Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 05.10.2021, RV/7300023/2021

Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG strittig - Objektive Tatseite der Entstehung einer Umsatzsteuerschuld aus der Vermittlung einer Finanzierung in Abrede gestellt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Vorsitzenden den Senatsvorsitzenden***Ri***, den Richter***1*** und die fachkundigen Laienrichter ***16*** und ***3*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG, Tuchlauben 13/12 (Eingang Kleeblattgasse 4), 1010 Wien, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes ***6*** vom , SpS ***4***, Strafnummer ***5***, in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers Dr. Oliver Scherbaum, der Amtsbeauftragten AB sowie der Schriftführerin ***17*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates aufgehoben und das beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde zur Strafnummer ***5*** geführte Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG an Umsatzsteuervorauszahlungen August und September 2016 in Höhe von insgesamt € 48.071,40 gemäß §§ 136, 157, 82 Abs. 3 lit. c FinStrG eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes ***6*** vom , SpS ***4***, Strafnummer ***5***, wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, er habe im Bereich des Finanzamtes ***6*** vorsätzlich als Geschäftsführer der Firma X-GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für 8, 9/2016 in der Höhe von € 48.071,40 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wurde über den Bf. eine Geldstrafe in der Höhe von € 14.000,00 und gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 35 Tagen verhängt.

Gemäß dem § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG habe er die Kosten des Verfahrens in der Höhe von € 500,00 zu ersetzen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bf. sei bis Geschäftsführer der X-GmbH gewesen. Das Unternehmen sei im Bereich der Erschließung von Grundstücken und als Bauträger tätig gewesen.

Am xx.xx.2019 sei über den Verband X-GmbH der Konkurs eröffnet worden. Der Bf. sei finanzstrafrechtlich unbescholten.

Mit Prüfbericht vom sei eine Umsatzsteuerprüfung für die Monate 8/2016 bis 6/2017 abgeschlossen worden. Dabei sei für die Monate 8 und 9/2016 festgestellt worden, dass bis zur Prüfung keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht bzw. keine Vorauszahlungen an Umsatzsteuer entrichtet worden seien. Weiters sei erhoben worden, dass in den MIAS Daten innergemeinschaftliche Erwerbe in der Höhe von € 180.000,00 enthalten gewesen seien. Außerdem seien in den MIAS Daten auch sonstige Leistungen mit einer Bemessungsgrundlage von € 60.357,00 enthalten gewesen. Die Umsatzsteuer aus diesen Geschäftsfällen für die Monate 8 und 9/2016 in der Höhe von 48.071,40 sei der strafbestimmende Wertbetrag.

Der Bf. habe gewusst und gewollt, als Geschäftsführer der X-GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 eine Verkürzung der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate 8, 9/2106 in der Höhe von 48.071,40 zu bewirken.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhten auf der Verlesung des Spruchsenat- und Strafaktes.

Die Feststellungen zur Höhe der verkürzten Umsatzsteuervoranmeldungen beruhten auf den nicht widerlegbaren Angaben des Finanzamtes ***6*** und dem Prüfbericht, welcher diesem Verfahren zu Grunde zu legen gewesen sei.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite beruhten auf der objektiven Vorgangsweise des Bf. Die Wissentlichkeit ergebe sich aus der allgemeinen Vorgansweise des Bf., welcher mit dubiosen Firmen zusammenarbeite und sich auch sonst nicht kooperativ im Zuge des Finanzstrafverfahrens gezeigt habe, zumal er weder eine Stellungnahme abgegeben habe noch zur mündlichen Verhandlung trotz Ladung mit und ohne Rückschein an der Adresse in ***18*** und an der Geschäftsanschrift It. Firmenbuch und Internet erschienen sei.

In rechtlicher Hinsicht folge daraus:

Das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begehe, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen bewirke und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss halte.

Der Bf. habe als realitätsbezogener Geschäftsmann aufgrund seiner unternehmerischen Tätigkeit die Verpflichtung zur monatlichen Entrichtung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer gekannt und habe trotz besseren Wissens eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen für 8 und 9/2016 aufgrund eines innergemeinschaftlichen Erwerbes in der Höhe von € 180.000,00 und Leistungen in der Höhe von € 360.357,00 im inkriminierten Tatzeitraum erzeugt.

Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handle vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen wolle, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche, dazu genüge es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich halte und sich mit ihr abfinde.

Es sei daher mit einem Schuldspruch vorzugehen gewesen.

Bei der Strafbemessung wertete der Spruchsenat als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und die finanziellen Probleme, als erschwerend keinen Umstand.

Im Hinblick auf die genannten Strafzumessungsgründe und der Persönlichkeit des Täters erscheine die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe gerade noch schuld- und tatangemessen.

Die Verhandlung habe in Abwesenheit des Bf. gemäß § 126 FinStrG stattgefunden, da er trotz Vorladung mit und Rückschein der Aufforderung, bei der mündlichen Verhandlung zu erscheinen, nicht nachgekommen sei, ohne durch Krankheit, Behinderung oder sonstigen Begründungshindernis abgehalten zu sein, zumal er sich nicht für die mündliche Verhandlung entschuldigt habe.

Die übrigen Entscheidungen gründeten sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten wird wie folgt ausgeführt:

"Auftrags des Steuerpflichtigen lege ich Beschwerde gemäß § 150 Abs. 1 bis 3 FinStrG gegen das Erkenntnis des Spruchsenats vom innerhalb offener Frist ein.

Sachverhalt

1. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Spruch des Spruchsenats des Finanzamts für den 9, 18. und 19 Bezirk, Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes ***6*** das Erkenntnis SpS ***4*** vom erlassen. Darin wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von EUR 14.000, - und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen wegen § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, festgesetzt.

2. Im dem Erkenntnis des Spruchsenats wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer bis Geschäftsführer der X-GmbH war und wissentlich eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen für 8 und 9/ 2016 bewirkt habe. Diesbezüglich wird im Erkenntnis auf eine Umsatzsteuerprüfung für die Monate 8/2016 bis 6/2017 hingewiesen und es wird angeführt, dass in den MIAS Daten innergemeinschaftliche Erwerbe in der Höhe von € 180.000, - seien. Zusätzlich seien in den MIAS Daten auch sonstige Leistungen in Höhe von 60.000 angeführt, dadurch ergebe sich It. dem Erkenntnis ein strafbestimmender Wertbetrag für die X-GmbH in Höhe von € 48.071,40. Wiederholt wird auf die nicht widerlegbaren Angaben des Finanzamtes ***6*** hingewiesen.

3. Zur subjektiven Tatseite wird auf die objektive Vorgangsweise des Beschuldigten verwiesen. Die Wissentlichkeit ergebe sich aus der allgemeinen Vorgangsweise des Beschuldigten, welcher mit dubiosen Firmen zusammenarbeitet und sich auch sonst nicht kooperativ im Zuge des Finanzstrafverfahrenen zeigt, zumal er weder eine schriftliche Stellungnahme abgegeben habe noch zur mündlichen Verhandlung trotz Ladung mit und ohne Rückschein und an die Adresse in Adresse1 (Geschäftsanschrift It. Firmenbuch und Internet) erschienen ist.

Unvollständiges Vorbringen, wird ergänzt nach erfolgter Akteneinsicht!

1. Die Geschäftstätigkeit der X-GmbH war lt. Gesellschaftsvertrag u.a. der Erwerb, die Entwicklung, die Bewirtschaftung und die Verwertung von Immobilien, also die Erbringung von unecht steuerbefreiten Umsätzen.

2. Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der X-GmbH im Zeitraum von bis . In diesem Zeitraum kam es zur Abwicklung einer (gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 Iit. a UStG) unecht steuerbefreiten Immobilientransaktion. Beim Verkaufsvertrag, datiert mit , wurde keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Abgesehen von dieser Immobilientransaktion kam es in den Monaten August und September 2016 zu keiner weiteren Transaktion (keine Lieferung und Leistung) des Unternehmens X-GmbH nach dem Wissensstand des Beschwerdeführers.

3. Im Zusammenhang mit dieser Liegenschaftstransaktion kam es zur Rechnungslegung des Unternehmens ***7*** s.r.o. aus der ***8*** für die Vermittlung der Finanzierung der Transaktion an den

  • Verkäufer der Liegenschaft, Y-GmbH in der Adresse2 (jetzt X-GmbH) (Rechnung datiert vom ) und an den

  • Käufer der Liegenschaft die Z-GmbH, Adresse3 (Rechnung datiert vom ).

