Ermessensübung bei der Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7101420/2017-RS1 | Waren die Einkommensverhältnisse der Eltern im Jahr, für das die Rückforderung erfolgt, annähend gleich, leistete der Vater für das bei der Mutter haushaltszugehörig gewesene Kind im Jahr, für das die Rückforderung erfolgt, einen den Regelbedarfssatz weit übersteigenden Unterhalt und bezog die Mutter Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, ist davon auszugehen, dass auf Grund der Unterhaltsleistungen und der Familienleistungen die Haushaltszugehörigkeit des Kindes bei der Ermessensübung außer Ansatz zu lassen ist. Die Mutter war trotz Haushaltszugehörigkeit des Kindes in der Lage, annähernd so viel wie der Vater zu verdienen. Vom Zuschuss haben bei gemeinsamem Haushalt beide Elternteile gleichermaßen profitiert. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist daher das Ermessen so zu üben, dass der Vater nur in jenem Umfang zur Rückzahlung als Gesamtschuldner heranzuziehen ist, der seinem Anteil am Gesamteinkommen entspricht. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des Dr. ***1*** ***2***, zunächst ***3***, ***4***, nunmehr ***16***, ***17***, ursprünglich vertreten durch Mag. Albert Ferk, Steuerberater, 8010 Graz, Hans-Sachs-Gasse 14/3, nunmehr vertreten durch Patricia Scheffel, 2111 Obergänserndorf, Plattenweg 19, vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, 3430 Tulln, Albrechtsgasse 26-30, vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010, Sozialversicherungsnummer ***5***, Steuernummer 22 ***6***, nach der am am Bundesfinanzgericht in Wien über Antrag der Partei abgehaltenen mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und von Mag. Julia Höllmüller-Shah für das Finanzamt Österreich zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der Spruch des angefochtenen Bescheids wird dahingehend abgeändert, dass Dr. ***1*** ***2*** für einen Betrag von 580,00 Euro anstelle eines Betrags von 1.113,89 Euro als Gesamtschuldner herangezogen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Bescheid
Das Finanzamt erließ am an den Beschwerdeführer (Bf) Dr. ***1*** ***2*** zu Handen seines steuerlichen Vertreters einen Bescheid betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010. Die Berechnung der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010 ergebe einen Rückzahlungsbetrag von € 1.113,89.
Die Ermittlung der Abgabe stelle sich wie folgt dar:
***2******1***
Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG 1988) ............................................................... 21.265,25 €
+ Steuerfreie Einkünfte (§ 3 Abs 1 Z 5 lit. a,c,d EStG 1988) ................................... 0,00 €
+ Übertragungsrücklage ........................................................................................ 0,00 €
+ 40 % des EW des land- u. forstwirtschaftlichen Vermögens .............................. 0,00 €
+ 10 % des Gewinnes aus Gewerbebetrieb ........................................................... 0,00 €
21.265,25 €
***7******8***
Einkommen (§ 2 Abs 2 EStG 1988) ............................................................... 19.574,68 €
+ Steuerfreie Einkünfte (§ 3 Abs 1 Z 5 lit. a,c,d EStG 1988) ................................... 0,00 €
+ Übertragungsrücklage ........................................................................................ 0,00 €
+ 40 % des EW des land- u. forstwirtschaftlichen Vermögens .............................. 0,00 €
+ 10 % des Gewinnes aus Gewerbebetrieb ........................................................... 0,00 €
19.574,68 €
Gesamteinkommen im Sinne des § 19 KBGG ............................................. 40.839,93 €
Abgabe gem. § 19 Abs. 1 KBGG 7% von € 40.839,93...................................... 2.858,80 €
Abgabe ........................................................................................................... 1.113,89 €
Die Ermittlung des Rückzahlungsbetrags im Betrag von € 1.113,89 ist aus dem Bescheid nicht ersichtlich.Der Bescheid wurde wie folgt begründet:
Für Ihr Kind wurden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt.
Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 oder 3 KBGG sind Sie alleine zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Im Jahr wurden die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten.
Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld
Aktenkundig ist der von ***8*** ***7*** am gestellter und bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse am eingelangter Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld:
...
Der Antrag vom Antrag wurde von ***8*** ***7*** als Antragstellerin und (offenbar, die Unterschrift ist nur teilweise leserlich, siehe Abgabenerklärung) von ***1*** ***2*** unterfertigt:
[...]
Abgabenerklärung bei Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld
Folgende Abgabenerklärung bei Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist ebenfalls aktenkundig:
Antragstellender Elternteil ***8*** ***7***, ***9***, ***10***, Versicherungsnummer ***11*** Zweiter Elternteil ***1*** ***2***, ***9***, ***10***, Versicherungsnummer ***5***.
Datiert , Unterschriften von ***8*** ***7*** als antragstellender Elternteil und von ***1*** ***2*** als zweiter Elternteil:
[...]
Beschwerde
Mit Schreiben vom erhob der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter Beschwerde gegen den am ergangenen und bei ihm am eingelangten Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010:
Die Beschwerde richtet sich gegen die grundsätzliche Rückzahlungsforderung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010 an den o.a. Abgabepflichtigen.
Begründung:
Der Abgabepflichtige hatte mit seiner Partnerin nur bis April 2009 einen gemeinsamen Haushalt. Das Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010 bezog seine seinerzeitige Partnerin ***7******8***. Der Abgabepflichtige wusste nicht, dass sie einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beantragt hat. Ob ein redlicher oder unredlicher Bezug des Kinderbetreuungsgeldes 2010 in der beantragten bzw. bezahlten Höhe an Frau ***7******8*** vorlag, möge das Finanzamt selbst beurteilen. Jedenfalls sieht der Abgabepflichtige keine Verpflichtung ein für 2010 nicht bezogenes Kinderbetreuungsgeld zum Teil an das Finanzamt zurück zu zahlen. Das Finanzamt möge den Rückzahlungsbetrag von Frau ***7******8*** fordern, was vermutlich auch schon geschehen ist und vielleicht hat Frau ***7******8*** den geforderten Rückzahlungsbetrag auch schon bereits an das Finanzamt überwiesen.
