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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 08.09.2021, RV/2100071/2020

Wenn der Lieferer bei einem B2C Geschäft sämtliche Einfuhrabgaben übernimmt und den Empfänger schadlos hält, gilt er als Einführender zum freien Verkehr.

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2022/15/0003. Mit Erkenntnis v. als unbegründet abgewiesen.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
Der Lieferer und die von ihm beauftragte Post handeln nicht für Rechnung der Empfänger, wenn die zollrechtliche Abwicklung unabhängig von der Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer durch die Übernahme aller etwaig anfallenden Steuern und sonstiger Kosten durch den Lieferer unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Empfänger wirtschaftliche Auswirkungen haben konnte (siehe BFH Urteil vom , V R 5/14 und BFH Urteil vom , XI R 17/13). Eine Bevollmächtigung des Lieferers zur Vornahme der Einfuhr für den Empfänger ist infolge der Übernahme der Einfuhrabgaben durch den Lieferer wirkungslos. Die Einfuhr in den freien Verkehr erfolgt danach durch den Lieferer selbst, weshalb Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 zur Anwendung kommt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***SenV***, die Richterin***Ri1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache der ***Bf.***, ***AdresseBf.***, vertreten durch ***Steuerl.Vertr.***, ***Adr.StVertr.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamt Graz - Stadt) vom betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer für den Zeitraum März 2019 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin ist eine englische Gesellschaft (limited liability company = Ltd.) und wurde 2004 gegründet. Sie hat ihren statutarischen Sitz auf Jersey Island (=kurz Jersey).
Die Beschwerdeführerin ist Teil eines in Deutschland ansässigen Augenoptik - Konzerns (D-Konzern), der wiederum Teil eines global tätigen Konzerns ist.
Die Beschwerdeführerin wurde für Zwecke der Abwicklung des sogenannten Abo-Geschäfts betreffend den Vertrieb von Kontaktlinsen und Pflegeprodukten in Deutschland und Österreich gegründet.
Die Beschwerdeführerin hat laut den Feststellungen der Behörde auf Jersey lediglich ihren Sitz, übt dort aber keine Tätigkeit aus und verfügt auch weder über eigene Räumlichkeiten noch Personal.
Wie von der Beschwerdeführerin selbst vorgebracht, verfügt sie auch in Deutschland, dem Sitz der Geschäftsleitung über keine eigenen Mitarbeiter.
Um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, bedient sich die Bf. der Mitarbeiter anderer Gesellschaften des D - Konzerns.
Auch die Leitung der Geschäfte der Beschwerdeführerin wird in Deutschland am Sitz des
D - Konzerns durch dessen Mitarbeiter ausgeübt.
In Österreich kooperiert der D - Konzern mit einer ebenfalls zum deutschen Teilkonzern gehörenden Augenoptik - Kette (Ö - Kette).
In den Filialen der Ö - Kette werden Augenoptikartikel wie Brillen und Kontaktlinsen sowie entsprechende Kontaktlinsenpflegemittel verkauft. Die auf die Umsätze in den Filialen der
Ö - Kette entfallende Umsatzsteuer wird in Österreich erklärt und entrichtet.
Wenn ein Kunde in einer Filiale der Ö - Kette Kontaktlinsen erwirbt, erhält er eine Erstausstattung.

Die Erstausstattungsbox enthält:
- die ausgewählten Kontaktlinsen
- einen Kontaktlinsenbehälter
- eine AGB-Broschüre
- Broschüre Handhabung und Pflege Kontaktlinsen
- eine Ausfertigung der unterschriebenen Vertragsunterlagen betreffend den weiteren Bezug von Kontaktlinsen (Tages- und Monatslinsen) sowie Pflegemitteln.

Für den laufenden weiteren Bedarf an Kontaktlinsen (Tages- und Monatslinsen) und Pflegemitteln kann sich der Kunde entscheiden, ob er diese weiterhin in einer Filiale oder über den Lieferservice der Beschwerdeführerin beziehen möchte.

