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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2021, RV/2100086/2020

Vorsteuererstattung an Telekomunternehmen aus dem Drittland

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Wiederaufnahme des Vorsteuererstattungs-Verfahrens 2012, Vorsteuererstattung 2012 und 2013, die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Vorsteuererstattung 2015 und die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Vorsteuererstattung 2014

I. zu Recht erkannt:

Der Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens 2012 wird aufgehoben.

Die Beschwerden betreffend Vorsteuererstattung 2013, 2014 und 2015 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. beschlossen:

Die Beschwerde betreffend Vorsteuererstattung 2012 wird gemäß § 261 Abs 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, ***Bf1*** (im Folgenden Bf.) ist ein Telekommunikationsunternehmen mit Sitz in Hong Kong. Sie verfügt in Österreich über keinen Sitz oder Betriebsstätte.

Für die Streitjahre 2012 - 2015 beantragte die Bf. fristgerecht die Erstattung von Vorsteuern für Roaming-Gebühren, die ihr von österreichischen Providern für die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes in Rechnung gestellt wurden.

Mit Bescheid vom erfolgte die Erstattung von diversen Vorsteuern des Jahres 2012.

Im Zuge einer Außenprüfung der Jahre 2012 und 2013 hat das Finanzamt laut BP-Bericht vom (nur) folgenden Sachverhalt festgestellt:

"Die Firma ***Bf1*** ist ein in einem Drittland ansässiger Mobilfunkbetreiber. Sie verfügt in Österreich über keinen Sitz und keine Betriebsstätte. Die Mobilfunkbetreiberfirma ***Bf1*** mit Sitz in Hong Kong (= Drittland) beantragte für die Zeiträume 01/2012 - 12/2013 die Erstattung von Vorsteuern. Diese Vorsteuern resultieren aus Rechnungen österreichischer Mobiltelefonnetz-Betreiber (Provider) betreffend Roaminggebühren. Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers an die Fa, ***Bf1*** zur Nutzung durch deren Kunden. Wenn diese Kunden in Österreich telefonieren, d.h. deren Mobiltelefone verwenden, werden die Netze österreichischer Netzbetreiber benutzt."

Darüber hinaus wurde im BP-Bericht festgehalten, dass es in Hong Kong keine der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbare Steuerbelastung gibt (die mit der USt iS der Richtlinie 77/388/EWG bzw. der MwSt-Richtlinie 2006/112 vergleichbar wäre).

Der ausführlichen rechtlichen Würdigung im BP-Bericht ist zu entnehmen, dass der Leistungsort dieser Telekomleistungen nach Ansicht des Finanzamtes gem. VO BGBl 383/2003 in Österreich liegt.
Da somit die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren nach Verordnung BGBl 1995/279 (keine Umsätze im Inland) nicht vorlagen, wurde das Verfahren betr. das Jahr 2012 mit Bescheid vom wiederaufgenommen und der Antrag mit dem damit verbundenen Sachbescheid abgewiesen, indem der Erstattungsbetrag mit Null festgesetzt wurde. Für das Jahr 2013 wurde die Erstattung mit Erstbescheid vom versagt. Begründend wurde auf den BP-Bericht hingewiesen.

Für das Jahr 2014 wurde der Antrag mit dem hier angefochtenen Bescheid vom , für das Jahr 2015 mit Bescheid vom abgewiesen und der Erstattungsbetrag mit Null festgesetzt. Der Begründung ist zu entnehmen, dass die Bf. aufgrund von Umsätzen in Österreich die Voraussetzungen für das Erstattungsverfahren nicht erfüllt.

In den dagegen eingebrachten Beschwerden vom , vom und vom wandte sich die Bf. in der Sache gegen die rechtliche Beurteilung. Nach VO BGBl 383/2003 idF BGBl 2009/221 verlagere sich der Leistungsort nur dann, wenn der Leistungsempfänger Nichtunternehmer und in der EU ansässig ist und die Telekommunikationsdienstleistung im Inland genutzt oder ausgewertet wird. Die vom Finanzamt getroffene Auslegung entspreche nicht der MwSt-RL.