In der Bescheidbegründung schreibt das Finanzamt, dass der Abgabepflichtige allein zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet wäre. Dies erscheint unlogisch. "Rückzahlung" bedeutet, dass etwas, das man bekommen hat, zum Teil oder ganz zurück gezahlt werden muss. Wie vorstehend angeführt, hat der Abgabepflichtige kein Kinderbetreuungsgeld bezogen und hat folglich auch keines zurück zu zahlen.
Es besteht auch die Ansicht, dass das Finanzamt bei Berechnung des Rückforderungsanspruches gar nicht das Einkommen des Abgabepflichtigen heranzuziehen hat, da dieser 2010 nicht mehr mit Frau ***7******8*** in gemeinsamem Haushalt gewohnt hat, sondern nur das Einkommen der Frau ***7******8*** allein.
Beschwerdeantrag:
Aufgrund vorstehender Gegebenheiten wird beantragt, den Bescheid vom über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010 aufzuheben und den Betrag von € 1.113,89 wieder am Steuerkonto des Abgabepflichtigen gutzuschreiben.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab. Die Begründung dazu lautet:
Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 KBGG haben nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 KBGG Anspruch auf einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. In diesem Fall haben nach § 15 KBGG beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 KBGG verpflichten.
Nach § 18 Abs 1 Z 2 KBGG haben die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elterneile ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gemäß § 9 Abs 1 Z 3 KBGG ausbezahlt wurde, eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zu leisten.
Leben die Eltern jedoch im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches dauernd getrennt, so ist gemäß § 18 Abs. 2 KBGG die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.
Aufgrund der unstrittigen Höhe des im Erstbescheid dargestellten Einkommens ergibt sich im Jahr 2010 unzweifelhaft eine Überschreitung der Einkommensgrenze, sodass dies zur Vorschreibung der Abgabe in Höhe von 7% dieses Einkommens (€ 40.839,93), sohin € 2.858,80, zur Folge hat. Tatsächlich zurückzuzahlen ist der noch aushaftende Betrag von € 1.113,89.
Beide Elternteile haben sich vor Auszahlung des Zuschusses mit ihrer Unterschrift dazu verpflichtet, bei Überschreiten der Einkommensgrenzen im gesetzlich vorgegebenen Beobachtungszeitraum diesen zurückzuzahlen (§15 KBGG).
Wenn Sie nunmehr behaupten, die Bezieherin des Zuschusses wäre Ihre damalige Partnerin gewesen, ist dies durchaus richtig, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die zusätzlichen finanziellen Mittel der gesamten Familie zu Gute gekommen sind und zudem die Auszahlung des Zuschusses nur unter der Voraussetzung erfolgte, dass (auch) Sie sich zur Rückzahlung im Falle verbesserter finanzieller Verhältnisse verpflichtet haben.
Dass Sie entgegen Ihrer Behauptung, diese Anträge mit unterfertigt haben, ergibt sich aus den beim Finanzamt aufliegenden (vom Sozialversicherungsträger übermittelten) Unterlagen.
Dass Ihnen die Rückzahlung auferlegt wird, ist damit zu begründen, dass Sie über ein höheres Einkommen als die Kindesmutter verfügen und das Kind bei der Kindesmutter haushaltszugehörig ist. Es handelt sich somit um keine unzulässige Ermessensübung, Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom stellte der Bf durch seinen steuerlichen Vertreter Vorlageantrag. In diesem wurde beantragt, dass gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattfinden möge.
Die bisherigen Beschwerdepunkte laut Beschwerde vom werden weiterhin aufrecht erhalten. Zusätzlich wird der Bescheidbegründung in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes folgendes entgegengehalten.
- Dem Abgabepflichtigen ist nicht bewusst, dass er eine Erklärung bezüglich des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld unterschrieben und sich ferner zu einer eventuellen Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet hätte. Das BFG möge das vom Finanzamt angeführte und beim Finanzamt aufliegende Antragsformular überprüfen, ob dort wirklich eine Unterschrift, welche vom Abgabepflichtigen selbst geleistet wurde, angebracht ist.
- Es wird nochmals betont, dass im Jahr 2010 kein gemeinsamer Haushalt mit der Kindesmutter ***7******8*** vorlag und somit der Zuschlag zum Kinderbetreuungsgeld von der Kindesmutter zu Unrecht beantragt und bezogen wurde.
- Laut der in Kopie beigeschlossenen Niederschrift vom der Stadt Graz, Amt für Jugend und Familie, wurde eine Unterhaltsvereinbarung insofern geschlossen, als sich der Abgabepflichtige ab zur Zahlung eines monatlichen Unterhalt von € 350,00 für seine mj. Tochter ***7******12******13*** verpflichtet hat. Der Abgabepflichtige hat jedoch bereits im Jahr 2009 Unterhalt für seine Tochter bezahlt. Der Beweis dafür ergibt sich daraus, dass ihm laut dem in Kopie beigeschlossenen Einkommensteuerbescheid 2009 vom für das Jahr 2009 ein Unterhaltsabsetzbetrag in Höhe von € 350,40 gewährt wurde. Die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages ist auch weiterhin in den Jahren ab 2010 beim Abgabepflichtigen gegeben.
- Das Finanzamt schreibt in der Beschwerdebegründung, dass bei Festsetzung des Rückforderungsanspruches das Finanzamt nach Billigkeit zu entscheiden hat und die Einkommensverhältnisse der Elternteile bzw. die mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes im zusammenhangstehenden Lasten zu berücksichtigen sind. Die Kindesmutter bekommt für das bei ihr wohnende Kind vom Kindesvater einen monatlichen Unterhalt von € 350,00 und die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag vom Finanzamt. Damit sind die Kosten für das bei der Kindesmutter wohnende Kind mehr als abgegolten.
- Was die Einkommensverhältnisse der Kindeseltern betrifft, möge das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide des Abgabepflichtigen der letzten Jahre betrachten und kann feststellen, dass der Abgabepflichtige im Jahr 2014 ein steuerpflichtiges Einkommen von € 13.380,16 und im Jahr 2015 ein negatives steuerpflichtiges Einkommen von € 968,60 bezog. Diese Situation hat das Finanzamt bei Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Elternteile nicht entsprechend gewürdigt.
