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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.10.2021, RV/7300032/2021

Strafhöhe mit Verweis auf die schlechte wirtschaftliche Situation und auf das Überwiegen der Milderungsgründe angefochten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Senatsvorsitzenden ***Ri***, den Richter ***6*** und die fachkundigen Laienrichter ***7*** und ***8*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Heinz Wolfbauer, Rechtsanwalt, Stubenbastei 2, 1010 Wien, wegen der Finanzvergehen der versuchten und vollendeten Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) teilweise iVm § 13 FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim ***FA*** als Organ des ***FA*** vom , SpS ***3***, Strafnummer ***10***, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim ***FA*** als Organ des ***FA*** vom , SpS ***3***, SN ***10***, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG teilweise iVm § 13 FinStrG für schuldig erkannt, er habe in Wien vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe von Steuererklärungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer 2013 in Höhe von € 30.000,00, Umsatzsteuer 2014 in Höhe von € 10.000,00 bewirkt, sowie von Umsatzsteuer 2015 in Höhe von € 50.000,00 zu bewirken versucht.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wurde über den Bf. deswegen eine Geldstrafe in Höhe von € 22.400,00 und gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 56 Tagen verhängt.

Gemäß § 185 FinStrG habe der Bf. die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 500,00 und des allfälligen Vollzuges zu ersetzen.

Zur Begründung wurde zur Person des Bf. ausgeführt, er sei österreichischer Staatsbürger und bringe als geringfügig Beschäftigter € 421,00 monatlich netto ins Verdienen. Er habe kein nennenswertes Vermögen, keine Sorgepflichten und sei finanzstrafbehördlich unbescholten.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes stehe nachstehender Sachverhalt fest:

Die "X GmbH" (kurz: X) sei mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet worden. Der Bf. habe die Gesellschaft von bis als handelsrechtlicher Geschäftsführer und seit als Abwickler/Liquidator selbständig vertreten. Mit Beschluss des HG Wien vom sei auf die Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Vermögenslosigkeit erkannt worden. Mit Eintrag vom sei die Firma gem. § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht worden.

Mit Bericht vom sei bei der X eine Betriebsprüfung/Nachschau über die Jahre 2013-2015 abgeschlossen worden. Aufgrund der bis dahin nicht erfolgten Abgabe von Steuererklärungen und da im Prüfungsverlauf keine weiteren Unterlagen beigebracht worden seien, hätten die Bemessungsgrundlagen der Umsatzsteuern im Schätzungswege gem. § 184 BAO festgesetzt werden müssen.

Kurz darauf habe über Mitteilungen des Finanzamtes ***9*** in Erfahrung gebracht werden können, dass die X an Drittfirmen Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer in großer Höhe gelegt habe, die der Abgaben- und Finanzstrafbehörde bis dahin noch nicht bekannt gewesen seien.

Im weiteren Verfahrensverlauf habe sich herausgestellt, dass der Bf. gegen Entgelt Scheinrechnungen (Ausgangsrechnungen der X) ausgestellt habe, denen keinerlei Leistungsaustausch zu Grunde gelegen sei.

Im folgenden Gerichtsverfahren sei der Bf. vom Landesgericht für Strafsachen ***1*** am wegen Beweismittel- bzw. Urkundenfälschung rechtskräftig verurteilt worden (Zahl: ***2***).

In diesem Gerichtsurteil seien die dem gegenständlichen Spruchsenatsverfahren zu Grunde liegenden Scheinrechnungen explizit erwähnt worden:

Rechnung vom über € 150.000,00 netto
Rechnung vom über € 50.000,00 netto
Rechnung vom über € 250.000,00 nett

Die verfahrensgegenständliche Umsatzsteuerschuld ergebe sich somit kraft Rechnungslegung gem. § 11 Abs. 12 UStG 1994.

Als jahrelang im Geschäftsleben selbständig Tätiger habe der Bf. über seine Verpflichtung zur Abgabe inhaltlich richtiger Abgabenerklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen zu den jeweiligen Fälligkeitstagen Bescheid gewusst.

Bei Nichtdeklarierung der gegenständlichen Umsätze in entsprechenden Erklärungen zur Umsatzsteuer für die im Spruch bezeichneten Zeiträume habe der Bf. sowohl eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, als auch eine Verkürzung der entsprechenden Abgaben ernstlich für möglich gehalten und habe sich damit abgefunden.