Entscheidet sich der Kunde für den Lieferservice, muss er einen Vertrag zur Lieferung der Ware durch die Beschwerdeführerin unterfertigen.
Laut diesem Liefervertrag beauftragt der österreichische Kunde die Beschwerdeführerin mit der laufenden Lieferung der Kontaktlinsen und Pflegeprodukte. Die Bezahlung dieser Produkte erfolgt monatlich über Bankeinzug.

In den Allgemeinen Verkaufsbedingungen (AVB) für den Lieferservice ist unter Punkt 4.9 festgehalten:
"Die Beschwerdeführerin führt außerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft lagernde Ware unter Beachtung der einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen im Namen des jeweiligen Kunden ein. Mit Unterzeichnung des Antrages zur Lieferung der Ware durch den Kunden bevollmächtigt dieser die Beschwerdeführerin zur Abgabe aller für die Einfuhr im Namen des Kunden erforderlichen Erklärungen.
Die Beschwerdeführerin übernimmt für den Kunden alle mit der Einfuhr verbundenen Steuern und Abgaben und stellt den Kunden von allen diesbezüglichen Verpflichtungen frei".

Nach diesen Bedingungen wird der Kunde von Seiten der Beschwerdeführerin weder mit Transportkosten, Gebühren oder Einfuhrabgaben belastet und hat auch keine Mitwirkung am Transport.
Die Filialen der Ö - Kette treten lediglich als Vermittlerin zwischen den Kunden und der Beschwerdeführerin auf.
Die Lieferung der Kontaktlinsen und Pflegemittel laut Servicevertrag an die Endverbraucher erfolgt von Jersey Island, einem Drittgebiet, aus.
Jersey ist nicht Mitglied der Europäischen Union, gehört allerdings zu deren Zollgebiet.

Die Beschwerdeführerin bestellt die Waren für diese Lieferungen bei den Herstellern in der Europäischen Union (ca. 70 % stammen aus Deutschland).
Die Hersteller liefern die Waren im Auftrag der Beschwerdeführerin aus dem Gebiet der Europäischen Union nach Jersey in das Lager eines von der Bf. beauftragten Logistikzentrums.
Die Waren werden vom Logistikzentrum im Auftrag der Beschwerdeführerin eingelagert, für die einzelnen Abnehmer an Hand der Bestellscheine kommissioniert und verpackt. Die Päckchen werden mit den Adressen der Kunden in Österreich versehen.
Die Päckchen werden an die Jersey Post zur Versendung übergeben.

Des Weiteren erledigt das Logistikzentrum sämtliche für die Versendung erforderlichen Formalitäten, wie bspw. die Erstellung von Freistellungslisten für die Einfuhr in die Europäische Union sowie der erforderlichen Papiere CN22 und CN23.
Die Waren werden mit der Jersey Post unter Zollverschluss zur TNT Express B.V. (= kurz TNT, vormals Royal Post B.V.) in die Niederlande verschickt.

Nach Eintreffen der Ware in den Niederlanden wird diese durch die TNT übernommen und in Rotterdam in die Europäische Union zum freien Verkehr eingeführt, von wo sie weiter im Postwege nach Österreich zu den privaten Abnehmern gelangt.

Der Zollwert der einzelnen Pakete liegt größtenteils unter 22 Euro, weshalb weder Zoll noch Einfuhrumsatzsteuer anfallen.
An den Endkunden in Österreich ergeht keine Rechnung.