- Das Finanzamt schreibt, dass den Zuschuss die damalige Partnerin des Abgabepflichtigen bezogen hätte, jedoch die finanziellen Mittel der gesamten Familie zugutegekommen seien. Es gab im Jahr 2010 keine Familie mit dem Abgabepflichtigen als Familienmitglied, somit ist der Zuschuss nur der Kindesmutter allein zugutegekommen.
- Das Finanzamt behauptet, dass der Abgabepflichtige über ein höheres Einkommen verfügt, als die Kindesmutter. Wenn man das Einkommen des Abgabepflichtigen für die letzten beiden Jahre, nämlich 2014 und 2015 heranzieht, dann ist dies keinesfalls glaubwürdig.
Aufgrund vorstehender Gegebenheiten wird nach wie vor die Ansicht vertreten, dass der für das Jahr 2010 gewährte Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von der Kindesmutter allein zurück zu fordern ist, dies vor allem auch deshalb, weil der Zuschuss von dieser zu Unrecht bezogen wurde.
Es wird daher nochmals beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Betrag in Höhe von € 1.113,89 wieder am Steuerkonto des Abgabepflichtigen gutzuschreiben.
Dem Vorlageantrag war beigefügt:
Niederschrift vom
Vor dem Amt für Jugend und Familie der Stadt Graz wurde am betreffend die im Jahr 2006 geborenen ***12*** ***13*** ***7*** eine Niederschrift mit Dr. ***1*** ***2***, Jurist, wohnhaft ***14***, ***15***, aufgenommen, wonach die Stadt Graz, Amt für Jugend und Familie als Vertreterin in Unterhaltsangelegenheiten und Herr Dr. ***2*** ***1*** folgende Unterhaltsvereinbarung abschließen: Dr. ***1*** ***2*** verpflichtet sich ab für die mj. ***12*** ***13*** ***7*** einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von € 350,00 zu Handen des gesetzlichen Vertreters zu bezahlen. Der Unterhaltsvereinbarung liege ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Unterhaltsverpflichteten in Höhe von € 1.900,00 zugrunde.
Einkommensteuerbescheid
Der im Vorlageantrag als Beilage genannte Einkommensteuerbescheid 2009 ist im elektronischen Akt des Finanzamts nicht enthalten.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Bezughabende Normen
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Der Steuerpflichtige und seine damalige Lebensgefährtin beantragten im Jahr 2006 einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Über die Rechtslage belehrt, verpflichteten sich beide Eltern als Gesamtschuldner im Falle des Übersteigens des Gesamteinkommens gewisser jährlicher Einkommensgrenzen zur Rückzahlung der ausbezahlten Zuschüsse. Der Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld und die damit im Zusammenhang stehende Rückzahlungsverpflichtung wurde von beiden Elternteilen eigenhändig unterschrieben.
Aufgrund des Überschreitens der relevanten Einkommensgrenzen im gesetzlich vorgegebenen Beobachtungszeitraum (Gesamteinkommen beider Elternteile im Jahr 2010: € 40.839,93), schrieb die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer die Rückzahlung des noch aushaftenden Betrages des ausbezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld mittels Bescheid vor.
In der Beschwerde führte der Abgabepflichtige aus, dass er mit der Kindesmutter nur bis April 2009 im gemeinsamen Haushalt gelebt und diese das Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2010 bezogen habe. Der Beschwerdeführer sei darüber nicht informiert gewesen, dass seine damalige Lebensgefährtin einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beantragt habe. Der Zuschuss sei der Kindesmutter zugeflossen und daher auch von dieser zurückzufordern.
Im Übrigen sei bei der Berechnung des Rückforderungsanspruches nicht das Gesamteinkommen beider Elternteile, sondern aufgrund des getrennten Haushaltes lediglich das Einkommen der Kindesmutter heranzuziehen.
Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung verwies die Abgabenbehörde auf das Gesamtschuldverhältnis und die eigenhändige Unterzeichnung der Rückzahlungsverpflichtung durch beide Elternteile. Aus Billigkeitsgründen wurde dem Kindesvater die Abgabe mittels Bescheid vorgeschrieben. Entscheidend hierfür waren die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten. Seitens der Abgabenbehörde wurde nicht bestritten, dass die Bezieherin des Zuschusses die damalige Lebensgefährtin des Steuerpflichtgen war, jedoch kamen die zusätzlichen finanziellen Mittel der gesamten Familie zu Gute und erfolgte die Auszahlung nur unter der Voraussetzung, dass sich (auch) der Kindesvater im Falle verbesserter finanzieller Verhältnisse zur Rückzahlung verpflichtete.
Im Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer ins Treffen, seine bisherigen Beschwerdepunkte aufrechtzuerhalten. Er habe keine Kenntnis darüber, dass er einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beantragt und sich zu einer eventuellen Rückzahlung verpflichtet habe. Das Antragsformular sei daher im Original darauf zu überprüfen, ob der Steuerpflichtige tatsächlich eine eigenhändige Unterschrift geleistet habe. Es werde abermals auf den getrennten Haushalt im Jahr 2010 und die Tatsache, dass der Zuschuss von der Kindesmutter bezogen wurde, hingewiesen. Aus der vorgelegten Unterhaltsvereinbarung gehe hervor, dass der Abgabepflichtige seiner Tochter ab einen monatlichen Unterhalt von € 350,-- zu zahlen habe. Allerdings habe er bereits im Jahr 2009 Unterhalt geleistet, dies gehe auch aus der Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2009 hervor. Die Kindesmutter beziehe neben den Kindesunterhalt auch Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag. Die anfallenden Kosten für das minderjährige Kind seien daher in vollem Umfang abgedeckt. Die Inanspruchnahme des Kindesvaters betreffend Rückzahlung des Zuschusses sei jedenfalls unbillig. Der Beschwerdeführer habe weder den Zuschuss bezogen, noch sei er ihm in irgendeiner Weise zu Gute gekommen, da er mangels Haushaltszugehörigkeit im Jahr 2010 nicht als Familienmitglied anzusehen sei. Im Übrigen entspreche es nicht den Tatsachen, dass der Kindesvater über ein höheres Einkommen verfüge. In diesem Zusammenhang werde auf das geringe bzw. negative steuerpflichtige Einkommen in den Jahren 2014 und 2015 hingewiesen.
