Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.10.2021, RV/7200051/2021

Entstehung der Eingangsabgabenschuld wegen widerrechtlicher Benützung des grünen Ausgangs beim Flughafen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch ***NN***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des damaligen Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien vom , Zl. ***1***, betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt:

  1. Der angefochtene Bescheid wird wie folgt berichtigt:
    Die Höhe der Abgabenfestsetzung wird abgeändert auf insgesamt
    € 5.559,25 (€ 492,26 an Zoll und € 5.066,99 an Einfuhrumsatzsteuer), wobei hinsichtlich eines Betrages von € 4.011,20 (Eingangsabgaben für die beiden Solitärringe) ein Gesamtschuldverhältnis mit ***N1*** besteht.
    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.

  2. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

  3. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom , Zl. ***1***, setzte das damalige Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien dem nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), Herrn ***Bf.***, die Zollschuld fest.

Für ihn sei am durch Nichterfüllung einer der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union die Eingangsabgabenschuld für die im Bescheid näher bezeichneten Uhren und Ringe gemäß Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK) iVm § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) in der Höhe von € 6.646,92 entstanden.

Der Bf. habe am die im Spruch bezeichneten Waren gemeinsam mit seiner Ehefrau ***N1*** vorschriftswidrig in die Europäische Union verbracht, indem er mit diesen Waren aus China kommend über das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien in das Zollgebiet der Europäischen Union eingereist sei und diese Waren dabei nicht deklariert habe.

Es handelt sich dabei laut Bescheidspruch um folgende Schmuckstücke:

1 Herrenuhr "Chopard Imperiale",

1 Damenuhr "Chopard Imperiale",

1 Trauring "Cartier Love" Rosegold Herren,

1 Trauring "Cartier Love" Rosegold Damen,

1 Solitärring Weißgold mit Brillant,

1 Solitärring Gelbgold mit Brillant

Bemerkt wird, dass das Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien am ebenfalls unter der o.a. GZ. einen im Wesentlichen gleichlautenden Bescheid an die Ehefrau des Bf., Frau ***N1***, erlassen hat. In beiden Bescheiden wird darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 84 UZK ein Gesamtschuldverhältnis zwischen den beiden Ehepartnern bestehe.

Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens ist allerdings nur der o.a. an den Bf. gerichtete Abgabenbescheid. Über die Beschwerde der Ehefrau des Bf. gegen den sie betreffenden Bescheid wird gesondert entschieden.

Gegen den o.a. Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom . Der Bf. meint, die Behörde habe sich weder mit den dem Zollamt vorgelegten Rechnungen der Schmuckstücke noch mit dem Zeitpunkt des Erwerbs oder gar mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Einfuhr in das Zollgebiet noch mit der Frage auseinandergesetzt, wer die Waren eingeführt habe.

Der "erste Ring" (gemeint zweifellos der "Solitärring Gelbgold mit Brillant") sei von einer gewissen ***N2*** im Jahr 2015 eingeführt worden. Er sei aus einem Schmuckstück der Großmutter seiner Ehefrau gearbeitet worden und sei dann zum Verlobungsring geworden. Im Jahr 2012 sei der Ring in China umgestaltet worden.

Der "zweite Ring" (gemeint zweifellos der "Solitärring Weißgold mit Brillant") sei der Ehefrau des Bf. von deren Mutter zum 20. Geburtstag im Zuge der Sponsion geschenkt worden.

Hinsichtlich der beiden eben erwähnten Ringe liege Verjährung vor.

Die beiden Eheringe der Marke Cartier seien bereits im Jahr 2018 nach Österreich eingeführt worden. Der Bf. gehe davon aus, dass "im Zuge dessen, dass die Ringe gekauft wurden" eine entsprechende Zollerklärung erfolgt sei. Diesbezügliche Unterlagen könne er jedoch nicht mehr ausfindig machen.

Das Zollamt Österreich wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Der Bf. stellte daraufhin mit Eingabe vom den Vorlageantrag.

Der Bf. stellte von Beginn an klar, dass er auf eine Wiederausfolgung aller Schmuckstücke drängt.

Am fand in Wien die mündliche Verhandlung statt.

Der Bf. und seine Ehegattin haben die seitens des Zollamtes festgesetzte Zollschuld mittlerweile zur Gänze entrichtet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Am reiste der Bf. gemeinsam mit seiner Gattin mit Flug Nr. OS064 aus Peking kommend über den Flughafen Wien in das Zollgebiet der Union ein.

Organe des Zollamtes unterzogen die beiden Reisenden einer Zollkontrolle und nahmen mit ihnen eine Tatbeschreibung auf. Darin heißt es u.a.:

