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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.10.2021, RV/3100536/2019

Deutsche Rente, Progressionsvorbehalt, Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf., über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes F vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015, Steuernummer abc, zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015 zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bilden.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (Bf.) ist dem Zentralen Melderegister zufolge seit dem TagX mit seinem Hauptwohnsitz in Ort1, A-Straße, gemeldet. Er erzielt als Pensionist im Inland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, daneben auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Beteiligung an einer Mitbesitzgemeinschaft. Zudem bezieht er eine in Deutschland steuerpflichtige Sozialversicherungsrente aus einer früher dort ausgeübten Tätigkeit, die in Österreich - unbestritten - im Wege des Progressionsvorbehaltes zu erfassen ist.

2. Mit den am (für das Jahr 2014) und (für das Jahr 2015) elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärungen wurden vom Bf. keine deutschen Rentenbezüge (für Zwecke des Progressionsvorbehaltes) erklärt.

Das Finanzamt F erließ in der Folge am und Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015, mit denen jeweils eine antrags- und erklärungsgemäße Veranlagung zur Einkommensteuer vorgenommen wurde. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 berücksichtigte einen Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 von 577,93 € (aufgrund von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in dieser Höhe) und führte zu einer Steuergutschrift von 555,00 €. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 berücksichtigte einen Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 von 673,00 € (aufgrund von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in dieser Höhe) und führte zu einer Steuergutschrift von 430,00 €. Diese beiden Bescheide wurden rechtskräftig.

3. Am richtete das Finanzamt F an den Bf. folgendes Ergänzungsersuchen (betreffend die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016):

"Die österreichische Finanzverwaltung hat aufgrund einer internationalen Kontrollmitteilung die Information erhalten, dass Sie ausländische Einkünfte (z.B. Pension) bezogen haben. Zur Klärung des steuerlichen Sachverhalts geben Sie bitte bekannt, seit wann Sie die ausländischen Einkünfte beziehen, sowie die Höhe der Einkünfte. Sie werden ersucht, die diesbezüglichen Unterlagen in Kopie, sowie gegebenenfalls eine (berichtigte) Abgabenerklärung innerhalb der oben angeführten Frist vorzulegen."

In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens teilte der Bf. dem Finanzamt F am mit, dass eine "deutsche Pension" seit November 2013 bezogen werde; diese werde bereits in Deutschland versteuert. In einem legte der Bf. die deutschen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016 vor. Den für die Streitjahre vorgelegten deutschen Einkommensteuerbescheiden sind ua. folgende Beträge zu entnehmen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2014
2015
Jahresbetrag der Rente
3.050,00 €
3.107,00 €
ab steuerfreier Teil der Rente
1.037,00 €
1.037,00 €
steuerpflichtiger Teil der Rente
2.013,00 €
2.070,00 €
Summe der zu besteuernden Renten und Leistungen
2.013,00 €
2.070,00 €
ab Werbungskosten-Pauschbetrag
102,00 €
102,00 €
zu versteuerndes Einkommen
1.911,00 €
1.968,00 €

4. Das Finanzamt F erließ am - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO von Amts wegen - neue Bescheide ua. betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015, mit denen die ausländischen Einkünfte (für Zwecke des Progressionsvorbehaltes) mit 3.050,00 € (im Jahr 2014) und 3.107,00 € (im Jahr 2015) erfasst wurden. Die ausländischen Einkünfte wurden vom Finanzamt F als "andere Einkünfte" iSd § 41 Abs. 3 EStG 1988 behandelt, was zur Folge hatte, dass ein Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 nicht (mehr) berücksichtigt wurde.

Zur Begründung führte das Finanzamt F aus, dass Bescheide über die in Deutschland bezogene Pension vorgelegt worden seien. Diese sei bisher in den Einkommensteuererklärungen nicht angeführt worden. Dem Doppelbesteuerungsabkommen zufolge würden diese Einkünfte zwar in Deutschland besteuert werden, im Ansässigkeitsstaat, also Österreich, seien diese Beträge allerdings in die Progression miteinzubeziehen. Somit seien 3.050,00 € (im Jahr 2014) bzw. 3.107,00 € (im Jahr 2015) als Progressionseinkünfte angesetzt worden.

