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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.11.2021, RV/7104384/2020

Aufteilung des Familienbonus Plus zwischen dem Unterhaltsleister und dem neuen Partner der Kindesmutter?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104384/2020-RS1
Steht für ein Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zu, kann der Familienbeihilfenberechtigte und/oder der Unterhaltsleister den Familienbonus Plus beantragen. Der (Ehe-)Partner des Familienbeihilfeberechtigten hat neben dem Unterhaltsleister keinen Anspruch, selbst wenn der Familienbeihilfebezieher den Familienbonus Plus nicht geltend macht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

In der elektronischen Einkommensteuererklärung für 2019 beantragte der Beschwerdeführer (Bf) für seine Tochter ***1*** (geb. 2010) den Familienbonus Plus von 10% und für die Stieftochter ***2*** (geb. 2015) den halben Familienbonus Plus.

Mit Einkommensteuerbescheid vom wurde im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung des Bf lediglich für ***2*** ein Familienbonus Plus von 750 Euro in Abzug gebracht.

In der Beschwerde vom machte der Bf geltend, dass 10% Familienbonus Plus für seine Tochter ***1*** nicht berücksichtigt worden sei.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde vom Finanzamt lediglich einen Familienbonus Plus von 150 Euro für ***1*** anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bf für den Familienbonus Plus für ***2*** nicht anspruchsberechtigt sei, weil nach den vorliegenden Daten für dieses Kind der gesetzliche Unterhalt (Alimente) für das gesamte Veranlagungsjahr im vollen Umfang geleistet worden sei. Anspruchsberechtigt sei neben der/dem Unterhaltszahler/in nur die/der Familienbeihilfenbezieher/in.

Der Bf wandte im Vorlageantrag vom betreffend die Nichtgewährung des Familienbonus Plus für ***2*** ein, dass ein im selben Haushalt lebender Partner des familienbeihilfeberechtigten Elternteils explizit als Antragsberechtigter genannt sei. Es sei daher widersprüchlich, dass in seiner Situation diese Möglichkeit nicht bestünde.
"- FBH-Bezieher und Partner!!,
- FBH-Bezieher und Unterhaltsverpflichteter,
- FBH-Bezieher allein,
- Unterhaltsberechtigter allein,
- Partner!! der FBH-Bezieherin allein oder gemeinsam mit der FBH-Bezieherin, jedoch nur, wenn der Unterhaltsberechtigte darauf verzichtet oder keinen Unterhalt leistet."

Dies seien ebenso legitime Konstellationen.

Daher sei nicht nachvollziehbar, warum die Aufteilung zwischen Unterhaltsverpflichteten und Partner des Familienbeihilfebeziehers nicht möglich ist. Er lebe seit 2018 mit seiner familienbeilfebeziehenden Partnerin in einer Partnerschaft. Er beantrage nur jene bislang nicht bezogene Hälfte des Familienbonus Plus, da seine Partnerin aufgrund TZ-Lohn selbst nicht die Voraussetzungen erfülle. Die Aufteilungsmöglichkeit unter Zuhilfenahme des Partners sei wie oben erwähnt grundsätzlich auch in anderen Konstellationen erlaubt, wenn die Familienbeihlfebezieherin nicht oder nur teilweise die Voraussetzungen erfüllt. Die Nichtanerkennung in seinem Fall sei nicht nachvollziehbar. Zu betonen sei, dass die Beantragung nur aufgrund einer positiven Recherche so gewählt worden sei.

Im Vorlagebericht vom an das Bundesfinanzgericht führte die Abgabenbehörde u.a. aus, dass der leibliche Vater des Kindes den Unterhalt in vollem Umfang geleistet habe und im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung den halben Familienbonus Plus beantragt habe. Die Mutter des Kindes sei Familienbeihilfebezieherin, habe den Familienbonus Plus jedoch nicht beantragt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

1. 1. Der Bf hat für seine Tochter ***1***, für welche ihm der volle Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wurde, 10% des Familienbonus Plus beantragt. Dieser Absetzbetrag von 150 Euro fand im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2019 keine Berücksichtigung. Erst in der Beschwerdevorentscheidung wurde der Familienbonus Plus von 150 Euro für die Tochter ***1*** anerkannt.

1.2. Die Partnerin des Bf ist Familienbeihilfebezieherin für ihre Tochter ***2***. Sie machte den Familienbonus Plus nicht geltend. Der leibliche Vater hat für ***2*** den Unterhalt in vollem Umfang geleistet und den halben Familienbonus Plus beantragt. Der Bf bezieht weder Familienbeihilfe für seine Stieftochter noch steht ihm für ***2*** ein Unterhaltsabsetzbetrag zu.

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid wurde - dem Antrag des Bf entsprechend - der halbe Familienbonus Plus in Höhe von 750 Euro vorerst anerkannt. Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung kam die Abgabenbehörde zu dem Ergebnis, dass dem Bf dieser Absetzbetrag nicht zusteht.

