

Bereits die Aussagen der Bf. bei der niederschriftlichen Einvernahme vermitteln den Eindruck, dass nicht versucht wurde aufrichtig die Fragen zu beantworten, sondern bewusst vage und ausweichende Antworten gegeben wurden, um die Wahrheit zu verbergen. Die Verantwortung der Bf. erfolgte sinngemäß und auszugsweise wie folgt: "Habe in Vaduz T, einige Sachen unterschrieben, weil es von der Bank verlangt wurde […]. Ich kann dazu keine Unterlagen vorlegen […] Ich hatte keinen Berater. Habe keine Auskunft erhalten, mir wurde nichts erklärt. Glaube eine Stiftung übernommen zu haben, weiß den Namen nicht mehr. Ich habe mich nicht ausgekannt. Ich hatte den Berater V.. Er hat mir nichts erklärt. Er hat es gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, eine Stiftung gegründet zu haben."

Die Bf. stand jahrelang im Berufsleben und hat auch inländische Bankkonten gehabt. Sie verfügt über eine zumindest intellektuell durchschnittliche Begabung. Der gleiche Beurteilungsmaßstab trifft auch auf ihre beiden mithandelnden Angehörigen zu. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sie wesentliche Urkunden, die sie im Zusammenhang mit den ihnen zuzurechnenden Stiftungen und der von ihnen beauftragten Vermögensverwaltung unterzeichneten, vorgelegt oder erhalten haben, auch gelesen und verstanden haben.

Die Kapitalerträge waren im Verhältnis zu den übrigen Einkünften der Bf. von einer erheblichen Größenordnung (rd. € 100.000 bis € 145.000). Bei einer inländischen KESt von 25% (z.B. für Erträge inländischer Kapitaleinlagen) ist es nicht glaubwürdig, dass die Bf. (und ihre Kinder) ernsthaft vermeinen hätte können, mit der einbehaltenen Quellensteuer in Höhe von 0,3% bis 1,4% (siehe Tabelle 1) wären diese Kapitalerträge in Liechtenstein, bzw. der Schweiz endbesteuert worden und in Österreich nicht mehr zu versteuern. Es ist davon auszugehen, dass die Bf. und ihre beiden Kinder über die wirtschaftliche Entwicklung ihres Vermögens und somit auch über ausländische Quellensteuern jährlich informiert wurden. In der Beschwerde wurde dazu auch vorgebracht, dass die Bf. vermeinte mit der ausländischen Quellensteuer ihrer Steuerpflicht vollkommen entsprochen zu haben, was eine Kenntnis von dieser Auslandssteuer voraussetzt.

Dass die Bf. sich mit ihrem Vermögen beschäftigt hat, beweist auch der Umstand, dass sie gemeinsam mit den beiden Kindern einen anderen Vermögensverwalter im Ausland gesucht und mit der Verwaltung ihres Stiftungsvermögens beauftragt haben. Es erfolgte ein Wechsel der Vermögensberatung von der L. Bank AG Vaduz zur schweizerischen Vermögensberatungsgesellschaft Sch. AG in der Person von V..

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich der Eigentümer für seine Geldangelegenheiten interessiert und daher wissen und verstehen will, warum eine Stiftung, in der sein Kapital verborgen gehalten wird, geändert werden soll, ebenso warum die Bankkonten und Wertpapierdepots von einer liechtensteinischen Bank zu einer schweizer Bank verlagert werden sollen oder eine neue Stiftung in Panama errichtet und von dieser das Vermögen vorübergehend gehalten werden soll.

Kein vernunftbegabter Anleger, sagt bei diesen Umgestaltungen zu seinem Berater einfach "mache Sam!", ohne dass ihm erklärt wurde und er weiß, warum das gemacht werden soll.

Die Gründe für die vorgenommenen Dispositionen liegen offensichtlich auf der Hand und müssten der Bf. und den beiden anderen Begünstigten bekannt sein. Die Behauptung, dass sie den Zweck dieser Handlungen nicht kennen, obwohl sie sie in Auftrag gegeben und bezahlt haben, ist als bewusste Unwahrheit einzustufen. Die Handlungen wurden offenkundig vom Vermögensberater vorgeschlagen, um die wirtschaftlichen Eigentümer dieses Vermögens vor dem Hintergrund zunehmender Prüfungsstandards der Banken und steuerlicher Konteninformationen besser zu verschleiern.