Beweismittel:
lt. Akt
Stellungnahme:
Nach § 18 Abs 1 Z 2 KBGG haben die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gemäß § 9 Abs 1 Z 3 KBGG ausbezahlt wurde, eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zu leisten.
Leben die Eltern jedoch im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches dauernd getrennt, so ist gemäß § 18 Abs. 2 KBGG die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist.
Beide Elternteile haben sich vor Auszahlung des Zuschusses mit ihrer Unterschrift dazu verpflichtet, bei Überschreiten der Einkommensgrenzen im gesetzlich vorgegebenen Beobachtungszeitraum diesen zurückzuzahlen. Dies geht eindeutig aus dem beiliegenden Antragsformular (im Original) hervor.
Die relevanten Einkommensgrenzen wurden im Jahr 2010 überschritten. Aufgrund der besseren Einkommenssituation des Vaters und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch die Mutter ist die Rückzahlung dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.
Aus oben genannten Gründen wird daher um Abweisung der Beschwerde ersucht.
Aufgliederung
Über Ersuchen des Gerichts gab das Finanzamt am zu Details der Rückforderung bekannt:
Ausbezahlte Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld
2006 € 369,66
2007 € 2.211,90
2009 € 381,78
Gesamt daher € 2.963,34
Mit Bescheid vom wurde für das Jahr 2008 eine Rückforderung von € 1.849,45 durchgeführt (der Bescheid liegt leider hieramts nicht auf, die Rückforderung erfolgte durch die OÖGK - siehe dazu auch die unten beigefügte mail der NÖGKK-Kompetenzzentrum KBG vom ).
Gesamt ausbezahlte Zuschüsse zum KBG € 2.963,34
Rückforderung 2008 € 1.849,45
Restbetrag € 1.113,89
Zur Verjährung - mit wurde durch Zusendung einer Abgabenerklärung (KBG1) für 2010 eine Verlängerungshandlung gesetzt.
[...]
Mündliche Verhandlung
Am fand die beantragte mündliche Verhandlung von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr statt.
Hierbei gab der Bf an, dass der Antrag zum Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld vom und die Abgabenerklärung bei Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld vom von ihm mitunterfertigt sei.
Der Bf brachte vor, dass er den Vorlagebericht des Finanzamts an das Bundesfinanzgericht nicht erhalten habe. Über sein Ersuchen wurde ihm eine Kopie ausgefolgt.
Der Bf führte aus, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass der gestellte Antrag zeitlich unbefristet sei. Er sei davon ausgegangen, dass diese nur für das laufende Jahr gelte und im nächsten Jahr wiederum neu gestellt werden müsse. Der Bf brachte vor, der spätestens seit dem Jahr 2008 nicht mehr von einer Antragstellung seinerseits bzw. Einwilligung ausgegangen werden könne, da zu diesem Zeitpunkt bereits eine Rückforderung erfolgt sei. Der Bf. verwies weiters auf das zu übende Ermessen und darauf, dass das jeweils erzielte Einkommen von ihm und der Kindesmutter nahe bei einander läge.
Die Vertreterin des Finanzamts erklärte, dass bereits in dem Antragsformular hervorgehe, dass der Zuschuss für die maximale Dauer beantragt werde, worauf der Bf. entgegnete, dass es sittenwidrig wäre, dass der Antrag auch für Zeiträume gelte, in denen die Haushaltsgemeinschaft gar nicht mehr bestehe. Aus dem gestellten Antrag könne kein Freibrief der Kindesmutter abgeleitet werden, den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld unbefristet zu beziehen.
Der Bf. wies die Richterin darauf hin, seine Vorbringen immer wortwörtlich zu protokollieren, andernfalls würde er die Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht unterfertigen.
Der Bf wies nochmals auf das Gesamtschuldverhältnis hin. So wäre auch die Kindesmutter zur Rückzahlung heranzuziehen. Wenn man die bisher erfolgten Rückzahlungen des Bf (über Nachfragen der Richterin, ob der Bf. damit die Euro 1.845,00 meine, gab der Bf an, dass er das nicht so genau sagen könne) berücksichtige, ergebe das in Summe ein höheres Einkommen der Kindesmutter. Der Bf verwies nochmals auf das Gesamtschuldverhältnis und darauf, dass die Rückforderung im Verhältnis der Einkommen vorzunehmen wäre.
Der Bf warf der Richterin vor, ihn nicht zu Wort kommen zu lassen.
Die Vertreterin des Finanzamts versuchte Ausführungen zum Gesamtschuldverhältnis vorzubringen, wurde allerdings vom Bf laufend unterbrochen.
Der Bf warf der Richterin polemische Protokollierung vor und wies nochmals darauf hin, dass das Einkommen der Kindesmutter im Jahr 2010 ungefähr gleich hoch wie das seine gewesen sei und deshalb die alleinige Rückforderung bei ihn unbillig wäre. Das Ermessen im gegenständlichen Fall wäre ein gebundenes Ermessen und nicht frei, zumal es eine Billigkeitsentscheidung sei.
Die Vertreterin des Finanzamts beantragte die Abweisung der Beschwerde, da die Ermessensübung im Rahmen der vorgesehenen Schranken stattgefunden habe und gegenständlich keine Unbilligkeit - wie behauptet - vorliege.
Der Bf beantragte, der Beschwerde stattzugeben. Es habe keine Ermessensübung stattgefunden und ihm sei von der belangten Behörde die gesamte Rückzahlung aufgebürdet worden, ohne dass die bereits geleisteten Rückzahlungen berücksichtigt worden wären. Auch die anteiligen Einkommensverhältnisse wären nicht berücksichtigt worden. Des weiteren widerspräche das Vorgehen der belangten Behörde dem Gleichverhandlungsgebot.