"Die u.a. Personen reisten am heutigen Tag mit Flug Nr. OS064 aus Peking kommend beim ho. Flughafen ins Zollgebiet der EU ein. Kurz vor Verlassen des sog. Grünkanals wurde Herr **Bf** und Frau **N1** von ***N3*** zur Zollkontrolle gebeten. Frau **N1** wurde von ***N3*** befragt, ob sie etwas eingekauft hat bzw. etwas von ihrer Reise mitbringt. Frau **N1** gab an, dass sie nur Kleinigkeiten eingekauft habe. Als Wert gab sie ca. 200-300 Euro an. Bei der Kontrolle mittels Röntgengerät wurde festgestellt, dass sich in den Gepäckstücken vermutlich Schmuck befindet. Daraufhin wurde begonnen, mit der Durchsuchung des Koffers. Frau **N1** wurde befragt, ob sich Schmuck im Koffer befindet. Dies wurde von ihr verneint. Sie versuchte ein Behältnis aus dem Koffer zur Seite zu schieben. Darin befand sich offensichtlich der Schmuck. Daraufhin kontrollierte ***N3*** dieses Behältnis und fand 4 Ringe und eine Armbanduhr der Marke "Piaget". Im Koffer wurden des Weiteren 2 Zertifikate von der Fa. Chopard vorgefunden. ***N3*** befragte die Reisenden, wofür diese Zertifikate seien. Sie zeigten daraufhin 2 Armbanduhren der Marke "Chopard" welche sich auf den Handgelenken der Reisenden befanden. ***N3*** befragte danach die Reisenden, woher die einzelnen Waren stammen. Herr **Bf** gab an, dass 2 Cartier-Ringe und ein Ring mit Steinen in der Schweiz gekauft wurde (Wert ca. 6.000 - 8.000 Euro), Frau **N1** gab an, dass die 2 Chopard-Uhren in Korea vor einigen Monaten gekauft wurden und dort auch MWST-Rückvergütung gemacht wurde. Der zweite Ring mit Steinen stamme aus China als Hochzeitsgeschenk der Mutter und die Uhr der Marke "Piaget" sei ca. 20 Jahre alt und wird nun das erste Mal nach Österreich gebracht. Frau **N1** wurde eine Rechtsmittelbelehrung in deutscher Sprache ausgehändigt, Herrn **Bf** eine Rechtsmittelbelehrung in chinesischer Sprache. Beide wollten die Belehrungen nicht unterschreiben, weil sie zu müde seien. Die gesamte Amtshandlung wurde in deutscher Sprache durchgeführt. Es kam zu keinerlei Verständigungsschwierigkeiten. Die ZOFA (***N4***) wurde vom Vorfall in Kenntnis gesetzt."

Das Zollamt sprach in dieser Tatbeschreibung die Beschlagnahme der Schmuckstücke zur Sicherung des Verfalls und als Beweismittel aus.

Mit Schätzgutachten vom ermittelte eine allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige den Zollwert der Schmuckstücke mit insgesamt € 30.622,00.

Dieser Wert setzt sich wie folgt zusammen:

Damenarmbanduhr Chopard Imperiale: € 4.066,00

Herrenarmbanduhr Chopard Imperiale: € 5.166,00

Damenarmbanduhr "Piaget" (Plagiat): € 0,00

Trauring Cartier: € 890,00

Trauring Cartier: € 1.690,00

Solitärring Weißgold mit Brillant: € 8.720,00

Solitärring Gelbgold mit Brillant: € 10.090,00

Beweiswürdigung

Der dieser Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt wird in freier Überzeugung als erwiesen angenommen und ergibt sich vor allem aus dem Inhalt der dem BFG vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten unter Bedachtnahme auf die Ermittlungsergebnisse des Zollamtes und die Angaben des Bf. Dabei wurden auch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse und die Angaben des Bf. in seiner Stellungnahme vom berücksichtigt.

Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (tlw. Stattgabe)

Rechtslage:

Art. 79 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABlEU Nr. L 269 vom (Unionszollkodex - UZK) lautet:

"Artikel 79 Entstehen der Zollschuld bei Verstößen

(1) Für einfuhrabgabenpflichtige Waren entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn Folgendes nicht erfüllt ist:

a) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union, auf das Entziehen dieser Waren aus der zollamtlichen Überwachung oder auf die Beförderung, Veredelung, Lagerung, vorübergehende Verwahrung, vorübergehende Verwendung oder Verwertung dieser Waren in diesem Gebiet,

b) eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf die Endverwendung von Waren innerhalb des Zollgebiets der Union,

c) eine Voraussetzung für die Überführung von Nicht-Unionswaren in ein Zollverfahren oder für die Gewährung der vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben aufgrund der Endverwendung der Waren.

(2) Für das Entstehen der Zollschuld ist folgender Zeitpunkt maßgebend:

a) der Zeitpunkt, zu dem die Verpflichtung, deren Nichterfüllung die Zollschuld entstehen lässt, nicht oder nicht mehr erfüllt ist,

b) der Zeitpunkt, zu dem die Zollanmeldung der Waren zum Zollverfahren angenommen worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine Voraussetzung für die Überführung von Nicht-Unionswaren in das Zollverfahren oder für die Gewährung der vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben aufgrund der Endverwendung der Waren nicht erfüllt war.

(3) In den Fällen nach Absatz 1 Buchstaben a und b ist Zollschuldner,

a) wer die betreffenden Verpflichtungen zu erfüllen hatte,

b) wer wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass eine zollrechtliche Verpflichtung nicht erfüllt war, und für Rechnung der Person handelte, die diese Verpflichtung zu erfüllen hatte, oder an der Handlung beteiligt war, die zur Nichterfüllung der Verpflichtung führte,

c) wer die betreffenden Waren erworben oder in Besitz genommen hat und zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Inbesitznahme der Waren wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass eine zollrechtliche Verpflichtung nicht erfüllt war.

(4) In den Fällen nach Absatz 1 Buchstabe c ist Zollschuldner, wer die Voraussetzungen für die Überführung der Waren in ein Zollverfahren oder die Pflichten aus der Zollanmeldung der Waren zu diesem Zollverfahren oder für die Gewährung der vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben aufgrund der Endverwendung der Waren zu erfüllen hat.

Artikel 138 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, AblEU L 343 vom (UZK-DA) bestimmt u.a.

