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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.10.2021, RV/7104562/2020

Berufsausbildung bei krankheitsbedingter Beeinträchtigung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104562/2020-RS2
Hier: Berufsausbildung an einer Schule für Berufstätige.
RV/7104562/2020-RS3
Der Anspruch auf den Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 setzt den Anspruch auf den Grundbetrag nach § 8 Abs. 1 FLAG 1967 voraus. Der Erhöhungsbetrag kann nur von der Person beansprucht werden, die gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 (oder gemäß § 6 FLAG 1967 bei Vollwaisen oder Sozialwaisen) Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe hat. Ein Splitting, dass ein Elternteil den Grundbetrag bezieht und der andere Elternteil den Erhöhungsbetrag bezieht, ist im Gesetz nicht vorgesehen.
RV/7104562/2020-RS4
Eine Erkrankung eines volljährigen Kindes, auch wenn diese schwer ist, vermittelt gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Krankheit kann im Rahmen einer Berufsausbildung dann von Bedeutung sein, wenn sie zu einer Verzögerung der Berufsausbildung führt. Weiters ist eine Krankheit maßgebend, wenn diese eine Behinderung darstellt, die zur Folge hat, dass das Kind voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
RV/7104562/2020-RS5
Die Lehre (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn bei kursmäßigen Ausbildungen oder bei Maturaschulen ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich 20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an (vgl. ), insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden (vgl. ; "Echtstunden" zu 60 Minuten, ), um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen (vgl. ; ).
RV/7104562/2020-RS6
Das Gesetz nennt in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 eine Krankheit als ein Ereignis, dass bei entsprechender Schwere die Studienzeit verlängern kann. Auch bei einer Berufsausbildung, die nicht in einem Studium besteht, sind krankheitsbedingte Unterbrechungen einer Berufsausbildung auf begrenzte Zeit nicht anspruchsschädlich.
Folgerechtssätze
RV/7104562/2020-RS1
wie RV/7100153/2020-RS3
Im Rückforderungsverfahren ist nicht zu prüfen, ob neben dem beantragten und ausbezahlten Grundbetrag an Familienbeihilfe auch der Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 infolge voraussichtlich dauernder Erwerbsunfähigkeit des Kindes gemäß § 2 Abs. 2 lit. c FLAG 1967 zusteht. Im Rückforderungsverfahren ist aber zu prüfen, ob der beantragte und ausbezahlte Grundbetrag an Familienbeihilfe allenfalls gemäß § 2 Abs. 2 lit. c FLAG 1967 zusteht.
RV/7104562/2020-RS2
wie RV/7100153/2020-RS2
Ist das Kind infolge einer schweren, langanhaltenden Krankheit am erfolgreichen Weiterbetrieb eines Studiums gehindert, steht für die Zeit der krankheitsbedingten Verhinderung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu.
RV/7104562/2020-RS7
wie RV/7100887/2021-RS12
Wenn das Finanzamt im Rückforderungsverfahren behauptet, der Beihilfebezieher habe Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, die ihm zuvor ausbezahlt worden sind, zu Unrecht erhalten, ist es Sache des Finanzamts, den Nachweis des unrechtmäßigen Bezugs zu erbringen, und nicht Sache des Beihilfebeziehers nachzuweisen, dass er die bereits (zufolge vorangegangener Prüfung durch das Finanzamt) ausbezahlte Familienbeihilfe zu Recht erhalten hat. Anspruchsbegründende Tatsachen hat, wenn bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter Ausschöpfung sämtlicher hierfür geeigneter Erkenntnisquellen Sachverhaltsfeststellungen letztlich nicht getroffen werden können, der Antragsteller (im Verfahren um Zuerkennung von Familienbeihilfe) zu beweisen, einem Anspruch entgegenstehende Tatsachen (wie den unrechtmäßigen Bezug von Familienbeihilfe im Rückforderungsverfahren) das rückfordernde Finanzamt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der Mag. ***1*** ***2*** ***3***, ***4***, ***6***, vom , beim Finanzamt eingelangt am , gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, vom , mit welchem Familienbeihilfe (€ 2.868,80) und Kinderabsetzbetrag (€ 934,40) für die im Jänner 1999 geborene ***5*** ***3*** für den Zeitraum März 2018 bis Juni 2019 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden (Gesamtrückforderungsbetrag € 3.803,20), Sozialversicherungsnummer ***7***,

I. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid vom wird, soweit er über die Zeiträume März 2018 bis Juni 2018 abspricht, gemäß § 279 BAO ersatzlos aufgehoben;

II. beschlossen:

Der angefochtene Bescheid vom und die Beschwerdevorentscheidung vom werden, soweit diese die Zeiträume Juli 2018 bis Juni 2019 betreffen, gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufgehoben. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen.

III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG bzw. Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bescheid

Mit Bescheid vom forderte das damalige Finanzamt Wien 2/20/21/22 von der Beschwerdeführerin (Bf) Mag. ***1*** ***2*** ***3*** Familienbeihilfe (€ 2.868,80) und Kinderabsetzbetrag (€ 9.34,00) für die im Jänner 1999 geborene ***5*** ***3*** für den Zeitraum März 2018 bis Juni 2019 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück (Gesamtrückforderungsbetrag € 3.803,20). Zur Begründung gab das Finanzamt an:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) steht Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung steht.

Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes sind praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt wird, eine angemessene Unterrichtsdauer, sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Die Bescheidbegründung führt nicht aus, von welchen Sachverhaltsfeststellungen das Finanzamt bei Erlassung des Bescheids ausgegangen ist.

Allerdings findet sich im Verwaltungsakt folgendes Schreiben der Bf vom :

Betrifft: Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe ***5*** ***3***

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen des Finanzamtes 1020,

wie im Februar telefonisch eingemeldet und am auf Finanz Online eingebracht, konnte meine Tochter ***5*** ***3*** (***13***) im Sommersemester keine Fächer der Abendschule belegen.

Sie besucht seit 2 Jahren das Abendgymnasium Wien. Diese Schule ist modular aufgebaut und jedes Semester müssen die zu absolvierenden Fächer neu inskribiert werden. Meine Tochter hat aufgrund ihrer psychischen Probleme das letzte Semester nicht positiv abgeschlossen und müsste die Fächer wiederholen. Allerdings ist es nun erst wieder ab September möglich, sich für diese Fächer anzumelden. Derzeit ist sie zwar an der Schule angemeldet, besucht jedoch aktiv keine Fächer.

Es ist geplant, dass sie ab September wieder neue Fächer inskribiert. Das bedeutet, dass ich frühestens im September eine neue Inskriptionsbestätigung beibringen kann.

Aktenkundig sind folgende Zeugnisse für ***5*** ***3***:

Sommersemester 2018 ():

Wintersemester 2017/2018 ():

Jahreszeugnis 2016/2017, 6. Klasse Gymnasium ():

Ursprüngliche Beschwerde

Mit Schreiben vom , zur Post gegeben am erhob die Bf Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom wie folgt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich gegen den oben angeführten Bescheid berufen.

Meine Tochter ***5*** ***3*** kann durch die seit einigen Jahren sehr akut gewordene psychische Erkrankung keinen regulären Schulbesuch wahrnehmen, was sich in ihren schlechten Noten zeigt, bzw. in einer Nicht-Beurteilung resultiert.

Anbei habe ich auch eine psychiatrische Beurteilung als Beweismittel hinzugefügt, ich kann auch weitere ärztliche Atteste, Diagnostiken aus den Jahren 2002, 2014 und 2017, sowie Akutatteste von der Kinder- und Jugendpsychiatrie und nun da ***5*** schon über 18 ist auch der Psychiatrischen Station vom SMZ-Ost vorlegen, wenn das erforderlich sein sollte.

Ich bitte um die erneute Überprüfung des Anspruches auf Kindebeihilfe und eine neue Bescheidung.

Der Beschwerde war beigefügt:

Fachärztlicher Befundbericht vom

Dr. ***8*** ***9***, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, erstattete am über ***5*** ***3*** folgenden fachärztlichen Befundbericht:

Fr. ***5*** ***3*** wurde am aufgrund einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetypus, einer atypischen Anorexie, einer rezidivierend depressiven Störung und einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch fachärztlich begutachtet.

Die Patientin berichtet ca. beginnend mit dem 10. Lebensjahr unter Angstzuständen und Zwängen gelitten zu haben, sie hätte sich damals in der Schule gemobbt gefühlt. Seit der frühen Pubertät entwickelte die Patientin eine zunehmende Identitätsproblematik mit starken Stimmungsschwankungen, Ängsten, schweren Konzentrationsstörungen und Spannungszuständen.

Die Spannungszustände resultierten in wiederholten Selbstverletzungen, es kam zu wiederholtem Drogenkonsum, die Patientin litt stark unter ihren Impulskontrollstörungen und depressiven Episoden. Dies führte auch zu schweren akuten Krisensituationen, die auch stationäre psychiatrische Aufenthalte nach dem Unterbringungsgesetz nötig machten.

Aufgrund dieser Symptomatik war es der Patientin schon während ihrer Gymnasialzeit nicht immer möglich den erforderlichen Schulerfolg zu erbringen, weshalb sie letztlich die Schule abbrechen musste. Danach versuchte sie die Matura mittels einer Abendschule nachzuholen, was ihr aber nicht gelang.

Aufgrund der schweren psychiatrischen Problematik konnte die Patientin deshalb seit Februar 2018 bis laufend keinen Lernerfolg erbringen.

Diagnose:

emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetypus F 60.31

Atypische Anorexie F 50.1

Rezidivierend depressive Störung F 33

Störung durch multiplen Substanzgebrauch F 19.1

Medikation: Patientin lehnt eine medikamentöse Unterstützung derzeit ab.