Die Entscheidung blieb der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
***8*** ***7*** hat mit Antrag vom als Mutter der Jahr 2006 geborenen ***12*** ***13*** ***7*** den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld erhalten. Der Antrag wurde vom Bf Dr. ***1*** ***2***, dem Vater, als zweiter Elternteil mitunterfertigt. Beide Elternteile verpflichteten sich mit Erklärung vom , als Gesamtschuldner im Fall der Auszahlung des Zuschusses diesen nach Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zurückzuzahlen.
Im Zeitpunkt der Antragstellung lebten Mutter, Vater und Kind im gemeinsamen Haushalt in ***9***, ***10***. Der gemeinsame Haushalt wurde im April 2009 aufgelöst. Seit hat sich der Bf Dr. ***1*** ***2*** zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von € 350,00 für die mj. ***12*** ***13*** ***7*** verpflichtet. Er leistet bereits seit dem Jahr 2009 Geldunterhalt. Im Jahr 2010 erzielte der Bf Dr. ***1*** ***2*** ein Einkommen in Höhe von € 21.265,25, ***8*** ***7*** ein Einkommen in Höhe von € 19.574,68.
Folgende Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld wurden ausbezahlt:
2006: € 369,66
2007: € 2.211,90
2008: € 2.217,96 (keine Meldung durch Krankenkasse an das Finanzamt)
2009: € 381,78
gesamt: € 2.963,34 (ohne 2008).
Ein Betrag von € 1.849,45 wurde für das Jahr 2008 bereits mit Bescheid vom zurückgefordert. Am wurde dem Bf eine Abgabenerklärung (KBG1) für das Jahr 2010 vom Finanzamt zugesandt.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind unterdessen nicht strittig.
Rechtsgrundlagen
§ 9 KBGG lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2003:
§ 9. (1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben
1. alleinstehende Elternteile (§ 11),
2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,
3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und
4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.
(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht.
(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 5 200 Euro übersteigt.
(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt.
Mit der Novelle BGBl. I Nr. 76/2007 wurde § 9 wie folgt geändert:
§ 9 Abs. 2 wurde folgender Satz angefügt:
"§ 4 Abs. 2 gilt sinngemäß auch für den Zuschuss."
In § 9 Abs. 3 wurde der Betrag "5 200 €" durch den Betrag "16 200 €" ersetzt.
§ 9 Abs. 4 wurde folgender Satz angefügt:
"Die §§ 2 Abs. 5 und 5 Abs. 6 gelten sinngemäß."
Mit der Neuregelung des Kindesbetreuungsgeldes durch die Novelle BGBl. I Nr. 116/2009 entfiel ab der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. An seine Stelle trat eine Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld.
§ 11 KBGG lautete in der bis anzuwendenden Fassung:
Alleinstehende
§ 11. (1) Alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt.
(2) Alleinstehende Elternteile haben nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben.
(3) Alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, haben dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.
§ 12 KBGG lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2003:
Ehegatten
§ 12. (1) Verheiratete Mütter bzw. Väter erhalten einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 7 200 Euro (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 3 600 Euro.
(2) Übersteigt das Einkommen des Ehegatten die Freigrenze, so ist der Unterschiedsbetrag auf den Zuschuss anzurechnen.
Mit der Nov BGBl. wurde § 12 ab (§ 49 Abs. 13 KBGG) bis zum BGBl. I Nr. 116/2009 (Außerkrafttreten mit ) wie folgt geändert:
"§ 12. Verheiratete Mütter bzw. Väter erhalten einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12 200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4 000 €."
§ 13 KBGG lautete in der für die Jahre 2002 bis 2009 anzuwendenden Fassung:
§ 13. Einen Zuschuss erhalten nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Hinsichtlich des Einkommens gilt § 12 entsprechend.
§ 15 KBGG lautete in der für die Jahre 2002 bis 2009 anzuwendenden Fassung:
§ 15. Im Falle des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses gemäß den §§ 12 und 13 haben beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 verpflichten.
§ 18 KBGG lautete bis zum BGBl. I Nr. 116/2009:
§ 18. (1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:
[1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.]*)
2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.
3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.
(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.
(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.
*) Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis [ u.a.], dem Bundeskanzler zugestellt am , zu Recht erkannt (BGBl. I Nr. 11/2011):
I. § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.
III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
§ 19 KBGG lautete bis zum BGBl. I Nr. 116/2009:
§ 19. (1) Die Abgabe beträgt jährlich
1. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von
mehr als 14 000 € ...................................... 3%
mehr als 18 000 € ...................................... 5%
mehr als 22 000 € ...................................... 7%
mehr als 27 000 € ...................................... 9%
des Einkommens,
2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von
mehr als 35 000 € ...................................... 5%
mehr als 40 000 € ...................................... 7%
mehr als 45 000 € ...................................... 9%
des Einkommens.
(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt
1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 40 vH des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,
2. bei Einkünften aus Gewerbebetrieben 10 vH dieser Einkünfte.
§ 20 KBGG lautete bis zum BGBl. I Nr. 116/2009:
§ 20. Die Abgabe ist im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.
§ 21 KBGG lautete bis zum BGBl. I Nr. 116/2009:
§ 21. Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.
§ 22 KBGG lautete bis zum BGBl. I Nr. 116/2009:
§ 22. Die Erhebung der Abgabe obliegt in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen zuständigen Finanzamt des Elternteiles, in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes, nach dem Tod des Vaters dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen der Mutter des Kindes zuständigen Finanzamt.
§ 26 KBGG lautete:
§ 26. (1) Für die Geltendmachung des Anspruches ist ein bundeseinheitliches Antragsformular zu verwenden. Der Krankenversicherungsträger hat dem Antragsteller oder seinem Vertreter auf deren Verlangen das Einlangen des Antrages zu bestätigen.
