Kein Vorsteuerabzug mangels Leistung des anderen Unternehmers
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***F***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom betreffend den Umsatzsteuerbescheid 2015 des Finanzamtes Salzburg-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bei der Beschwerdeführerin (Bf), einer Kommanditgesellschaft, wurde eine Außenprüfung hinsichtlich Umsatzsteuer über den Zeitraum 09/2014 bis 02/2015 durchgeführt. Im Bericht vom wurde ua. Folgendes festgestellt:
Die Bf sei eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Gesellschafter F (90% Gewinnanteil) und M (10% Gewinnanteil) seien. Der Geschäftszweig der Gesellschaft seien die Reinigung von Gebäuden sowie der Verkauf von gebrauchten KFZ. Die Gebrauchtwagenfahrzeuge seien zumeist von geringerem Wert und würden überwiegend in das Ausland exportiert werden. Mit Rechnung vom sei ein PKW der Marke Mercedes Benz CLS 350 CDI von der GmbH in Wien um 47.500,- (20% USt) gekauft worden. Mit Rechnung vom sei der PKW um 48.333,- (20% USt) an die Leasing GmbH in Wien verkauft worden. Beide Geschäftsfälle seien in der UVA 01/2015 erfasst und die Vorsteuer in der Höhe von € 9.500,- beantragt worden. Der Vorsteuerabzug sei jedoch nicht anzuerkennen. Das Fahrzeug sei am in Deutschland abgemeldet und am in Österreich auf Herrn D zugelassen worden. Dieser besitze einen Gewerbeschein für einen Kfz Handel. Mit e-mail vom habe D die Leasing GmbH wegen einer Finanzierung mittels Leasing kontaktiert. Über mehrere Kontaktpersonen sei M in diesem Zusammenhang mit der Firma GmbH in Wien in Verbindung gekommen, da ein Kfz-Händler für die Finanzierung des Autos benötigt worden sei. Die Frage weshalb die GmbH nicht direkt eine Rechnung an die Leasing GmbH gestellt habe, sei offengeblieben. Erhebungen der Betriebsprüfung hätten ergeben, dass die GmbH bereits als "Missing Trader" in Erscheinung getreten sei. Die UID-Nummer des Unternehmens sei mit gesperrt worden. Mit sei über das Vermögen der GmbH vom Handelsgericht Wien Konkurs eröffnet worden. Der Aufenthalt des Geschäftsführers sei unbekannt. Auffällig sei weiters, dass D das Fahrzeug am abgemeldet und am neu auf sich angemeldet habe. Es sei für die Betriebsprüfung daher offensichtlich, dass der Fahrzeugankauf sowohl durch die Bf als auch die GmbH fingiert gewesen sei. Von der Landespolizeidirektion Salzburg sei außerdem ermittelt worden, dass sich der PKW während des gesamten Zeitraums nicht in Österreich befunden habe. Im Juli 2014 sei mit dem gegenständlichen PKW in Deutschland ein Verkehrsunfall mit Totalschaden am Fahrzeug verursacht worden. Der total beschädigte PKW sei daraufhin an den Leasinggeber, die Leasing1 GmbH in Stuttgart, zurückgegeben worden. Das Unfallfahrzeug sei in der Folge im August 2014 an die A GmbH & Co KG in Berlin, Deutschland, versteigert worden. Diese wiederum habe das Fahrzeug an die Firma S in Riga (Lettland) verkauft. Nach erfolgter Reparatur sei von X L versucht worden, das Fahrzeug in Lettland anzumelden. Im Zuge der versuchten Anmeldung am sei das Auto durch die lettische Polizei sichergestellt worden, nachdem es von der österreichischen Kriminalpolizei international zur Fahndung ausgeschrieben worden sei. M habe bei der Beschuldigteneinvernahme angegeben, dass er das Fahrzeug nie gesehen habe. Die Übernahmebestätigung stelle daher eine Gefälligkeitsbescheinigung dar. Die Geschäftsvorgänge hätten einzig den Zweck gehabt in betrügerischer Absicht die Leasing GmbH zu schädigen. Wie D an die Dokumente gekommen sei, um das Fahrzeug in Österreich anmelden zu können, sei nicht geklärt. Ein Besitznachweis sei für eine Zulassung in Österreich nicht erforderlich. Letztlich sei davon auszugehen, dass sämtliche Beteiligte an diesem Betrug (ua. Umsatzsteuerbetrug) wissentlich mitgewirkt hätten. Die Vorsteuer sei daher nicht abzugsfähig, die Umsatzteuer für den Verkauf des Fahrzeuges an die Leasing GmbH werde aber gemäß § 11 Abs. 14 UStG geschuldet.
Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum 01/2015, in dem die Ergebnisse der Betriebsprüfung berücksichtigt wurden. In der Begründung wurde auf den BP-Bericht verwiesen.
Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom Beschwerde ein. In der Begründung wurde ausgeführt, dass M nicht wissentlich an dem Umsatzsteuerbetrug mitgewirkt habe. Sein Auftrag sei lediglich gewesen, ein Fahrzeug anzukaufen und an die Leasing GmbH weiter zu verkaufen. M sei dafür extra nach Wien gefahren um Einsicht in die Fahrzeugpapiere zu nehmen, ohne die die Leasing GmbH das Fahrzeug auch nie gekauft hätte. Die Bf habe für diese Zwischenschaltung eine Provision in der Höhe von € 1.000,- erhalten. Weder die Höhe der Vergütung noch die sonstigen Umstände hätten die Bf an einer korrekten Geschäftsabwicklung zweifeln lassen. Offenbar habe auch die Leasing GmbH keine Zweifel gehabt, da sie ansonsten der Finanzierung nie zugestimmt hätte. Die GmbH (als Verkäuferin) habe im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung über eine gültige UID-Nummer verfügt. Die Bf habe sonst keinen Kontakt zu diesem Unternehmen gehabt. Die Beweislast für das Wissen oder Wissen müssen im Zusammenhang mit einem Umsatzsteuerbetrug treffe nach der Rsp des VwGH die Behörde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Geschäftsführer der B in Deutschland mit dem gegenständlichen Fahrzeug im Juli 2014 einen schweren Verkehrsunfall mit Totalschaden verursacht habe. Der Mercedes Benz CLS 350 sei daraufhin an den Leasinggeber, die Leasing1 GmbH in Stuttgart, zurückgegeben worden. Diese habe das Fahrzeug im August 2014 an die A GmbH & Co KG in Berlin versteigert. Am sei der Mercedes Benz CLS 350 steuerfrei an die Firma S in Riga (Lettland) um € 18.500,- verkauft und nach Lettland verbracht worden. Nach erfolgter Reparatur sei das Auto an eine Einzelperson verkauft worden. Im Zuge der Anmeldung in Lettland sei das Fahrzeug von der lettischen Polizei sichergestellt worden, nachdem es von der Kriminalpolizei in Österreich international zur Fahndung ausgeschrieben worden sei. Dies zeige eindeutig auf, dass sich das gegenständliche Kfz nie in Österreich befunden habe. M habe bei seiner Beschuldigtenvernehmung am angegeben, das Fahrzeug nie gesehen zu haben. Die Übernahmebestätigung sei daher eine Gefälligkeitsbestätigung. Der Mercedes Benz CLS 350 könne daher nicht Gegenstand einer Lieferung in Österreich gewesen sein. Selbst wenn eine Lieferung der GmbH an die Bf stattgefunden hätte, wäre der Lieferort nicht im Inland gewesen. Die in der Eingangsrechnung ausgewiesene Umsatzsteuer werde nach § 11 Abs. 14 UStG geschuldet.
In der Folge beantrage die Bf fristgerecht mittels Vorlageantrag vom , dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Diesen Antrag begründete sie im Wesentlichen damit, dass M keine Zweifel an der ordnungsgemäßen und steuerlich einwandfreien Geschäftsabwicklung gehabt habe. Sowohl die Aussageeines langjährigen Bekannten des M, der den Verkäufer als korrekten Geschäftsmann beschrieben habe, als auch die Tatsache, dass das Auto österreichische Papiere besessen habe, in Österreich zugelassen gewesen sei, sowie das Vorliegen der Finanzierungszusagen der Leasing GmbH, hätten keinen Zweifel daran gelassen, dass es sich um ein umsatzsteuerlich rechtmäßiges Geschäft mit Lieferort in Österreich gehandelt habe. M sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Ankaufes und des Verkaufes in Österreich befunden habe. Eine Mitwisserschaft der Bf an einem möglichen Umsatzsteuerbetrug liege nicht vor.