Beschwerde

Innerhalb offener Beschwerdefrist zog die Bf die Beschwerde "vom " (gemeint die am zur Post gegebene Beschwerde vom ) zurück und ersetzte diese durch die folgende Beschwerde, die ebenfalls vom (Eingangsvermerk des Finanzamts: ) stammt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte ich gegen den oben angeführten Bescheid Beschwerde einlegen.

Meine Tochter ***5*** ***3*** kann durch die seit einigen Jahren sehr akut gewordene psychische Erkrankung keinen regulären Schulbesuch bewältigen. Daraus resultieren ihre schlechten Noten und auch ihr Status der Nicht-Beurteilung.

Anbei habe ich einen fachärztlichen psychiatrischen Befundbericht als Beweismittel hinzugefügt. Dr. ***8*** ***9*** stellt darin fest, dass "aufgrund der weiterbestehenden schweren psychiatrischen Problematik die Patientin derzeit und auch im kommenden Jahr aus fachärztlicher Sicht nicht arbeitsfähig" sei. Ich sehe im dauernden Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen als anspruchsbegründend für den Bezug der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages.

Ich kann zusätzlich, falls erforderlich, weitere ärztliche Atteste und Diagnostiken aus den Jahren 2002, 2014 und 2017, sowie Akutatteste von der Kinder- und Jugendpsychiatrie und nun, da ***5*** schon volljährig ist, auch jene von der Psychiatrischen Station vom SMZ-Ost vorlegen.

Ich bitte Sie, meiner Beschwerde stattzugeben und, daraus folgend, Ihre Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages zurück zu nehmen.

Beigefügt war der bereits vorgelegte fachärztliche Befundbericht vom .

Ergänzungsersuchen vom

Das Finanzamt ersuchte am die Bf vorzulegen:

ordentlich ausgefülltes Formular Beih 3

Sie legten Beschwerde gegen den Bescheid über die Rückforderung mit der Begründung Ihre Tochter sei erheblich behindert. Und gleichzeitig verzichten Sie im Akt Ihres Gattens auf die Familienbeihilfe.

In Ihrer Fallkonstellation kann werde Ihre Beschwerde und der Antrag Ihres Gattens nicht erledigt werden.

Laut Aktenlage begehren und verzichten gleichzeitig auf die Familienbeihilfe für ***5***.

Um Aufklärung wird ersucht.

Mit einem weiteren Ergänzungsersuchen vom selben Tag betreffend "Antrag auf Familienbeihilfe", eingelangt am , ersuchte das Finanzamt ***10*** ***3***:

Familienbeihilfe für ***5*** für die Monate März 2018 bis Juni 2019 wurde bei Ihrer Gattin rückgefordert und durch Beschwerde seitens Ihrer Gattin ist die Rückforderung nicht rechtskräftig

Ihr Antrag auf Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe betrifft den selben Zeitraum.Ihre Gattin verzichtet sie zu Ihren Gunsten. Über den Zeitraum ist ein Antrag und eine Beschwerde offen. Der Akt kann daher nicht erledigt werden.

Es wird um Aufklärung des Sachverhaltes ersucht.

Mit E-Mail vom antworteten ***1*** ***2*** ***3*** und ***10*** ***3*** dem Finanzamt:

Sehr geehrte Frau ***12***,

Im September 2019 erfolgte die Aberkennung der Kinderbeihilfe meiner Tochter ***5*** ***3*** (***11***) aufgrund ihrer mangelhaften Schulleistungen. Dagegen erhob ich am Beschwerde mit der Begründung (belegt durch ein psychiatrisches Gutachten), dass meine Tochter in dem Zeitraum von März 2018 bis Juni 2019 nicht imstande war, einem regelmäßigen Schulbesuch zu absolvieren.

Mit meiner Beschwerde möchte ich die Wieder-Zuerkennung des Anspruches für diesen Zeitraum (März 2018 bis Juni 2019) erwirken.

Zwischenzeitlich hat meine Tochter durch die Aberkennung der Familienbeihilfe auch die Möglichkeit der Mitversicherung verloren. Durch Vorsprache bei der Gebietskrankenkasse und einer psychologischen und neurologischen Untersuchung seitens der GK wurde eine Mitversicherung aufgrund der psychischen Erkrankung von ***5*** auf weitere 2 Jahre gewährt und uns der Antrag auf eine erhöhte Kinderbeihilfe nahegelegt.

Da mein Ehemann ***10*** ***3*** über freiere Zeiteinteilung bei seiner Beschäftigung verfügt und sich für Untersuchungstermine mit der Tochter besser freispielen kann, wollten wir die erhöhte Familienbeihilfe über ihn abwickeln. Das hat nun verständlicherweise zu dem Wiederspruch von Rückforderung und Verzicht geführt.

Es tut uns leid, dass wir somit eine widersprüchliche Fallkonstellation produziert haben:

Ich bitte hiermit um Ihre Unterstützung, wie wir das Problem wieder entwirren können.

Ist damit geholfen, wenn ich

1. den Zeitraum meines Verzichts konkretisiere und somit auf die Leistungen aus der Familienbeihilfe für meine Tochter ***5***, die nach Juni 2019 fällig werden zugunsten meines Ehegatten ***10*** ***3*** verzichte. Ebenfalls würde ich zu seinen Gunsten auf allfällige Nachzahlungen aus der erhöhten Kinderbeihilfe verzichten, wenn diese gewährt würde. Außerdem würde ich bitten, die Rückforderung der Kinderbeihilfe für den Zeitraum (März 2018 bis Juni 2019) aufrecht zu erhalten.

Oder ist es sinnvoller, wenn ich

2. doch selber um die erhöhte Familienbeihilfe für meine Tochter ansuche. Muss dann mein Mann seinen Antrag zurückziehen? Er hat eigentlich schon einen Termin beim Sozialministeriumsservice, der Corona bedingt abgesagt wurde.

Wir bitten um Ihre Rückmeldung, gerne auch telefonisch, falls das derzeit möglich ist.

Mit freundlichen Grüßen, ***1*** ***2*** ***3*** und ***10*** ***3***

Eine Reaktion des Finanzamts ist im elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt nicht enthalten.

Urgenz vom

Über FinanzOnline teilte die Bf dem Finanzamt am mit:

Sehr geehrte Mitarbeitende des Finanzamtes,

ich habe eine Beschwerde gegen die Aberkennung der Fmilienbeihilfe (vom ) und einen Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe für unsere Tochter ***5*** ***3*** (***13***) eingebracht. Sind diese beiden Anträge aufrecht? Bitte um Überprüfung.

Da die Bearbeitung und auch die Bestimmung des Behindertengrades meiner Tochter länger dauern werden, wie ich annehme, bitte ich um einen Zeitplan, da auch die Mitversicherung meiner Tochter durch die Gkk befristet ist und ich auch dort zeitgerecht Anträge einbringen muss.

Herzlichen Dank für die Bearbeitung und Ihre Antworten, beste Grüße,

***1*** ***2*** ***3***

Auf diese Urgenz ist keine Reaktion des Finanzamts im elektronisch vorgelegten Verwaltungsakt enthalten.

Gutachten vom

Am erstattete das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Wien, folgendes Sachverständigengutachten:

Sachverständigengutachten

(mit Untersuchung)
nach der
Einschätzungsverordnung (BGBI. II Nr. 261/2010)


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Name des/der Untersuchten:
***5*** ***3***
Geschlecht:
Weiblich
Geburtsdatum:
***11***
Verfahrensordnungsbegriff:
***14***
Wohnhaft in
***6***, ***4***, Österreich
Identität nachgewiesen durch:
Pass
Rechtsgebiet:
Verfahren:
Familienlastenausgleichsgesetz
Begutachtung durchgeführt am
In der Zeit
Von 07:45 bis 08:15 Uhr
Untersuchung:
In der Landesstelle des Sozialministeriumservice
Dolmetsch anwesend: NEIN
Name:
Begleitperson anwesend: JA
Name: Vater Pass
Begleitperson erforderlich
Nein
Name der / des Sachverständigen
Dr. ***15*** ***16***
Fachgebiet der / des Sachverständigen
Neurologie

Anamnese:

Pflichtschulabschluss, keine Berufsausbildung, bisher geringfügig gearbeitet, seit 10. Lj. psychische Probleme ( AKH KJNP), Selbstverletzung, Panikstörung, stat. Aufenthalt ( SMZ Ost 2017), Drogenkonsum, Vorstrafen , jetzt Therapie statt Strafe, Psychotherapie alle 2 Wochen, sonst derzeit keine Behandlung

Derzeitige Beschwerden:

oft gehe es ihr psychisch schlecht, SMG , Essstörung

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

keine Medikation , Therapie statt Strafe

Sozialanamnese:

lebt bei den Eltern, Mindestsicherung, keine Pflegegeld, keine Erwachsenenvertretung

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

: AKH KJP: Angst / Depression

: Psychiatrie SMZ Ost ( Emotional instab. Persönlichkeit, Cannabisgebrauch)

FÄ Dr. ***8*** ***9***: emotional instab. Persönlichkeit, Borderlinestörung, atyp. Anorexie, rez. depressive Störung, multipl. Substanzgebrauch

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

-

Ernährungszustand:

-

Größe: - cm Gewicht: - kg Blutdruck: -

Status (Kopf / Fußschema) - Fachstatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt.

An den oberen Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen. Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt.

An den unteren Extremitäten bestehen rechtsseitig keine Paresen, linksseitig bestehen keine Paresen,

Fersen/Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. möglich, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Die Koordination ist intakt.

Die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ.

Die Sensibilität wird allseits als intakt angegeben.

Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel unauffällig

Gesamtmobilität-Gangbild:

-

Psycho(patho)logischer Status:

Zeitlich, örtlich zur Person ausreichend orientiert, Auffassung regelrecht, Stimmung dysphorisch , wenig Krankheitseinsicht, keine Ein- und Durchschlafstörung, nicht produktiv, nicht suizidal eingeengt

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:


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Lfd. Nr
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Rahmensätze:
Pos.Nr.
GdB%
1
emotional instabile Persönlichkeitsstörung 2 Stufen über unterem Rahmensatz, da weiter Symptome vorhanden
03.04.01
30

Gesamtgrad der Behinderung: 30 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

-

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu Vorgutachten:

-

Der festgestellte Grad der Behinderung wird voraussichtlich mehr als 3 Jahre andauern: X ja O nein

GdB liegt vor seit: 04/2014

Begründung - GdB liegt rückwirkend vor:

siehe Befund AKH Wien

Frau ***5*** ***3*** ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen: NEIN

Anmerkung bzw. Begründung betreffend die Fähigkeit bzw. voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen:

Die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen kann nicht bestätigt werden, da keine höher gradigen psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen vorhanden sind welche eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht möglich machen.

X Dauerzustand

O

Gutachten erstellt am von Dr. ***15*** ***16***

Gutachten vidiert am von Dr. ***17*** ***18***

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid als unbegründet ab:

Sie bezogen für Ihre volljährige Tochter ***5*** Familienbeihilfe bis einschließlich Juni 2019.

***5*** besuchte im Schuljahr 2016/2017 die 4.Klasse BORG, welche laut Zeugnis vom negativ abgeschlossen wurde.

Im Schuljahr 2017/2018 begann ***5*** mit der AHS für Berufstätige. Laut Zeugnis vom wurden 5 Fächer positiv und 2 Fächer negativ absolviert. Inskribiert war sie für 20 Wochenstunden.

Laut Zeugnis vom wurden im Sommersemester 2018 5 Fächer nicht beurteilt und 2 Fächer negativ absolviert.

Laut Ihren Angaben, wurde auf Grund der Erkrankung von ***5***, die Ausbildung mit abgebrochen.

Sie legten eine Bestätigung von Dr. ***8*** ***9*** / Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom vor, in welcher bestätigt wurde, dass ***5*** aufgrund der schweren psychiatrischen Problematik seit Februar 2018 bis laufend keinen Lernerfolg erbringen konnte.

Laut amtsärztlichen Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom wurde der Behinderungsgrad Ihrer volljährigen Tochter ***5*** im Ausmaß von 30.V.H. ab festgestellt. Hierbei handelt es sich bei ***5*** um keine erhebliche Behinderung und um keine Erwerbsunfähigkeit.

In Ermangelung einer ernsthaft-und zielstrebig betriebene Ausbildung von ***5***, wurde am die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe für die Monate März 2018 bis Juni 2019 rückgefordert.

Die Beschwerde vom wurde am form-und fristgerecht eingebracht.

Im vorliegenden Beschwerdebegehren führten Sie aus, dass Ihre Tochter ***5*** seit einigen Jahren wegen ihrer sehr akut gewordenen psychischen Erkrankung keinen regulären Schulbesuch mehr bewältigen konnte. Daraus resultierten ihre schlechten Noten und auch ihr Status der Nichtbeurteilung.

Weiters erklärten Sie, dass Sie der Beschwerde als Beweismittel einen fachärztlichen psychiatrischen Befundbericht beifügten, worin festgestellt wurde, dass auf Grund der weiterbestehenden schweren psychiatrischen Problematik von ***5***, sie derzeit und im kommenden Jahr aus fachärztlicher Sicht, nicht arbeitsfähig sei. Deshalb sehen Sie im dauernden Unvermögen, sich wegen einer Behinderung den Unterhalt selbst zu verschaffen, als anspruchsbegründend für den Bezug der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag im Rückforderungszeitraum.

Nach §2 Abs. 1, lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung fallen nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Hierunter fallen auch Universitätslehrgänge (). Zur Qualifizierung als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs.l lit b FLAG 1967 kommt es (überdies) nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen ().

Entscheidend ist sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang; die Ausbildung muss als Vorbereitung für die spätere konkrete Berufsausbildung anzusehen sein (Ausnahme: allgemeinbildende Schulausbildung; hier besteht zumindest nicht zwingend ein Konnex zu einem späteren konkreten Beruf) und überdies die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen.

Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn sich das Kind tatsächlich und zielstrebig auf die Prüfungen vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt.

Ob ein Kind eine Berufsausbildung macht, ist eine Tatfrage, die die Behörden in freier Beweiswürdigung zu beantworten haben.

Die Familienbeihilfe wird nach §10 Abs.2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung, besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Gemäß § 8 Abs.4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes erheblich behinderte Kind. Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht.

Gemäß § 8 Abs.5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der derzeit gültigen Fassung gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem nicht nur eine vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit ist nach der geltenden Rechtslage § 8 Abs.6 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 in der Fassung BGBl Nr. 105/2002 durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Bei der Einschätzung des Grades der Behinderung wird die Verordnung über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010) angewendet.

Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 hat, wer zu Unrecht Familienbeihilfe bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs.3 Einkommensteuergesetz 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetz 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 anzuwenden.

Im Gegenstandsfalle begann Ihre volljährige Tochter ***5*** Ihre Schulausbildung an einem Bundesrealgymnasium und wechselte ab September 2017 auf eine AHS für Berufstätige, wobei sie entweder hauptsächlich negative Prüfungen ablegte oder gar nicht beurteilt wurde. Laut Ihren Angaben hat sie auf Grund ihrer Erkrankung die Schulausbildung im Juni 2019 gänzlich abgebrochen.

Ihre Erklärung, dass Ihre Tochter ***5*** auf Grund Ihrer Erkrankung ihre Schulausbildung nicht ernsthaft und zielstrebig ausüben konnte, wurde mangels Feststellung einer erheblichen Behinderung, beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit durch das Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom nicht verifiziert. Es wurde lediglich ein Behinderungsgrad von ***5*** im Ausmaß von 30v.H. ab dem Monat Jänner 2014 festgestellt.

Sachverhaltsmäßig ist daher unbestritten, dass die nötige Lernintensität für eine anzuerkennende Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 im Rückforderungszeitraum nicht vorgelegen ist und im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 auch keine Erwerbsunfähigkeit ihrer Tochter ***5*** vorliegt.

In Anbetracht der obigen Ausführungen bestand die Rückforderung der zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe für die Monate März 2018 bis Juni 2019 zu Recht.

Ihrem Beschwerdebegehren konnte sohin nicht entsprochen werden.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom stellte die Bf Vorlageantrag:

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Finanzamt Wien 2/20/21/22 (FA12) hat meine Beschwerde vom , von mir eingebracht am , gegen den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe vom als unbegründet abgewiesen. Hiermit stelle ich einen Antrag auf Entscheidung über meine Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Anfechtungspunkte:

• Fehlende Würdigung des fachärztlichen Befundberichts von Dr. ***8*** ***9*** vom , dass ***5*** aufgrund der schweren psychiatrischen Problematik seit Februar 2018 bis laufend keinen Lernerfolg erbringen konnte.

• Feststellung des Behinderungsgrades meiner volljährigen Tochter ***5*** von 30 v.H. ab durch einen ärztliches Sachverständigengutachten des Sozialministeriumsservice und somit ein Absprechen einer erheblichen Behinderung bzw. einer Erwerbsunfähigkeit.

• Verweigerung der Rückforderung der bezogenen Familienbeihilfe für die Monate März 2018 bis Juni 2019.

Abänderungsantrag:

• Eine neuerliche Überprüfung des Behinderungsgrades in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens durch das Sozialministeriumsservice soll die bereits vorgelegten Dokumente zu ***6*** Krankheitsgeschichte, die Aussagen ihrer Eltern und die Bestätigung von Dr. ***8*** ***9*** berücksichtigen.

• Ein aktuelles (), von mir vorgelegtes ärztliches Sachverständigengutachten von Dr. ***19*** ***20***, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, soll in die Würdigung aufgenommen werden

Begründung:

• Wegen der psychischen Behinderung (hebephrene Schizophrenie) besteht bei ***5*** ein dauerhaftes Unvermögen, sich den Unterhalt selbst zu verschaffen. Sie ist aufgrund dieser Erkrankung bereits seit dem Jahr 2014 nicht mehr in der Lage, einen angemessenen Lernerfolg zu erbringen (siehe Gutachten von Dr. ***9*** und von Dr. ***20***).

***5*** hat bereits parallel zum Besuch der AHS für Berufstätige mehrere Versuche gestartet, um eine Erwerbsfähigkeit bei sozialen Projekten (u.a. Produktionsschule) zu erreichen. Sie ist bei allen Einsätzen gescheitert, mit der Auswirkung, dass ihr Frustpegel sehr hoch geworden ist.

• Ihre psychische Behinderung halte ich für anspruchsbegründend für den Bezug von Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und erhöhter Familienbeihilfe, da der angeführte Behinderungsgrad von 30 v.H. den Ergebnissen der beiden Gutachten von Dr. ***9*** und Dr. ***20*** widerspricht.

Beigefügt war die fachärztliche Bestätigung von Dr. ***8*** ***9*** vom (siehe oben) und ein ärztliches Sachverständigengutachten von Dr. ***19*** ***20*** vom :

Psychiatrisches Gutachten vom

Apl. Prof. Priv. Doz. Dr. med. ***19*** ***20***, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeut, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger erstatte am folgendes psychiatrisches Gutachten über ***5*** ***3***:

...

Quellen

Beschwerdevorentscheidung betr. Beschwerde von (Finanzamt Wien, ohne Datum)

Eigene Explorationen (zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten)

Gespräche mit den Eltern (zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten)

Ergebnisse des Eppendorfer Schizophrenie Inventars (ESI)

Diverse Unterlagen von (kinder-)psychiatrischen Einrichtungen bzw. psychologischen Untersuchungen

1. Psychiatrische Krankengeschichte (chronologisch absteigend)

Aus einem fachärztlichen Befundbericht von Dr. ***8*** ***9*** von 24.0.2010:

Darin wird der Patientin eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, eine atypische Anorexie und eine rezidivierende depressive Störung, sowie eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch bescheinigt.