(2) Wird der Bezug einer Leistung nach diesem Bundesgesetz unterbrochen oder ruht der Anspruch und ist das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes ungewiss, so ist der Fortbezug der Leistung durch Wiedermeldung geltend zu machen. § 4 Abs. 2 gilt auch für die Wiedermeldung.
§ 27 KBGG lautete:
§ 27. (1) Besteht Anspruch auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz, so ist dem Antragsteller eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, voraussichtliches Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Die Mitteilung hat eine Aufschlüsselung der Leistungen zu enthalten.
(2) Der Mitteilung gemäß Abs. 1 ist eine vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen zu erstellende Information, aus der insbesondere Rechte und Pflichten der Bezugsberechtigten hervorgehen, anzuschließen.
(3) Ein Bescheid ist auszustellen,
1. wenn ein Anspruch auf eine Leistung gar nicht oder nur teilweise anerkannt wird oder
2. bei Rückforderung einer Leistung gemäß § 31 oder
3. bei Widerruf oder rückwirkender Berichtigung einer Leistung gemäß § 30 Abs. 2, wenn die Bescheiderstellung ausdrücklich verlangt wird.
§ 31 KBGG lautete i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2003 (die Änderung durch BGBl. I Nr. 76/2007, wonach § 31 Abs. 7 lautet: "(7) Die Ausstellung von Bescheiden über Rückforderungen von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ist nur binnen 7 Jahren, gerechnet ab Ablauf des Kalenderjahres, in welchem diese Leistungen zu Unrecht bezogen wurden, zulässig. Ein Bescheid über eine Rückforderung tritt nach Ablauf von 3 Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft außer Kraft, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt nicht vollzogen wurde; § 68 Abs. 2 ASVG zweiter und dritter Satz gelten sinngemäß.", ist gemäß § 49 Abs. 14 auf Geburten nach dem anzuwenden):
Rückforderung
§ 31. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Leistungsbezieher zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
(2) Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung besteht auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte (§ 8) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrages der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.
(3) Wenn eine dritte Person eine ihr obliegende Anzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen oder falsche Angaben gemacht und hiedurch einen unberechtigten Bezug verursacht hat, kann sie zum Ersatz verpflichtet werden.
(4) Rückforderungen, die gemäß den Abs. 1 bis 3 vorgeschrieben wurden, können auf die zu erbringenden Leistungen bis zur Hälfte derselben aufgerechnet werden; sie vermindern den Leistungsanspruch entsprechend. Der Krankenversicherungsträger kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,
1. die Erstattung des zu Unrecht gezahlten Betrages in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,
2. die Rückforderung stunden,
3. auf die Rückforderung verzichten.
Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen.
(5) Anlässlich der Vorschreibung von Rückforderungen sind Ratenzahlungen zu gewähren, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners die Hereinbringung der Forderung in einem Betrag nicht möglich ist. Die Höhe der Raten ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners festzusetzen.
(6) Werden Ratenzahlungen bewilligt oder Rückforderungen gestundet, so dürfen keine Zinsen ausbedungen werden.
(7) Eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld oder eine Verfügung zur Nachzahlung ist für Zeiträume unzulässig, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab der Kenntnis des maßgeblichen Sachverhaltes durch den Krankenversicherungsträger, zurückliegen. Ebenso tritt ein Bescheid über eine Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld nach Ablauf von fünf Jahren ab dem Eintritt der Rechtskraft außer Kraft, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt nicht vollzogen wurde.
§ 49 Abs. 22 und Abs. 23 KBGG lauten i.d.F. BGBl. I Nr. 116/2009:
(22) § 1, die Überschrift des Abschnitts 2, §§ 3a Abs. 3, §§ 5 Abs. 4a und b, 5c, 7 Abs. 3 und 4, Abschnitt 5 samt Überschrift, die Überschrift des Abschnitts 5a, §§ 25 und 25a, § 26a und 33 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 116/2009 treten mit in Kraft und sind auf Geburten nach dem anzuwenden, sofern 2009 kein Antrag auf Kinderbetreuungsgeld für Zelträume nach dem und vor dem gestellt worden ist; wird 2010 rückwirkend Kinderbetreuungsgeld für Zeiträume zwischen und beantragt, so besteht kein Anspruch auf Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld für diese Zeiträume.
(23) Die §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3. und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBI. I Nr. 24/2009 treten mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden. Letzteres gilt nur, sofern kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt.
Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist in Bezug auf den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, wobei sich die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden (§ 209 Abs. 1 BAO).
§ 6 BAO lautet:
§ 6. (1) Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB.).
(2) Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, sind ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist.
§ 20 BAO lautet:
§ 20. Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Beschwerdevorbringen
Die Beschwerde und der Vorlageantrag bringen folgend angeführte Gründe für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids vor:
Der gemeinsame Haushalt habe im Jahr 2009 geendet.
Das Kinderbetreuungsgeld habe im Jahr 2010 ***8*** ***7*** bezogen. Der Bf habe nicht gewusst, dass ein Zuschuss für das Jahr 2010 beantragt worden sei.
Dem Bf sei nicht bewusst, dass er eine Erklärung betreffend des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld unterschrieben und sich zu einer eventuellen Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verpflichtet hätte; das Antragsformular solle geprüft werden.
Da im Jahr 2010 kein gemeinsamer Haushalt bestanden habe, sei nicht das gemeinsame Einkommen heranzuziehen, sondern nur das Einkommen von ***8*** ***7***.
Da im Jahr 2010 kein gemeinsamer Haushalt bestanden habe, sei der Zuschuss allein der Mutter und nicht auch dem im Jahr 2010 getrennt lebenden Vater zugute gekommen.
***8*** ***7*** erhalte neben den Unterhaltszahlungen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Damit seien die Kosten für das bei ***8*** ***7*** haushaltszugehörige Kind "mehr als abgegolten".
Der Bf habe im Jahr 2014 ein steuerpflichtiges Einkommen in Höhe von € 13.380,16 und im Jahr 2015 ein Einkommen in Höhe von -968,60 gehabt. Dies sei bei der Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen.
Die Abgabe sei daher zur Gänze von ***8*** ***7*** zurückzufordern.