Das Finanzamt legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Am erging schließlich der Umsatzsteuer(jahres)bescheid 2015 unter Hinweis auf die Ergebnisse der Außenprüfung. Der Vorsteuerbetrag in der Höhe von € 9.500,- wurde dabei ebenfalls nicht anerkannt.
DAZU WIRD ERWOGEN:
Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt die Bescheidbeschwerde nach § 253 BAO auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Bescheide betreffend die Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen für bestimmte Zeiträume in vollem Umfang anfechtbar. Solche Bescheide haben aber insofern einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als sie durch Erlassung von diese Zeiträume umfassenden Umsatzsteuerjahresbescheiden außer Kraft gesetzt werden. Durch die Erlassung eines Umsatzsteuerjahresbescheides scheiden Bescheide betreffend Festsetzung von Umsatzsteuervorauszahlungen aus dem Rechtsbestand aus. Der Jahresbescheid tritt in derartigen Fällen gemäß § 253 BAO an die Stelle des Festsetzungsbescheides. ().
Im gegenständlichen Fall erging am ein Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01/2015 und am der Umsatzsteuerbescheid 2015. Dieser Jahresbescheid ist an die Stelle des Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides 01/2015 getreten, sodass nunmehr über den Jahresbescheid abzusprechen ist und so die Beschwerde vom als Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015 zu erledigen ist.
1 Sachverhalt
Bei der Bf handelt es sich um eine Kommanditgesellschaft, welche mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und letztlich nach Durchführung eines Konkursverfahrens am im Firmenbuch gelöscht wurde.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom , 123, kam es erstmals zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Bf. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom , 123 wurde der Sanierungsplan rechtskräftig bestätigt und der Konkurs aufgehoben. Mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom , 456-2 erfolgte abermals eine Konkurseröffnung und mit Beschluss vom , 456-58 hob das Landesgericht Salzburg den Konkurs nach Schlussverteilung auf. Am wurde ins Firmenbuch eingetragen, dass die Gesellschaft aufgelöst und gelöscht ist.
Als unbeschränkt haftende Gesellschafterin ist zuletzt F im Firmenbuch eingetragen; sie vertritt seit selbständig. Kommanditist ist M mit einer Einlage von € 500,-.
Geschäftszweige der Bf sind Gebäudereinigung und der Handel mit gebrauchten Kfz.
P trat im Namen der Firma GmbH (Wien) an M mit dem Vorschlag heran, die Bf möge das Kfz der Marke Mercedes Benz CLS 350 CDI, Fahrgestellnummer: ABC123 von der GmbH ankaufen und an D weiterverkaufen. In Umsetzung dieses Vorschlages stellte die Firma GmbH gegenüber der Bf eine Rechnung vom über den Verkauf des Mercedes Benz CLS 350 CDI um € 47.500,- (zuzüglich 20% USt in der Höhe von € 9.500,-) aus. Die Bf stellte daraufhin hinsichtlich dieses Fahrzeug am eine an die Leasing GmbH adressierte Rechnung über den Weiterverkauf um € 48.333,- (zuzüglich 20% USt) aus und die Leasing GmbH überwies den Kaufpreis an die Bf. Die Leasing GmbH schloss wiederum mit D als Inhaber des Autocenter Z, einen KFZ-Leasing-Vertrag ab. Mit der an die Leasing GmbH adressierte Liefer- und Übernahmebestätigung vom bestätigte die Bf als Lieferant dem Nutzer D den PKW Mercedes Benz CLS350 CDI am übergeben und den Kaufpreis erhalten zu haben. Diese Übernahmebestätigung wurde von M blanko ausgestellt. Das Fahrzeug sah M nie, Kopien von Fahrzeugunterlagen konnte er nicht vorlegen.
