Inanspruchnahme eines ehemaligen Geschäftsführers einer aufgelösten GmbH zur Haftung
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0156. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Astrid Hinterberger, Singerstraße 11/7, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nun Zollamt Österreich) vom betreffend Haftungsbescheid / Sonstige vom , Zahl: ***230000/00000/20/2011***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
***Bf*** (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) war im Zeitraum ***2009*** bis ***2014*** Geschäftsführer der ***GmbH***, ***GmbH-Adr***.
Mit Beschluss des ***LG*** vom ***2015*** ist der Insolvenzantrag dieses Unternehmens mangels Vermögens nicht eröffnet worden.
Zu diesem Zeitpunkt waren noch Abgabenschulden des Unternehmens in Höhe von EUR 50.872,98 offen, die während der Geschäftsführertätigkeit des Bf entstanden sind, und die aus einer nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Eingangsabgaben in Folge einer durchgeführten Betriebsprüfung resultieren.
Aus welchen Gründen es ihm nicht möglich gewesen ist, seine abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, hat der Bf im Vorhaltverfahren nicht dargelegt.
Mit Haftungsbescheid vom , Zahl: ***230000/00000/20/2011***, ist der Bf vom Zollamt für die oa aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der genannten GmbH als Haftungspflichtiger gemäß §§ 9 Abs 1 und 80 Abs 1 iVm 224 Abs 1 BAO in Anspruch genommen worden und wurde aufgefordert, den Betrag von EUR 50.872,98 innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten.
Eine Ablichtung des an die GmbH ergangenen Abgabenbescheides vom , Zahl: ***230000/00000/2009/004***, samt Beilagen ist dem Haftungsbescheid angeschlossen.
In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, man habe die in Rede stehenden Abgaben bei der GmbH nicht einbringen können, weil der Bf die ihm als Geschäftsführer auferlegten Pflichten schuldhaft verletzt habe. Die Abgaben seien beim Hauptschuldner uneinbringlich. Da ein öffentliches Interesse an einem gesicherten Abgabenaufkommen bestehe, werde daher der Bf als Haftender herangezogen.
Mit Schreiben vom hat der Bf durch seine Vertreterin Beschwerde gegen den Haftungsbescheid erhoben und diesen dem gesamten Inhalt nach angefochten..
In der Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht der Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2009/004***, betreffend nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben auf Grund der durchgeführten Betriebsprüfung bei der GmbH sei aufgrund einer divergierenden Rechtsansicht hinsichtlich der tariflichen Einreihung von Waren (***X***) bekämpft worden, die Abgabepflichtige habe sich jedoch mit ihrer Rechtsansicht nicht durchsetzen können. In der Folge sei beginnend ab Juli 2012 eine Ratenvereinbarung über monatlich EUR 500,00 mit der belangten Behörde geschlossen worden, die pünktlich und fristgerecht eingehalten wurde, solange der Bf Geschäftsführer gewesen ist, jedenfalls bis inklusive Februar 2014. Weiters seien ab dem Zeitpunkt, in dem nicht sicher gewesen sei, ob man sich mit seiner Rechtsansicht dursetzen werde, Rückstellungen gebildet worden. Dies werde im Haftungsbescheid nicht erwähnt.
Falls der nach dem Ausscheiden des Bf als Geschäftsführer verbleibende und sohin in weiterer Folge alleinige Geschäftsführer der GmbH, ***GF2***, die Ratenvereinbarungen eingestellt haben sollte, liege dies nicht im Einflussbereich des Bf und treffe ihn für die Nichteinbringung kein Verschulden. Die "Vereitelung" der Abgabenzahlung sei erst (weit) nach Zurücklegung seiner Funktion als Geschäftsführer eingetreten. Weder zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung noch zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Bf als Geschäftsführer der GmbH wäre die Nichterfüllung der Abgabenforderung erkennbar gewesen.