5. Gegen diese Bescheide erhob der Bf. am fristgerecht Beschwerden, die sich dagegen richteten, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zur Gänze als steuerpflichtig behandelt worden seien, obwohl sie (offensichtlich auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 EStG 1988) steuerfrei seien. Überdies wurde eingewendet, dass die Einkünfte aus der "deutschen Pension" mit dem Bruttobetrag ohne Abzug der steuerfreien Teile sowie der Werbungskosten angesetzt worden seien. Die steuerbaren Auslandseinkünfte hätten demnach 1.911,00 € (im Jahr 2014) bzw. 1.968,00 € (im Jahr 2015) betragen. Davon seien 303,00 € an Steuer und 22,00 € an Zinsen (im Jahr 2014) bzw. 314,00 € an Steuer (im Jahr 2015) in Abzug gebracht worden. Zur Untermauerung seines Vorbringens legte der Bf. den Beschwerden (nochmals) die deutschen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 bei. Vom Bf. wurde weiters eingewendet, dass er in Österreich an die Pensionsversicherungsanstalt Krankenversicherungsbeiträge von 142,67 € (im Jahr 2014) bzw. 158,52 € (im Jahr 2015) abgeführt habe.

6. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 vom Finanzamt F teilweise Folge gegeben. Die in Österreich abgeführten Krankenversicherungsbeiträge von 142,67 € (im Jahr 2014) bzw. 158,52 € (im Jahr 2015) wurden bei der Ermittlung der Auslandseinkünfte als Werbungskosten berücksichtigt. Die ausländischen Einkünfte wurden somit (für Zwecke des Progressionsvorbehaltes) mit 2.907,33 € (im Jahr 2014) und 2.948,48 € (im Jahr 2015) erfasst.

Im Übrigen wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt F aus, dass bei der Ermittlung der Höhe der deutschen Pensionseinkünfte nach den Bestimmungen des österreichischen Einkommensteuergesetzes vorzugehen sei. Das Ausscheiden eines steuerfreien Anteils im Zuge der Veranlagung in Deutschland habe für die Veranlagung in Österreich keine Relevanz, weil das österreichische Einkommensteuergesetz keine derartige Bestimmung beinhalte. Die Einkünfte der deutschen Sozialversicherungsrente seien also für Zwecke des Progressionsvorbehaltes vom Bruttobetrag zu berechnen, die dafür (im Inland) entrichteten Krankenversicherungsbeiträge könnten als Werbungskosten berücksichtigt werden.

7. Am stellte der Bf. fristgerecht Anträge auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerden durch das Verwaltungsgericht. Den Beschwerdevorentscheidungen sei keine Begründung zu entnehmen, warum der Steuerfreibetrag für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aberkannt worden sei. Nach Rückfragen beim Finanzamt habe der Bf. erfahren müssen, dass das Einkommen aus der kleinen, bereits in Deutschland versteuerten deutschen Pension auf den Freibetrag angerechnet worden sei. Dies sei nicht gerechtfertigt, weil es sich bei diesem Einkommen um ein lohnsteuerpflichtiges Einkommen handle, auch wenn die Lohnsteuer im Ausland bezahlt worden sei. Auch läge eine Ungleichbehandlung vor, weil der Freibetrag sehr wohl zustünde, wenn der Bf. die Arbeitsjahre in Österreich verbracht hätte. Letztlich widerspreche die Auslegung des Finanzamtes dem Grundgedanken dieses Freibetrages.

Der Bf. beantragte daher, das Einkommen aus der deutschen Pension der österreichischen Pension gleichzustellen, dieses nicht in die Berechnung des Freibetrages einzubeziehen und damit die Berücksichtigung des Freibetrages wie in den Erstbescheiden wiederherzustellen.

8. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus den vom Bf. vorgelegten Unterlagen, sowie einer Abfrage aus dem Zentralen Melderegister zum Hauptwohnsitz des Bf. Dieser Sachverhalt ist unbestritten.

Streit besteht darüber, in welcher Höhe die steuerbefreiten Auslandseinkünfte (die deutsche Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung) für Zwecke des Progressionsvorbehaltes zu erfassen sind. Streit besteht weiters darüber, ob diese Auslandseinkünfte als "andere Einkünfte" iSd § 41 Abs. 3 EStG 1988 zu behandeln sind, was - bezogen auf den Streitfall - zur Folge hätte, dass ein Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 nicht berücksichtigt werden könnte.

II. Rechtslage

1. Bestimmungen des DBA-Deutschland:

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (kurz: DBA-Deutschland), BGBl. III Nr. 182/2002 idF BGBl. III Nr. 32/2012, bedeutet im Sinne dieses Abkommens der Ausdruck eine in einem Vertragsstaat ansässige Person eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat, seine Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.

Ist nach Art. 4 Abs. 1 DBA-Deutschland eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt die Person gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge gemäß Art. 18 Abs. 1 DBA-Deutschland nur im erstgenannten Staat besteuert werden. Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 gemäß Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach dem DBA-Deutschland in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus. Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

2. Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG 1988):

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 2 Abs. 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des StRefG 2009, BGBl. I Nr. 26/2009, der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104, 105 und 106a.

Nach § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25). Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt gemäß § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des StReformG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, dass für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 maßgebend sind.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 sind Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn). Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 sind Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 sind Werbungskosten auch Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, ist gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung des BudBG 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, von den anderen Einkünften ein Veranlagungsfreibetrag bis zu 730 Euro abzuziehen. Dies gilt nicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1 EStG 1988. Der Freibetrag vermindert sich um jenen Betrag, um den die anderen Einkünfte 730 Euro übersteigen.

III. Erwägungen

1. Der Beschwerdeführer (Bf.) hat im Inland einen Wohnsitz und ist damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Der Bf. gilt aufgrund seines seit dem TagX bestehenden inländischen Hauptwohnsitzes unbestritten auch als eine in Österreich ansässige Person im Sinne des Art. 4 DBA-Deutschland. Österreich ist somit als Ansässigkeitsstaat zu behandeln.

Neben seinen im Inland steuerpflichtigen Aktiv- und Pensionseinkünften bezog er in den Streitjahren zudem von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die deutschen Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind unstrittig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 (Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht).

2. Nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland steht Österreich kein Besteuerungsrecht für diese deutschen Renteneinkünfte zu. Sie unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland.

Die Rechtsgrundlage für den Progressionsvorbehalt findet sich im § 2 EStG 1988, wonach das gesamte in- und ausländische Einkommen der Einkommensteuer unterliegt. Bei der Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird das (Gesamt-)Einkommen nach den Vorschriften des österreichischen EStG ermittelt (vgl. etwa die zum insoweit inhaltsgleichen Art. 15 Abs. 3 des (früheren) Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. Nr. 221/1955, ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0234, und vom , 2005/14/0099; vgl. auch , mwN).

Mit dem StReformG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, wurde in § 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988 auch gesetzlich verankert, dass für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 maßgebend sind. Damit sollte (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum StReformG 2005, 461 BlgNR XXII. GP, 7) umfassend dargestellt werden, wie im Ausland erzielte Einkünfte für Zwecke der inländischen Besteuerung zu ermitteln sind. Die Regelung betrifft die Berücksichtigung ausländischer Einkünfte für Zwecke der Einkommensermittlung als auch für Zwecke der Steuerberechnung (positiver Progressionsvorbehalt).

3. Durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird somit die deutsche Sozialversicherungsrente in Österreich nicht besteuert, sondern es werden lediglich die steuerpflichtigen inländischen Einkünfte mit jenem Steuersatz erfasst, der zum Tragen käme, wenn alle Einkünfte aus inländischen Quellen stammten.