Für das Jahr 2012 begründete die Bf. ihre Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens auszugsweise folgendermaßen:
"Im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens der Vorsteuererstattung für das Jahr 2012 möchten wir anführen, dass hier uE kein Neuerungstatbestand iSd § 303 Abs 1 BAO vorliegt. Im Zuge der Einbringung des Antrags auf Vorsteuererstattung für das Jahr 2012 der ***Bf1***. (welcher mit Schreiben vom an das Finanzamt übermittelt wurde), wurden sämtliche Belege, für welche eine Erstattung der Vorsteuern beantragt wurde, sowie eine Ansässigkeitsbescheinigung der Gesellschaft im Original beigelegt. Dem zuständigen Finanzamt wurden somit sämtliche Unterlagen für die Würdigung des Sachverhaltes von Anfang an offengelegt."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Vorsteuer-Erstattungsverfahrens ab. Begründend führte das Finanzamt aus:

"Der Umstand, dass im Zuge von Ermittlungen der Betriebsprüfung Rabattzahlungen bzw. von neuerlichen U5-Anträgen die Nichtanwendung des Erstattungsverfahrens festgestellt wurde, kann als neue Tatsache angesehen werden und waren dies Umstände, die im abgeschlossenen Verfahren bisher nicht bekannt waren. Die Geschäftsanalyse des Unternehmens bzw. die umsatzsteuerliche Beurteilung hinsichtlich der Besteuerung der (Telekommunikations-) Dienstleistungen der Bf. an ihre Kunden waren Umstände, die im abgeschlossenen Verfahren bisher nicht bekannt waren. Eine "wesentliche" neue Tatsache, die eine Wiederaufnahme der Verfahren rechtfertigt, ist es eben gerade, dass sich durch die Prüfung eine Steuerpflicht in Österreich und damit die Anwendung des Umsatzsteuerveranlagungsverfahrens ergibt. Das Finanzamt setzte die Vorsteuern mit "0" fest, da es auf Grund der VO BGBl II 1997/102, BGBl II 383/2003 (VO zu Telekommunikationsdienste) zu einer Verlagerung des Leistungsortes nach Österreich gekommen ist und die ErstattungsVO somit nicht mehr Anwendung findet."

Die Beschwerden gegen die Sachbescheide 2012 - 2015 (Erstattung) wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidungen vom ebenfalls als unbegründet ab, weil die Bf. aufgrund der unionsrechtskonformen Verordnung BGBl 383/2003 Umsätze im Inland erziele, die wiederum die Anwendung der Erstattungsverordnung ausschließe.

Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Behandlung der Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht.

Begründend führte der steuerliche Vertreter ausführlich aus, warum die Verordnung BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221 unionsrechtlich nicht gedeckt sei.

Das Finanzamt hat dem BFG den Beschwerdefall erst am zur Entscheidung vorgelegt.

Das BFG hat die Behandlung der Beschwerde bis zum Ergehen des Urteils des EuGH zu
Rs C-593/19 ausgesetzt und nunmehr nach Ergehen des Urteils fortgesetzt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sachverhalt ist im Beschwerdefall unbestritten und stellt sich so wie im Verfahrensgang geschildert dar.

Die Bf. betreibt ein Telekommunikationsunternehmen im Drittland und hat in Österreich weder Sitz noch Betriebstätte.

Die im Drittland ansässigen oder wohnhaften Kunden der Bf. telefonieren mit ihren Mobilfunkgeräten auch in Österreich. Dabei nutzen sie das Mobilfunknetz österreichischer Mobilfunkunternehmen, die der Bf. dafür Roaminggebühren in Rechnung stellen. Die darin ausgewiesene Umsatzsteuer möchte die Bf. im Erstattungsverfahren geltend machen.

Rechtliche Beurteilung

2.1. Rechtslage

§ 303 (1) BAO: Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Verordnung über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009:

§ 1. Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.

2.2. Wiederaufnahme

Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheid mit Beschwerde bekämpft, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (vgl. zB ).

Das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen.
Tatsachen in diesem Sinne sind Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätten. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente sind keine Tatsachen.
Die Tatsachen müssen auch neu hervorkommen, das heißt es muss sich um solche Tatsachen handeln, die bereits vor Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens bestanden haben, aber erst nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens der Behörde bekannt geworden sind ().

Das Finanzamt stützt seine Wiederaufnahme auf neue Tatsachen. Auf welche neu hervorgekommene Tatsachen das Finanzamt die Wiederaufnahme in einem Fall, in welchem der erstinstanzliche Bescheid in Verweisung auf die über die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung aufgenommene Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht begründet wurde, gestützt hat, bestimmt sich nach den Angaben in der entsprechenden Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht, konkret den dort angeführten Tatsachen ().

Aus dem BP-Bericht ergibt sich, dass sich das Finanzamt auf die neue Tatsache beruft, dass Kunden der Bf. in Österreich telefoniert haben und dass es in Hong Kong keine vergleichbare MwSt-Belastung gibt.

Wie die Bf. zu Recht ausführt, wurden dem Finanzamt im Zuge des Antrags auf Vorsteuererstattung sämtliche Eingangs-Rechnungen über Roaminggebühren - wie in der Verordnung vorgesehen - im Original vorgelegt. Daraus ist zu erkennen, dass Kunden der Bf. im Inland telefoniert haben.
Da dem Finanzamt damit der Umstand, dass Kunden der Bf. in Österreich telefoniert haben, bekannt war, liegt diesbezüglich keine neue Tatsache vor.