"Die folgenden Waren gelten, sofern sie nicht mit anderen Mitteln angemeldet werden, als zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr gemäß Art. 141 angemeldet:

a) Waren zu nichtkommerziellen Zwecken im persönlichen Gepäck von Reisenden, die gem. Art. 41 der VO (EG) Nr. 1186/2009 oder als Rückwaren von den Einfuhrabgaben befreit sind;

Art. 141 UZK-DA bestimmt u.a.

(1) Für die in Art. 138 Buchst. a) - d), Art. 139 und Art. 140 Abs. 1 genannten Waren gilt jede der folgenden Handlungen als Zollanmeldung:

a) Benutzen des grünen Ausgangs "Anmeldefreie Waren", sofern bei der betreffenden Zollstelle getrennte Kontrollausgänge vorhanden sind;

Art. 218 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union(UZK-DVO) bestimmt:

"Artikel 218 Zollförmlichkeiten, die durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels141 Absätze 1, 2, 4, 4a, 5 und 6 bis 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 als erfüllt gelten (Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a Zollkodex, Artikel 139 Zollkodex, Artikel 158 Absatz 2 Zollkodex, Artikel 172 Zollkodex, Artikel 194 Zollkodex und Artikel 267 des Zollkodex)

Für die Zwecke der Artikel 138, 139 und 140 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 gelten die folgenden Zollförmlichkeiten als durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 141 Absätze 1, 2, 4, 4a, 5 und 6 bis 8 Absätze 1, 2, 4, 4a, 5 und 6 bis 8 dieser Delegierten Verordnung erfüllt:

a) die Beförderung der Waren gemäß Artikel 135 des Zollkodex und die Gestellung der Waren gemäß Artikel 139 des Zollkodex;

b) die Gestellung der Waren gemäß Artikel 267 des Zollkodex;

c) die Annahme der Zollanmeldung durch die Zollbehörden gemäß Artikel 172 des Zollkodex;

d) die Überlassung der Waren durch die Zollbehörden gemäß Artikel 194 des Zollkodex."

Art. 219 UZK-DVO bestimmt:

"Ergibt eine Kontrolle, dass eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 141 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 erfolgt ist, die verbrachten oder ausgeführten Waren aber nicht die Voraussetzungen der Artikel 138, 139 und 140 der Delegierten Verordnung erfüllen, so gilt die Zollanmeldung für diese Waren als nicht abgegeben."

Art. 203 Abs. 1 UZK bestimmt:

"Nicht-Unionswaren, die ursprünglich als Unionswaren aus dem Zollgebiet der Union ausgeführt wurden und innerhalb von drei Jahren wieder in dieses Zollgebiet eingeführt und dort zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet werden, werden auf Antrag des Beteiligten von den Einfuhrabgaben befreit.

Unterabsatz 1 gilt auch dann, wenn die Rückwaren nur einen Teil der zuvor aus dem Zollgebiet der Union ausgeführten Waren darstellen."

Gemäß § 26 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG) gelten für die Einfuhrumsatzsteuer, soweit im UStG nichts anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Erwägungen:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Bf. und seine Ehegattin von Beginn an klargestellt haben, dass ihre Einwände vor allem darauf abzielen, alle vom Zollamt sichergestellten verfahrensgegenständlichen Schmuckstücke wieder ausgefolgt zu erhalten. Es ist daher zu keiner Einziehung der Waren und somit auch zu keinem Erlöschen der Zollschuld gem. Art. 124 Abs. 1 Buchstabe e UZK gekommen.

Im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des EuGH (z.B. ) zur Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer, die u.a. auch auf den Eingang in den Wirtschaftskreislauf abstellt, wird darauf hingewiesen, dass nach der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes damit nicht zwangsläufig das Ende der Akzessorietät von Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer besiegelt worden ist. Der EuGH hat in früheren Entscheidungen, die er bisher nicht ausdrücklich in Frage gestellt hat, die Parallelität der Zollschuld- und Einfuhrumsatzsteuerentstehung hervorgehoben (). Der VwGH hat wiederholt ausgesprochen, dass durch den Verweis auf das Zollrecht in § 2 Abs. 1 ZollR-DG und § 26 Abs. 1 UStG der Zollschuldner auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist (vgl. etwa ).

Auch nach Jatzke kommt es etwa beim Einfuhrschmuggel durch den Realakt des Überschreitens der Grenze sowohl zur Entstehung der Zollschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a UZK als auch zur Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer nach § 21 Abs. 1 UStG (in Deutschland) iVm Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 2 Buchstabe a UZK. Die eben erwähnte Akzessorietät erachtet er als nicht vollständig aufgehoben, insbesondere dann nicht, wenn es zu einem Verbrauch (also einer eliminierenden Nutzung oder einer Verwendung) innerhalb des Binnenmarktes kommt (Jatzke, UR 2020, 590).

Aus den Angaben der beiden in Österreich wohnhaften Reisenden (dem Bf. und seiner Ehegattin) ergibt sich zweifellos, dass die Schmuckstücke zu deren weiteren persönlichen Verwendung vorgesehen sind. Daraus folgt, dass sie dazu bestimmt sind, in Österreich in den Wirtschaftskreislauf einzugehen.

Bemerkt wird, dass die Mehrzahl der in Rede stehenden Schmuckstücke laut Bf. bereits vor der Einreise am in Österreich verwendet worden und somit schon damals hier in den Wirtschaftskreislauf eingegangen sind. Diese früheren Einfuhren (zu deren näheren Umstände der Bf. allerdings keinerlei Nachweise vorlegen konnte), bleiben jedoch ohne jede Auswirkung auf die Zollschuldnerschaft des Bf., wie unten näher auszuführen sein wird.