Da das (Gesamt-)Einkommen - wie vorhin festgehalten - nach österreichischem Steuerrecht zu ermitteln ist, bleibt auch kein Platz für die Berücksichtigung von nach deutschem Recht steuerfreien Beträgen (vgl. Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 193, mwN; Jakom/Laudacher, EStG, 2021, § 2 Rz 190). Entgegen der Ansicht des Bf. sieht das Gesetz nicht vor, dass derartige Renteneinkünfte in Österreich nur mit einem bestimmten Anteil zu erfassen wären (vgl. auch ). Da das österreichische Einkommensteuergesetz nicht vorsieht, dass die ausländischen Einkünfte nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 nur mit einem bestimmten Anteil bei der Berechnung des progressiven Steuersatzes einzubeziehen sind, geht auch der Hinweis des Bf., dass die Rente in Deutschland zum Teil als steuerfrei behandelt wurde, ins Leere (vgl. -G/12; ; ). Der in Deutschland bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens steuerfrei belassene Teil der Rente kann in Österreich für Zwecke des Progressionsvorbehaltes nicht als "Werbungskosten" abgezogen werden.

Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurde vom Finanzamt Neubrandenburg in den Streitjahren weiters ein Werbungskosten-Pauschbetrag von jeweils 102,00 € berücksichtigt. Dieser Betrag findet in dem nach österreichischem Recht gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 maßgeblichen Pauschbetrag für Werbungskosten von 132,00 € Deckung, wie er auch in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden vom Finanzamt F berücksichtigt wurde.

4. Was die Berücksichtigung der vom Bf. in Österreich abgeführten Krankenversicherungsbeiträge (142,67 € im Jahr 2014, 158,52 € im Jahr 2015) bei der Ermittlung der Auslandseinkünfte als Werbungskosten betrifft, wird auf die insoweit stattgebenden Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes F vom verwiesen. Diese Beiträge sind Beiträge zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung, die gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988 Werbungskosten darstellen. Dabei handelt es sich um Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 73a ASVG für die ausländische Rente des Bf. Vom Finanzamt F wurde (aufgrund der Beschwerdevorentscheidungen) außer Streit gestellt, dass diese Krankenversicherungsbeiträge als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Die Krankenversicherungsbeiträge nach § 73a ASVG stehen mit den ausländischen, im Wege des Progressionsvorbehaltes zu erfassenden Renteneinkünften des Bf. im Zusammenhang. Diese Beiträge sind daher als Werbungskosten von den ausländischen Rentenbezügen und nicht von den im Inland erzielten steuerpflichtigen Einnahmen abzuziehen (vgl. ; , ; ; ).

5. Die Auslandseinkünfte des Bf. aus nichtselbständiger Arbeit (die deutschen Renteneinkünfte) sind somit für Zwecke des Progressionsvorbehaltes - dem Finanzamt F folgend - im Streitjahr 2014 mit 2.907,33 € und im Streitjahr 2015 mit 2.948,48 € zu erfassen.

6. Zum Einwand des Bf., der Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 sei nicht berücksichtigt worden, wird Folgendes festgehalten:

Lohnsteuerpflichtige Einkünfte liegen vor, wenn es sich der Art nach um Einkünfte handelt, von denen grundsätzlich ein Lohnsteuerabzug vorzunehmen ist. Nicht entscheidend ist, ob im Einzelfall Lohnsteuer tatsächlich einbehalten worden ist (). Werden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die keinem Lohnsteuerabzug unterliegen, neben lohnsteuerpflichtigen Einkünften erzielt, kommt grundsätzlich eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in Betracht (Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 41 Rz 3).

Zu den "anderen Einkünften" im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bzw. § 41 Abs. 3 EStG 1988 gehören Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Grunde nach nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen (Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 41 Rz 5), einschließlich ausländische Pensionen (Atzmüller in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 41 Tz 10). Ausländische Einkünfte, für die Österreich das Besteuerungsrecht zukommt oder die zwar im Wege eines Doppelbesteuerungsabkommens einem anderen Staat zur Besteuerung zugewiesen sind, bei der Besteuerung in Österreich aber im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu erfassen sind, zählen zu den "anderen Einkünften" (; ; vgl. auch Atzmüller in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 41 Tz 14; Jakom/Peyerl, EStG, 2021, § 41 Rz 5).