Die Wiederaufnahme anhand der Feststellung, dass es in Hong Kong keine vergleichbare MwSt-Belastung gibt, scheitert daran, dass sich aus dieser Tatsache kein anders lautender Bescheid ergibt. Nach Ansicht des , "SK Telecom Co. Ltd" kommt es nämlich hinsichtlich der Leistungsortsverlagerung nicht darauf an, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen.

Der Bescheidbegründung (durch Verweis auf den BP-Bericht) ist kein Hinweis auf gewährte Rabatte zu entnehmen. Dieser Wiederaufnahmegrund wird erstmals in der Beschwerdevorentscheidung zur Begründung der Wiederaufnahme herangezogen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Wiederaufnahmsgründe in der Begründung der Wiederaufnahmebescheide anzuführen, weil sich die Rechtsmittelbehörde bei der Erledigung des gegen die Verfügung der Wiederaufnahme gerichteten Rechtsmittels auf keine neuen Wiederaufnahmsgründe stützen kann (zB ; ).

Nur eine - allenfalls auch erst im Beschwerdeverfahren erfolgte - Ergänzung einer offensichtlich mangelhaften Begründung in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar ( mwN; ; ).

Im Beschwerdefall kam es durch die erstmalige Anführung von Rabatten (die als Wiederaufnahmegrund geeignet wären) nicht zu einer Ergänzung oder Konkretisierung der ursprünglichen Wiederaufnahmegründe, sondern zur Anführung von neuen, bisher nicht genannten Gründen. Dieses Auswechseln ist nach Ansicht des VwGH allerdings nicht zulässig.

Das Finanzamt konnte seine Wiederaufnahme des Erstattungsverfahrens 2012 daher auf keine neuen Tatsachen stützen, weshalb der Wiederaufnahmebescheid wie im Spruch ersichtlich, aufzuheben war.

Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid entsprochen, so ist eine gegen die Sachentscheidung gerichtete Bescheidbeschwerde gemäß § 261 Abs 2 BAO mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären, weil gemäß § 303 Abs 3 BAO durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Diese Beschwerde war daher mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären.

2.3. Anwendbarkeit der Erstattungsverordnung

Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, hat die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer im Erstattungsverfahren zu erfolgen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausführt (vgl Art I § 1 der zitierten Verordnung).

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die Bf. dadurch im Inland Umsätze erzielt hat, dass sie ihren Kunden das Telefonieren in Österreich ermöglich hat.

Der VwGH hat am , Ro 2016/15/0035 erkannt: "Während Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom ) die allgemeine, fakultative Möglichkeit der Besteuerung mittels Leistungsortverlagerung durch die Mitgliedstaaten vorsieht, schreibt Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (mit Wirkung vom bis ) eine zwingende Leistungsortverschiebung für jene Fälle vor, in denen ein drittländischer Unternehmer Telekommunikationsleistungen an in der Gemeinschaft ansässige Nichtsteuerpflichtige erbringt. Für alle Fälle, die nicht durch Art. 59b MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG erfasst sind, besteht ein Wahlrecht nach Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG (vgl. Langer in Reiß/Kraeusel/Langer (Hrsg), Umsatzsteuergesetz 138. Lieferung (Juli 2017) Art. 43-59b MwStSystRL Rz. 134 ff). Von diesem Wahlrecht hat der österreichische Verordnungsgeber mit der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 Gebrauch gemacht. Die genannte Verordnung findet daher in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung (vgl. Ecker in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3a Rz 274 f; Miladinovic, ecolex 2017/39, 75). Werden die Telekommunikationsdienste eines Drittlandunternehmens von einem nicht in der EU ansässigen Nichtunternehmer im Inland genutzt, verlagert sich der Ort der Leistung nach der Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 in das Inland (vgl. auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 190 (Fall 3); Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur MwSt, 46. Lfg (Dezember 2015), § 3a Abs 15 u 16 Tz 697)."

Auch der , "SK Telecom Co. Ltd" entschieden, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 383/2003 idF 221/2009 dem Unionsrecht entspricht. Im Tenor heißt es dazu:

"Art. 59a Abs. 1 Buchst, b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen"

Damit ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009 in das Inland verlagern. Damit ist die Anwendung des Erstattungsverfahrens ausgeschlossen.

Das Finanzamt hat die entsprechenden Erstattungsanträge zu Recht abgewiesen (durch Festsetzung des Erstattungsbetrages mit Null).

Die diesbezüglichen Beschwerden betreffend Erstattung 2013 - 2015 waren daher - wie im Spruch ersichtlich, abzuweisen.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall ist die Rechtslage höchstgerichtlich geklärt, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100086.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at