Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.10.2021, RV/7106277/2016

Werbungskostenpauschale für Vertreter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Hans Rauner, die RichterinR sowie die fachkundigen Laienrichter Gregor Ableidinger und Dr. Franz Kandlhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Streitjahr 2015 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im ersten Halbjahr (Jänner bis Juni 2015) war er für die Firma V und im zweiten Halbjahr (Juli bis Dezember 2015) für die Firma M tätig.

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015. In diesem Bescheid wurde ein Betrag von € 1.095,- an Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, anerkannt. Die Einkommensteuer 2015 wurde mit einer Gutschrift von € -862,- festgesetzt.

Der Bf. erhob Beschwerde und ersuchte nicht nur das Vertreterpauschale für die Monate 1-6/2015, sondern auch für die Monate 7-12/2012 zu berücksichtigen. Der Beschwerde legte der Bf. eine Bestätigung der M (Arbeitgeber 7-12/2015) vor, wonach er als Reisender im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften von 1.7. bis eingesetzt gewesen sei.

Das Finanzamt ersuchte den Bf. um Ergänzung seines Vorbringens. Dem Bf. wurde vorgehalten, dass er im Jahr 2015

  • von der V im Zeitraum 1.1-

  • nicht steuerbare Bezüge gem. § 26 Z4 und § 3 Abs. 1 Z 16b EStG in Höhe von € 59,40, sowie

  • die Überlassung eines arbeitgebereigenen KFZ Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit b. für drei Monate erhalten habe und

  • von der M im Zeitraum 1.7. bis

  • nicht steuerbare Bezüge gem. § 26 Z 4 und § 3 Abs. 1 Z 16b. EStG in Höhe von € 136,85, sowie

  • die Überlassung eines arbeitgebereigenen KFZ nach § 16 Abs.1 Z 6 lit.b für sechs Monate erhalten habe.

Der Bf. wurde ersucht Bestätigungen beider Arbeitgeber für 2015 vorzulegen, aus welchen sich der Grund der Zahlungen gemäß § 26 und die Zusammensetzung der Ersatzzahlungen ergeben.

Der Bf. wurde vom Finanzamt ersucht sämtliche Dienstverträge für 2015, sowie detaillierte Arbeitsplatz- und Tätigkeitsbeschreibungen vorzulegen.

Der Bf. legte Reisemonatsaufstellungen der M vor, aus denen hervorgeht, dass in den Monaten 7-12/2015 Inlandstagesgelder an ihn ausbezahlt wurden. (7/2015 € 200,20, 8/2015 € 250,80, 9/2015 € 365,85, 10/2015 € 211,20, 11/2015 € 224,40).

Betreffend die Firma V wurde eine Aufstellung über vier Dienstreisen im ersten Halbjahr 2015 und Zahlung von € 59,40 an Reisekostenersätzen vorgelegt.

Betreffend Arbeitsmittel und Ersatz von Aufwendungen bestätigte die M am , dass dem Bf. ab ein Dienstfahrzeug, Mobiltelefon und ein iPad zur Verfügung gestellt worden seien.

Eventuell anfallende sonstige Aufwendungen (Taxi etc.) im Zusammenhang mit der Erfüllung des Dienstvertrages würden nach Vorlage ebenfalls ersetzt.

Eine Kopie des Dienstvertrages des Bf. ab mit der M, aus dem hervorgeht, dass der Bf. im Außendienst für die GmbH tätig ist wurde vorgelegt.

In der Bestätigung vom bestätigt die V, dass der Bf. vom 1.1. bis als Außendienstmitarbeiter für Wien tätig gewesen und dann bis dienstfrei gestellt gewesen sei und für diesen Zeitraum dem Bf. ein Firmenauto, ein Laptop und ein Handy zur Verfügung gestellt worden sei.

Der Bf. erklärte, dass die V eine Firma für Herstellung und Vertrieb von Sanitärarmaturen und die M eine Firma für Herstellung, Handel und Vertrieb von Beleuchtungsprodukten sei.