Darüber hinaus habe er nicht nur seine Funktion als Geschäftsführer ***2014*** zurückgelegt, sondern auch im August 2014 seine Geschäftsanteile an der GmbH abgetreten. Er habe sohin kein Verfügungsrecht mehr über die Bücher und die Papiere der Gesellschaft und verfüge auch über keinerlei Geschäftsunterlagen, schon gar nicht aus dem Jahr 2011. Die vom Zollamt geforderte Aufstellung könne er daher unmöglich erstellen. Er habe die aus dem Firmenbuch bzw der Urkundensammlung des Firmenbuchs enthaltenen Bilanzen (Jahresabschlüsse) vorgelegt und die damalige Steuerberatungskanzlei kontaktiert, deren Stellungnahme unverzüglich nach Eintreffen nachgereicht werde.
Die Behörde hätte eine amtswegige Einsichtnahme in die Bücher und Papiere der GmbH vornehmen können.
Der Bf habe beigetragen, was er konnte. Eine schuldhafte Verletzung der auferlegten Pflicht zur Entrichtung der Abgaben liege nicht vor. Ohne Setzung einer Nachfrist zur Vorlage von Unterlagen sei von der Behörde ein Haftungsbescheid erlassen worden. Dadurch liege letztlich eine Verletzung des Parteiengehörs und der Ermittlungspflicht der Behörde jedenfalls aber die Verletzung von Verfahrensvorschriften vor.
Dem Bf sei auch nicht vorzuwerfen, dass im Entstehungszeitraum Mai 2011 nicht die gesamte Abgabenforderung auf einmal bezahlt wurde, sondern eine Ratenvereinbarung (im Einverständnis mit der belangten Behörde) getroffen worden ist. Jedenfalls wären zum Entstehungszeitpunkt die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt worden als etwaige andere Verbindlichkeiten. Die Abgabenschulden seien unmittelbar nach dem Geschäftsjahr 2010 (***2010-2011***) entstanden, das mit einem Bilanzgewinn von über EUR 10.000,00 und einem Eigenkapitalanteil von über EUR 28.000,00 geendet habe. Im Folgejahr habe sich zwar ein Bilanzverlust ergeben, welcher jedoch im weiteren Geschäftsjahr neutralisiert worden sei und ein deutlich positives Eigenkapitel aufzeigte. Wie bereits aus der Bilanz ersichtlich, sei kein anderer Gläubiger besser oder bevorzugter behandelt worden. Vielmehr habe sich durch die konsequente Bedienung der Ratenvereinbarung in diesem Zeitraum eine bevorzugte Behandlung der Abgabenschulden ergeben.
Die Judikatur verlange weiters eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall. Die Pflichtverletzung muss zur Uneinbringlichkeit geführt haben. Wäre die Abgabe auch ohne schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters uneinbringlich geworden, so bestehe keine Haftung. Wäre es der GmbH im Jahr 2011 bzw im Zeitpunkt der Ratenvereinbarung nicht möglich gewesen, die Abgabenschuld unter einem zu begleichen und hätte diese demnach Konkurs anmelden müssen, wäre es demnach zu keiner Haftung des Bf gekommen.
Es könne sohin nicht angehen, dass nun, nachdem der Bf in seiner Funktion als Geschäftsführer alles unternommen habe, um die Abgabenschuld zu bedienen nach seinem Ausscheiden persönlich zur Haftung herangezogen werde.
Darüber hinaus liege die Haftungsinanspruchnahme im Ermessen der Abgabenbehörde. Neben der Nachrangigkeit im Verhältnis zur Inanspruchnahme des Hauptschuldners seien auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Haftungspflichtigen sowie der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen. Es würden auch zahlreiche Billigkeitsgründe vorliegen.
Abschließend wird noch geltend gemacht, der Haftungsbescheid sei im Hinblick auf die begehrte Abgabenforderung nicht nachvollziehbar bzw widersprüchlich und daher bereits aus diesem Grund mangelhaft und zu beheben.
Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom , Zahl: ***230000/00000/25/2011***, hat das Zollamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung führt die Behörde bezüglich der Pflichtverletzungen ua aus:
"Sofern die ***GmbH*** bereits zum Fälligkeitstag der Abgaben nicht mehr über ausreichend liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, wäre der Bf als Vertreter der Primärschuldnerin verpflichtet gewesen, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssen alle damaligen Gläubiger der ***GmbH*** (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem sind alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw gegenüber zu stellen. Die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger der ***GmbH*** kann auch auf andere Art und Weise einwandfrei bekannt gegeben werden. Diese Nachweise wurden nicht erbracht."
Hinsichlich der Ermittlungspflicht der Behörde wird in der BVE ausgeführt:
"Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise muss das Zollamt davon ausgehen, dass der Bf die ihm obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt hat, und diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall bei der ***GmbH*** ist.
Die amtswegige Ermittlungspflicht findet dort ihre Grenzen, wo der Abgabenbehörde weitere Nachforschungen nicht mehr zugemutet werden können, wie dies insbesondere dann der Fall ist, wenn ein Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit der Partei geklärt werden kann, die Partei aber zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung nicht ausreichend bereit ist oder eine solche unterlässt. Dies ist hier geschehen. Das Zollamt ist somit einer ausreichenden Ermittlungspflicht nachgekommen."
Der gegenständliche Haftungsbescheid stehe auch in keinerlei Widerspruch zu der angeführten Ratenvereinbarung, in der unmissverständlich angeführt werde, dass die getroffenen Feststellungen als gegenstandslos gelten und weitere Vollstreckungsmaßnahmen umgehend eingeleitet werden, wenn die monatlichen Zahlungen nicht pünktlich eingehalten werden. Der Pflichtige sei auch darauf hingewiesen worden, dass aus dieser Regelung kein Rechtsanspruch abgeleitet werden könne, der die Vollstreckungsmaßnahme des Zollamtes hemmt.
Auch den anderen Punkten in der Beschwerde tritt das Zollamt unter Zitierung der einschlägigen VwGH-Rechtsprechung entgegen und legt dar, wie sich der aushaftende Betrag der Abgabenschuld errechnet.
Mit Schreiben vom hat der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragt.
Das BFG hat in der Folge die mit dem Zollamt geschlossene Ratenvereinbarung angefordert, die sich nicht unter den vorgelegten Unterlagen befunden hat, und dem Bf das Antwortschreiben der Abgabenbehörde zur Kenntnis gebracht.
Mit Stellungnahme vom merkt der Bf dazu an, es sei richtig, dass im Juni 2012 eine Ratenvereinbarung getroffen wurde, diese verbindliche Vereinbarung sei aber nicht von der Privatperson ***GF2*** geschlossen worden, sondern war er einer von zwei handelsrechtlichen Geschäftsführern (beide vertraten selbstständig) der ***GmbH***.
Nach Ausscheiden des Bf wurde die Ratenzahlung alleinig durch diesen als Geschäftsführer für die GmbH bedient. Dem Bf wäre bereits durch das Ausscheiden als Geschäftsführer jeglicher Einflussbereich entzogen und habe es nicht mehr in seiner Verantwortung gelegen ob die GmbH ihrer Verpflichtung nachkommt.
Vorgelegt wurden auch Unterlagen bezüglich der Einreihung von ***X*** in den Zolltarif, die mit Verordnung (EG) Nr. 144/2012 und 145/2012 vom abweichend von einer der GmbH erteilten verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) in die Position 8528 7115 eingereiht worden sind, weshalb die vZTA am ungültig geworden ist.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen gemäß § 9 Abs 1 leg cit für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
§ 80 Abs 1 BAO lautet:
"Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden."
Der Bf war bis ***2014*** handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und daher für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin verantwortlich.
Bei der GmbH in Liqu. sind die haftungsgegenständlichen Abgaben uneinbringlich. Von der Uneinbringlichkeit der Abgaben im Sinne des § 9 BAO ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann auszugehen, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (zB ). Die Gesellschaft ist infolge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens aufgelöst.
Zum Vorbringen des Bf, eine Haftungsinanspruchnahme komme nicht in Betracht, weil mit dem Zollamt eine Ratenvereinbarung getroffen worden war, die jedenfalls bis zu seinem Ausscheiden aus der GmbH eingehalten worden ist, ist Folgendes festzustellen:
Ausschlaggebend für die Haftung ist zunächst, wann eine Zahlungserleichterung beantragt worden ist.