Bereits mit dem zehnten Lebensjahr habe sie unter Angstzuständen und Zwängen gelitten, sie habe sich in der Schule gemobbt gefühlt. Seit der frühen Pubertät habe sich eine Identitätsproblematik mit starken Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen und Spannungszuständen entwickelt.

Die Spannungszustände hätten in wiederholten Selbstverletzungen und Drogenkonsum gemündet. Sie habe stark unter der Impulskontrollstörung und depressiven Episoden gelitten. Es sei zu schweren Krisensituationen gekommen, die auch eine stationäre psychiatrische Behandlung nach dem UBG nötig gemacht hätten.

Sie war daher schon während der Gymnasialzeit nicht in der Lage den erforderlichen Schulerfolg zu erbringen, weshalb sie abbrechen musste.

Daher konnte sie seit Februar 2018 bis September 2019 keinen Lernerfolg erbringen.

Befundbericht. Sozialmedizinisches Zentrum Ost. Donauspital von :

Diagnostiziert wird eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung und eine psychische und Verhaltensstörung durch Cannabinoide.

[...]

Dekurs von , Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie:

[...]

Dekurs Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom :

[...]

Klinisch psychologischer Befund. Dr. ***21*** ***22***, von :

Diagnostiziert wird ein schädlicher Gebrauch von Cannabis, eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und eine Aufmerksamkeitsstörung.

Sie brauche psychotherapeutische Unterstützung. Es gebe Hinweise auf eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus.

Dekurs von , Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie:

[...]

Diagnostiziert wird eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens.

Kurzbefund nach ambulanter Begutachtung. Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Wien, von :

Hier wird die Diagnose einer Impulskontrollstörung vermerkt. Grund der Vorstellung war offenbar ein Impulsdurchbruch zu Hause. Verschrieben wird Seroquel.

Kurzbefund nach ambulanter Begutachtung, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, :

Hier wird die Diagnose eines Impulsdurchbruchs vermerkt.

Kurzbefund nach ambulanter Begutachtung, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. 13.0.2015:

Die Vorstellung erfolgt aufgrund einer akuten Belastungsreaktion.

Kurzbefund nach ambulanter Begutachtung von , Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie:

Die Diagnose ist Anpassungsstörung.

Aus einem klinisch-psychologischen Befundbericht der Universitätsklinik für Kinder und Jugendpsychiatrie Wien, von :

Darin wird sie als altersadäquat entwickelte Jugendliche beschrieben, die freundlich, offen und höflich ist. Die Sprachflüssigkeit ist offenbar schon von Schwierigkeiten in der Wortfindung beeinträchtigt. Sie ist gut affizierbar, zeitweise jedoch übertrieben fröhlich und leicht läppisch.

Sie berichtet von Schwierigkeiten in der Schule.

In der Leistungs- und Persönlichkeitsdiagnostik ist sie motiviert und anstrengungsbereit. Sie kann kaum ihre Stärken benennen. Sie gibt an, sie könne sich selbst nicht richtig spüren, dies sei seit etwa der Volksschule der Fall.

Die Mutter berichtet, die Tochter leide unter einer psychischen Erkrankung. Seit dem Schuljahr 2013,2014 erscheine sie unpünktlich in der Schule und unpünktlich zu wichtigen Terminen. Unter der Woche sei sie oft bis 2:00 Uhr nachts unterwegs.

Bereits im Kindergarten sei den Pädagoginnen eine verringerte Aufmerksamkeitsfähigkeit aufgefallen. Sie habe deswegen Entwicklungshilfe der Stadt Wien in Anspruch genommen. Der Verdacht eines Aufmerksamkeitsdefizits habe sich aber nicht erhärtet.

***5*** sei eine gute Schülerin gewesen, bis zum Schuljahr 2013 / 2014. Aktuell wiederhole sie aufgrund negativer Noten die fünfte Klasse des Gymnasiums.

[...]

Die computerbasierte Testung zeigt ein stark impulsives Verhalten. Das Gesamtbild einer tendenziell beeinträchtigten Persönlichkeitsentwicklung mit einer Störung der Impulskontrolle ergibt sich.

Psychologischer Befundbericht. Entwicklungsdiagnostik. MA15; Gesundheitsamt, von :

Vorstellungsgrund war der Verdacht auf Probleme im Bereich der Feinmotorik und der Gleichgewichtswahrnehmung, ebenso war der Verdacht auf eine Aufmerksamkeitsproblematik gegeben.

[...]

Zusammenfassend wird vermerkt, dass eine deutliche Aufmerksamkeitsproblematik vorliegt, die weiter abgeklärt werden muss.

2. Eigene Explorationen und Untersuchungen

[...]

3. Weitere diagnostische Verfahren

Das AMDP System (Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation In der Psychiatrie {AMDP) (Hrsg.): Das AMDP System: Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde. Hogrefe: 9. Auflage, 2016)

Das AMDP System ist ein standardisiertes Dokumentationssystem klinisch-psychopathologischer Befunde, das auch auf den Schweregrad von Symptomen eingeht und das zuvor festlegt, ob eine Selbst- oder Fremdbeurteilung für die Einschätzung maßgeblich ist.

Das AMDP-System wurde ursprünglich von einer deutsch-schweizerischen Arbeitsgruppe als psychopathologisches Dokumentationssystem entwickelt. Es diente zur Beschreibung von psychopathologischen Veränderungen bei Behandlung.

Das AMDP-System verfolgt mittlerweile einen weiten deskriptiv-psychopathologischen Ansatz, insbesondere mit dem Ziel, bei der Befunderhebung nichts Wesentliches zu übersehen. Das AMDP-System hat daher einen zentralen Stellenwert für die psychopathologische Diagnostik.

[...]

Eppendorfer Schizophrenie Inventar (ESI)

Das Eppendorfer Schizophrenie Inventar wurde mit dem Ziel entwickelt, subjektive, für die Schizophrenie charakteristische Dysfunktionen und präpsychotische Zeichen mithilfe eines Selbsteinschätzungsverfahrens zu identifizieren.

Das Verfahren stützt sich auf vier faktorenanalytisch generierte klinische Bereiche, nämlich Aufmerksamkeits- und Sprachbeeinträchtigung (AS), Akustische Unsicherheit (AU), Beziehungsideen (IR), und Wahrnehmungsabweichungen (DP).

Die Skala "Aufmerksamkeits- und Sprachbeeinträchtigung" (AS) erklärt innerhalb des Verfahrens die meiste Varianz. Sie beschreibt Beeinträchtigungen bei der Wahrnehmung und Interpretation äußerer Stimuli, was sich insbesondere in Störungen der Erfassung von sprachlichen Äußerungen Dritter bemerkbar macht. Patientinnen geben u.a. an, den Sinn der Worte von anderen nicht richtig erfassen zu können.

Die Skala "Akustische Unsicherheit" (AU) beschreibt die Schwierigkeit der Patientinnen, zwischen eigenen Gedanken und wirklich Gehörtem zu unterscheiden. Den Eindruck zu haben, von außen beeinflusst zu werden, wird ebenso mit diesem Faktor erfasst.

Die Skala "Beziehungsideen" (IR) beschreibt die Neigung, alltägliche Erlebnisse als besonders bedeutsam zu interpretieren. Erfasst wird damit auch eine Wahnstimmung, wie z.B. den Umstand, dass jemand etwa Radiosendungen auf sich bezieht oder der Meinung ist, es werden ihm persönlich besondere Zeichen gegeben.

Die Skala "Wahrnehmungsabweichungen" (DP) bezieht sich vor allem auf Störungen der Körperwahrnehmungen.

Der ESI verfügt auch über eine Kontrollskala. Schizophrene Patientinnen (insbesondere solche mit paranoider Schizophrenie und mit einer Schizophrenie mit vorwiegender Negativsymptomatik) geben mit dem ESI erfasste Symptome häufiger an als Gesunde und psychisch Kranke mit anderen Diagnosen. Weitere Studienergebnisse legen nahe, dass insbesondere die AS-Skala einen Vulnerabilitätsfaktor für Schizophrenie repräsentiert.

[...]

Die Ergebnisse sprechen deutlich für das Vorliegen einer psychotischen (schizophrenen) Erkrankung.

A. Gutachten

Bei der Patientin ***5*** ***3*** ist eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis zu diagnostizieren. Aus aktueller Sicht muss vom Vorliegen einer hebephrenen Schizophrenie (F20.1) ausgegangen werden. Die Hebephrenie ist eine Unterform der Schizophrenie, die sich in der Regel zwischen 15. und 25 Lebensjahr manifestiert, vor allem mit affektiven Symptomen und Denkstörungen einhergeht, und in der Regel weniger mit einem paranoid-halluzinatorische Symptomenkomplex.

In retrospektiver Betrachtung sind viele Symptome der Adoleszenz, die unter anderem immer wieder Spitalsbesuche und Aufenthalte an psychiatrischen Abteilungen notwendig machten, bereits der schizophrenen Grunderkrankung geschuldet. So finden sich frühzeitig Störungen der Konzentration und des Denkens, der Affekte, der Impulskontrolle, ebenso wie Wahneinfälle und diffuse Ängste. Der Beginn des Cannabiskonsums ist als Versuch der Selbstmedikation zu betrachten.