2. Beweiswürdigung

Der oben angegebene Sachverhalt entspricht der Aktenlage und ist nicht strittig. Er wird daher der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 33 Abs. 3a Z. 1 lit a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe gewährt wird, auf Antrag ein Familienbonus Plus von monatlich 125 Euro zu.

Gemäß § 33 Abs. 3a Z. 3 lit a EStG 1988 ist der Familienbonus Plus entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht, wie folgt zu berücksichtigen:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Gemäß § 33 Abs. 3a Z. 3 lit b EStG 1988 ist der Familienbonus Plus für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht, wie folgt zu berücksichtigen:
- Beim Familienbeihilfenberechtigen oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Gemäß § 124b Z 336 EStG 1988 kann abweichend von § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988 in der Veranlagung für die Kalenderjahre 2019 bis 2021 für ein Kind, für das ein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, entweder der Familienbeihilfenberechtigte oder der Steuerpflichtige, der den gesetzlichen Unterhalt im Kalenderjahr zur Gänze leistet, 90% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus beantragen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a) Es erfolgte eine Betreuung des Kindes entsprechend § 34 Abs. 9 Z 2 und 3 EStG 1988 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 62/2018.
b) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr mehr als die Hälfte der Aufwendungen für diese Kinderbetreuung geleistet.
c) Der Antragsteller hat im Kalenderjahr zumindest 1.000 Euro für diese Kinderbetreuung aufgewendet.
Wird dem Antrag entsprochen, stehen dem anderen Antragsberechtigten 10% des nach § 33 Abs. 3a Z 1 oder Z 2 zustehenden Familienbonus Plus zu.

3.1.1. Familienbonus Plus iHv 10% für die Tochter ***1***

Nach der Übergangsregelung des § 124b Z 336 EStG 1988 hat der/die Familienbeihilfeberechtige (bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen) einen Anspruch auf 90% des Familienbonus Plus. Wird dem Antrag entsprochen, stehen dem anderen Antragsberechtigten 10% des Familienbonus Plus zu.

Dass die Anspruchsvoraussetzungen für 10% des Familienbonus Plus auf den Bf zutreffen, ist nicht mehr strittig, zumal die Abgabenbehörde der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom in diesem Punkt Folge gegeben und dem Bf antragsgemäß 10% des Familienbonus Plus für Tochter ***1*** (das sind 150 Euro) zugesprochen hat.

Der Beschwerde war daher in diesem Punkt Folge zu geben.

3.1.2. Halber Familienbonus Plus für Stieftochter ***2***

Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Familienbonus Plus je Kind zur Gänze von einem anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen oder je zur Hälfte von zwei anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen beantragt werden. Eine andere Aufteilung ist nicht zulässig (abgesehen von der oben angeführten Übergangsregelung). Die Möglichkeiten der Aufteilung stellen sich wie folgt dar:
• Steht für das Kind kein Unterhaltsabsetzbetrag zu, kann der Familienbeihilfenberechtigte oder dessen (Ehe)Partner den vollen Absetzbetrag beantragen; alternativ kann der Absetzbetrag von beiden je zur Hälfte beantragt werden.
• Steht für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag in einem Monat zu, kann der Familienbeihilfenberechtigte oder der Steuerpflichtige, dem der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, den vollen Absetzbetrag beantragen; alternativ kann der Absetzbetrag von beiden je zur Hälfte beantragt werden (siehe Kanduth-Kristen in JAKOM, 2021, EStG, § 33 Tz 34).

Im vorliegenden Fall stand für ***2*** dem Unterhaltsleister für alle Monate des Jahres 2019 der Unterhaltsabsetzbetrag zu. Das bedeutet, dass iSd § 33 Abs. 3a Z. 3 lit b EStG 1988 die Partnerin des Bf als Familienbeihilfenberechtigte und der leibliche Vater als Unterhaltsleister anspruchsberechtigt sind. Dem Unterhaltsleister wurde dementsprechend der halbe Familienbonus Plus zugesprochen.

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 33 Abs. 3a Z. 3 lit a EStG 1988 besteht ein Anspruch des (Ehe-)Partners auf den Familienbonus Plus nur für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht. Dies ist hier nicht der Fall. Eine Aufteilung zwischen dem Unterhaltsverpflichteten und dem Partner der Familienbeihilfebezieherin ist gesetzlich nicht vorgesehen, selbst wenn die Familienbeihilfebezieherin die zweite Hälfte des Familienbonus Plus nicht geltend macht. Der Unterhaltsleister kann den vollen Absetzbetrag beantragen.

Der vom Bf geltend gemachte halbe Familienbonus Plus für ***2*** ist daher nicht anzuerkennen.

Der Einkommensteuerbescheid 2019 war daher im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Lösung der Rechtsfrage bereits aus dem ausdrücklichen Gesetzestext. Die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104384.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at