Entsteht durch Überführung von Waren in ein Zollverfahren eine Zollschuld, so werden gem. Art. 195 Abs. 1 UZK die Waren dem Anmelder erst überlassen, wenn der Einfuhrabgabenbetrag, der der Zollschuld entspricht, entrichtet wurde oder eine diesem Betrag entsprechende Sicherheit geleistet wurde.

Darüber hinaus ist insbesondere auch in jenen Fällen, in denen die Waren (wie hier) widerrechtlich nicht ausdrücklich angemeldet werden, eine solche restriktive Vorgehensweise geboten. Denn vom Grundsatz her sollte die Überlassung nicht erfolgen, bevor nicht der Einfuhrabgabenbetrag entrichtet worden ist (Henke in Witte, 7. Auflage, Rz. 1 zu Art. 195 UZK). Da der Bf. und seine Ehegattin nach der Betretung die bereits entstandene Zollschuld nicht entrichtet haben und auch keine Sicherheit geleistet haben, hat das Zollamt nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichts die Schmuckstücke den beiden Reisenden am Tag der Einreise zunächst zu Recht nicht überlassen. Abgabenrechtliche Konsequenzen (wie etwa die Nichtfestsetzung der Eingangsabgaben) lassen sich aus dieser vorläufigen Maßnahme nicht ableiten.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden der Bf. und seine Ehegattin seitens des Richters befragt, warum sie bei der verfahrensgegenständlichen Einreise den grünen Ausgang ("Nothing to declare") benützt hatten.

Der Bf. und seine Ehegattin bestritten daraufhin die Benützung des angesprochenen Ausgangs. Es sei ihnen vielmehr unmittelbar nach dem sie ihre Gepäckstücke vom Förderband entnommen und auf einem Trolly abgelegt hätten, seitens eines Zollorgans signalisiert worden, zu einer Zollkontrolle mitzukommen.

Der Vertreter des Zollamtes widersprach dieser Darstellung des Geschehensablaufes vehement. Er wies darauf hin, dass laut Tatbeschreibung die Kontrolle der beiden Reisenden kurz vor Verlassen des grünen Ausgangs stattgefunden habe. Wenn die beiden Reisenden nunmehr behaupteten, sie seien bereits vor Betreten des grünen Ausgangs aufgefordert worden, sich zu einer Zollkontrolle zu begeben, so stehe dies im Widerspruch mit dieser Tatbeschreibung.

Auf die Frage des Richters an den Bf. und seine Ehegattin, aus welchen Gründen es ihrer Meinung nach zu einer derart außergewöhnlichen Maßnahme gekommen sein könnte, deutete der Bf. zunächst an, dass sich das Verhalten der Zollbeamten am Flughafen Wien nicht immer korrekt gestalte. Auf Intervention der Vertreterin des Bf. erklärte das Ehepaar schließlich, keine weiteren Angaben über den konkreten Ablauf der Zollkontrolle mehr machen zu wollen.

Auf Ersuchen des Vertreters des Zollamtes wurden daraufhin durch den Dolmetscher die ersten drei Zeilen der Sachverhaltsdarstellung der o.a. Tatbeschreibung übersetzt und das Ehepaar um eine diesbezügliche Stellungnahme gebeten.

Der betreffende Text lautet:

"Die u.a. Personen reisten am heutigen Tag mit Flug Nr. OS064 aus Peking kommend beim ho. Flughafen ins Zollgebiet der EU ein. Kurz vor Verlassen des sog. Grünkanals wurde Herr **Bf** und Frau **N1** von ***N3*** zur Zollkontrolle gebeten."

Der Bf. und seine Ehegattin wollten zu dieser Textstelle keine Stellungnahme abgeben.

Das Bundesfinanzgericht kommt angesichts dieser Umstände im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Schluss, dass die Angaben des Bf. und seiner Ehegattin, sie seien bereits vor Betreten des grünen Ausgangs kontrolliert worden, völlig unglaubwürdig sind.

Die Schilderungen des Ablaufs des Geschehens in der angesprochenen Stelle der Tatbeschreibung erscheint schlüssig, glaubwürdig und mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang stehend. Hingegen ist es schlicht nicht erklärbar, warum das einschreitende Zollorgan in der von den beiden Reisenden nunmehr geschilderten und rechtswidrigen Art vorgegangen sein soll. Es fällt auch auf, dass der betreffende Einwand erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, obwohl das Ehepaar von Beginn an rechtsfreundlich vertreten war. Schließlich spricht auch der Umstand, dass der Bf. und seine Ehegattin nicht bereit waren, detaillierte Nachfragen des Richters zum tatsächlichen Ablauf der Kontrolle zu beantworten, gegen die Glaubwürdigkeit der mit den Angaben in der Tatbeschreibung divergierenden Aussagen des Bf.

Bei der abgabenrechtlichen Würdigung wird daher davon ausgegangen, dass die beiden Reisenden damals - so wie in der Tatbeschreibung festgehalten - erst kurz vor Verlassen des "Grünkanals" zur Zollkontrolle gebeten worden sind.

Das Bundesfinanzgericht hat den Bf. in der Ladung vom aufgefordert folgende Unterlagen bei der Verhandlung vorzulegen.