Beide Rechnungen wurden in der Folge von der X-GmbH (: € 100.000,- und : € 80.000) bezahlt.

4. Die Vermittlung von Finanzinstrumenten ist unecht steuerbefreit.

5. Die oben dargestellte Transaktion war - nach dem Wissensstand des Beschwerdeführers - die einzige grenzüberschreitende Lieferung/Dienstleistung, die im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers im Zeitrahmen seiner Geschäftstätigkeit im August bzw. September 2016 erfolgte und da es sich bei diesen Dienstleistungen um unecht steuerbefreite Umsätze handelte ist der strafbegründende Sachverhalt nicht gegeben.

6. Inwiefern und von wem es zu MIAS-Meldungen über innergemeinschaftlichen Erwerbe (€ 180.000) oder sonstigen Leistungen (€ 60.357,-) im Zeitraum 8 und 9/2016 gekommen ist, entzieht sich der Kenntnis des Beschwerdeführers.

7. Falls ***7*** s.r.o. in ihren MIAS innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von € 180.000,- an die X-GmbH (damals noch Y-GmbH) angab, obwohl noch dazu für die zweite Rechnung ein anderer Rechnungsempfänger aufscheint, entzieht sich das ebenfalls der Kenntnis und dem Einflussbereich des Beschwerdeführers.

8. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Immobiliengewerbe wusste der Beschwerdeführer, dass es sich bei der Immobilientransaktion um eine unecht steuerbefreite Transaktion handelt also keine Umsatzsteuer zu zahlen ist, er aber eventuelle Vorsteuer im Zusammenhang mit der Transaktion auch nicht geltend machen kann. Da die X-GmbH im Zeitraum 8 und 9/2016 sonst keine Lieferungen und Leistungen ausführte - nach dem Wissensstand des Beschwerdeführers -, konnte sich keine Zahllast für sein Unternehmen im August und September 2018 ergeben. Damit verzichtete er auf die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für diese Monate. Er verzichtete für diese Monate auch auf die Abgabe von zusammenfassenden Meldungen, da er keinerlei grenzüberschreitenden - nicht unecht steuerbefreite - Lieferungen und Leistungen in diesem Zeitraum für sein Unternehmen in Anspruch genommen hatte.

9. Als der Beschwerdeführer am aus dem Unternehmen ausschied, ging er davon aus, dass die die ihm nachfolgenden Geschäftsführer ihre Geschäftsagenden ordnungsgemäß abwickeln bzw. bei offenen Fragen auf ihn zukommen würden. Das umfasst auch die zeitgerechte Abgabe der Steuererklärungen und Jahresabschlüsse kümmern würden. Von einer stattfindenden Umsatzsteuernachschau hat der Beschwerdeführer erst im Sommer 2019 Kenntnis erlangt.

10. Dieses Vorbringen ist als unvollständig zu betrachten. Der Beschwerdeführer kennt bis dato die entscheidenden Unterlagen zur der erfolgten finanzstrafrechtlichen Verurteilung nicht (MIAS Meldungen, Betriebsprüfungsbericht vom ). Nach erfolgter Akteneinsicht, beantragt mit über Finanzonline, übermittelt an das Amt für Betrugsbekämpfung per FAX und eingeschrieben am (mit der Bitte um Erstellung einer Aktienkopie und Zustellung (gegen Kostenersatz)) wird diese Beschwerde bis vervollständigt.

Zusammenfassung:

Ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG begeht, wer vorsätzlich unter Verletzung zur Abgabe von dem § 21 des UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt.

Wie oben dargestellt, gab es - nach momentanen Wissensstand des Beschwerdeführers - keine wirtschaftlichen Tatbestände der X-GmbH, die zu einer Umsatzsteuerzahllast in den Monaten 8 und 9/2016 führen hätte können.

Inwiefern MIAS Daten über innergemeinschaftliche Erwerbe in der Höhe von € 180.000 (?) und über sonstige Leistungen in Höhe von € 60.357,- (?) zu einer vorsätzlichen (also wissentlichen und willentlichen) Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen führen können, ist für den Beschwerdeführer (und seine steuerliche Vertretung) auch nicht nachvollziehbar.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist darauf hinzuweisen, dass bereits mit Antrag auf ordnungsgemäße Zustellung vom dargelegt wurde, dass der Beschwerdeführer erst am von der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen ihn erfahren hat. Hätte er früher darüber Bescheid gewusst, hätte er umfänglich Stellung genommen und zur Aufklärung beigetragen. Insofern gehen die Ausführungen zur subjektiven Tatseite ins Leere.