7. Im vorliegenden Fall hat der Bf. in den Streitjahren - neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von 577,93 € (im Jahr 2014) und 673,00 € (im Jahr 2015) - im Inland steuerpflichtige Aktiv- und Pensionseinkünfte, also lohnsteuerpflichtige Einkünfte, bezogen und zudem eine Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, für die Österreich nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland kein Besteuerungsrecht zusteht. Bei diesen ausländischen (deutschen) Pensionseinkünften handelt es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Grunde nach nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen und die in Österreich dem Progressionsvorbehalt gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland unterliegen.

Damit ist aber das Schicksal der Beschwerden bereits entschieden, gehören doch, wie sich aus der dargestellten Rechtslage eindeutig ergibt, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Grunde nach nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen, zu den "anderen Einkünften" im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 bzw. § 41 Abs. 3 EStG 1988. Dazu zählen auch ausländische Pensionen, die zwar im Wege eines Doppelbesteuerungsabkommens einem anderen Staat zur Besteuerung zugewiesen sind, bei der Besteuerung in Österreich aber im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu erfassen sind. Der Sinn und Zweck eines Doppelbesteuerungsabkommens erschöpft sich nämlich darin, dass die Steuer lediglich von gewissen Einkommensteilen, hinsichtlich deren das Besteuerungsrecht - wie hier - Deutschland zusteht, nicht von Österreich erhoben werden darf. Es soll aber nicht dazu dienen, einen im Inland unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen von der Anwendung des progressiven Steuersatzes zu schützen ().

Daran vermag auch die Argumentation des Bf. nichts zu ändern, wonach es sich bei der deutschen Rente um ein lohnsteuerpflichtiges Einkommen handle, auch wenn die Lohnsteuer im Ausland bezahlt worden sei. Zwar sind die (inländischen wie ausländischen) Pensionen des Bf. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; bei den österreichischen Pensionseinkünften liegen jedoch im Inland lohnsteuerpflichtige Einkünfte vor, während es sich bei den ausländischen (deutschen) Pensionseinkünften um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne (inländischen) Lohnsteuerabzug handelt, die im Rahmen des Progressionsvorbehaltes erfasst werden ("andere Einkünfte"). Aufgrund dieser sachlich gerechtfertigten Differenzierung liegt auch die vom Bf. behauptete Ungleichbehandlung nicht vor.

Da sich der Veranlagungsfreibetrag des § 41 Abs. 3 EStG 1988 bei 1.460,00 € auf null einschleift, die aus den ausländischen (deutschen) Pensionseinkünften resultierenden "anderen Einkünfte" jedoch 2.907,33 € (im Jahr 2014) und 2.948,48 € (im Jahr 2015) betragen (wozu noch "andere Einkünfte" aus Vermietung und Verpachtung von 577,93 € (im Jahr 2014) und 673,00 € (im Jahr 2015) kommen), hat das Finanzamt F den Veranlagungsfreibetrag im Streitfall zu Recht nicht gewährt.

8. Den Beschwerden vom gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015 ist (im Hinblick auf die bei der Ermittlung der Auslandseinkünfte als Werbungskosten zu berücksichtigenden Krankenversicherungsbeiträge) gemäß § 279 BAO teilweise Folge zu geben.

Die Berechnung der Einkommensteuer für die Jahre 2014 und 2015 ist den Beschwerdevorentscheidungen vom zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bilden.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Frage, in welcher Höhe die deutschen Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung für Zwecke des Progressionsvorbehaltes zu erfassen sind, konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen. Zudem steht das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Thema "andere Einkünfte" im Sinne des § 41 Abs. 3 EStG 1988, weshalb im Beschwerdefall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 2 Abs. 8 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100536.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at