Auch diese wirtschaftlichen Dispositionen und die unglaubwürdige angebliche Unwissenheit über die Gründe dafür, sind ein Beweiselement, dass auf den Vorsatz der Bf., die Einkommensteuer von ihren Kapitalerträgen zu hinterziehen, deutlich hinweist.

Aus den aufgezeigten Umständen ist mit Sicherheit festzustellen, dass die Bf. keinem Irrtum bei der Abgabe ihrer Steuererklärungen unterlegen ist. Sie hat mit vollem Wissen und Willen, die Einkommensteuer von ihren hohen ausländischen Kapitaleinkünften hinterzogen. Grundsätzlich genügt für das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung bedingter Vorsatz (dolus eventualis). Nach Auffassung des BFG ist aus den gesamten Umständen und dem Verhalten der Bf. aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu schließen, dass sie es nicht T, für möglich hielt durch ihr Handeln die Einkommensteuer zu verkürzen, sondern dass es ihr sogar darauf ankam diesen Erfolg herbeizuführen. Mit Absicht hat die Bf. in voller Kenntnis von der Steuerpflicht der ausländischen Kapitalerträge diese hohen Einkünfte S,, Jahre vor der Abgabenbehörde gezielt verschleiert und vertuscht und bewusst unrichtige Steuererklärungen (AN-Erklärungen, anstatt ESt-Erklärung unter Angabe der Kapitalerträge) durch den beauftragten Steuerberater einreichen lassen.

Der Bf. war das Unrecht der vorgenommenen Abgabenhinterziehung bewusst und sie wäre auch in der Lage gewesen, gemäß dieser Einsicht anders zu handeln.

Dass die Steuervermeidung ein wesentliches Handlungsmotiv der Bf. war, indiziert auch die Nichterklärung ihrer Witwen-Pension im Jahr 2008 und ihre wirtschaftlichen Dispositionen im Juli 2010. Die Bf. und v.a. ihre beiden Kinder haben in der Folge wiederum gemeinsam handelnd einen beträchtlichen Teil des aus ihren Stiftungen entnommenen Kapitalvermögens steuerschonend in ausländische fondsgebundene Lebensversicherungen investiert. Derartige hybride Finanzvehikel haben den Zweck die Kapitalertragssteuer zu umschiffen. Sie gehen in ihrer Gestaltung gezielt an die Grenzen einer Steuerpflicht und riskieren damit auch eine allfällige Überschreitung. Auch diese Investitionen der Angehörigen im Jahr 2010 waren schließlich vom Ziel der Steuervermeidung bestimmt.

Vom BFG wurden bereits mehrere ähnlich gelagerte Fälle zur Frage der Verjährung entschieden, in denen die Steuerpflichtigen in der Schweiz oder in Liechtenstein angelegtes Kapitalvermögen im Erbschaftswege erworben und die daraus bezogenen Kapitalerträge in Österreich nicht erklärt haben. Das BFG gelangte bei den nach Sach- und Beweislage vergleichbaren Fällen zu dem übereinstimmenden Ergebnis, dass die Stpfl. mit zumindest bedingten Vorsatz die Einkommensteuer von den Kapitalerträgen verkürzt haben (z.B. BFG, , RV/7100942/2018; BFG, , RV/7101350/2014; BFG, , RV/4100411/2014; BFG, , RV/7102637/2014). Diese Entscheidungen des BFG stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH und es wurde diese Judikatur im Erkenntnis des VwGH, , Ro 2016/15/0005 (Rz 33) auch ausdrücklich bestätigt.