Dementsprechend stelle ich Auftrags meines Mandanten den
ANTRAG
das Erkenntnis vom ersatzlos aufzuheben und das Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer einzustellen."

Mit Schriftsatz vom ergänzte der Bf. seine Beschwerde vom wie folgt:

"Nach erfolgter Akteneinsicht wird das am 1. Februar erstattete Vorbringen in der Beschwerde vom wie folgt ergänzt:

Der Beschwerdeführer hat im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit des Unternehmens X-GmbH (vormals Y-GmbH) vom bis ausschließlich den am abgeschlossenen Verkaufsvertrag für das Grundstück Adresse4, mit Kaufpreis von gesamt € 1.850.000,-, abgewickelt.

Treuhänder für die Vertragsabwicklung war ***9*** Rechtsanwälte KG, Adresse5 (entspricht den Ausführungen in der Niederschrift zur Betriebsprüfung).

Im Zuge dieser Immobilientransaktion kam es zu einer Vermittlung der Finanzierung durch das ***10*** Unternehmen ***7*** s.r.o. Dem Beschwerdeführer liegen bezüglich der Tätigkeiten der ***7*** s.r.o. Kopien der ursprünglich ausgestellten Rechnungen an das Unternehmen Y-GmbH (Beilage 2.1) sowie an den damaligen Käufer der Immobilientransaktion vom (Beilage 2.2) vor. Wie bereits in der Beschwerde vom 1. Februar ausgeführt, wurden in der Folge beide Rechnungen von der X-GmbH (damals Y-GmbH) bezahlt. Offensichtlich kam es in der Folge zu einer berichtigten Rechnungsausstellung auch der zweiten - ursprünglich nicht an die Y-GmbH - adressierten Rechnung, diese liegt dem Beschwerdeführer jedoch nicht vor (vgl. Beilage 2.1. und Beilage 2.2).

Gemäß den Bestimmungen der UStRL 2000 Rz 639 (w-x) und den Bestimmungen des öUStG handelt es sich bei den durch das ***10*** Unternehmen in Österreich erbrachten Dienstleistungen um Vermittlungsleistungen, die gemäß § 3a Abs. 6 USTG am Empfängerort (Österreich) steuerbar sind. Die Steuerschuld geht gemäß § 19 Abs. 1 USTG auf die Y-GmbH über. Da es sich jedoch um unecht steuerbefreite Umsätze (§ 6 Abs. 1 UStG) handelt - Finanzierungsinstrumente - kommt es zu keiner Umsatzsteuerbelastung.

Die gesetzliche Bestimmung, dass es sich bei der Vermittlung von Finanzinstrumenten um steuerbare, aber umsatzsteuerbefreite Tatbestände handelt, ist dem Beschwerdeführer bekannt.

Es gab im August 2016 keinerlei sonstigen Liefer- und Leistungsaustausch zwischen der Y-GmbH und dem Unternehmen ***7*** s.r.o., was auch vom Geschäftsführer des ***10*** Unternehmens gegenüber dem Beschwerdeführer nochmals bestätigt wurde.

Der Beschwerdeführer wusste nichts von der Einmeldung der obigen Rechnungen durch die ***7*** s.r.o. in das MIAS als innergemeinschaftliche Lieferung/Erwerb für August 2016. Er verfügt auch nicht über das notwendige steuerrechtliche Wissen, um etwaige daraus entstehende umsatzsteuerrechtliche Implikationen zu verstehen.

Bei der MIAS Einmeldung des ungarischen Unternehmens der ***11*** (in der Folge "***11***"), Sopron über die Erbringung einer sonstigen Leistung handelt es sich um offensichtlich um einen Fehler. Die ***11*** erbrachte 2016 keine sonstige Leistung an die Y-GmbH sondern an ein anderes Unternehmen, in dem der Beschwerdeführer 2016 auch Geschäftsführer war.

