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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.10.2021, RV/1100435/2018

Begünstigungsfähige Pensionsabfindung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den am von der belangten Behörde Finanzamt ***FA1***, nunmehr Finanzamt Österreich, ausgefertigten Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid, ausgehend von einem Einkommen in Höhe von € 44.837,33, die Einkommensteuer für das Jahr 2016 mit € 5.055,00 festgesetzt. Abweichend von der Steuererklärung wurden unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug (Auszahlung des Pensionskassenguthabens der ***1***) mit € 18.923,21 angesetzt. Dazu wird in der Bescheidbegründung ausgeführt, die Möglichkeit der Auszahlung eines Einmalbetrags anstelle einer (späteren) monatlichen Altersrente lasse keine Abfindung gesetzlicher Rentenansprüche erkennen. Aufgrund des ausgeübten Wahlrechts liege keine Pensionsabfindung vor, weshalb § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen könne und der Kapitalbezug zur Gänze zu erfassen sei.

2. Mit Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers (innerhalb der nach Fristverlängerungsansuchen vom 5. und offenen Frist) das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht. Beantragt werde, die Auszahlung aus dem Freizügigkeitskonto gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 zu einem Drittel steuerfrei zu belassen. Für den Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit bestanden, das Guthaben in Form einer Rente zu beziehen. Er habe keine Wahlmöglichkeit gehabt und auch keine solche in Anspruch genommen.

3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Die gesetzliche Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 setze voraus, dass für Anspruchsberechtigte auf eine Pensionsabfindung keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung bestehe. Nach Art. 37 des Schweizer Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge würden Leistungen grundsätzlich als monatliche Renten ausgerichtet, jedoch könne die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten eine Kapitalabfindung an Stelle einer Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenrente wählen könnten. Der im gegenständlichen Fall ausbezahlte Betrag stelle somit keine Pensionsabfindung im Sinne des § 124b Z 53 EStG 1988 dar. Die bestehende Möglichkeit der Auszahlung eines Einmalbetrages anstelle einer (späteren) monatlichen Altersrente lasse erkennen, dass keine Abfindung gesetzlicher Rentenansprüche vorliege. Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (; ) liege aufgrund des im Streitfall ausgeübten Wahlrechts keine Pensionsabfindung vor, weshalb § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zur Anwendung komme.

4. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schreiben vom (innerhalb der nach Fristverlängerung vom offenen Frist) die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Der Verwaltungsgerichtshof habe erst kürzlich klar zum Ausdruck gebracht, dass die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 auf Pensionskassenauszahlungen der vorliegenden Art anzuwenden sei. Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Senat.

5. Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat ergänzend, zur Beschwerde und zum Vorlageantrag, der belangten Behörde am ein Schreiben samt Beilagen übermittelt. Die Unterlagen wurden von der belangten Behörde an das Bundesfinanzgericht weitergeleitet. Die steuerliche Vertretung führt im Schreiben vom aus, der Verwaltungsgerichtshof habe mittlerweile wiederholt die Rechtsansicht vertreten (; , Ra 2018/15/0086), dass die Austrittsleistung, die eine Person gemäß Art. 2 Abs. 1 FZG iVm Art. 5 Abs. 1 lit. a leg. cit. als Barauszahlung erhalte, wenn ihr Versorgungsverhältnis mit der beruflichen Pensionskasse ihres bisherigen Schweizer Dienstgebers durch Dienstaustritt vor Eintritt des Versorgungsfalles beendet wurde und sie die Schweiz endgültig verlässt, als Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 EStG 1988 zu beurteilen sei. Begründend verweise das Höchstgericht auf den Normzweck von § 124b Z 53 EStG 1988, der der Vermeidung einer tarifmäßigen Besteuerung von Pensionsabfindungen in jenen Fällen diene, bei denen keine andere Möglichkeit bestehe als die Inanspruchnahme dieser Abfindung. Das Bundesfinanzgericht vertrete diese Auffassung ebenfalls in einer mittlerweile als gefestigt zu bezeichnenden Rechtsprechung (; , RV/1100370/2017 und jüngst , RV/1100398/2018). Mit dem Schreiben wurden folgende Unterlagen im Zusammenhang mit der Auszahlung des Altersguthabens aus dem Freizügigkeitskonto übermittelt:

  • Schreiben der ***1*** vom betreffend Auflösung des Freizügigkeitskontos

  • Schreiben des Sicherheitsfonds BVG vom betreffend Abklärung der Sozialversicherungspflicht

  • Vorsorgereglement der ***1*** der Kantonalbanken

  • Informationsblatt betreffend die Auflösungsmöglichkeiten des Freizügigkeitskontos

  • Merkblatt betreffend Weiterleitung von Guthaben aus der beruflichen Vorsorge ab

  • Freizügigkeitsausweise für die Jahre 2009 bis 2016

7. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat mit Schreiben vom die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den gesamten Senat zurückgezogen.

II. Rechtliche Beurteilung

1. § 124b Z 53 EStG 1988 lautet:

Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

2. Zweck dieser Bestimmung ist es, eine tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, wenn keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht ().

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt über Fälle entschieden, in denen Arbeitnehmer auf Grund der Beendigung ihres Dienstverhältnisses zu einem Schweizer Arbeitgeber vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters aus der Schweizer Pensionskasse ausgeschieden sind. Die im Zusammenhang mit dem endgültigen Verlassen der Schweiz zuerkannte Austrittsleistung wurde (unter der weiteren Voraussetzung, dass kein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital bestand) als begünstigungsfähige Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 beurteilt (; ).

4. Das Bundesfinanzgericht hat dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom die Frage gestellt, ob für ihn nach der schweizerischen Rechtslage und den hierzu in der Schweiz gepflogenen Interpretationen sowie den tatsächlichen Gegebenheiten bei Beendigung seiner Tätigkeit in der Schweiz die Möglichkeit bestand, den Vorsorgeschutz durch Abschluss einer prämienfreien Freizügigkeitspolice mit späterem Rentenanspruch aufrecht zu erhalten. Die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers hat in ihrem Antwortschreiben vom auf die von der belangten Behörde in vergleichbaren Fällen durchgeführten Erhebungen bei Versicherungsanstalten in der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein verwiesen. Diese seien um Auskunft ersucht worden, ob Freizügigkeitspolicen mit Anspruch auf eine spätere Auszahlung in Rentenform angeboten worden sind oder die Möglichkeit bestand, den Vorsorgeschutz in Rentenform durch Abschluss einer Freizügigkeitspolice im Wege eines individuellen Einzelvertrages aufrechtzuerhalten. Aus den Antwortschreiben der Versicherungsunternehmen hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bezüglich der Austrittsleistung bei Beendigung der Tätigkeit die Möglichkeit bestand, den Vorsorgeschutz mit Anspruch auf eine spätere Rentenzahlung durch Abschluss einer Freizügigkeitspolice aufrechtzuerhalten (zu den durchgeführten Ermittlungen siehe ; ). Das Antwortschreiben des Beschwerdeführers wurde vom Bundesfinanzgericht der belangten Behörde mit Schreiben vom zu Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Diese hat mit Schreiben vom auf eine Stellungnahme verzichtet und auf die im Antwortschreiben des Beschwerdeführers zitierte BFG-Rechtsprechung verwiesen. Das Bundesfinanzgericht geht somit auch im vorliegenden Fall davon aus, dass der Beschwerdeführer bei Beendigung seiner Tätigkeit in der Schweiz kein Wahlrecht zwischen Rente und Kapital hatte und damit alle Voraussetzungen für eine begünstigungsfähige Pensionsabfindung iSd § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 vorliegen. Demzufolge war spruchgemäß zu entscheiden.

III. Bemessungsgrundlagen und Höhe der festgesetzten Abgabe

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2016 betragen:

IV. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im Beschwerdefall relevanten Fragen zu den Voraussetzungen für eine begünstigte Besteuerung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100435.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at