Es ist davon auszugehen, dass die schizophrene Grunderkrankung der Patientin für den fehlenden schulischen Erfolg ursächlich ist. In geradezu typischer Weise war sie bis zu ihrem etwa 14. Lebensjahr eine gute Schülerin, auch wenn bereits davor offenkundige Prodromalsymptome - insbesondere in Form von Aufmerksamkeitsdefiziten und affektiven Auffälligkeiten - erkennbar waren. Ab der 5. Klasse Gymnasium war sie aufgrund ihrer Erkrankung, die vor allem mit Denkstörungen und diffusen paranoiden Ängsten einhergeht, nicht mehr in der Lage, den an sie gestellten altersadäquaten Anforderungen als Schülerin nachzukommen.

Denkstörungen, Konzentrationsverlust, diffuse und paranoide Ängste wurden vorherrschend. Aufgrund einer weitgehend fehlenden konsequenten und kontinuierlichen fachärztlichen Observanz wurden die typischen Symptome bislang offenbar nicht als Symptome einer schizophrenen Erkrankung eingeordnet.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass ***5*** ***3***, geb. ***11***, an einer schizophrenen Psychose (hebephrene Schizophrenie) leidet.

Das Krankheitsbild stellt eine Geisteskrankheit dar.

Die Patientin ist aufgrund dieser Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits seit dem Jahr 2014 nicht mehr in der Lage, einen angemessenen Lernerfolg zu erbringen.

Die Patientin aufgrund dieser Erkrankung auch erwerbsunfähig.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Bezughabende Normen

§ 2 FLAG 1967; § 8 FLAG 1967; § 26 FLAG 1967; § 33 EStG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Der Bf hat einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihr 21-jähriges Kind gestellt. Mit dem am erlassenen Bescheid hat das Finanzamt den Rückforderungsbetrag in Höhe von € 3.803,20 für den Zeitraum von März 2018-Juni 2019 festgesetzt. Die Bf gab in ihrer Beschwerde an, dass das Kind an einer psychischen Erkrankung leide und legte auch ein ärztliches Schreiben vor.

Um den Ausmaß der Erkrankung feststellen zu können, wurde ein Sachverständigengutachten angefordert. Mit diesem Gutachten vom wurde der Grad der Behinderung mit 30 % festgestellt.

Für die Gewährung der Familienbeihilfe sowie der erhöhten Familienbeihilfe ist ein 50%iger Grad an Behinderung oder eine Ausbildung erforderlich, daher hat das Finanzamt spruchgemäß entschieden.

Beweismittel:

siehe Inhaltsverzeichnis

Stellungnahme:

Für Minderjährige liegt allgemein ein Anspruch auf Familienbeihilfe vor. Für den Anspruch auf Familienbeihilfe für Volljährige müssen hingegen gewisse Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sein. Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG steht für volljährige Kinder Familienbeihilfe zu, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet wird, wenn ihm durch den Schulbesuch die Ausübung seines Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs 1 lit c FLAG regelt, unter welchen Voraussetzungen bei Behinderungen volljähriger Kinder der Grundbetrag an Familienbeihilfe gewährt werden kann. Dieser steht für volljährige Kinder zu, die wegen einer vor Vollendung des 21.Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Der Erhöhungsbetrag selbst steht nur dann zu, wenn auch ein Anspruch auf den Grundbetrag gegeben ist ().

§ 8 Abs 6 FLAG bestimmt zur Lösung der Frage, ob das Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung ausschließlich durch eine Bescheinigung des Sozialministeriumservices. Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs 6 FLAG auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfolgen. Bei der Antwort auf die Frage, ob das Kind der Bf zu mindestens 50% behindert ( § 8 Abs 5 FLAG ) oder dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen ( § 2 Abs 1 lit. c FLAG ), ist die Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten grundsätzlich gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig ist (vgl. 2013/16/0049).

Mit Gutachten vom wurde eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung mit einer Grad der Behinderung mit 30 % festgestellt, jedoch muss der Grad der Behinderung mindestens 50 % betragen. Der festgelegte Grad der Behinderung wird zwar voraussichtlich 3 Jahre andauern, jedoch kann die Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, nicht bestätigt werden, da keine höher gradigen psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen vorhanden sind, welche eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht möglich macht.

In Ermangelung einer ernsthaft- und zielstrebig betriebene Ausbildung sowie der Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, war spruchgemäß zu entscheiden und die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe sowie der Kinderabsetzbetrag (§ 33 EStG) nach § 26 Abs 1 FLAG für den Zeitraum März 2018 bis Juni 2019 rückzufordern.

Aus den angeführten Gründen beantragt das Finanzamt, die Beschwerde abzuweisen.

Nachfrage vom

Mit E-Mail vom erkundigte sich die Bf bei der Richterin nach dem Bearbeitungsstand:

... ich habe im November 2020 einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde(Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht zu der Beschwerdevorentscheidung vom gestellt.

Ich möchte hiermit nachfragen, in welcher Phase derzeit die Bearbeitung des Antrages ist und ob ich etwas zur Erledigung beitragen kann. Es geht um den Antrag um erhöhte Familienbeihilfe meiner Tochter ***5*** ***3***, die an einer psychischen Erkrankung leidet (bis 18 Verdacht auch Bordeline, inzwischen Diagnose durch gerichtlich beeidigten Psychiater auf hebephrene Schizophrenie)...

Die Richterin antwortete mit E-Mail vom selben Tag:

... Danke für Ihr Schreiben.

Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, ist das Bundesfinanzgericht überlastet und unterbesetzt. Es ist daher nicht möglich, die eingehenden Beschwerden so rasch, wie ich das möchte, zu erledigen.

Ich werde Ihre Beschwerde nun vorziehen und versuchen, sie bis Jahresende zu erledigen.

Sollte ich noch Informationen benötigen, wende ich mich an Sie....

Die Bf replizierte:

... danke ganz herzlich für die schnelle Antwort zu später Stunde. Ich verstehe das sehr gut, dass es derzeit eine große Überbelastung gibt.

Danke für Ihr Bemühen und Ihren Einsatz. ...

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Bisher steht fest:

Die im Jänner 1999 geborene ***5*** ***3*** ist die Tochter der Bf Mag. ***1*** ***2*** ***3*** und von ***10*** ***3***. Sie lebt mit ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt. Für ***5*** ***3*** wurde von Mag. ***1*** ***2*** ***3*** von März 2018 bis Juni 2019 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag in dem im Spruch angeführten Umfang bezogen.

***5*** ***3*** besuchte im Schuljahr 2016/2017 die 4.Klasse BORG, die laut Zeugnis vom negativ abgeschlossen wurde. Im Schuljahr 2017/2018 begann ***5*** ***3*** mit der AHS für Berufstätige. Laut Zeugnis vom wurden 5 Fächer positiv und 2 Fächer negativ absolviert. Inskribiert war sie für 20 Wochenstunden. Die Schule ist modular aufgebaut und jedes Semester müssen die zu absolvierenden Fächer neu inskribiert werden. Laut Zeugnis vom wurden im Sommersemester 2018 5 Fächer nicht beurteilt und 2 Fächer negativ absolviert.

***5*** ***3*** leidet an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (F60.3) bzw. an einer schizophrenen Psychose (hebephrene Schizophrenie, F20.1). Sie war wegen dieser Erkrankung, die sich ab etwa dem 10. Lebensjahr zu manifestieren begann, mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits ab etwa ihrem 15. Lebensjahr nicht mehr in der Lage, einen angemessenen Lernerfolg zu erbringen. ***5*** ***3*** war es wegen des Fortschreitens der Erkrankung nicht möglich, ab Februar 2018 einen Lernerfolg zu erbringen.

Eine Bescheinigung des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen, dass ***5*** ***3*** voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, liegt bislang nicht vor.

Beweiswürdigung

Die bisher getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Ausbildungsverlauf folgen der Beschwerdevorentscheidung und den im Verwaltungsakt befindlichen Zeugnissen. Die Feststellungen wurden von der Bf nicht bestritten.

Die Feststellungen zur Erkrankung, zum Krankheitsverlauf und zu den diesbezüglichen Folgen auf die Berufsausbildung stützen sich insbesondere auf das psychiatrische Gutachten von Apl. Prof. Priv. Doz. Dr. med. ***19*** ***20*** vom und auf den fachärztlichen Befundbericht von Dr. ***8*** ***9***, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom . Die Erkrankung seit April 2014 wird auch von Dr. ***15*** ***16*** vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen bestätigt. Die Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung erfolgte durch Dr. ***8*** ***9*** und Dr. ***15*** ***16*** (Sozialministeriumservice), die einer schizophrenen Psychose durch Dr. ***19*** ***20***. Für die in diesem Verfahren zu treffende Sachentscheidung ist die Detaildiagnose nicht relevant.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat am bescheinigt, dass ***5*** ***3*** seit April 2014 einen Grad der Behinderung von 30% aufweist, allerdings nicht, dass ***5*** ***3*** voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a)für minderjährige Kinder,

b)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c)für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,

e)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g)für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h)für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i)für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa)bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa)Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb)Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc)Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd)Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", ABl. Nr. L 347 vom S. 50.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a)deren Nachkommen,

b)deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c)deren Stiefkinder,

d)deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a)sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b)das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c)sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a)für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b)für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c)für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d)für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 2a FLAG 1967 lautet:

§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.

§ 8 FLAG 1967 lautet:

§ 8. (1) Der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe bestimmt sich nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

(2) Die Familienbeihilfe beträgt monatlich

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3.ab

a)114 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats der Geburt,

b)121,9 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 3. Lebensjahr vollendet,

c)141,5 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 10. Lebensjahr vollendet,

d)165,1 € für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet.

(3) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3.ab , wenn sie

a)für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 €,

b)für drei Kinder gewährt wird, um 17,4 €,

c)für vier Kinder gewährt wird, um 26,5 €,

d)für fünf Kinder gewährt wird, um 32 €,

e)für sechs Kinder gewährt wird, um 35,7 €,

f)für sieben und mehr Kinder gewährt wird, um 52 €.