Die TNT meldet jene Waren mit einem Wert über 22 Euro gesammelt beim Zoll an.
Auf den diesbezüglichen Vorschreibungen scheint die TNT als Zollschuldnerin auf.
Die Einfuhrabgaben werden von der TNT bezahlt und über das Logistikzentrum an die Beschwerdeführerin weiterverrechnet, sodass die Beschwerdeführerin letztendlich damit belastet ist.
Für die überwiegende Mehrheit der Fälle fallen wegen der Freigrenze von 22 Euro aber keine Eingangsabgaben an.
Dieser Sachverhalt wurde von der deutschen Finanzverwaltung an Österreich als Kontrollmitteilung gemeldet.
Des Weiteren teilte die deutsche Finanzverwaltung mit, dass sich die Verwaltung und die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin in Deutschland am Sitz der Mutter befinde.
In Deutschland werde die Beschwerdeführerin auf Grund einer mehrstöckigen Organschaft bei der Konzernmutter veranlagt.
Die deutsche Finanzverwaltung teilte auch mit, dass die Beschwerdeführerin im Handelsregister von Jersey erfasst sei.
Laut Wirtschaftsauskunft habe die Beschwerdeführerin auf Jersey keinen Geschäftsbetrieb mit eigenem Büro, Personal und Kommunikationsmitteln (Telefon, Telefax etc.).
Die Beschwerdeführerin reiche beim Handelsregister Jersey auch keine Bilanzen ein.
Diese Sitzadresse der Beschwerdeführerin auf Jersey sei als Briefkastenadresse bekannt.
Die Verwaltung und die Leitung der Geschäftsführung der Beschwerdeführerin befinde sich in Deutschland an der Adresse des D - Konzerns.

Dazu wird festgestellt, dass auch das Impressum der Beschwerdeführerin laut Internet auf die Domizilierung der Beschwerdeführerin beim D - Konzern verweist und eine deutsche Telefonnummer, Umsatzsteueridentifikationsnummer und Bankverbindung anführt.
Zu letzterer wird darauf hingewiesen, dass diese nicht für Abo-Zahlungen der Kunden gelte.

In der Folge führte die österreichische Finanzverwaltung auf Basis dieses Kontrollmaterials aus Deutschland eine Außenprüfung durch.
Die Beschwerdeführerin war bis zum Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung in Österreich steuerlich nicht registriert.
Nach Ansicht der österreichischen Außenprüfung liege in den dargestellten Abläufen ein missbräuchliche Gestaltung.
Für die nach Österreich gelieferten Waren sei die Versandhandelsregelung nach Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 anzuwenden, weshalb die Umsätze aus den Abo-Verkäufen in Österreich zu versteuern seien.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung mit den im Verfahren RV/210006/2020 angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden vom für die Kalenderjahre 2010 bis 2014, mit welchen für die Lieferungen aus dem Abo-Geschäft nach Österreich Umsatzsteuer gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 festgesetzt wurde.
Als Bemessungsgrundlage wurden die von der deutschen Finanzverwaltung bekanntgegebenen Umsätze, die der Höhe nach unstrittig sind, herangezogen.

Hinsichtlich des vorliegenden angefochtenen Bescheides vom betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer 03/2019 gab Beschwerdeführerin "der guten Ordnung halber" dem Finanzamt die Höhe der Bemessungsgrundlage bekannt.
Sie verwies allerdings auf die Beschwerde vom14.10.2016 und deren Ergänzung vom betreffend die Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2014, wonach ihres Erachtens die Umsätze auf Jersey, also im Drittgebiet, ausgeführt wurden und folglich auch keine Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bestehe.

Mit Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer 03/2019 ein.

Danach sei der gegenständliche Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 03/2019 vom rechtswidrig, da die Beschwerdeführerin keine umsatzsteuerbaren Vorgänge in Österreich verwirklicht habe.