Der festgestellte Sachverhalt gründe sich auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im Bericht vom .

Die strafbestimmenden Wertbeträge gründeten sich auf die Ergebnisse des im Strafakt erliegenden Betriebsprüfungsberichtes, verbunden mit den Berechnungen der Finanzbehörde. Im strafbestimmenden Wertbetrag seien keinerlei Sicherheitszuschläge enthalten.

Der Beschuldigte habe sich in der heutigen mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat reumütig geständig verantwortet.

Nach Zitieren der Bezug habenden Gesetzesbestimmungen stellte der Spruchsenat fest, das Verhalten des Beschuldigten erfülle das vom Gesetz vorgegebene Tatbild in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Es sei daher mit einem Schuldspruch vorzugehen gewesen.

Bei der Strafbemessung sah der Spruchsenat als mildernd den ordentlichen Lebenswandel, das reumütige Geständnis, die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten sowie die teilweise Schadensgutmachung, als erschwerend hingegen keinen Umstand an.

Bei Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und die Täterpersönlichkeit sei die ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe schuld- und tatangemessen.

Die Entscheidung über die Kosten beruhe zwingend auf der angezogenen Gesetzesstelle.

-----------

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten wird wie folgt ausgeführt:

"a) Die gegen dieses Erkenntnis fristgerecht erhobene Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen den Ausspruch über die Strafe bzw. gegen die Strafhöhe und wird wie folgt ausgeführt:

Der Beschwerdeführer war Zeit seines Lebens um die rechtzeitigte Entrichtung der Abgaben bemüht, bekennt sich jedoch schuldig, vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe von Steuererklärungen eine Verkürzung von insgesamt EUR 90.000,00 zu bewirken versucht zu haben.

Damit hat der Beschwerdeführer aber nicht beabsichtigt, sich bzw die Gesellschaft zu bereichern, steuerlich zu entlasten oder vorsätzlich Abgaben zu hinterziehen, auch wenn dies im Sinne des Finanzstrafgesetzes nicht relevant sein mag. Vielmehr lagen finanzielle Hintergründe vor, die ihm "über den Kopf gewachsen " sind.

Dies lässt sich auch daran ablesen, dass der Beschwerdeführer stets um einen ordentlichen Lebenswandel bemüht war und ist, er von sich aus unumwunden ein reumütiges Geständnis abgelegt hat und den Schaden zumindest zum Teil wieder gut gemacht hat. Die Erstbehörde berücksichtigt nicht ausreichend, dass der Beschwerdeführer ohne dazu "gezwungen" gewesen zu sein, aus freien Stücken, um sein Gewissen zu entlasten und in Kenntnis der ihn neu treffenden Rechtsfolgen (u.a. eine strafrechtliche Verurteilung!) im Strafverfahren gegen C.D.GZ. des LG für Strafsachen ***1*** zugestanden hat, dass Rechnungen der X Scheinrechnungen waren, denen keine Leistung zugrunde lag!

Die strafmildernde Wirkung dieser Umstände wurde im angefochtenen Erkenntnis ebenso nicht ausreichend berücksichtigt, wie die damals prekären wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Schuld des Täters maßgeblich Grundlage für die Bemessung der Strafe. Gemäß § 23 Abs. 2 und 3 FinStrG sind bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, sowie weiters die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen.

Als mildernder Umstand wurden zwar "der ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis, die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten, sowie die teilweise Schadensgutmachung " angeführt, jedoch bei der Strafbemessung nicht ausreichend/angemessen berücksichtigt.

Festzuhalten ist, dass sich der Beschwerdeführer bisher in seiner gesamten unternehmerischen Tätigkeit stets korrekt verhalten, seine ihm vom Gesetz auferlegten Pflichten vollständig erfüllt hat und es gegenständlich lediglich beim Versuch geblieben ist.

Es wurde jedoch weder auf die äußerst krisenhafte Lebenssituation und die damit verbundene schwerwiegende emotionale und psychische (Ausnahme-)Situation, noch auf die wirtschaftliche Notlage/Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers Bedacht genommen.