• Alle Unterlagen zum Nachweis dafür, wann und wo die Schmuckstücke von wem erworben worden sind

• Alle Unterlagen zum Nachweis dafür, wann und wo und durch wen die Schmuckstücke in das Zollgebiet der Union eingeführt worden sind

Trotz dieser Aufforderung hat der Bf. bei der mündlichen Verhandlung keine Unterlagen (Flugtickets, Zollanmeldungen, Belege über die Reisebewegungen etc.) vorgelegt, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, von wem und wann genau einzelne Schmuckstücke (wie von ihm behauptet) schon vor der gegenständlichen Betretung eingeführt worden sein sollen. Auch die Frage, über welches Land bzw. über welches Zollamt diese Verbringungen stattgefunden haben sollen, ist offen.

Der Bf. hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angeboten, seine Schwiegermutter zur Frage der Einfuhr der Schmuckstücke telefonisch zu befragen. Dazu wird darauf hingewiesen, dass eine telefonische Einvernahme von Zeugen gesetzlich nicht vorgesehen ist ().

Selbst wenn es zutreffen sollte, dass Dritte (Frau ***N2***, Herr ***N5*** bzw. die Schwiegermutter des Bf.) schon lange vor der in Rede stehenden Betretung einzelne Schmuckstücke in die Union eingeführt haben, ist für den Bf. nichts gewonnen.

Denn im Rahmen der hier zu betrachtenden Einreise am handelte es sich nach der Aktenlage unzweifelhaft um Nichtunionswaren.

Dies wird wie folgt begründet:

a)

Zu den behaupteten Einfuhren im Jahr 2011, also vor Anwendbarkeit der nunmehr gültigen Bestimmungen des UZK (durch die Schwiegermutter des Bf.) bzw. im Jahr 2015 (durch Frau ***N2***):

Der damals gültige Art. 866 ZK-DVO bestimmte:

Ist eine Einfuhrzollschuld nach Art. 202, 203, 204 oder 205 des Zollkodex entstanden und sind die Einfuhrabgaben entrichtet worden, so gilt unbeschadet der Einhaltung der auf die Ware gegebenenfalls anwendbaren Vorschriften über Verbote und Beschränkungen die betreffende Ware als Gemeinschaftsware, ohne dass es hierfür einer Anmeldung zur Überführung in den freien Verkehr bedarf.

Die Schwiegermutter des Bf. bzw. Frau ***N2***, haben bei ihrer Einreise offensichtlich keine ausdrückliche Zollanmeldung abgegeben. Sie haben die Schmuckstücke vielmehr konkludent angemeldet. Eine solche Anmeldung war nach den damals geltenden Bestimmungen jedoch dann nicht zulässig, wenn es sich um die Einfuhr von Schmuckgegenständen der gegenständlichen Art handelt, die zum Zwecke der Übergabe an eine in Österreich wohnhafte Person mitgeführt werden. Wenn sich diese beiden Einfuhren daher tatsächlich wie vom Bf. behauptet zugetragen haben, ist für die beiden Reisenden (also für die Schwiegermutter des Bf. bzw. für Frau ***N2***) damals die Zollschuld gem. Art. 202 Abs. 1 ZK iVm Art. 234 ZK-DVO entstanden (siehe Witte in Witte, Zollkodex, 6. Auflage, Rz. 23f zu Art. 202 ZK über die typischen Fälle der Fiktion des vorschriftswidrigen Verbringens bei Benutzung des grünen Ausgangs am Flughafen). Zollschuldner wären dann die beiden genannten Damen als aktiv Handelnde gem. Art. 202 Abs. 3 erster Anstrich ZK, die die Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht haben. Zusätzlich wäre die Gattin des Bf. auf Grund der näheren Umstände (Einfuhr aus China, keine Zollbelege) als Zollschuldnerin gem. Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK heranzuziehen, weil sie die betreffenden Waren erworben oder im Besitz gehabt hat, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wusste oder vernünftigerweise wissen hätte müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht worden waren.

Der Bf. konnte die Entrichtung der Einfuhrzollschuld trotz entsprechender Aufforderung nicht nachweisen. Ein Statuswechsel durch Abgabenentrichtung gem. Art. 866 ZK-DVO liegt somit nicht vor, die Waren haben den Status als Nicht-Unionswaren und waren bei der Einreise am somit ausdrücklich anzumelden.

b)

Zu der behaupteten Einfuhr der Eheringe im Jahr 2018 durch ***N5***:

Auch hierzu konnten der Bf. und seine Ehegattin keine Verzollungsunterlagen vorlegen. Die Beiden räumen zwar ein, dass diese Eheringe auf ihren Wunsch hin in der Schweiz angekauft worden sind. Sie können aber nicht angeben, wann und über welches Land sie im Anschluss an den Erwerb in die Union verbracht worden sind. Auch über die Person des Verbringers gibt es nur vage Angaben.

Selbst wenn es gesicherte Angaben über die Person (und die Anschrift) des damaligen Verbringers und die für eine Abgabenfestsetzung notwendigen näheren Umstände der damaligen Zollschuldentstehung gäbe, wäre für den Bf. nichts gewonnen. Denn zutreffendenfalls wäre er zwar nicht als Verbringender aber gem. Art. 79 Abs. 3 Buchstabe b UZK als die an der vorschriftswidrigen Verbringung beteiligte Person als Zollschuldner heranzuziehen. Die dazu notwendige Erfüllung der subjektiven Tatbestandsmerkmale liegt jedenfalls vor, zumal der Bf. und seine Ehegattin eingeräumt haben, dass der Erwerb der Ringe in ihrem Auftrag und entsprechend ihren Instruktionen über das konkret gewünschte Modell erfolgt ist.