Dazu führte sie aus:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin verkaufe Kontaktlinsen und Pflegemittel (idF "Produkte") im Direktvertrieb ab Jersey an private Kunden in verschiedenen Ländern, u.a. auch in Österreich.
In Österreich arbeite die Beschwerdeführerin mit einer in Österreich angesiedelten Augenoptik - Kette (=Ö - Kette), die zu einem deutschen Augenoptik - Konzern (D - Konzern) gehöre, zusammen.
Die Produkte der Beschwerdeführerin würden von diversen Herstellern bezogen und von diesen in ein auf Jersey gelegenes Lager eines von der Beschwerdeführerin beauftragten Logistikzentrums versendet.
Das Logistikzentrum sei mit der laufenden Entgegennahme, Ein- und Auslagerung, Verpackung und Versendung der Ware beauftragt und für den Kundenkontakt und die Abwicklung der Bezahlung zuständig.
Die Kunden könnten einen Auftrag über den Bezug von Produkten von der Beschwerdeführerin unterfertigen, wobei die Ö - Kette bzw. deren Filialen als Vermittler für die Beschwerdeführerin handelten.
Die Kunden ermächtigten die Beschwerdeführerin zum Einzug des jeweils monatlichen Ratenbetrages.
Im vom Kunden zu unterzeichneten Auftrag sowie in den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) der Beschwerdeführerin werde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin außerhalb der Europäischen Union lagernde Ware unter Beachtung der einschlägigen zollrechtlichen Bestimmungen im Namen des jeweiligen Kunden einführe.
Mit Unterzeichnung des Auftrages bevollmächtigten die Kunden die Beschwerdeführerin zur Abgabe aller für die Einfuhr im Namen des jeweiligen Kunden erforderlichen Erklärungen. Des Weiteren werde vereinbart, dass die Beschwerdeführerin alle mit der Einfuhr verbundenen Steuern und Abgaben übernehme und die Kunden von den diesbezüglichen Verpflichtungen freistelle.
Die Produkte würden aus dem Warenlager auf Jersey an die jeweiligen Kunden geliefert, wobei die Einfuhr der Waren und damit die zollrechtliche Überführung in den freien Verkehr in den Niederlanden erfolge. Die Zollanmeldung und Einfuhr in den Niederlanden übernehme die TNT Express B.V. (= kurz TNT), vormals TPG Post B.V., im Namen der Kunden.
Die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte der Kunden beauftrage damit das Logistikzentrum, dieses wiederum die Jersey Post, welche die Waren der TNT Niederlande übergebe. Die TNT führe schließlich die waren im Namen der Kunden in den Niederlanden zum freien Verkehr ein.
Sofern bei der zollrechtlichen Überführung in den freien Verkehr in den Niederlanden Einfuhrumsatzsteuer und Zollabgaben abzuführen seien, übernehme die TNT diese Zahlungsverpflichtungen für die österreichischen Endkunden. Die TNT rechne dies monatlich mit dem Logistikzentrum ab, das wiederum diese Kosten an die Beschwerdeführerin weiterbelaste.
Die Beschwerdeführerin verrechne diese Kosten vereinbarungsgemäß nicht an die Kunden weiter.
Im Übrigen verwies die Beschwerdeführerin auf die Sachverhaltsdarstellung in ihren Schriftsätze vom (Beschwerde), vom (Ergänzung zur Beschwerde) und vom (Vorlageantrag) betreffend das Rechtsmittelverfahren zu den Umsatzsteuerbescheiden 2010 bis 2014.

2. (Umsatzsteuer)rechtliche Würdigung
Durch den gegenständlichen Sachverhalt werde in Österreich aus folgenden rechtlichen Erwägungen kein umsatzsteuerbarer Tatbestand verwirklicht:
Basierend auf Art 32 1. Satz MwStSystRL ordne § 3 Abs. 8 UStG an, dass eine Lieferung dort als ausgeführt gelte, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginne, wenn der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer oder den Abnehmer befördert oder versendet werde.

Der Ort der Lieferung der Produkte liegt somit im Drittland.
Nach Art 201 iVm Art 32 2. Satz MwStSystRL komme es bei Lieferungen aus einem Nicht-EU-Land zu einer Ortsverlagerung in das Einfuhrland, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer sei, also jene Person, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt. Es sei ausschließliche Angelegenheit des Mitgliedstaates der Einfuhr, im konkreten Fall der Niederlande, den Steuerschuldner zu bestimmen.
Die Zollanmeldung in den Niederlanden erfolge im Namen der österreichischen Endkunden, so dass diese bzw. die TNT, durch die die Zollanmeldungen in den Niederlanden im Namen der Kunden abgegeben werden, gegenüber den niederländischen Zollbehörden Schuldner einer gegebenenfalls anfallenden Einfuhrumsatzsteuer seien.