Zu den Beschwerdepunkten
Zu 1.:
Es werden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zurückgefordert, die in den Jahren 2006, 2007 und 2009 (bis zur Trennung) ausbezahlt worden sind. In diesen Jahren hat ein gemeinsamer Haushalt bestanden.
Zu 2.:
Der Zuschuss wurde nicht im Jahr 2010 beantragt und bezogen, sondern 2006 beantragt und in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 (bis zur Trennung) bezogen. Da ein Zuschuss für 2010 nicht beantragt wurde, kann der Bf auch von keinem diesbezüglichen Antrag wissen.
Zu 3.:
Nach der Aktenlage hat der Bf eigenhändig die Abgabenerklärung bei Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld am unterfertigt, wie auch am den Antrag auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Der Bf hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, beide Dokumente mitunterfertigt zu haben.
Zu 4.:
Gemäß § 19 KBGG kommt es auf das Gesamteinkommen der beiden Elternteile im Jahr der Rückforderung an. Ob ein gemeinsamer Haushalt im Rückforderungsjahr besteht, ist nicht von Bedeutung.
Zu 5.:
Der Zuschuss ist in den Jahren 2006, 2007, 2008 und (bis zur Trennung) 2009 der damals im gemeinsamen Haushalt lebenden Familie, also auch dem Bf zugekommen.
Zu 6. und 8.:
Siehe im Folgenden unter "Ermessen".
Zu 7.:
Das Einkommen im Jahr 2010 ist zu beachten, nicht das in späteren Jahren.
Mündliche Verhandlung
In der mündlichen Verhandlung brachte der Bf ergänzend vor:
Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass der gestellte Antrag zeitlich unbefristet sei. Er sei davon ausgegangen, dass dieser nur für das laufende Jahr gestellt gelte und der Zuschuss im Folgejahr erneut beantragt werden müsse.
Falls der Zuschuss für die maximale Dauer beantragt werde, sei dies sittenwidrig, wenn der Antrag auch für Zeiträume gelte, in denen eine Haushaltsgemeinschaft nicht mehr bestehe.
Spätestens seit dem Jahr 2008 könne nicht mehr von seiner Einwilligung ausgegangen werden, da in diesem Jahr bereits eine Rückforderung erfolgt sei.
Das Einkommen der Mutter des Kindes sei sogar im Verhältnis höher, wenn man die bisher erfolgten Rückzahlungen berücksichtige.
Im Rahmen des zu übenden Ermessens sei zu berücksichtigen, dass das jeweils von ihm und von der Mutter des Kindes erziele Einkommen nahe bei einander läge.
Hierzu ist auszuführen:
Zu 1.:
Bereits in der mündlichen Verhandlung wurde von der Vertreterin des Finanzamts darauf hingewiesen, dass sich aus dem Antrag ergäbe, dass diese auf die maximale Dauer gestellt worden sei ("Ich beantrage den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von bis max. Dauer").
Der Bf ist der deutschen Sprache und des Lesens mächtig. Der Bf ist Jurist und nunmehr als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass er den Antrag vom mitunterfertigt hat, ohne diesen zu lesen und den Antrag zu verstehen. Der Bf konnte daher vernünftigerweise nicht davon ausgehen, dass der Zuschuss nur für das Jahr des Antrags (das wären lediglich vier Monate gewesen) beantragt worden sei, zumal er auch in den Folgejahren als Teil des gemeinsamen Haushalts von dem Zuschuss profitiert hat.
Zu 2.:
Gegenstand der Rückforderung ist der in den Jahren 2006 und 2007 und in den Monaten Jänner bis März 2009 gewährte Zuschuss. In diesen Zeiträumen hat die Haushaltsgemeinschaft mit dem Bf bestanden. Der gemeinsame Haushalt wurde im April 2009 aufgelöst. Die vom Bf angegebene Sittenwidrigkeit liegt daher schon deswegen nicht vor.
Zu 3.:
Der Bf war im Jahr 2008 weiter haushaltszugehörig. Im Jahr 2008 ist nach der Aktenlage keine Rückforderung erfolgt, sondern vielmehr weiter der Zuschuss ausbezahlt worden. Für das Jahr 2008 wurde zwar eine Rückforderung vorgenommen, aber erst im Jahr 2013.
Zu 4.:
Der Bf konnte in der Verhandlung nicht sagen, welche Rückzahlung durch ihn er genau meine. Sollte damit der im Jahr 2013 für das Jahr 2008 rückgeforderte Betrag von € 1.849,45 gemeint sein, ist nicht ersichtlich, welchen Einfluss diese im Jahr 2013 erfolgte Rückzahlung auf die Einkommensverhältnisse der Eltern im Jahr 2010 gehabt haben soll.-
Zu 5.:
Zur Ermessensübung siehe im Folgenden.
Rückforderung grundsätzlich zu Recht
Die Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld im Jahr 2010 erfolgte grundsätzlich zu Recht.
Gesamtschuldverhältnis
Nach § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG sind beide Elternteile Gesamtschuldner. Das Wesen der Gesamtschuld besteht in einer besonders starken Sicherung des Gläubigers (vgl. ). Der Steueranspruch wird gewissermaßen auf mehrere Beine gestellt und die Finanzbehörde dadurch in die Lage versetzt - unabhängig von dem Leistungsvermögen und der Leistungsbereitschaft des in erster Linie zur Leistung Verpflichteten und dem oft nicht vorhersehbaren Erfolg von Vollstreckungsmaßnahmen - , die zur Erfüllung der Ansprüche geeignete Person auszuwählen (Ritz, BAO6, § 6 Rz. 2 unter Hinweis auf Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 44 Tz. 5).
Gibt es mehrere Abgabenschuldner, so bilden diese gemäß § 6 BAO eine Gesamtschuldnerschaft. Welche Abgabenschuldner in welchem Umfang in Anspruch genommen werden, liegt dabei im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. Ellinger in Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 6 Anm. 3; Ritz, BAO6, § 6 Rz. 7; ; ; ). Die Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der Einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einem Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und der Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner liegt im Ermessen der Behörde (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 6 BAO Anm. 2; Ritz, BAO6, § 6 Rz. 7; ; ; ; ).