(4) Die Familienbeihilfe erhöht sich monatlich für jedes Kind, das erheblich behindert ist,

(Anm.: Z 1 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

(Anm.: Z 2 mit Ablauf des außer Kraft getreten)

3.ab um 155,9 €.

(5) Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muß mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

(6) Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

(6a) Für eine Person, bei der eine dauernde Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c festgestellt wurde, besteht kein Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe, wenn sie in einem Kalenderjahr ein Einkommen bezieht, das die in § 5 Abs. 1 festgelegte Grenze übersteigt. Wenn das Einkommen in einem nachfolgenden Kalenderjahr unter der in § 5 Abs. 1 festgelegten Grenze liegt, lebt der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe wieder auf. Wenn die Erwerbsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 lit. c als Dauerzustand festgestellt wurde, ist kein weiteres Sachverständigengutachten erforderlich.

(7) Die Abs. 4 bis 6 gelten sinngemäß für Vollwaisen, die gemäß § 6 Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

(8) Für jedes Kind, das in einem Kalenderjahr das 6. Lebensjahr bereits vollendet hat oder vollendet und das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erhöht sich die Familienbeihilfe für den September dieses Kalenderjahres um 100 €.

(9) Die Familienbeihilfe erhöht sich für den September 2020 um eine Einmalzahlung von 360 € für jedes Kind. Der Aufwand für die Auszahlung dieser Einmalzahlung im September 2020 ist aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds zu tragen.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Abweichend davon gilt:

1.Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu.

2.Für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, ist die Höhe des Kinderabsetzbetrages auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

a)Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist erstmals ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

b)Die Höhe der Kinderabsetzbeträge ist gemäß § 8a Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 kundzumachen.

Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Gemäß § 2 lit. a BAO ist die Bundesabgabenordnung sinngemäß in Angelegenheiten der Familienbeihilfe anzuwenden.

§ 115 BAO lautet:

§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.

§§ 166 f BAO lauten:

§ 166. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

§ 167. (1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

(2) Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind gemäß § 177 Abs. 1 BAO die für Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellten Sachverständigen beizuziehen.

§ 183 BAO lautet:

§ 183. (1) Beweise sind von Amts wegen oder auf Antrag aufzunehmen.

(2) Die Abgabenbehörde kann die Beweisaufnahme auch im Wege der Amtshilfe durch andere Abgabenbehörden vornehmen lassen.

(3) Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, daß die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

(4) Den Parteien ist vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.

§ 270 BAO lautet:

§ 270. Auf neue Tatsachen, Beweise und Anträge, die der Abgabenbehörde im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Kenntnis gelangen, ist von der Abgabenbehörde Bedacht zu nehmen, auch wenn dadurch das Beschwerdebegehren geändert oder ergänzt wird. Dies gilt sinngemäß für dem Verwaltungsgericht durch eine Partei oder sonst zur Kenntnis gelangte Umstände.

§ 278 BAO lautet:

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 279 Abs. 1 BAO lautet:

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allen falls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrechtbezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung/Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).

Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A.2020 §26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Zu prüfen ist daher, ob der Bf im Rückforderungszeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zustand; die Auszahlung ist unstrittig.

Verfahrensrechtliches

Beschwerde

Es kann hier auf sich beruhen, ob die am zur Post gegebene Beschwerde vom , die als Beschwerdegrund nennt, dass ***5*** ***3*** durch ihre die seit einigen Jahren akut gewordene psychische Erkrankung keinen regulären Schulbesuch wahrnehmen habe können, was sich in ihren schlechten Noten bzw. Nichtbeurteilungen zeige, tatsächlich mit dem undatierten Schreiben, mit dem erneut eine Beschwerde vom dem Finanzamt übermittelt wurde, und als weiteren Beschwerdegrund vorbringt, dass ***5*** ***3*** voraussichtlich dauernd nicht in der Lage sei, sich selbst infolge ihrer Behinderung den Unterhalt zu verschaffen, zurückgezogen wurde. Vom Finanzamt wurde die am beim Finanzamt eingelangte zweite Beschwerde vorgelegt.

Im Ergebnis ergänzt die zweite Beschwerde die Argumente der ersten Beschwerde; beide Beschwerden wurden innerhalb der Beschwerdefrist erhoben. Für die Bf ist es daher mit keinem Rechtsnachteil verbunden, die am beim Finanzamt eingelangte "zweite" Beschwerde als die verfahrensgegenständliche Beschwerde und die am zur Post gegebene "erste" Beschwerde als gegenstandslos anzusehen, ohne nach § 256 Abs. 3 BAO vorzugehen, da an der Anfechtung des Rückforderungsbescheids nach dem Willen der Bf sich nichts ändern soll, sondern nur weitere Argumente vorgebracht werden.

Sache des Beschwerdeverfahrens

"Sache" des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl .; ), also die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag und nicht die Gewährung von Familienbeihilfe oder die Gewährung des Erhöhungsbetrags zur Familienbeihilfe.

Im Rückforderungsverfahren ist nicht zu prüfen, ob der Bf neben dem beantragten und ausbezahlten Grundbetrag an Familienbeihilfe auch der Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 wegen voraussichtlich dauernder Erwerbsunfähigkeit des Kindes gemäß § 2 Abs. 2 lit. c FLAG 1967 zusteht. Im Rückforderungsverfahren ist zu prüfen, ob der beantragte und ausbezahlte Grundbetrag an Familienbeihilfe allenfalls gemäß § 2 Abs. 2 lit. c FLAG 1967 zusteht (vgl. ).

Kein Anspruchssplitting beim Erhöhungsbetrag

Zu den in der E-Mail der Bf und ihres Ehegatten vom an das Finanzamt gestellten Fragen ist zu sagen:

Der Anspruch auf den Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 setzt den Anspruch auf den Grundbetrag nach § 8 Abs. 1 FLAG 1967 voraus. Der Erhöhungsbetrag kann nur von der Person beansprucht werden, die gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 (oder gemäß § 6 FLAG 1967 bei Vollwaisen oder Sozialwaisen) Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe hat. Ein Splitting, dass ein Elternteil den Grundbetrag bezieht und der andere Elternteil den Erhöhungsbetrag bezieht, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Anspruchsreihenfolge, Verzicht des primär Anspruchsberechtigen

Die Anspruchsreihenfolge der Eltern ergibt sich aus § 2 Abs. 2 FLAG 1967 und § 2a FLAG 1967. Bei Zugehörigkeit des Kindes zum gemeinsamen Haushalt beiden Eltern geht gemäß § 2a FLAG 1967 der Anspruch der haushaltsführenden Mutter vor. Diese kann gemäß § 2a Abs. 1 FLAG 1967 auf ihren Anspruch zugunsten des anderen Elternteils verzichten. Für Zeiträume, die für bereits Familienbeihilfe bezogen wurde (hier also der Beschwerdezeitraum), kann ein rückwirkender Verzicht nicht erfolgen. Der Erhöhungsbetrag ist für Zeiträume des bereits erfolgten Familienbeihilfebezugs durch die Mutter daher nur durch die Mutter zu beantragen.

Für Zeiträume, für die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde, kann auch der Vater nach einem Verzicht der Mutter, Familienbeihilfe für die Tochter beantragen, aber immer nur sowohl den Grundbetrag als auch (bei Vorliegen der Voraussetzungen) den Erhöhungsbetrag.

Wenn jetzt der Vater auf seinen Anspruch verzichten will, ist dies gesetzlich nicht vorgesehen, da dieser nur wegen des Verzichts des anderen Elternteils vorrangig anspruchsberechtigt ist. Hier müsste die Mutter einen eigenen Antrag stellen und ausdrücklich oder konkludent den seinerzeitigen Verzicht widerrufen (vgl. Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2a Rz 2 m.w.N.)

Krankheit allein vermittelt keinen Familienbeihilfenanspruch

Eine Erkrankung eines volljährigen Kindes, auch wenn diese schwer ist, vermittelt gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Krankheit kann im Rahmen einer Berufsausbildung dann von Bedeutung sein, wenn sie zu einer Verzögerung der Berufsausbildung führt. Weiters ist eine Krankheit maßgebend, wenn diese eine Behinderung darstellt, die zur Folge hat, dass das Kind voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen (vgl. ).

Zunächst ist zu prüfen, ob sich die volljährige Tochter der Bf im Rückforderungszeitraum in Berufsausbildung (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967) befunden hat. Erst wenn dies nicht zutreffen sollte, ist zu prüfen, ob ein Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 bestanden hat. Dies ist dann der Fall, wenn die Erkrankung der Tochter so schwerwiegend war, dass sie eine körperliche oder geistige Behinderung nach sich zieht, wegen der die Tochter voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, also in ihrem weiteren Leben keinem Beruf ausüben kann.

Berufsausbildung

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für "volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist".

Der Begriff der "Berufsausbildung" gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wird im Gesetz nicht näher definiert.

Nach Lehre (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 35) und ständiger Rechtsprechung fallen hierunter neben den in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 detailliert geregelten Studien (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kommt es auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. ).

Im Einzelnen hat der VwGH zu diesem Begriff in seiner ständigen Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt (für viele z.B. ; ; ; ; siehe die Darstellung bei Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 35):

Für die Qualifikation als Berufsausbildung ist nicht allein der Lehrinhalt bestimmend, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen. Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Eine Berufsausbildung kann unabhängig davon vorliegen, ob ein "gesetzlich anerkannter Ausbildungsweg", "ein gesetzlich definiertes Berufsbild" oder ein "gesetzlicher Schutz der Berufsbezeichnung" existiert (vgl. ). Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Auf die allenfalls nur wenige Monate währende Dauer eines dabei zu beurteilenden Lehrganges kommt es nicht an (vgl. , unter Verweis auf ).

Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus. Unter den Begriff "Berufsausbildung" sind jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet. Auch Teilabschnitte einer gesamten Berufsausbildung können den Begriff der Berufsausbildung erfüllen. Es kommt nicht darauf an, ob eine Berufsausbildung aus dem Motiv erfolgt, diesen Beruf später tatsächlich auszuüben, oder aus anderen Motiven (vgl. ); die Beurteilung des Anspruchs auf Familienbeihilfe hat ex ante zu erfolgen (vgl. ).

Der Besuch einer Schule für Berufstätige kann Berufsausbildung darstellen, wenn der Schulbesuch samt Vor- und Nachbereitungszeit die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nimmt.

Die Lehre (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § Rz 40) geht von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 dann aus, wenn bei kursmäßigen Ausbildungen oder bei Maturaschulen ein wöchentlicher Zeitaufwand für Kursbesuch und Vorbereitungszeit außerhalb des Kurses von mindestens 30 Stunden anfällt. Das Bundesfinanzgericht nimmt bei Schulen für Berufstätige einen erforderlichen wöchentlichen Zeitaufwand von durchschnittlich20 bis 25 Stunden zuzüglich Hausaufgaben an (vgl. ), insgesamt von mindestens 30 Wochenstunden (vgl. ; "Echtstunden" zu 60 Minuten, ), um von einer Berufsausbildung i.S.d. FLAG 1967 zu sprechen (vgl. ; ). Der UFS und das BFG haben in mehreren Entscheidungen die Meinung vertreten, eine Vorbereitungszeit von vier Monaten je Gegenstand sei ausreichend, und haben als Vergleichsmaßstab die Ablegung der Matura an einer allgemeinbildenden höheren Schule herangezogen. UFS und BFG haben aber auch betont, dass es sich dabei nur um eine Richtschnur handle und stets auf den konkreten Einzelfall abzustellen ist (siehe etwa die bei zitierten Entscheidungen von UFS und BFG).

Bei einem gesunden Kind wäre davon auszugehen, dass für den Fall, dass in einem Semester 5 Fächer nicht beurteilt und 2 Fächer negativ sowie kein Fach positiv beurteilt worden ist, das weitere Vorliegen einer ernsthaften und zielstrebigen Berufsausbildung fraglich sein wird. Das Gesetz nennt in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 eine Krankheit als ein Ereignis, dass bei entsprechender Schwere die Studienzeit verlängern kann. Auch bei einer Berufsausbildung, die nicht in einem Studium besteht, sind krankheitsbedingte Unterbrechungen einer Berufsausbildung auf begrenzte Zeit nicht anspruchsschädlich (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 38).

Zeitraum März 2018 bis Juni 2018

Nach der Aktenlage besuchte die Tochter im Sommersemester 2018, also von März 2018 bis Juni 2018, die Schule und trat zu Prüfungen an, die sie allerdings nicht bestand.

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen war die Tochter der Bf im Rückforderungszeitraum März 2018 bis Juni 2019 durch eine schwere Krankheit gehindert, ihrer Ausbildung an der AHS für Berufstätige ernsthaft und zielstrebig zu betreiben. Dieser Umstand ergibt sich aus sämtlichen aktenkundigen ärztlichen Befunden. Eine Berufsausbildung ist jedenfalls bis Juni 2018 dokumentiert. Die Tochter war in dieser Zeit krankheitsbedingt gehindert, die Ausbildung so zu betreiben, dass positive Prüfungen abgelegt werden konnten; die Tochter hat aber die Berufsausbildung trotz schwerer Erkrankung fortgesetzt.

Es bestand somit ein Anspruch der Bf auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wegen Berufsausbildung ihrer Tochter ***5*** ***3*** jedenfalls für den Zeitraum März 2018 bis Juni 2018.

Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019

Für den Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 fehlen jegliche Ermittlungsergebnisse des Finanzamts zur Tätigkeit der Tochter.

Laut Schreiben der Bf vom soll die Tochter "das letzte Semester" (Wintersemester 2018/2019, Sommersemester 2019?) nicht positiv abgeschlossen, aber weiter die Schule besucht haben, könne sich aber erst wieder ab September (2019?) für einzelne Fächer anmelden.

Es ist daher bisher offen, ob für Zeiträume ab Juli 2018 noch von einer Berufsausbildung gesprochen werden kann. Wenn das Finanzamt im Rückforderungsverfahren behauptet, der Beihilfebezieher habe Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, die ihm zuvor ausbezahlt worden sind, zu Unrecht erhalten, ist es Sache des Finanzamts, den Nachweis des unrechtmäßigen Bezugs zu erbringen, und nicht Sache des Beihilfebeziehers nachzuweisen, dass er die bereits (zufolge vorangegangener Prüfung durch das Finanzamt) ausbezahlte Familienbeihilfe zu Recht erhalten hat. Anspruchsbegründende Tatsachen hat, wenn bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter Ausschöpfung sämtlicher hierfür geeigneter Erkenntnisquellen Sachverhaltsfeststellungen letztlich nicht getroffen werden können, der Antragsteller (im Verfahren um Zuerkennung von Familienbeihilfe) zu beweisen, einem Anspruch entgegenstehende Tatsachen (wie den unrechtmäßigen Bezug von Familienbeihilfe im Rückforderungsverfahren) das rückfordernde Finanzamt (vgl. ).

Das Finanzamt hat sich im gesamten Verfahren nicht mit den durch ärztliche Befunde belegten Angaben der Bf, ihre Tochter sei während der Berufsausbildung schwer erkrankt und daher bei dieser beeinträchtigt gewesen wäre, auseinandergesetzt. Das Verfahren wurde nur betreffend eine allfällige dauernde Erwerbsunfähigkeit geführt. Es hat den Angaben der Bf, dass sich die Tochter in Berufsausbildung befunden hat, aber im Rückforderungszeitraum nicht in der Lage gewesen sei, Prüfungen positiv abzulegen, nichts entgegengehalten.

Es kann vorerst nicht beurteilt werden, ob sich die Tochter der Bf noch von Juli 2018 bis Juni 2019 (Ende des Rückforderungszeitraums) in Berufsausbildung befunden hat, aber im Rückforderungszeitraum krankheitsbedingt an der erfolgreichen Fortsetzung der Schulausbildung gehindert war.

Hier werden vom Finanzamt entsprechende Feststellungen zu treffen sein.

Voraussichtlich dauernde Erwerbungsunfähigkeit

Sollte im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 keine Berufsausbildung i.S.d. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 mehr vorgelegen sein, wird im Rückforderungsverfahren zu prüfen sein, ob ein Anspruch der Bf gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 infolge vor Vollendung des 21. Lebensjahrs eingetretener voraussichtlich dauernder Erwerbsunfähigkeit ihrer Tochter bestanden hat.

Anspruch auf Familienbeihilfe besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967 und § 6 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, und zwar auf erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967, für Kinder, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Nachweisführung

§ 8 Abs. 6 FLAG 1967 bestimmt zur Lösung der Frage, ob das Kind behindert oder voraussichtlich dauernd unfähig ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, die Nachweisführung ausschließlich durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (früher: Bundessozialamt, jetzt: Sozialministeriumservice).

Diese Bescheinigung hat gemäß § 8 Abs. 6 FLAG 1967 auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens zu erfolgen.

Dem um die Erstattung des Gutachtens ersuchten Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen kommt die Befugnis zur Entscheidung (Zuerkennung oder Abweisung) über den Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe nicht zu (vgl. ). Das von ihm zu erstattende Gutachten hat den Befund und die daraus abgeleiteten fachlichen Schlüsse (Gutachten im engeren Sinn) in nachvollziehbarer Weise darzustellen (vgl. etwa ).

Die Beweisregelung des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 geht als Spezialnorm den allgemeinen Bestimmungen des § 166 BAO betreffend Beweismittel und des § 177 BAO betreffend den Sachverständigenbeweis vor (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 12 m w.N.), schließt deren ergänzende Anwendung aber nicht aus (vgl. ).

Bei der Antwort auf die Frage, ob das Kind erheblich behindert war bzw. ist oder dauernd außerstande war bzw. ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten grundsätzlich gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und nicht einander widersprechend sind (vgl. ; , und die bei Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 8 Rz 29 zitierte Rechtsprechung). Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung grundsätzlich von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen (vgl. ).

Es besteht nach der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zu § 8 Abs. 6 FLAG 1967 jedoch keine unbedingte Bindung an die Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Entscheidung darüber, ob ein Gutachten im Sinne des § 8 Abs. 6 FLAG 1967 unschlüssig oder ergänzungsbedürftig ist, in jedem Fall der Beihilfenbehörde. Eine Gutachtensergänzung oder ein neues Gutachten stellen Beweismittel dar. Das Verwaltungsgericht ist nicht verpflichtet, solche Gutachten in jedem Fall seiner Entscheidung über den geltend gemachten Familienbeihilfenanspruch zugrunde zu legen (vgl. ).

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , kann von solchen Gutachten nach "entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung" auch abgegangen werden. In ständiger Rechtsprechung wird diese Ansicht vom Verwaltungsgerichtshof geteilt (vgl. ; ; ; ).

Inhaltliche Anforderungen an Gutachten des Sozialministeriumservice

Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa , m.w N.) muss ein Sachverständigengutachten, das von einer Behörde - oder einem Verwaltungsgericht (vgl. , m.w.N.) - der jeweiligen Entscheidung zu Grunde gelegt wird, einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten sowie ausreichend begründet sein (vgl. ).

Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Fähigkeiten benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. , m.w.N.).

Ein Gutachten ist die begründete Darstellung von Erfahrungssätzen und die Ableitung von Schlussfolgerungen für die tatsächliche Beurteilung eines Geschehens oder Zustands auf der Basis des objektiv feststellbaren Sachverhalts durch einen oder mehrere Sachverständige. Sachverständige haben dabei fundierte und wissenschaftlich belegbare konkrete Aussagen zu treffen und dürfen ihre Beurteilungen und Feststellungen nicht auf Spekulationen, sondern ausschließlich auf die festgestellten Tatsachen verbunden mit ihrem fachspezifischen Wissen stützen (vgl. für viele ).

Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (§ 115 BAO) - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen (vgl. etwa oder , m.w.N). Auch die Gutachten der Ärzte des Sozialministeriumservice haben den an ärztliche Sachverständigengutachten zu stellenden Anforderungen an ihre Nachvollziehbarkeit zu entsprechen. Sie dürfen sich daher insbesondere nicht widersprechen oder in bloßen Behauptungen erschöpfen (vgl. etwa ).

Es ist nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Behörden des Verwaltungsverfahrens verpflichtet sind, die Beweiskraft der Gutachten des Sozialministeriumservice zu prüfen und erforderlichenfalls für deren Ergänzung zu sorgen (vgl. etwa , m.w.N.). Dies setzt voraus, dass sich Behörde vor Erlassung ihre Entscheidung Kenntnis vom gesamten Inhalt des jeweiligen Gutachtens verschafft.

Die Parteien haben die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (vgl. , m.w.N.). Die Behörde hat sich dann mit dem Inhalt dieses Gegengutachtens auseinanderzusetzen (vgl. ).

Schlüssigkeit des Gutachtens

Das im Verwaltungsverfahren erstatte Gutachten des Sozialministeriumservice vom gelangt bei der Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung zu dem Schluss, ***5*** ***3*** sei nicht voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, "da keine höher gradigen psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen vorhanden sind welche eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht möglich machen".

Das von der Bf im Verwaltungsverfahren vorgelegte Gutachten von Apl. Prof. Priv. Doz. Dr. med. ***19*** ***20*** vom zeigt dagegen, nach drei Explorationen mit ***5*** ***3*** zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten, massive Denkstörungen und diffuse paranoiden Ängste auf, und diagnostiziert eine schizophrene Psychose (hebephrene Schizophrenie), die nach Ansicht des Gutachters eine Erwerbsunfähigkeit indiziere.

Auf dieses Gutachten konnte das Gutachten des Sozialministeriumservice vom nicht eingehen, da es erst nach dessen Gutachten erstattet wurde.

Das Finanzamt wird im fortgesetzten Verfahren eine gutachtliche Stellungnahme des Sozialministeriumservice zu den Ausführungen von Apl. Prof. Priv. Doz. Dr. med. ***19*** ***20*** vom einzuholen und anschließend zu prüfen haben, ob ***5*** ***3*** wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.

Das Sozialministeriumservice wird im fortgesetzten Verfahren detaillierter als bisher zu begründen haben, ob ***5*** ***3*** ab Juli 2018 (Beginn des verbleibenden Rückforderungszeitraum) voraussichtlich dauernd in der Lage war, sich (am ersten Arbeitsmarkt) selbst den Unterhalt zu verschaffen. Sollte das Sozialministeriumservice weiter davon ausgehen, ***5*** ***3*** sei nicht voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig, wäre darzulegen, aus welchen Gründen angesichts des im Gutachten vom durch einen Gerichtssachverständigen erhobenen Befunds entgegen dessen gutachtlichen Ausführungen eine voraussichtlich dauernde Erwerbsfähigkeit von ***5*** ***3*** bestehen soll.

"Sich selbst den Unterhalt zu verschaffen" bedeutet, dass das Kind grundsätzlich auf dem "Ersten Arbeitsmarkt", also dem regulären Arbeitsmarkt, vermittelbar ist und so imstande ist, sich selbst ohne Zuwendungen anderer und ohne staatliche Zuschüsse zu erhalten (vgl. oder ).

Auch eine voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit auf Grund einer psychischen Erkrankung vermittelt einen Familienbeihilfeanspruch (vgl. ; ; ).

Ist ein Kind auf Grund einer Krankheit nicht (mehr) in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (ohne Einschränkung auf bestimmte Berufe) oder als Selbständige (unter Umständen auch in Heimarbeit) ein nennenswertes übersteigendes Entgelt zu erzielen, liegt Erwerbsunfähigkeit vor (vgl. zu § 123 Abs. 4 Z. 2 lit. a ASVG).

Für das Bundesfinanzgericht ist vorerst nicht ersichtlich, welche Chancen ***5*** ***3*** auf dem ersten Arbeitsmarkt haben soll, wenn sie ihre psychische Erkrankung bereits daran hindert, einer zielgerichteten Berufsausbildung nachzugehen. Entgegen der Ansicht im Gutachten vom , wonach "keine höher gradigen psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen vorhanden sind welche eine Beschäftigung am allgemeinen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht möglich machen", zeigt das Gutachten vom Denkstörungen, Konzentrationsverlust und diffuse und paranoide Ängste auf und diagnostiziert eine schizophrene Psychose.

Der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung etwa Fällen einer schizoiden Psychose (), einer paranoiden haluzinogenen Schizophrenie (), einer schizophrenen Psychose (; ), einer schizoaffektiven Erkrankung (), einer schweren, chronisch verlaufenden, psychischen Erkrankung im Sinn einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis (), einer paranoiden Schizophrenie (), einer schizoaffektiven Psychose Suchbegriff () und einer dissozialen Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Anteilen () die Eigenschaft einer geistigen Behinderung nicht abgesprochen () und betont, dass für die im Verfahren nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 eingeholten Bescheinigungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen und den zugrundeliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten zur Frage des Vorliegens einer dauernden Erwerbsunfähigkeit eine entsprechende Schlüssigkeit erforderlich sei.

Zurückverweisung

Gemäß § 278 BAO kann das Verwaltungsgericht bei unterlassenen Ermittlungen mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen.

Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO steht im Ermessen des Gerichtes (vgl. etwa - zur Rechtslage nach § 278 Abs. 1 BAO i.d.F. FVwGG 2012 - ). Zulässig ist sie nach dem Gesetz erstens, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können (§ 278 Abs. 1 erster Satz BAO). Die Aufhebung und Zurückverweisung ist zweitens unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO). Diese im Rahmen der sodann zu fällenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden positiven und negativen Voraussetzungen sind in rechtlicher Gebundenheit zu prüfen. Das Gericht hat die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte zu bezeichnen und zu beurteilen und auch die Frage zu beantworten, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre (vgl. ; ; ; ; ; ).

Der , 66 5002/6-VI/6/02, Anforderung einer ärztlichen Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, sieht ebenso wie die Richtlinie des BMF-280000/0222-IV/2/2013, Organisationshandbuch - zur verwaltungsökonomischen Abwicklung des Verfahrens - ausschließlich den elektronischen Verkehr mit dem Sozialministeriumservice durch die Finanzämter vor.

Hier erweist sich eine sofortige Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde als weitaus verwaltungsökonomischer (vgl. etwa ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ), da, sollte das Finanzamt im fortgesetzten Verfahren eine Fortsetzung der Berufsausbildung nicht feststellen können, das Sozialministeriumservice erneut mit der Frage der voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit zu befassen ist.

Die Veranlassung einer Gutachtensergänzung oder eines neuen Gutachtens erfolgt im elektronischen Verkehr der Finanzämter mit dem Sozialministeriumservice, das Bundesfinanzgericht ist in dieses elektronische Verfahren nicht eingebunden. Bereits im Hinblick auf das für die Einholung und Ergänzung von Gutachten des Sozialministeriumservice vorgesehene elektronische Verfahren erweist sich die Zurückverweisung der Sache als zweckmäßiger (rascher und kostengünstiger) als die Führung dieser Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht selbst.

Die Aufhebung unter Zurückverweisung dient hier der Verfahrensbeschleunigung und entspricht dem Gebot der angemessenen Verfahrensdauer. Dem Bundesfinanzgericht fehlen zumindest für umfangreichere Ermittlungen die erforderlichen Ressourcen (das BFG hat eine verglichen mit allen anderen Gerichten signifikant zu niedrige Ausstattung mit nichtrichterlichen Mitarbeitern vgl. Wanke/Unger, BFGG § 18 Anm. 6). Die erforderlichen Erhebungen sind daher jedenfalls vom Finanzamt (sei es nach § 278 BAO, sei es bei Nichtaufhebung nach § 269 Abs. 2 BAO) durchzuführen (vgl. etwa , , oder ).

Die Bf erhält somit schneller und kostengünstiger eine Entscheidung, wenn das Finanzamt nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Beachtung der im Aufhebungsbeschluss dargelegten Rechtsansicht des Gerichts neuerlich entscheiden kann (vgl. ).

Hinzu kommt, dass die Bf durch den gefochtenen Bescheid mit einer Zahlungspflicht belastet wird. Die Zeit, die die belangte Behörde zur Ermittlung des erforderlichen Sachverhalts, die bereits vor Erlassung des angefochtenen Bescheids vorgenommen werden hätte müssen, noch benötigt, soll nicht zulasten der Bf gehen. Mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheids entfällt die Verpflichtung zur Rückzahlung. Ob tatsächlich für den Zeitraum Juli 2018 bis Juli 2019 eine Rückzahlungspflicht besteht, wird vom Finanzamt im Zuge eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, wie angegeben, zu klären sein (vgl. ).

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich des Zeitraums März 2018 bis Juni 2018 als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG), er ist insoweit gemäß § 279 BAO aufzuheben.

Hinsichtlich des verbleibenden Rückforderungszeitraums Juli 2018 bis Juni 2019 war angesichts der noch erforderlichen und bisher unterbliebenen Ermittlungen mit Zurückverweisung gemäß § 278 BAO vorzugehen.

Nichtzulassung der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG bzw. Art. 133 Abs. 9 B-VG i.V.m. Art. 133 Abs. 4 B-VG und § 25a VwGG eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Das Bundesfinanzgericht folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Tatfragen sind einer Revision grundsätzlich nicht zugänglich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 166 f BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 177 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 183 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 270 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 2 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 8 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104562.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at