Die Beschwerdeführerin sei hingegen nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Die Anwendung der Ortsverlagerung vom Drittland Jersey in die Niederlande sei daher ausgeschlossen.
Die Versandhandelsregelung finde auf die Lieferungen der Beschwerdeführerin keine Anwendung, da diese Lieferungen nicht - wie von Art 33 MwStSystRL gefordert- in einem anderen Mitgliedstaat, sondern im Drittland getätigt wurden.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass es gewichtige außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung gebe.
Die Kunden der Beschwerdeführerin seien in verschiedenen Ländern ansässig, weshalb es schon aus logistischen Gründen erforderlich sei, an einem Ort ein Lager zu führen, wo die angelieferten Waren entgegengenommen und gelagert werden könnten und wo die Bestellungen entsprechend kommissioniert, verpackt und zur Versendung bereit gemacht werden könnten. Die Beschwerdeführerin habe das Logistikzentrum beauftragt, weil dieses ein umfassendes Dienstleistungspaket angeboten habe, das auf die Belange der Beschwerdeführerin optimal zugeschnitten sei. Das Logistikzentrum sei einer der ersten Anbieter eines derart umfassenden Dienstleistungspaktes gewesen.
Ausschlaggebend für die Beauftragung dieses Anbieters sei das Full - Service Dienstleistungsangebot für das Geschäftsmodell der Beschwerdeführerin gewesen. Die Beauftragung eines Anbieters mit einem umfassenden Leistungsspektrum führe zu Effizienzvorteilen, Kosteneinsparungen und administrativen Vorteilen verglichen mit der jeweils individuellen Beauftragung einzelner Dienstleister. Dies sei insbesondere deshalb von Bedeutung, da die Lieferung von Kontaktlinsen sehr zeitkritisch sei und Kunden etwaige Verzögerungen bei Auslieferungen nicht tolerieren würden.
Im Übrigen verwies die Beschwerdeführerin auch zu den rechtlichen Ausführungen auf die bereits oa. Schriftsätze vom , und .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 03/2019 ab.
Das Finanzamt verwies hinsichtlich der Begründung auf seine Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Umsatzsteuerbescheide 2010 bis 2014.

In dieser Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt aus:
Das Vorliegen eines Missbrauchs iSd § 22 Abs. 1 BAO sei anzunehmen, wenn zur Erreichung eines bestimmten Zieles ein zivilrechtlich zwar zulässiger, aber ungewöhnlicher und unangemessener Weg beschritten werde (objektives Element), und dies in der Absicht geschehe, die Abgabepflicht zu umgehen oder zu mindern (subjektives Element).

Als unangemessen sei eine rechtliche Gestaltung dann anzusehen, wenn für den eingeschlagenen ungewöhnlichen Weg zu einem vorgegebenen Ziel, von der angestrebten steuerlichen Auswirkung abgesehen, keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe vorliegen und daher dieser Weg unter Außerachtlassung der angestrebten Auswirkungen auf die Abgabepflicht unverständlich wäre (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Uitz, Kommentar BAO, 3. Auflage, Anm. 3 zu § 22).
Bei Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände mit wirtschaftlicher Anknüpfung, somit im Anwendungsbereich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, hat die Abgabenerhebung unbeeinflusst von der zivilrechtlichen Gestaltung des Geschehens zu erfolgen. Dies führe ua. zwingend dazu, dass, wenn bei der zivilrechtlichen Erfassung eines bestimmten wirtschaftlichen Vorganges nicht die diesem Vorgang entsprechende angemessene Gestaltung, sondern ein ungewöhnlicher Weg gewählt werde, Letzterem bei der Abgabenerhebung nicht gefolgt werden dürfe.