Der Bf. beschrieb seine Tätigkeit insofern, als er Kundenbesuche zum Zweck der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften im Bereich Wien, NÖ und Burgenland absolviert habe, Schriftverkehr und Telefonate betreffend die Geschäfte auf den zur Verfügung gestellten Geräten geführt habe.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. In dieser wurde das im Erstbescheid gewährte anteilige Vertreterpauschale nicht gewährt und nur das Werbungskostenpauschale berücksichtigt. Die Einkommensteuernachforderung 2015 wurde mit € 420,- festgesetzt.

Zur Begründung der Abweisung wurde ausgeführt, dass dem Bf. aufgrund der Tatsache, dass ihm KFZ, Laptop und Handy seitens der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden seien und Aufwendungen nach Vorlage von Belegen ersetzt worden seien, keine Aufwendungen aus den Dienstverhältnissen übriggeblieben seien.

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und ergänzte ein Vorbringen, indem er unter Bezug auf die zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangene Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten erklärte, dass Werbungskosten ohne Nachweis tatsächlicher Aufwendungen aufgrund von Erfahrungswerten geltend gemacht werden können.

Aus der Tatsache, dass laut Bestätigung des Arbeitgebers Ersätze bei Vorlage von Rechnungen gezahlt würden, könne nicht geschlossen werden, dass der Bf. keine weiteren Aufwendungen aus seinem Privatvermögen getragen habe.

Beim Bf. handle es sich zweifelsohne um einen Vertreter, bei diesem kürzen Ersätze des Arbeitgebers die Pauschbeträge der Verordnung nicht. Das Werbungskostenpauschale für Vertreter sei für das Jahr 2015 im vollen Ausmaß von € 2.190,- anzuerkennen.

Der Bf. beantragte die Entscheidung durch einen Senat des Bundesfinanzgerichtes. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt.

Am wurde die nicht mündliche Senatsverhandlung durchgeführt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ob und wenn ja in welcher Höhe das Werbungskostenpauschale für Vertreter bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2015 zu berücksichtigen ist.

Das Bundesfinanzgericht geht im gegenständlichen Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf. bezog im Jahr 2015 von der Firma V von 1.1. bis (davon dienstfrei gestellt von 20.4. bis ) und von 1.7. bis von der Firma M Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die V ist eine Firma für Herstellung und Vertrieb von Sanitärarmaturen, die M eine Firma für Herstellung, Handel und Vertrieb von Beleuchtungsprodukten.

Aus den vom Bf. vorgelegten Bestätigungen beider Firmen geht hervor, dass der Bf., dem von beiden Firmen ein PKW, sowie Mobiltelefon und Laptop zur Verfügung gestellt wurden, im Jahr 2015 im Außendienst für diese Firmen Geschäfte angebahnt und abgeschlossen hat, somit als Vertreter in den Monaten 1-4/2015, sowie 7-12/2015 tätig war. In den Monaten 5 und 6/2015 war der Bf. dienstfrei gestellt.

Gesetzliche Regelungen:

§ 16 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

3) Für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen, ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 132 Euro jährlich abzusetzen. Dies gilt nicht, wenn diese Einkünfte den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag (§ 33 Abs. 6 und § 57 Abs. 4) begründen. Der Abzug des Pauschbetrages darf nicht zu einem Verlust aus nichtselbständiger Arbeit führen. Ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag sind abzusetzen:
- Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 3 mit Ausnahme der Betriebsratsumlagen
- Werbungskosten im Sinne des Abs. 1 Z 4 und 5
- der Pauschbetrag gemäß Abs. 1 Z 6
- dem Arbeitnehmer für den Werkverkehr erwachsende Kosten (Abs. 1 Z 6 lit. i letzter Satz) und
- Werbungskosten im Sinne des Abs. 2.