Sowohl die Rechnung der ***11*** für eine Vermittlungsprovision in Höhe von € 60.000 lautet auf die A-GmbH, als auch die Zahlung des Betrages erfolgten von dem Bankkonto des genannten Unternehmens (vgl. Beilage 3). Jedoch wurde offensichtlich (lt. Rechnung der ***11***) irrtümlich die UID Nr. der Y-GmbH verwendet (Unterlagen liegen bei).

Der Geschäftsführer der ***11*** hat uns bestätigt, dass 2016 keine Leistung an die Y-GmbH von seinem Unternehmen erbracht wurde. Hinsichtlich der Einmeldung in das MIAS erst im 3. Quartal 2016 hat er auf seine damalige Steuerberaterin verwiesen und erklärt, dass er leider nicht wisse, warum bei der Einmeldung nicht aufgefallen sei, das Rechnungsadressat und UID Nummer nicht übereinstimmen.

Der Beschwerdeführer hat keine Wahrnehmung zu der falschen Einmeldung der ***11*** bei der Y-GmbH. Wie die Transaktion bei der A-gmbH - der Gesellschaft, bei der der Beschwerdeführer ebenfalls Geschäftsführer war aufgearbeitet werden. Lt. dem Beschwerdeführer, hat es sich auch in diesem Fall um eine Unterstützung bei der Durchführung der Finanzierung des Ankaufs einer Immobilie gehandelt, hier jedoch muss hier noch auf die Übermittlung der ursprünglichen Vereinbarung gewartet werden.

Zusammenfassung

Wie bereits in der Beschwerde vom ausgeführt, war und ist sich der Beschwerdeführer keiner wirtschaftlichen Tatbestände der ***12*** bewusst, die zu einer Umsatzsteuerzahllast in den Monaten 8 und 9/2016 fuhren hätten können. Auch die durchgeführte Akteneinsicht hat diesbezüglich keine andere Wahrnehmung ergeben.

Dementsprechend stellen wir den
ANTRAG
das Erkenntnis vom ersatzlos aufzuheben und das Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer einzustellen."

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In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am brachte der Bf. ergänzend vor, dass sich der Sachverhalt nach durchgeführten Erhebungen der steuerlichen Vertretungen nunmehr erheblich anders darstelle als der Sachverhalt, der vom Spruchsenat der Bestrafung zu Grunde gelegt worden sei.

Der Bf., der nur für ca. 3 Monate Geschäftsführer gewesen sei, habe sich darauf verlassen, dass auch vom Nachfolgegeschäftsführer sämtliche steuerlichen Verpflichtungen erfüllt werden und dieser auch gegenüber der Prüfung, welche im Jahr 2017 stattgefunden habe, seiner Offenlegungsverpflichtung nachkomme.

Nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer habe der Bf. keine Informationen mehr über die Betriebsprüfung 2017 bekommen und er habe auch nicht gewusst, dass Einmeldungen über das MIAS-System seitens des ***10*** Unternehmens ***7*** und des ungarischen Unternehmens ***11*** stattgefunden hätten. Durch die steuerliche Vertretung sei versucht worden, die zugrundeliegenden Belege nachträglich zu eruieren und zu organisieren, was, wie in der Beschwerde dargestellt, auch teilweise gelungen sei.

Der Bf. habe als Geschäftsführer in der Immobilienbranche gewusst, dass Umsätze im Zusammenhang mit Grundstücken unecht von der Umsatzsteuer befreit und somit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen seien. Der Bf. sei davon ausgegangen, dass für die Monate August und Oktober 2016 keine Umsatzsteuervorauszahlungen anfallen könnten und er daher auch keine UVA's abzugeben habe.

Zu den aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gab der Bf. an, er sei derzeit Geschäftsführer mehrerer Immobilienprojektentwicklungsgesellschaften. Sein monatliches Einkommen betrage ca. € 3.500,00 netto. An Vermögen seien Gesellschaftsanteile laut Firmenbuch zu nennen. Er habe kein nennenswerter privates Vermögen, auch keine Schulden und Sorgepflichten für einen 11-jährigen Sohn.

Die Firma ***7*** aus der ***8*** habe den Ankauf, den Ausbau und auch den Weiterverkauf der Immobilie ***19*** mit einem Investitionsvolumen von ca. 3-4 Millionen Euro finanziert bzw. die Finanzierung vermittelt und dafür insgesamt € 180.000,00 an Provision erhalten.