Da diese Ringe auf Grund ihres Wertes nicht die Voraussetzungen des Art. 41 der Zollbefreiungsverordnung (Abgabenbefreiung für Waren im persönlichen Gepäck von Reisenden) erfüllen und es sich auch nicht um zollfreie Rückwaren (Art. 203 Abs. 1 UZK) handelt, waren sie im Zuge der Einreise am ebenfalls ausdrücklich anzumelden.

Der Bf. hat hingegen am alle von ihm mitgeführten Waren (widerrechtlich) konkludent angemeldet, indem er den grünen Ausgang benützt hat. Die Zollanmeldung für diese Waren gilt somit gem. Art. 219 UZK-DVO als nicht abgegeben.

Damit konnte die Fiktion des ordnungsgemäßen Verbringens gem. Art. 218 Buchstabe a UZK-DVO nicht greifen, sodass es letztlich zur Entstehung der Zollschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchstabe a erste Alternative UZK kam.

Zollschuldner war der Bf. als Verbringender und Pflichtiger iSd Art. 79 Abs. 3 Buchstabe a UZK.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das wiederholte vorschriftswidrige Verbringen derselben Nicht-Unionsware in das Zollgebiet der Union zur wiederholten Einfuhrzollschuldentstehung führt. Für solche Waren ist zwar allenfalls (unter Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen) die Anwendung der Rückwarenprivilegien des Art. 86 Abs. 6 UZK möglich, doch bedarf es dazu der vorhergehenden Tilgung der Zollschuld und des dadurch bewirkten Statuswechsels (siehe Witte, Zollkodex, 7. Auflage, Rz. 34 zu Vor Art. 77 UZK). Dass die auf den verfahrensgegenständlichen Waren lastende Zollschuld bereits vor der Betretung am entrichtet worden sei, behauptet aber nicht einmal der Bf. Es spricht daher auch aus dieser Sicht alles für die Entstehung der Zollschuld für die in Rede stehenden Uhren und Ringe am Tag der Betretung.

Wenn der Bf. meint, die Beschwerdevorentscheidung vom sei rechtswidrig, weil er bereits am die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt habe, übersieht er, dass im Geltungsbereich des § 2 ZollR-DG gem. § 45 ZollR-DG die Bestimmungen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO im Rechtsbehelfsverfahren iSd Art. 44 UZK nicht Anwendung finden.

Das Zollamt war daher verpflichtet, die Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

Zur Ermittlung des Zollwertes:

Herrenuhr Marke Chopard:

Es liegt keine Faktura vor. Die Zollwertermittlung erfolgt an Hand des vom Bf. vorgelegten Belegs über den Ankauf im Hotel ***N6***, Korea, am : Zollwert € 5.184,11.

Damenuhr Marke Chopard:

Es liegt keine Faktura vor. Die Zollwertermittlung erfolgt an Hand des vom Bf. vorgelegten Belegs über den Ankauf im Hotel ***N6***, Korea, am : Zollwert: € 4.084,11

Ehering Cartier Herren:

Die Zollwertermittlung erfolgt an Hand der vom Bf. im Rahmen der Verhandlung vorgelegten Faktura vom :

CHF 984,22 (1 € = 1,1598 CHF) Zollwert € 848,61

Ehering Cartier Damen:

Die Zollwertermittlung erfolgt an Hand der vom Bf. im Rahmen der Verhandlung vorgelegten Faktura vom :

CHF 1.847,73 (1 € = 1,1598 CHF) Zollwert € 1.593,14

Solitärring Weißgold:

Im Rahmen der Verhandlung legte der Bf. einen Beleg vor, der über den Wert des Ringes Auskunft geben soll. Dieses mit datierte Dokument betrifft laut Übersetzung einen Platin-Diamant-Ring im Wert von 36.788,00 Renminbi. Es kann daher zur Zollwertermittlung des beschriebenen Goldrings nicht herangezogen werden. Das Bundesfinanzgericht machte den Bf. im Rahmen eines Vorhaltes auf diese Unstimmigkeit aufmerksam. Eine diesbezügliche Aufklärung nahm der Bf. in der dazu ergangenen Stellungnahme vom nicht vor. Der Bf. gab auch bekannt, dass irrtümlich dem Zollamt zunächst ein anderer Beleg mit einem anderen Datum für ein anderes Schmuckstück vorgelegt worden sei. Selbst wenn man davon ausgehen möchte, dass es sich auch bei der Warenbezeichnung auf dem nunmehr vorliegenden Beleg um einen Irrtum handeln sollte, kann der erwähnte Wert nicht als Zollwert anerkannt werden. Denn das Bundesfinanzgericht erachtet es mit der für die Durchführung eines Abgabenverfahrens erforderlichen Sicherheit nicht als erwiesen, dass es sich dabei um den verfahrensgegenständlichen Ring handelt, zumal nachprüfbare Unterlagen über die Nämlichkeit nicht vorliegen. Der Zollwert war daher an Hand des geschätzten Zollwertes laut Schätzgutachten mit € 8.720,00 festzulegen.

Solitärring Gelbgold:

Der Bf. hat zwar eine Faktura vorgelegt, die angeblich die Kosten für die Umarbeitung des Rings ausweist. Einen Wertnachweis des Schmuckstückes selbst hat der Bf. aber bis heute nicht vorgelegt. Der Zollwert war daher an Hand des geschätzten Zollwertes laut Schätzgutachten mit € 10.090,00 festzulegen.

Zur Zollschuldnerschaft:

Das Zollamt hat dem Bf. hinsichtlich aller o.a. Schmuckstücke die Verwirklichung des Tatbestands des vorschriftswidrigen Verbringens zur Last gelegt.

Nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes ist dieser Vorwurf nur zum Teil berechtigt. Dies wird wie folgt begründet:

Hinsichtlich des persönlichen Gepäcks, das sich im Besitz der Reisenden befindet, sind die Reisenden Verbringende, Pflichtige und Zollschuldner. Haben mehrere Personen gemeinsam vorschriftswidrig verbracht, sind alle Zollschuldner (siehe Witte in Witte, 7. Auflage, Rz. 244 zu Art. 79 UZK).

Der Bf. und seine Ehegattin haben im Rahmen der Verhandlung erklärt, dass man die Frage, wer zum Zeitpunkt der Einreise (Benützung des grünen Ausgangs beim Flughafen) den Koffer mit den Schmuckstücken bei sich gehabt habe, nicht beantworten könne, weil sich alle Gepäckstücke auf einem Trolly befunden hätten. Es ist daher davon auszugehen, dass das Ehepaar die Gepäckstücke gemeinsam durch den grünen Ausgang verbracht hat. Die Beiden sind daher hinsichtlich der im Koffer befindlichen Waren (also insbesondere hinsichtlich der beiden Solitärringe) gemeinsam als Verbringer und als Zollschuldner zu betrachten. Die Inanspruchnahme des Bf. und seiner Ehegattin als Gesamtschuldner für die auf diesen beiden Solitärringen entfallenden Eingangsabgaben erfolgte somit zu Recht.

Für jene Schmuckstücke, die die Beiden am Körper getragen haben ist hingegen von einer Zollschuldnerschaft als Verbringer nur bei der jeweils betroffenen Person auszugehen. Die beiden Einschreiter haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie bei der Betretung jeweils die Eheringe am Ringfinger und die Armbanduhren am Handgelenk getragen haben. Diese glaubwürdigen und durchaus schlüssigen Angaben konnten vom Zollamt nicht widerlegt werden.

Es ist daher davon auszugehen, dass dem Bf. vorschriftswidriges Verbringen hinsichtlich der von seiner Ehegattin am Körper getragenen Schmuckstücke (Armbanduhr und Ehering) nicht vorzuwerfen ist. Insofern besteht auch kein Gesamtschuldverhältnis mit seiner Ehefrau.

Zur zolltarifarischen Einreihung

Völlig außer Streit steht, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Schmuckwaren um Uhren bzw. um Ringe aus Edelmetallen handelt. Ringe aus Edelmetallen (auch dann, wenn sie Edelsteine enthalten) sind in die Position 7113 der Kombinierten Nomenklatur (KN) einzureihen und unterliegen einem Zollsatz von 2,5 %. Die Tatsache, dass das Zollamt diese Waren im Abgabenbescheid in die Position 7114 der KN (von dieser Position sind Gold- und Silberschmiedewaren erfasst und Ringe der Position 7113 ausgenommen) eingereiht hat (Zollsatz 2 %), kann nur auf einem Irrtum bei der Tarifierung beruhen.

Das Bundesfinanzgericht hat den Bf. im Rahmen eines Vorhaltes auf diesen Umstand aufmerksam gemacht und angekündigt, dass daher insofern mit einer Berichtigung der Abgabenberechnung zu seinen Lasten zu rechnen ist. Substantiierte Einwände gegen die Richtigkeit der nunmehrigen Tarifierung hat der Bf. in seiner dazu ergangenen Stellungnahme nicht vorgetragen.

Mit seinem Vorbringen, wonach die Erläuterungen zum Harmonisierten System sowie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur keine Rechtsnormen darstellen, sondern lediglich als unverbindliche Auslegungshinweise gelten, scheint der Bf. zu übersehen, dass sich die hier zu lösende Rechtsfrage der zolltarifarischen Einreihung unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, sodass es eines Rückgriffs auf die von ihm angesprochenen Erläuterungen gar nicht bedarf.

Der im vorliegenden Fall zu beachtende Normtext (Anmerkungen 9 und 10 zu Kapitel 71 der KN) lautet:

9. Als "Schmuckwaren" im Sinne der Position 7113 gelten:

a) kleine Gegenstände, die als Schmuck dienen (z.B. Ringe, Armbänder, Halsketten, Broschen, Ohrringe, Uhrketten, Uhrgehänge, Anhänger, Krawattennadeln, Manschettenknöpfe, Anstecknadeln, religiöse oder andere Medaillen oder Abzeichen);

b) Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, die dazu bestimmt sind, an der Person getragen zu werden, sowie Taschen- und Handtaschenartikel (z.B. Zigaretten- oder Zigarrenetuis, Schnupftabakdosen, Bonbonnieren und Puderdosen, Pillendosen, Rosenkränze).

Diese Waren können auch echte Perlen, Zuchtperlen oder Imitationsperlen, Edelsteine oder Schmucksteine (natürliche, synthetische oder rekonstituierte), sowie Edelstein- oder Schmucksteinimitationen enthalten oder auch Teile aus Schildpatt, Perlmutter, Elfenbein, natürlichem oder rekonstituiertem Bernstein, Gagat (Jett) oder Korallen enthalten.

10. Als "Gold- und Silberschmiedewaren" im Sinne der Position 7114 gelten Waren wie Tafelgeräte, Toilettengarnituren, Schreibtischgarnituren, Rauchservice, Gegenstände zur Innenausstattung und Geräte für religiöse Zwecke.

Für die Einreihung von Waren in die KN gelten nach den Einführenden Vorschriften der KN, Titel I, Buchstabe A, folgende Grundsätze:

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die Allgemeinen Vorschriften (AV1).