Die im § 22 Abs. 2 BAO für Missbrauchsfälle umschriebenen Konsequenzen resultierten daher ganz allgemein schon aus der wirtschaftlichen Anknüpfung verwirklichter abgabenrechtlicher Tatbestände und seien somit nicht nur auf den Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 BAO beschränkt (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Uitz, aaO. Anm. 10 zu §22).

Gelange der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten aus dem Drittlandsgebiet in das Gebiet eines Mitgliedstaates, ist diese Lieferung gemäß § 3 Abs. 9 UStG 1994 als im Einfuhrland ausgeführt zu behandeln, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der bei der Einfuhr zu entrichtenden Umsatzsteuer ist.
Dies entspreche der unionsrechtlichen Vorgabe in Art. 32 zweiter Satz MwStSystRL.

Wer Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, richte sich nach den zollrechtlichen Vorschriften. Die Regelungen des Zollrechts gelten auch diesbezüglich sinngemäß für die Einfuhrumsatzsteuer (§ 19 Abs. 5 UStG 1994 mit Verweis auf § 26 UStG 1994).
Die Befugnis zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer folge grundsätzlich der Befugnis zur Erhebung des Zolls.

Zollschuldner sei nach Art. 201 Abs. 3 Satz 1 des (für den gegenständlichen Fall geltenden) Zollkodex der Gemeinschaft (Verordnung Nr. 2913/92) der Anmelder.
Anmelder sei die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt, oder die Person, in deren Namen - Vollmacht vorausgesetzt - eine Zollerklärung abgegeben wird (Art. 4 Zollkodex).

Art. 5 Zollkodex regle die Stellvertretung gegenüber den Zollbehörden.
Bei der direkten Vertretung sei der Vertretene Anmelder.
Im Falle der indirekten Vertretung sei auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird. Beauftragt also ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Lieferer einen im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Zollagenten, Spediteur oder Frachtführer, die Anmeldung in eigenem Namen, aber für seine Rechnung vorzunehmen, sei er Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer.

Personen, die nicht erklären im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, oder die erklären im Namen oder für Rechnung eines anderen zu handeln, aber keine Vertretungsmacht besitzen, gelten gemäß. Art. 5 Abs. 4 Satz 2 Zollkodex als in eigenem Namen und für eigene Rechnung handelnd.

Zwar habe die TNT die Anmeldung im Namen der Empfänger beim Zollamt beantragt, allerdings fehlte ihr die Vertretungsmacht.
Die Vertretungsmacht ergibt sich nicht aus den Allgemeinen Verkaufsbedingungen (AVB) mit den Kunden bzw. den Auftragsbestätigungen.

Die Beschwerdeführerin (bzw. das Logistikzentrum als deren Beauftragte bzw. die Jersey Post als deren Beauftragte bzw. die Post NL =TNT als deren Beauftragte) handelten im vorliegenden Fall ohne von den Kunden wirksam eingeräumte Vertretungsmacht.

Des Weiteren sei auszuführen:
Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen (AVB) enthielten keine wirksame Bevollmächtigung. Gemäß den Allgemeinen Verkaufsbedingungen (AVB) übernehme die Beschwerdeführerin für den Kunden alle mit der Einfuhr verbunden Steuern und Abgaben und stelle den Kunden von allen diesbezüglichen Verpflichtungen frei. Somit werde die Vertretungsvollmacht des Kunden für den Anmelder jedenfalls wieder außer Kraft gesetzt. Die Beschwerdeführerin sei folglich auch Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer.

Gemäß Art. 201 Abs. 3 Satz 1 Zollkodex sei Zollschuldner der Anmelder der Waren. Dieser sei folglich auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer.
Die Beschwerdeführerin sei Anmelder, weil sie durch den "Antrag auf Freischreibung" Zollanmeldungen zwar im Namen der Empfänger, aber mit Wirkung für sich selbst abgegeben habe.
Es fehle an dem, für die allein in Betracht kommende direkte Vertretung, zollrechtlich erforderlichen Handelns "für Rechnung eines anderen" (Art. 5 Abs. 2 Zollkodex).
Nach dem Urteil des BFH vom V R 5/14 sei Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer die Person, die in eigenem Namen die Zollanmeldung abgibt oder in deren Namen eine Zollanmeldung abgegeben wird. Darauf, dass tatsächlich Einfuhrumsatzsteuer anfällt, komme es nicht an.