Mit der Firma ***11*** aus ***18*** habe es keinerlei Geschäftsbeziehung gegeben. Die steuerliche Vertreterin habe mit dem Geschäftsführer der Firma ***11*** aus ***18*** Kontakt aufnehmen können und dieser habe auch eine Rechnung in Höhe von € 60.000,00 übermittelt, welche an eine andere Firma adressiert gewesen sei, jedoch die UID-Nummer der Firma Y-GmbH ausgewiesen habe. Der gut deutschsprechende ungarische Geschäftsführer habe bestätigt, dass er die UID selbst eigenhändig hinzugefügt habe, habe aber den Grund dafür nicht mehr erklären können. Er habe aber bestätigt, dass mit der Y-GmbH keine Geschäftsbeziehung bestanden habe. Er habe auch nicht die Differenz zwischen der Einmeldung (€ 60.324,00) und dem Rechnungsbetrag von genau € 60.000,00 erklären können. Auch habe er nicht erklären können, warum diese Rechnung aus April 2016 erst im August 2016 in das MIAS eingemeldet worden sei.

Der Bf. sei gelernter Fernmeldemonteur und habe seit 1994 in der Immobilienbranche als Immobilienmakler (ohne Prüfung und Ausbildung) sehr viel an Erfahrung gesammelt. Er wisse, dass im Rahmen einer Finanzierungsberatung und -vermittlung (seine Lebensgefährtin sei in dieser Branche tätig) keine USt anfalle.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Sachverhalt und objektive Tatseite

Der Bf. hat als verantwortlicher Geschäftsführer der Fa. X-GmbH für die hier relevanten Monate 8 und 9/2016 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch keine Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet.

Mit Bericht vom wurde eine Umsatzsteuersonderprüfung gem. § 150 BAO bei der Fa. X-GmbH für den Zeitraum 8/2016 - 6/2017 abgeschlossen. Soweit für die gegenständliche Finanzstrafsache relevant, wurden darin folgende Feststellungen getroffen:

"Es wurde am eine USO-Prüfung für den Zeitraum 8/2016 - 3/2017 beim steuerlichen Vertreter angemeldet. Für den oben angeführten Zeitraum wurden keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, von der Finanzverwaltung wurde jedoch im Zuge von Risikoanalysen-Auswertungen festgestellt, dass im oben angeführten Prüfungszeitraum erhebliche innergem. Erwerbe/sonstige Leistungen in den MIAS-Daten (Mehrwertsteuerinformationsaustauschsystem-Daten) angeführt sind.

Der Akt wurde vorher unter der Steuer-Nr. ***15*** in Wien unter dem Namen "Y-GmbH" geführt.

Die Firma wurde erst im März 2016 gegründet.

Gegen Ende des Jahres 2016 erfolgte eine Namens- und Sitzänderung und es heißt die Firma nunmehr "X-GmbH" und ist das Finanzamt ***13*** zuständig und hat sich auch die St-Nr. geändert.

Es erfolgten im Jahr 2016 zwei Gesellschafterwechsel.

In den MIAS-Daten sind innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von 180.000,00 für den Zeitraum 8/2016 von der UID-Nr.: ***14*** enthalten.

Es handelt sich hierbei um die Firma
***7*** s.r.o.
[...]
[...]

Außerdem sind in den MIAS-Daten auch sonstige Leistungen im Zeitraum 3.Quartal 2016 von der UID-Nr.: ***20*** mit einer Bemessungsgrundlage von 60.357,00 enthalten.

Es handelt sich hiebei um die Firma
[...]
[...]

Betreffend der zu Beginn angeführten innergemeinschaftlichen Erwerbe und sonstigen Leistungen konnte bis zum Schluss der Prüfung keine Klärung erbracht werden.

Für diese Erwerbe ist die Umsatzsteuer zu entrichten, jedoch keine Vorsteuer mangels Belegvorlage zu gewähren."

Der Bf. wendet mit der gegenständlichen Beschwerde dazu ein, im Zuge einer konkret bezeichneten Immobilientransaktion sei es zu einer Vermittlung der Finanzierung durch das ***10*** Unternehmen ***7*** s.r.o. gekommen. Der Bf. legte diesbezüglich Rechnungen an das Unternehmen Y-GmbH (Beilage 2.1) sowie an den damaligen Käufer der Immobilie vom (Beilage 2.2) vor. Wie bereits in der Beschwerde vom 1. Februar ausgeführt, wurden in der Folge beide Rechnungen von der X-GmbH (damals Y-GmbH) bezahlt. Offensichtlich ist es in der Folge zu einer berichtigten Rechnungsausstellung auch der zweiten - ursprünglich nicht an die Y-GmbH - adressierten Rechnung gekommen (vgl. Beilage 2.1. und Beilage 2.2).