Ermessen
Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnutzung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzuzubringen (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2 § 6 BAO Anm. 2; ; ; ; ). Die Behörde muss ihren Entschluss nach sachlichen Gesichtspunkten fassen (vgl. Stoll, Das Steuerschuldverhältnis in seiner grundlegenden Bedeutung für die steuerliche Rechtsfindung, 218; ). Die Ermessensentscheidung ist gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (vgl. ; ; ).
Im gegenständlichen Fall ist auch die Spezialnorm des § 18 Abs. 2 KBGG zu beachten, wonach dann, wenn die Eltern im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (das war gemäß § 21 KBGG hier im Jahr 2010 der Fall) dauernd getrennt leben, die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben ist, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. "Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen."
Die Bestimmung geht auf § 11 Abs. 2 Karenzurlaubszuschußgesetz - KUZuG BGBl. 297/1995 zurück, zu dem die Materialien (RV 134 BlgNR 24. GP) ausführen (vgl. ):
Durch die vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen des Karenzurlaubszuschußgesetzes werden die bisherigen Regelungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes betreffend die Gewährung des erhöhten Karenzurlaubsgeldes und der erhöhten Teilzeitbeihilfe, sowie die Regelungen des Betriebshilfegesetzes betreffend die Gewährung der erhöhten Teilzeitbeihilfe abgelöst. Nunmehr sollen diese Leistungen durch einen fixen monatlichen Zuschuß zur Grundleistung ersetzt werden. Dieser Zuschuß ist dann entweder vom anderen Elternteil oder von den Eltern nach Maßgabe des Abschnittes 2 zurückzuzahlen.
Das Zurechnungskriterium für die Rückzahlungspflicht des jeweils anderen Elternteils besteht darin, daß durch die Pflege des gemeinsamen Kindes, die Mutter bzw. der Vater nicht in der Lage ist einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und daher ein Einkommensverlust entsteht, der durch das Karenzurlaubsgeld bzw. die Teilzeitbeihilfe teilweise abgedeckt werden soll. Wenn nun die Einkommensverhältnisse dermaßen gestaltet sind, daß eine Zahlung eines Zuschusses in Frage kommt, so soll dieser je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zurückbezahlt werden. ...
... Bei Ehepaaren und Lebensgemeinschaften (§ 11 Abs. 1 Z2 und 3), die auf Grund ihres geringen Haushaltseinkommens zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes einen Zuschuß beantragen und erhalten, hat eine Rückzahlung dann zu erfolgen, wenn sich deren Einkommensverhältnisse erheblich verbessert haben.
Wenn der Zuschuß an verheiratete Eltern oder an Eltern in einer Lebensgemeinschaft ausgezahlt wurde, dann sind sie hinsichtlich der Abgabe Gesamtschuldner im Sinne des § 6 Abs. 1 BAO. Leben die Elternteile bei Entstehen des Abgabenanspruches getrennt (zB infolge Scheidung), dann ist bei der Abgabenvorschreibung an die Elternteile auf deren Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen. Dadurch soll insbesondere erreicht werden, daß der kinderbetreuenden Person, die nur über ein geringes Einkommen verfügt, keine unzumutbare Belastung entsteht....
Das Bundesfinanzgericht ist gemäß Art. 130 Abs. 3 B-VG im Abgabenverfahren nicht nur zur Kontrolle einer Ermessensübung durch die Behörde auf Gesetzeskonformität befugt, sondern hat eigenständig Ermessen zu üben.
Das Finanzamt hat die Entscheidung, den Bf zu 100% des Gesamtbetrags als Gesamtschuldner heranzuziehen, in der Beschwerdevorentscheidung damit begründet, dass der Bf über ein höheres Einkommen als die Mutter des Kindes verfügt und das Kind bei seiner Mutter haushaltszugehörig ist. Das Einkommen des Vaters betrug € 21.265,25, das der Mutter € 19.574,68. Das Einkommen des Vaters im Jahr 2010 überstieg das der Mutter nur geringfügig.
In § 18 Abs. 2 KBGG werden zwei Kriterien genannt, auf die "insbesondere" Bedacht zu nehmen ist: Einkommensverhältnisse der Eltern und Haushaltszugehörigkeit des Kindes.
Die Einkommensverhältnisse der Eltern waren im Jahr 2010 ähnlich. Der Anteil des Vaters am gemeinsamen Einkommen betrug rund 52%. Das Kind war zwar bei der Mutter haushaltszugehörig. Der Vater leistete aber monatlichen Unterhalt von € 350,00, außerdem bezog die Mutter Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Bei einem Regelbedarfssatz von € 226,00 für ein im Jahr 2010 vierjähriges Kind (, BMF-010222/0192-VI/7/2009) ist davon auszugehen, dass auf Grund der Unterhaltsleistungen und der Familienleistungen die Haushaltszugehörigkeit des Kindes bei der Ermessensübung im gegenständlichen Fall außer Ansatz zu lassen ist. Die Mutter war trotz Haushaltszugehörigkeit des Kindes im Jahr 2010 in der Lage, annähernd so viel wie der Vater zu verdienen.
Vom Zuschuss haben in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 1-4/2009 bei gemeinsamem Haushalt beide Elternteile gleichermaßen profitiert. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist daher das Ermessen so zu üben, dass der Bf für einen Betrag von 580,00 Euro anstelle eines Betrags von 1.113,89 Euro als Gesamtschuldner herangezogen wird. Dies entspricht rund 52% der Gesamtbetrags der Abgabe und der Relation der Einkommensverhältnisse der Eltern im Jahr 2010.
Aufgrund des Erklärungsversands im Jahr 2015 ist Verjährung nicht eingetreten.
Teilweise Stattgabe der Beschwerde
Der Beschwerde ist somit gemäß § 279 BAO teilweise Folge zu geben.
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung folgt den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes. Ihr liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.
Die Revision ist daher nicht zuzulassen.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 Z 3 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001 § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001 § 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | BMF-010222/0192-VI/7/2009 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101420.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at