Daraus folgt, dass die Milderungsgründe erheblich überwiegen, Erschwerungsgründe sind nicht vorhanden!

Die Finanzstrafbehörde hat unter Zugrundelegung des strafbestimmenden Wertbetrages von EUR 90.000,00 eine Geldstrafe in Höhe von EUR 22.400,00 verhängt bzw. für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitstrafe mit 56 Tagen festgesetzt.

Der Strafrahmen für das gegenständliche Delikt beträgt 200 % des strafbestimmenden Wertbetrages, also EUR 180.000,00.

Die verhängte Geldstrafe in Höhe von EUR 22.400,00 liegt somit bei ca. 12 % dieses Strafrahmens.

Mit diesem Strafausmaß ist den wesentlichen Faktoren der Strafbemessung strafbestimmender Wertbetrag, Gewicht der Schuld, Unrechtsgehalt der Tat, persönliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie den Milderungs- und Erschwerungsgründen - nicht ausreichend Rechnung getragen worden.

Unberücksichtigt bliebt auch, dass der Beschwerdeführer die Vorsteuer nicht geltend gemacht hat, sondern alles einem Dritten zu Gute kam! Ebenso übersieht der Spruchsenat, dass es beim Versuch geblieben ist!

Unter Berücksichtigung aller dargelegten Umstände erscheint die verhängte Geldstrafe von EUR 22.400,00 auch angesichts der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers weder tat- noch schuldangemessen. Insbesondere lässt die Strafhöhe die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers unberücksichtigt.

Aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse - der 57-jährige Beschwerdeführer bringt als geringfügig Beschäftigter lediglich EUR 421,00/monatlich ins Verdienen - ist eine Begleichung der Geldstrafe auf absehbare Zeit ausgeschlossen, womit die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen wäre. Dies erscheint in Würdigung der gesamten Umstände eine unverhältnismäßig harte Bestrafung.

b) Vielmehr hätte die Finanzstrafbehörde unter Berücksichtigung der aufgezeigten Milderungsgründe und der besonderen Voraussetzungen sogar eine außerordentliche Strafmilderung ins Auge fassen können, ja geradezu müssen! Die Milderungsgründe und die besonderen persönlichen Umstände überwiegen die Erschwerungsgründe sowohl an Zahl als auch an Gewicht beträchtlich und besteht im Hinblick auf den bisher untadeligen Lebenswandel des Beschwerdeführers die begründete Aussicht, dass er auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Strafe keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde.

Das bekämpfte Erkenntnis enthält keine Anhaltspunkte, ob und gegebenenfalls wie sich die Finanzstrafbehörde mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auseinandergesetzt hat.

Es wurde, damit der Grundsatz der Opfergleichheit bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gänzlich außer Acht gelassen. Tatsächlich ist die verhängte Strafe zu hoch angesetzt.

Da es sich um eine Ersttäterschaft handelt, sind vor allem das reumütige Geständnis, die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten, der Versuch und Schadensgutmachung als mildernd heranzuziehen. Da keine Erschwernisgründe vorliegen, wäre auch in spezialpräventiver Hinsicht mit einer Verwarnung oder allenfalls einer Strafe im Ausmaß von +/- EUR 5.000,00 - EUR 10.000,00 ausreichend gewährleistet, den Beschwerdeführer von weiteren Straftaten abzuschrecken, da jede Geldstrafe für den Beschwerdeführer ohnehin nur schwer zu bezahlen sein wird.

Beweis: beizuschaffende Akte ***4*** und ***5*** je des LG f. Strafsachen ***1***

Der Beschwerdeführer stellt sohin den Antrag,
das Bundesfinanzgericht möge
1. von einer Bestrafung iSd § 25 Abs. 1 1. Satz FinStrG abzusehen;
in eventu
2. eine Verwarnung iSd §25 Abs 2 2. Satz FinStrG auszusprechen;
in eventu
3. die im Erkenntnis ausgesprochene Strafe schuld- und tatangemessen herabsetzen sowie auch die für den Nichteinbringungsfall ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe neu bemessen und dem gemäß auch Kosten des Strafverfahrens neu bestimmen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

Gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens und von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.

§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.