Der Mercedes Benz CLS 350 CDI, Fahrgestellnummer ABC123 befand sich jedoch im gegenständlichen Zeitraum nicht in Österreich. Tatsächlich erfolgte nach der Erstzulassung des gegenständlichen PKW am in Deutschland am die Zulassung auf die Fa ***B*** I ebenfalls in Deutschland. Im Juli 2014 hatte der Geschäftsführer der Firma B einen schweren Verkehrsunfall mit Totalschaden in Deutschland. Das Unfallauto wurde daraufhin an den Leasinggeber, Leasing1 GmbH in Stuttgart, zurückgegeben und von dieser im August 2014 an die Firma A GmbH & Co KG mit Sitz in Berlin versteigert. Am wurde das Fahrzeug von der A GmbH & Co KG als Unfallfahrzeug mit Totalschaden an die Firma S in Lettland um € 18.500,00 verkauft. Nach erfolgter Reparatur versuchte X L den Mercedes Benz CLS 350 CDI am in Litauen anzumelden. Aufgrund der Tatsache, dass das Fahrzeug seit von der österreichischen Kriminalpolizei zur Fahndung ausgeschrieben war, konnte das Fahrzeug am in Litauen durch die Polizeidienststelle Kaunas sichergestellt werden, als X L dieses als rechtmäßiger Besitzer dort anmelden wollte.
Die Bf machte in der UVA 01/2015 die Vorsteuer aus der von der GmbH am über den Verkauf des Mercedes Benz CLS 350 CDI ausgestellten Rechnung in der Höhe von € 9.500,- geltend.
2 Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsdarstellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.
Aufgrund der in sich schlüssigen Ermittlungsergebnisse der Landespolizeidirektion Salzburg wegen des Verdachts auf schweren Betrug gegen D und M, ist davon auszugehen, dass sich das gegenständliche Kfz nie in Österreich befand und nicht im Besitz der GmbH war. Dies geht aus den sich im Akt befindlichen Unterlagen eindeutig hervor. So ist aus der Beantwortung eines Rechtshilfeersuchens durch das Finanzamt Rosenheim vom ersichtlich, dass der Mercedes Benz CLS 350 CDI mit der Fahrgestellnummer: ABC123 ab der Erstanmeldung vom bis zum Unfall mit Totalschaden im Juli 2014 durchgehend in Deutschland angemeldet war. Dem Anlass-Bericht der Landespolizeidirektion Salzburg vom ist zu entnehmen, dass das total beschädigte Fahrzeug durch den Leasinggeber, die Leasing1 GmbH, Stuttgart, im August 2014 an die A GmbH & Co KG mit Sitz in Berlin versteigert wurde. Aus der von der A GmbH & Co KG am gegenüber der S, 1001 Riga, Lettland, ausgestellten Rechnung geht hervor, dass der gegenständliche PKW als Unfallfahrzeug mit Totalschaden an die S, 1001 Riga, Lettland um einen Kaufpreis von € 18.500,00 (netto) verkauft wurde.
Das selbe Auto kann daher nicht als unbeschädigtes Fahrzeug mit einem Wert von € 47.500,00 (netto) im Jänner 2015 Gegenstand einer Lieferung in Österreich gewesen sein und sich im Besitz bzw in der Verfügungsgewalt der GmbH befunden haben. M gibt in seiner Beschuldigtenvernehmung vom selbst an, das Kfz nie gesehen zu haben; er ist lediglich davon ausgegangen, dass sich das Fahrzeug in Wien befunden habe. Er bestätigt damit, dass er nicht wusste, wo sich das Fahrzeug im Jänner 2015 befand und ob es überhaupt in Österreich war. Der von der Bf ausgestellten Liefer- und Übernahmebestätigung kommt keine Aussagekraft zu, da M in seiner Beschuldigtenvernehmung vom angibt, diese "blanko" ausgestellt zu haben. Das Bundesfinanzgericht musste daher zu dem Ergebnis kommen, dass sich der PKW Mercese Benz CLS 350 CDI mit der Fahrgestellnummer: ABC123 im Jänner 2015 nicht in Österreich befand und nicht von der GmbH im damaligen Zeitraum (in unbeschädigtem Zustand) besessen wurde.
3 Gesetzliche Grundlagen
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 S 1 UStG 1994 unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Lieferungen sind gemäß § 3 Abs 1 UStG 1994 Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden.
Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 idF BGBl I 112/2012 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen… Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
4 rechtliche Beurteilung
Für das Vorliegen einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung muss neben den Tatbestandsvoraussetzungen, dass ein Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens tätig wird, ein wirtschaftlicher Leistungsaustausch zwischen Leistendem und Leistungsempfänger stattfinden. Eine Umsatzsteuerpflicht entsteht nur dann, wenn ein Leistender, ein Leistungsempfänger, eine Leistung, eine Gegenleistung sowie eine innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegen (; ).