Der Abgabenanspruch gegenüber der Primärschuldnerin resultiert aus einer Betriebsprüfung in deren Folge mit Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/2009/004***, eine nachträgliche buchmäßige Erfassung gemäß Artikel 220 der damals noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex ZK) erfolgt ist.
Die Grundregel des § 210 Abs 1 BAO über die Monatsfälligkeit gilt unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen spezielleren Regelungen.
Im gegenständlichen Fall ist die Fälligkeit der Einfuhrabgaben im Sinn der abgabenrechtlichen Vorschriften nach § 73 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) mit Beginn des Tages eingetreten, an dem sie nach dem Zollrecht spätestens zu entrichten waren. Im genannten Bescheid wird für die Entrichtung des Gesamtbetrages gemäß Artikel 222 Absatz 1 ZK eine Frist von 10 Tagen nach Zustellung des Bescheides eingeräumt.
Mit Schreiben vom und vom war von der GmbH zunächst unter Hinweis auf eine anhängige Berufung gegen den Nachforderungsbescheid eine Aussetzung der Einhebung beantragt worden. Dieser Antrag ist mit Bescheid vom , Zahl: ***230000/00000/02/2011***, als unbegründet abgewiesen worden. In der Folge sind Einbringungsmaßnahmen gegen die GmbH eingeleitet worden.
Erst lange nach dem Ablauf des Fälligkeitstermins hat der Geschäftsführer ***GF2*** zwecks Regulierung des Rückstandes Kontakt mit dem Zollamt aufgenommen und wurde der GmbH schließlich im Juni 2012 bewilligt, monatliche Teilzahlungen von EUR 500,00 zu leisten.
Das Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs 1 BAO) wurde aus den genannten Gründen nicht zeitgerecht im Sinne des § 230 Abs 3 BAO (vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist) eingebracht.
Da die haftungsgegenständlichen Abgaben im vorliegenden Fall bereits vor dem Zeitpunkt der Ratenvereinbarung mit dem Zollamt fällig gewesen sind, steht die zeitlich später erfolgte Genehmigung von Ratenzahlungen der Annahme, dass die Entrichtung bei Eintritt der Fälligkeit, als der Bf noch Geschäftsführer der GmbH gewesen ist, auf Grund einer schuldhaften Pflichtverletzung unterblieben ist, nicht entgegen.
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (zB ; , 2001/15/0108; , 2007/15/0277).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze (z.B. ).
Entsprechende Aufstellungen oder andere Nachweise über die maßgebliche finanzielle Situation der GmbH zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten hat der Bf der Abgabenbehörde oder dem Bundesfinanzgericht nicht vorgelegt.
Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. Die Geltendmachung der Haftung könnte selbst dann zweckmäßig sein, wenn die Haftungsschuld im Zeitpunkt der Geltendmachung uneinbringlich ist, da dies nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (; , 2006/14/0044).
Laut Aktenlage war die Haftungsinanspruchnahme des Bf, der eigenen Angaben zufolge über ein geregeltes Arbeitseinkommen verfügt, trotz seiner Einwände (vor über einem Jahr aus der GmbH ausgeschieden, kein Zugang mehr zu Geschäftsunterlagen usw) zweckmäßig. Billigkeitsgründe, welche die angeführten Zweckmäßigkeitsgründe überwiegen würden, und eine Abstandnahme von der Geltendmachung der Haftung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
Wie sich die Abgabenforderung zusammensetzt, hat die belangte Behörde in der BVE dargelegt.
Allfällige Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Haftungspflichtigen und der Abgabenbehörde darüber, ob eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, sind nicht im Haftungsverfahren, sondern im Verfahren auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO zu klären ( mit Hinweis auf ). Der Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto ist somit in dem in § 216 BAO normierten Verfahren auszutragen und es ist ein solches auch auf Antrag des Haftungspflichtigen durchzuführen ().
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des VwGH - nicht erfüllt.
Salzburg, am
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 220 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7200039.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at