Gemäß § 160 Abs. 2 FinStrG kann das Bundesfinanzgericht kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn
a) in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder
b) nur die Höhe der Strafe bekämpft wird oder
c) im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
d) sich die Beschwerde nicht gegen ein Erkenntnis richtet
und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt hat. Ein solcher Antrag kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 160 Abs. 2 lit. b FinStrG konnte im gegenständlichen Fall von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal eine solche von keiner der Verfahrensparteien beantragt wurde.

Im Bereich des Finanzstrafrechtes ist eine Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich (; ).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Strafhöhe. Unbekämpft blieb der Schuldspruch des angefochtenen Erkenntnisses, welcher gemäß der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Teilrechtskraft erwachsen ist.

Zunächst geht aus der Aktenlage hervor vor und ist zum Verschulden des Bf. festzustellen, dass dieser seine steuerlichen Pflichten als verantwortlicher Geschäftsführer der Fa. X GmbH vollständig vernachlässigt hat. Er hat zunächst nicht dafür gesorgt, dass eine laufende Buchhaltung erstellt, Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben bzw. Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet und in der Folge Jahressteuererklärungen abgegeben werden.

Der verfahrensgegenständlichen Verkürzungsbeträge an Umsatzsteuern beruhen auf der entgeltlichen Ausstellung von Scheinrechnungen und einer daraus resultierenden Steuerschuld kraft Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 14 UStG. Das Entgelt für die Ausstellung dieser Scheinrechnungen in Höhe von € 20.000,00 kam der sich in wirtschaftlicher Notlage befindlichen Fa. X GmbH zugute. Zweifelsfrei war dem Bf. klar, dass er eine derartige Vorgangsweise nicht nur die von der Fa. X GmbH geschuldete Umsatzsteuer verkürzt wird, sondern auch, dass der die Rechnungen empfangenden Firma Y-GmbH Abgabenverkürzungen ermöglicht werden. Es ist daher gegenständlich von einem hohen Verschuldensgrad - in Form eines auf Dauer ausgerichteten Verkürzungsvorsatzes - des Bf., welcher gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG Grundlage für die Strafbemessung ist, auszugehen.

Zu Recht hat der Spruchsenat bei der Strafbemessung den ordentlichen Lebenswandel des Bf., das reumütige Geständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung als mildernd angesehen.

Zur teilweisen erfolgten Schadensgutmachung ist auszuführen, dass von den verfahrensgegenständlichen Verkürzungsbeträgen in Höhe von insgesamt € 90.000,00 derzeit noch € 76.850,82 (somit mehr als 85%) am Abgabenkonto der Fa. X GmbH aushaften. Es ist daher von einer Schadensgutmachung im untergeordneten Ausmaß auszugehen.

Zu Recht führt der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde, dass er aus einer wirtschaftlichen Notlage in einer krisenhaften Lebenssituation heraus gehandelt hat und dass in Bezug auf Umsatzsteuer 2015 der Milderungsgrund, dass es insoweit beim Versuch einer Abgabenverkürzung geblieben ist, bei der Strafbemessung durch den Spruchsenat nicht berücksichtigt wurde.

Demgegenüber steht der bislang vom Spruchsenat nicht berücksichtigte Erschwerungsgrund der mehrmaligen Tatentschlüsse in Bezug auf die Nichtabgabe ordnungsgemäßer Umsatzsteuererklärungen in drei auf einander folgenden Jahren.

In Bezug auf die gemäß § 23 Abs. 3 FinStrG bei der Bemessung der Geldstrafe zu berücksichtigende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten und seine persönlichen Verhältnisse ging der Spruchsenat bei der Strafbemessung und geringfügigen Einkünften in Höhe von Euro € 421,00 monatlich netto, keinen nennenswerten Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Diese schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse wurden vom Spruchsenat strafmildernd berücksichtigt.

Im Rahmen der gegenständlichen Beschwerde blieben diese Strafzumessungserwägungen weitgehend unbekämpft, deren Gewichtung im Rahmen der Ermessensübung bei Strafbemessung wurde jedoch bemängelt.

Wie der Bf. in der gegenständlichen Beschwerde zutreffend erkennt, wurde im gegenständlichen Fall die Geldstrafe durch den Spruchsenat in einem Betrag von 12,44 % des Strafrahmens (gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG: € 180.000,00) bemessen.