§ 1 VO der zu n§ 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten lautet:

§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

1. Artisten
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 628 Euro jährlich.

2. Bühnenangehörige, die § 1 Abs. 1 Theaterarbeitsgesetz, BGBl. I

5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 628 Euro jährlich.

3. Fernsehschaffende, die regelmäßig (mehrmals im Monat) auf dem Bildschirm erscheinen
7,5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 3 942 Euro jährlich.

4. Journalisten
7,5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 3 942 Euro jährlich.

5. Musiker
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 628 Euro jährlich.

6. Forstarbeiter, Förster im Revierdienst und Berufsjäger im Revierdienst
Für Forstarbeiter ohne Motorsäge, Förster im Revierdienst und Berufsjäger im Revierdienst:
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 1 752 Euro jährlich.

Für Forstarbeiter mit Motorsäge:
10% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 628 Euro jährlich.

7. Hausbesorger
15% der Bemessungsgrundlage, höchstens 3 504 Euro jährlich.

8. Heimarbeiter
10% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 628 Euro jährlich.

9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2 190 Euro jährlich.
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

10. Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung
15% der Bemessungsgrundlage, mindestens 438 Euro jährlich, höchstens 2 628 Euro jährlich. Der Mindestbetrag kann nicht zu negativen Einkünften führen.

11. Expatriates
20% der Bemessungsgrundlage, höchstens 10 000 Euro jährlich.
Expatriates sind Arbeitnehmer,
a) die im Auftrag eines ausländischen Arbeitgebers in Österreich im Rahmen eines Dienstverhältnisses zu einem österreichischen Arbeitgeber (Konzerngesellschaft oder inländische Betriebsstätte im Sinne des § 81 EStG 1988) für höchstens fünf Jahre beschäftigt werden,
b) die während der letzten zehn Jahre keinen Wohnsitz im Inland hatten,
c) die ihren bisherigen Wohnsitz im Ausland beibehalten und
d) für deren Einkünfte Österreich das Besteuerungsrecht zukommt.

§ 4 VO Durchschnittssätze für Werbungskosten idF BGBl II 382/2001 bis lautet:

§ 4. Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 kürzen die jeweiligen Pauschbeträge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter).

§ 4 VO Durchschnittssätze für Werbungsksoten idF BGBl II 382/2001 ab lautet:

§ 4. (1) Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 kürzen die jeweiligen Pauschbeträge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter).

BGBL II 48/2018 vom lautet:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , V 45/2017-6, dem Bundesminister für Finanzen zugestellt am , zu Recht erkannt:
"Die Wortfolge ,ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)' in § 4 Verordnung der Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II 382,2001, wird als gesetzwidrig aufgehoben. "

BGBL II 271/2018 vom lautet:

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , V 60/2018-4, dem Bundesminister für Finanzen zugestellt am , zu Recht erkannt:

"Die Wortfolge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)' in § 4 Abs 1 Verordnung der Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II 382,2015, wird als gesetzwidrig aufgehoben."

Rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 17 Abs. 6 EStG 1988 können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden. Eine solche Verordnung hat der Bundesminister für Finanzen mit der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBL II 382/2001, erlassen. Das Werbungskostenpauschale des § 17 Abs. 6 EStG 1988 i.V.m. der Verordnung BGBL II 382/2001 tritt an die Stelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 (). Die Verordnung geht also davon aus, dass die Tätigkeiten von bestimmten Gruppen von Steuerpflichtigen mit einem bestimmten Ausmaß von Werbungskosten verbunden sind ( mwN).

Gemäß § 1 Z 9 dieser Verordnung können für Vertreter anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 für die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich als Werbungskosten abgezogen werden.

Eine nähere Definition des Vertreterbegriffs ist der Verordnung BGBL II 382/2001 idgF nicht zu entnehmen, sodass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf die Verkehrsauffassung abzustellen ist. Danach sind Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl. ). Wesentlich ist, dass eine Außendiensttätigkeit vorliegt, deren vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber ist. Der Vertreter muss eine ausschließliche Vertretertätigkeit ausüben. Eine völlig untergeordnete andere Tätigkeit steht der Inanspruchnahme des Vertreterpauschales allerdings nicht entgegen (). Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden. Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ist hingegen keine Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit, beratende Tätigkeit - vgl Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 17 Anm 223).