Aufgrund der oben zitierten eindeutig und unmissverständlich formulierten Anmerkungen kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass die o.a. Ringe von der Position 7113 der KN erfasst sind.

Die Einreihung in den Zolltarif stellt eine rechtliche Subsumtion dar, die strittig sein bzw. gelegentlich auch misslingen kann (vgl. Witte, Zollkodex der Union, Art. 79, Rz 150). Im vorliegenden Fall war die Abgabenberechnung an Hand der unzweifelhaften Tarifierung zu berichtigen. Der Einwand des Bf., die Organe des Zollamtes könnten auf Grund ihrer tagtäglichen Erfahrungen in "Einstufungen" bei der Tarifierung keinem Irrtum unterlegen sein, ändert daran nichts. Denn das Bundesfinanzgericht ist gem. § 279 Abs. 1 BAO berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung (also auch zum Nachteil des jeweiligen Einschreiters) abzuändern. Das Vorliegen eines Irrtums stellt in diesem Zusammenhang kein Tatbestandsmerkmal dar.

Die Abgabenberechnung war daher entsprechend zu berichtigen.

Aus dem Gesagten ergibt sich folgende Abgabenberechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Warennummer
Zollsatz
Zollwert
Zoll
EUSt
Herrenuhr
9101 2100 00
0,80/Stk.
5.184,11.
0,80
1.036,98
Ehering-Herren
7113 1900 00
2,5 %
848,61
21,21
173,96
Solitärring Weißgold (Gesamtschuldverhältnis mit **N1**)
7113 1900 00
2,5 %
8.720,00
218,00
1.787,60
Solitärring Gelbgold (Gesamtschuldverhältnis mit **N1**)
7113 1900 00
2,5 %
10.090,00
252,25
2.068,45
SUMME
492,26
5.066,99

Zum Ort der Zollschuldentstehung:

Art. 87 Abs. 1 UZK bestimmt:

Die Zollschuld entsteht an dem Ort, an dem die Zollanmeldung oder die Wiederausfuhranmeldung nach den Artikeln 77, 78 und 81 abgegeben wird.

In allen anderen Fällen entsteht die Zollschuld an dem Ort, an dem der Tatbestand, der die Zollschuld entstehen lässt, erfüllt ist.

Kann dieser Ort nicht bestimmt werden, so entsteht die Zollschuld an dem Ort, an dem die Zollbehörden feststellen, dass sich die Waren in einer Lage befinden, in der eine Zollschuld entstanden ist.

Typisches Beispiel ist der Ort, an dem eine Zollbehörde ein vorschriftswidriges Verbringen einer Ware feststellt (Witte, aaO, Rz. 9 zu Art. 87 UZK).

Da konkrete Angaben über den Ort der behaupteten früheren Zollschuldentstehung fehlen, ist davon auszugehen, dass die Zollschuld gem. Art. 87 Abs. 1 Unterabsatz 3 UZK für alle verfahrensgegenständliche Schmuckstücke am Ort der Feststellung der Zuwiderhandlung, also am Flughafen Wien, entstanden ist.

Zum Einwand der Verjährung:

Art. 103 UZK bestimmt:

(1) Eine Zollschuld darf dem Zollschuldner nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Tag des Entstehens der Zollschuld nicht mehr mitgeteilt werden.

(2) Ist die Zollschuld aufgrund einer zum Zeitpunkt ihrer Begehung strafbaren Handlung entstanden, so verlängert sich die Frist des Absatzes 1 von drei Jahren auf mindestens fünf und höchstens zehn Jahre gemäß dem einzelstaatlichen Recht.

§ 60 ZollR-DG bestimmt:

Ist die Zollschuld aufgrund einer zum Zeitpunkt ihrer Begehung strafbaren Handlung entstanden, so beträgt die Verjährungsfrist im Sinn des Art. 103 Abs. 2 des Zollkodex zehn Jahre.

Da die Zollschuld im vorliegenden Fall wie oben ausgeführt am entstanden ist, hat das Zollamt den angefochtenen Abgabenbescheid vom zweifellos fristgerecht erlassen und es ist entgegen der Ansicht des Bf. keinesfalls Festsetzungsverjährung eingetreten.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Hinweis:

Zur Information wird mitgeteilt:

Vergleicht man die vom Zollamt für alle o.a. sechs Schmuckstücke ursprünglich festgesetzte (und nach der Aktenlage auch bereits entrichtete) Abgabenschuld in der Höhe von € 6.646,92 mit der nunmehr für diese sechs Schmuckstücke durch den Bf. und seine Ehegattin insgesamt zu entrichtenden Abgaben in der Höhe von € 6.743,45 ergibt sich eine Differenz von € 96,53, die nach der Aktenlage noch unentrichtet aushaftet.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision wird zugelassen, weil noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliegt, ob angesichts der jüngsten Rechtsprechung des EuGH die Einfuhrumsatzsteuer auch in jenen Fällen des vorschriftswidrigen Verbringens entsteht, in denen - wie hier - die nicht ordnungsgemäß angemeldeten Wirtschaftsgüter zwar unstrittig zum Eingang in den Wirtschaftskreislauf Österreichs bestimmt sind, aber vorerst wegen Beschlagnahme nicht überlassen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 41 ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23
§ 26 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 2 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 45 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 262 Abs. 2 bis 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 79 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 60 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Verweise



Zitiert/besprochen in
Bieber/Pichler/Summersberger in SWI 2022, 304
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7200051.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at