Bedenkt man, dass dem Bf. ein hoher Grad der Schuld (§ 23 Abs. 1 FinStrG) anzulasten ist, so erweist sich die nahe der Mindestgeldstrafe (§ 23 Abs. 4 FinStrG), welche im gegenständlichen Fall € 18.000,00 betragen hätte, verhängte Geldstrafe - trotz der in der Anzahl und in der Gewichtung weitaus überwiegenden Milderungsgründe (Geständnis, Unbescholtenheit, teilweise Schadensgutmachung, teilweiser Versuch, Handeln aus einer persönlichen und wirtschaftlichen Notlage heraus) und trotz dessen eingeschränkter wirtschaftliche Leistungsfähigkeit - keinesfalls als nachteilig für den Bf.

Eine Herabsetzung der Geldstrafe unter die gesetzliche Mindeststrafe hätte gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG besonderer Gründe bedurft. Zwar überwiegen im gegenständlichen Fall - wie bereits ausgeführt - die Milderungsgründe den Erschwerungsgrund bei weitem. Jedoch liegt im Ausstellen von Scheinrechnungen, welche dem Rechnungsempfänger Abgabenhinterziehungen ermöglichen, ohne selbst die daraus resultierende Umsatzsteuer offenzulegen und zu entrichten, ein von der Rechtsordnung besonders verpöntes Verhalten, welches es dem erkennenden Senat des Bundesfinanzgerichtes - insbesondere aus generalpräventiven Erwägungen - nicht ermöglichte, mit einer Strafherabsetzung vorzugehen.

Die erschwerende Wertung der Tatwiederholung erweist sich nicht als gesetzwidrig (vgl. Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, § 23 Rz 6a). Auch das Abstellen auf generalpräventive Überlegungen erweist sich als zulässig ().

Dem Beschwerdebegehren, von einer Bestrafung im Sinne des § 25 Abs. 1 erster Satz FinStrG abzusehen bzw. in eventu eine Verwarnung im Sinne des § 25 Abs. 1 zweiter Satz FinStrG auszusprechen, kann deswegen nicht gefolgt werden, da bei einem Verkürzungsbetrag von € 90.000,00 keinesfalls von geringen Folgen der Tat gesprochen werden kann und auch kein geringes Verschulden des Bf. - siehe obige Ausführungen zur Schuld - gegeben ist.

Die Verhängung einer Geldstrafe für eine Abgabenverkürzung, die auch den aus der Tat gezogenen Nutzen berücksichtigen soll, ist von einem bestimmten Wertbetrag abhängig und nicht unmittelbar nur nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters auszumessen. Auch die Anhängigkeit eines Schuldenregulierungsverfahrens steht der Ausmessung der Geldstrafe nicht entgegen (vgl. ; , ).

Im Erkenntnis vom , 93/14/0183, hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise ausgesprochen, dass bei einem Strafrahmen von bis zu 239.450 S der Abgabenbehörde nicht entgegen getreten werden kann, wenn sie in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens bei der Strafbemessung eine Strafe von rund 25 Prozent der möglichen Höchststrafe trotz der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten verhängt hat, um ihn so iSd Spezialprävention vor weiteren Finanzvergehen abzuhalten sowie der Generalprävention Genüge zu leisten.

Im gegenständlichen Fall wurde bei festgestellten hohen Grad der Schuld, weitaus überwiegenden Milderungsgründen und einer eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschuldigten eine Geldstrafe i.H.v. 12,44 % verhängt. Diese ist nach Ansicht des erkennenden Senates Bundesfinanzgericht keinesfalls zu hoch bemessen und berücksichtigt auch das Verschulden des Bf. sowie insbesondere auch generalpräventive Überlegungen im Zusammenhang mit der Ausstellung von Scheinrechnungen.

Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe entspricht nach Dafürhalten des erkennenden Senates dem festgestellten Verschulden des Bf. unter Berücksichtigung der genannten Milderungsgründe und des Erschwerungsgrundes.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Finanzamts-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre bei der Finanzstrafbehörde (Amt für Betrugsbekämpfung Bereich Finanzstrafsachen) einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegenstand dieses Erkenntnisses war die Beurteilung der Strafbemessung im Einzelfall und nicht die Behandlung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7300032.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at