3. Zusammenfassung Verjährung der angefochtenen Einkommensteuebescheide

Festzuhalten ist, dass die Einkommensteuer der streitgegenständlichen Jahre hinterzogen worden ist und die Verjährungsfrist daher gemäß § 207 Abs. 2 BAO auf 10 Jahre verlängert wurde. Zudem ist wie in Punkt 1. dargelegt, bei den Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 die Verjährungsfrist auch durch außenwirksame Amtshandlungen gemäß § 209 Abs. 1 BAO bis um verlängert worden.

Bei der Festsetzung der Einkommensteuer mit den geänderten ESt-Bescheiden 2006, 2007, 2008 und 2009, die nachweislich am rechtswirksam zugestellt worden sind, ist daher keine Verjährung vorgelegen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

4. Fehlende Mängelbehebung betr. Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide und Anspruchszinsenbescheide

Gemäß § 250 Absatz 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d) eine Begründung.

Die Bestimmung des § 85 Abs. 2 BAO lautet:

"Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen T, dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. betreffend ihrer Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide und gegen die Anspruchszinsenbescheide gemäß § 85 Abs. 2 iVm §§ 2a, § 269 Abs. 1 und § 250 Abs. 1 BAO aufgetragen, den inhaltlichen Mangel der fehlenden Erklärung, welche Änderung begehrt wird und die fehlende Begründung, warum die angefochtenen Bescheide als rechtswidrig erachtet werden, binnen einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu beheben, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte.

Der vorgenannte Beschluss (Mängelbehebungsauftrag) wurde dem Zustellungsbevollmächtigten der Bf. am rechtswirksam zugestellt.

Die beschwerdefühende Partei hat mit Anbringen vom , eingebracht mit Telefax am , zu dem Beschluss Stellung genommen. Zum Mängelbehebungsauftrag betreffend die Beschwerde gegen Anspruchszinsenbescheide erfolgte keine Äußerung und zur Mängelbehebung betreffend die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide gab die Bf. folgende Erklärung ab:

"Die Wiederaufnahmebescheide betreffend die Einkommensteuerveranlagungsverfahren 2004 bis 2012 werden S,, in jenem Punkt angefochten, dass die Wiederaufnahmen der Einkommensteuerverfahren zu Unrecht erfolgten."

Eine Bescheidbeschwerde gegen einen Wiederaufnahmebescheid, die T, die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides und die Erklärung enthält, dass die Wiederaufnahme der Veranlagungsverfahren zu Unrecht erfolgte, entspricht nicht den Inhaltserfordernissen einer Bescheidbeschwerde gemäß § 250 Abs. 1 BAO.

Der Bf. wurde daher vom BFG nach dem zwingenden Recht des § 85Abs. 2 BAO die Behebung der bezeichneten Mängel mit Beschluss vom rechtswirksam aufgetragen.

Die Bf. ist mit ihrem Anbringen vom dem erteilten Auftrag zur Mängelbehebung betreffend die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide überhaupt nicht und betreffend die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide nicht ausreichend nachgekommen.

Aus der Beschwerdebegründung sollen die belangte Behörde und das Verwaltungsgericht erkennen können, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel für erfolgversprechend hält, also weshalb sie den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig erachtet.

Der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide fehlt eine solche Begründung. Die als Mängelbehebung von der Bf. abgegebene Erklärung "die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren sei zu Unrecht erfolgt" ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH keine hinreichende Begründung iSd § 250 Abs. 1 lit. d BAO (vgl. Ritz, BAO6, § 250 Rz. 15 sowie die st.Rsp. des VwGH, z.B. ; ; ; ; 83/14/0172; , 2010/15/0213; , 93/15/0137).

Das somit dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen wurde, tritt die Rechtsfolge der Beschwerdezurücknahme nach § 85 Abs. 2 BAO, auf welche im Beschluss ausdrücklich hingewiesen wurde, ein. Der Ausspruch, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt, erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis und gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beurteilung des vorsätzlichen Handelns der Bf. bei der Verkürzung der Einkommensteuer ist eine Tatfrage, die nicht zum Gegenstand einer ordentlichen Revision erhoben werden kann. Die Zurücknahme gemäß § 85 Abs. 2 BAO folgt aus dem klaren Gesetzeswortlaut und steht auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
Eber/Kuscher in ZWF 2022, 207
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103350.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at