Das Wesen der Lieferung besteht in der Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand durch einen Unternehmer. Lieferungen sind grundsätzlich in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem dem Abnehmer die Verfügungsmacht verschafft wird. Damit Verfügungsmacht verschafft werden kann, muss sie der Unternehmer selbst besitzen. Wer keine Verfügungsmacht hat, kann keine Lieferung tätigen. (Vgl Ruppe/Achatz, UStG, § 3 Rz 8 u 31, § 12, Rz 63)
Die Verschaffung der Verfügungsmacht ist ein tatsächlicher Vorgang. Es ist erforderlich, dass dem Leistungsempfänger tatsächlich Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstandes zugewendet werden. (Vgl )
Ein Vorsteuerabzug steht nur zu, wenn der andere Unternehmer eine Lieferung oder sonstige Leistung erbringt. Fehlt es an einer Leistung, so kann eine Vorsteuer auch dann nicht abgezogen werden, wenn eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis vorliegt und der Aussteller die Steuer gemäß § 11 Abs 14 schuldet oder bezahlt hat (; Ruppe/Achatz, UStG, § 12, Rz 36).
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Vorsteuerabzug in der Höhe von € 9.500,- aus der von der GmbH gegenüber der Bf am ausgestellten Rechnung über den Verkauf des (unbeschädigten) Mercedes Benz CLS 350 CDI mit der Fahrgestellnummer: ABC123 CLS zusteht oder nicht.
Wie der Sachverhaltsdarstellung (Pkt 1) und Beweiswürdigung (Pkt 2) zu entnehmen ist, befand sich das gegenständlichen Fahrzeug jedenfalls seit Juli 2014 bis März 2015 in Deutschland und kam sodann nach Lettland. Es war zunächst im Besitz bzw der Verfügungsmacht der Firma B I, nach dem vom Geschäftsführer der Firma B I verursachten Verkehrsunfall mit Totalschaden im Besitz bzw der Verfügungsmacht der Leasing1 GmbH und in weiterer Folge im Besitz bzw der Verfügungsmacht der Firma A GmbH & Co KG (alle in Deutschland). Am wurde das Fahrzeug an die Firma S als Unfallfahrzeug mit Totalschaden in Lettland verkauft. Die GmbH konnte daher im fraglichen Zeitraum nicht die Verfügungsmacht über den Mercedes Benz CLS 350 CDI mit der Fahrgestellnummer: ABC123 CLS gehabt haben. Eine Verschaffung der Verfügungsmacht über dieses Fahrzeug (noch dazu ohne Totalschaden) im Jänner 2015 an die Bf war in weiterer Konsequenz ebenso nicht möglich. Das Fahrzeug konnte daher nicht Gegenstand einer Lieferung im Inland gewesen sein. Da der Vorsteuerabzug schon aufgrund der fehlenden Lieferung (im Inland) zu versagen ist, muss auf das Vorliegen eines möglichen Umsatzsteuerbetruges und die Frage, ob die Bf davon wusste oder hätte wissen müssen, nicht mehr eingegangen werden.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Angemerkt wird noch, dass die Auflösung und die Löschung einer Personengesellschaft im Firmenbuch ihre Parteifähigkeit solange nicht beeinträchtigt, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählen auch die Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind. Wenn es sich um Sachverhalte handelt, aufgrund derer eine KG oder OG Steuerschuldnerin oder Gewinnermittlungssubjekt sein kann, ist ein "Abwicklungsbedarf" gegeben. (Vgl , , ).
Die Parteifähigkeit der Bf ist daher im Hinblick auf das noch offene Besteuerungsverfahren auch nach ihrer Auflösung und Löschung im Firmenbuch weiter gegeben. Adressat ist somit die Bf, vertreten durch ihre Komplementärin F (vgl Pkt 1 Sachverhalt).
Die Eröffnung des Konkurses hatte zur Folge, dass die damals bestehende Vertretungsvollmacht für die Bf gemäß § 1024 ABGB ipso iure erloschen ist. Die durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Machtgebers erloschene Vollmacht lebt nach Aufhebung des Konkurses nicht wieder auf. (Vgl ).
5 Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art 133 Abs 4 B-VG).
Die Entscheidung orientiert sich an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung liegt nicht vor. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich. Die Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6101031.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at