Zutreffend wird in der gegenständlichen Beschwerde ausgeführt, dass der Leistungsort der Vermittlung von Finanzierungsleistungen des ***10*** Unternehmens ***7*** s.r.o gemäß § 3a Abs. 6 UStG am Empfängerort in Österreich liegt, diese Leistungen daher in Österreich steuerbar, jedoch gemäß § 6 Abs. 1 Z. 8 UStG unecht steuerbefreit sind und daher ein Übergang der Steuerschuld auf die leistungsempfangende Fa. Y-GmbH, nunmehr Fa. X-GmbH, nicht stattfinden konnte.

Gegenteilige Anhaltspunkte können der Aktenlage nicht entnommen werden. Im Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung wird lediglich ausgeführt, bis zum Abschluss der Prüfung sei keine Klärung des zugrundeliegenden Sachverhaltes erfolgt. Aufgrund der Beweislastumkehr im Finanzstrafverfahren und dem nach Aktenlage unwiderlegbaren Beschwerdevorbringen kann insoweit schon in objektiver Hinsicht der Nachweis einer Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erbracht werden (Verweis auf § 98 Abs. 3 FinStrG).

Zur MIAS Einmeldung des ungarischen Unternehmens der ***11*** (in der Folge "***11***"), Sopron, über die Erbringung einer sonstigen Leistung, brachte der Bf. vor, es habe sich hier offensichtlich um einen Fehler gehandelt. Die ***11*** habe 2016 keine sonstige Leistung an die Y-GmbH erbracht, sondern an ein anderes Unternehmen, in dem der Beschwerdeführer 2016 auch Geschäftsführer gewesen sei. Sowohl die Rechnung der ***11*** für eine Vermittlungsprovision in Höhe von € 60.000 habe auf die "A-GmbH" gelautet, als auch die Zahlung des Betrages sei von dem Bankkonto des genannten Unternehmens erfolgt. Jedoch sei offensichtlich (lt. Rechnung der ***11***) irrtümlich die UID Nr. der Y-GmbH verwendet (Unterlagen liegen bei) worden. Der Geschäftsführer der ***11*** habe bestätigt, dass 2016 keine Leistung an die Y-GmbH von seinem Unternehmen erbracht worden seien. Hinsichtlich der Einmeldung in das MIAS erst im 3. Quartal 2016 habe er auf seine damalige Steuerberaterin verwiesen und erklärt, dass er leider nicht wisse, warum bei der Einmeldung nicht aufgefallen sei, das Rechnungsadressat und UID Nummer nicht übereinstimmten.

Der Bf. habe keine Wahrnehmung zu der falschen Einmeldung der ***11*** bei der Y-GmbH. Es habe sich auch in diesem Fall um eine Unterstützung bei der Durchführung der Finanzierung des Ankaufs einer Immobilie gehandelt.

Zusammenfassend bieten die Verfahrensergebnisse nach Ansicht des erkennenden Senates keine Anhaltspunkte, welche das Beschwerdevorbringen des Bf. widerlegen könnten.

Insgesamt kann aufgrund der Aktenlage, insbesondere der Prüfungsfeststellungen und der Verfahrensergebnisse schon in objektiver Hinsicht der Nachweis einer Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlungen August und September 2016 nicht erbracht werden. Vielmehr liegen deutliche Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich hier um eine gemäß § 6 Abs. 1 Z. 8 UStG unecht steuerbefreiten Vermittlung von Krediten handelte, für welche somit ein Übergang der Steuerschuld gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG auf die Y-GmbH nicht erfolgen konnte.

Es war schon mangels Nachweisbarkeit der objektiven Tatseite mit Verfahrenseinstellung gemäß §§ 136, 157 FinStrG i.V.m. § 82 Abs. 3 lit. c FinStrG vorzugehen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesonders weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall waren Sachverhaltsfragen und deren steuerliche Auswirkungen im Einzelfall und keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7300023.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at