Aus dem festgestellten Sachverhalt und den vom Bf. vorgelegten Bestätigungen der beiden Arbeitgeber ergibt sich, dass der Bf. im Jahr 2015 in den Monaten 1-4/2015 und 7-12/2015 als Vertreter tätig war. In den Monaten 5 und 6/2015 war er dienstfrei gestellt.

Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschbeträge sind gemäß § 2 der VO die Bruttobezüge abzüglich der steuerfreien Bezüge und abzüglich der sonstigen Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind. Bei nicht ganzjähriger Tätigkeit sind die sich aus § 1 ergebenden Beträge anteilig zu berücksichtigen; hierbei gelten angefangene Monate als volle Monate.

§ 4 der Verordnung sowie § 4 Abs 1 der Verordnung BGBL II 382/2001 idF BGBL II 382/2015, sehen vor, dass die in § 1 festgelegten Pauschbeträge um die Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 zu kürzen sind, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter).

Für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum bedeutet dies, dass für das Jahr 2015 zwei Fassungen, nämlich die Fassung BGBl. II 382/2001 und die Fassung BGBl. II 382/2015 (ab ) zur Anwendung kommen. Inhaltliche Unterschiede bestehen in Bezug auf den Werbungskostenpauschbetrag für Vertreter jedoch nicht. Die VO BGBL II 382/2015 behandelt die Frage der Berücksichtigung von Kostenersätzen nunmehr in § 4 Abs 1.

Mit Erkenntnis vom , V 45/2017, hat der Verfassungsgerichtshof die Vertreter betreffende Wortfolge in § 4 der Verordnung in der Stammfassung BGBL II 382/2001 aufgehoben. Die Kundmachung der Aufhebung erfolgte mit BGBL II 48/2018 vom .

Mit Erkenntnis vom , V 60/2018, hat der Verfassungsgerichtshof nun auch die Vertreter betreffende Wortfolge in § 4 Abs 1 der Verordnung (idF BGBL II 382/2015) aufgehoben. Die Kundmachung der Aufhebung erfolgte mit BGBL II 271/2018 vom .

Ist eine Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Art 139 Abs. 4 B-VG ausgesprochen, dass eine Verordnung gesetzwidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch die Verordnung weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht (Art 139 Abs. 6 B-VG).

Diese Regelung hat zur Folge, dass für den beschwerdegegenständlichen Sachverhalt keine Kürzung des Werbungskostenpauschbetrages um Ersätze nach § 26 EStG 1988 erfolgt.

Der Beschwerde war daher insofern teilweise Folge zu geben, als das Vertreterpauschale für die zehn Monate der Tätigkeit des Bf. als Vertreter im Jahr 2015 zur berücksichtigen ist.

Die Höhe der Einkommensteuer 2015 ist der folgenden Berechnung zu entnehmen:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
1-6/2015
19.622,14
7-12/2015
21.421,70
Werbungskosten, die Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-1.825,00
Gesamtbetrag Einkünfte
39.218,84
Sonderausgaben
(60.000-39.218,84)*(266,38-60)/23.600+60
-241,72
Kinderfreibetrag
-132,00
Einkommen
38.845,12
Einkommensteuer gem § 33 Abs. 1
(38.845,12-25.000)x15125/35.000+60
11.093,07
Unterhaltsabsetzbetrag
-350,40
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00
ANAB
-54,00
Steuer vor Absetzbeträgen
10.397,67
Steuer sonstige Bezüge
332,55
Einkommensteuer
10.730,22
Anrechenbare Lohnsteuer
-11.910,60
Festgesetzte Einkommensteuergutschrift 2015
-1.180,38

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
VfGH, V 60/2018-4
VfGH, V 45/2017-6
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7106277.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at