Als Vertreter "für Rechnung" eines anderen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Zollkodex handle nicht, wer in eigener Person alle etwaig anfallenden Steuern und sonstige Kosten trage und sein Handeln sich für den anderen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt wirtschaftlich auswirke.

Die Beschwerdeführerin habe nicht für Rechnung der Empfänger gehandelt, da die zollrechtliche Abwicklung aufgrund der Übernahme etwaig anfallenden Steuern und sonstigen Kosten unter keinen denkbaren Gesichtspunkten für die Empfänger wirtschaftliche Auswirkungen haben konnten.

Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht

Die Beschwerdeführerin wiederholte darin im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen.

In der Vorhaltbeantwortung vom an das Bundesfinanzgericht führte die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus:
(Mit dieser Vorhaltbeantwortung legte die Beschwerdeführerin das "Service Agreement" [Vertrag] zwischen der Beschwerdeführerin und dem Logistikzentrum vom betreffend Kunden in Österreich vor).
Die britische Gruppe des Logistikzentrums, welche mit der Beschwerdeführerin nicht konzernmäßig verbunden sei, biete Outsourcing Lösungen zur Kundenbindung insbesondere im Bereich von Augenoptikprodukten an.

Gründer der Gruppe sei ein Optiker, der die Idee hatte, Kontaktlinsen an Kunden in Form eines Abo-Modells in regelmäßigen Abständen zu liefern. Damit sollten einerseits die Kunden den Komfort haben, die Kontaktlinsen zu erhalten, wenn sie diese brauchten und andererseits eine Bindung zum Optiker hergestellt werden. Der Kunde erhalte in regelmäßigen Abständen Pflegeprodukte und müsse diese nicht vorrätig halten.

Zu den Kunden des Logistikzentrums gehöre eine Reihe großer Augenoptik - Ketten in ganz Europa. Zudem arbeite das Logistikzentrum mit allen führenden Herstellern von Kontaktlinsen und Pflegeprodukten zusammen.

Das Logistikzentrum biete den Augenoptik - Ketten ein umfassendes Leistungspaket für das Abo - Geschäft an und kümmere sich dabei um die gesamte logistische Abwicklung (Einkauf, Lagerung, Versand, Inkasso) im Namen und Auftrag der Augenoptik - Ketten.

Das Logistikzentrum habe für die Abwicklung dieses Geschäfts (schon lange vor Vertragsabschluss mit der Beschwerdeführerin) auf Jersey Island ein Lager eingerichtet.

Die Zulieferer der Beschwerdeführerin lieferten Ware in dieses Lager, die Ware werde wiederum vom Logistikzentrum entsprechend den Bestellungen (Abos) der Kunden der Beschwerdeführerin kommissioniert und der Versand vorgenommen. Mittlerweile haben auch einige Hersteller von Kontaktlinsen und Pflegeprodukten auf Jersey aufgrund der Zusammenarbeit mit dem Logistikzentrum entsprechende Lagerbestände (Konsignationslager) eingerichtet. Daher sei es dem Logistikzentrum möglich, Lieferungen mit unterschiedlichen Produkten an eine Vielzahl von Endkunden in verschiedenen Ländern sehr effizient abzuwickeln.
Da das Logistikzentrum dieses Abo - Modell, wie oben ausgeführt, vor vielen Jahren selbst entwickelt habe, habe es für die Beschwerdeführerin keinen vergleichbaren Anbieter auf dem Markt gegeben.
Das Geschäftsmodell des Kontaktlinsen - Abos habe sich über die Jahre hinweg zu einem Erfolgsmodell entwickelt, was in erster Linie auf die Zusammenarbeit mit dem Logistikzentrum zurückzuführen sei.
Laut Vertrag (siehe Punkt 3.1.) erbringe das Logistikzentrum folgende Leistungen an die Beschwerdeführerin:

Leistungen, Lagerung und Bestellung der Produkte
-zu diesem Zweck muss das Logistikzentrum dafür sorgen, dass immer genug Ware für
die Beschwerdeführerin auf Jersey auf Lager liegt.
-das Logistikzentrum ist ein reiner Logistikdienstleister und wird selbst zu keinem Zeitpunkt Eigentümer der Waren
- die Vorlieferanten verkaufen die Waren direkt an die Beschwerdeführerin, d.h. die im Lager des Logistikzentrums befindlichen Waren sind im Eigentum der Vorlieferanten oder der Beschwerdeführerin (siehe Punkt 4 des Vertrages).
-das Logistikzentrum stellt die Pakete für die Kunden zusammen, prüf, ob die Zahlung des jeweiligen Kunden der Beschwerdeführerin eingelangt sind und versendet dann an die Kunden (siehe Punkt 4.8. des Vertrages)
-Führung eines Kunden-Kontakt Service Centers, das Logistikzentrum betreibt ein Call-Center für Kundenanfragen
-Erstellen von Berichten (zB Absatzstatistiken, Stock Reports etc.)
-Abwicklung von Zahlungen

In Punkt 4 des Service Agreements werde festgehalten, dass es zu den Obliegenheiten des Logistikzentrums gehöre, den Warenbestand laufend zu kontrollieren und Vorsorge zu treffen, dass jederzeit ausreichend Ware vorhanden ist, sodass die Kundenaufträge der Beschwerdeführerin fristgerecht erfüllt werden können.
Alle von der Beschwerdeführerin für ihre Kundenaufträge benötigten Produkte würden von den Vorlieferanten in das vom Logistikzentrum betriebene Warenlager auf Jersey Island geliefert.
Zum Teil verfügten die Vorlieferanten über ein eigenes Konsignationslager beim Logistikzentrum.
Die Vorlieferanten versenden die jeweiligen Rechnungen an die Beschwerdeführerin.

In der mündlichen Verhandlung am brachte die Beschwerdeführerin vor:
Der D - Konzern habe sich für die laufende Belieferung der Kunden mit Kontaktlinsen und Pflegemitteln nach einem Abo - Modell umgesehen. Dadurch werde dem Kunden der Weg in die Filiale erspart. Ein derartiges Modell gab es bislang noch nicht.
Der D - Konzern bzw. seine Töchter konnten den Abo - Service aber nicht mit eigenen Ressourcen bewältigen, da dessen Ablauf sehr prozesslastig ist.
Die Vorgaben waren ein zentrales Lager und zentrale Lieferung an die Kunden. Ursprünglich wollte man auch mehrere Anbieter kontaktieren.
Man hat schließlich die Konzernmutter in Holland kontaktiert.
Diese hatte bereits Erfahrungswerte und Kontakte mit dem Logistikzentrum auf Jersey.
Man erwartete sich durch die Einschaltung des Logistikzentrums auch eine Erhöhung der Marge.
Man hat beschlossen, dass die Beauftragung des Logistikzentrums unter dem Namen der Beschwerdeführerin läuft, damit die Marke des D - Konzerns nicht beschädigt werde, falls dieses Abo - Modell nicht funktionieren sollte.
Deshalb habe man die Beschwerdeführerin gegründet.
Bereits im Jahr 2005 wurde ein Vertrag mit dem Logistikzentrum für Deutschland abgeschlossen, für Österreich erfolgte die vertragliche Beauftragung erst im Jahr 2010.

Der Vorteil lag darin, dass das Logistikzentrum ein zentrales Lager hatte. Gleichzeitig hatte das Logistikzentrum neben der Beschwerdeführerin weitere Kunden und dadurch auch sehr viel Expertise. Die Kunden waren sehr zufrieden. Wichtig war die Effizienz der Prozesse, die Zuverlässigkeit, die pünktliche Lieferung an die Kunden und die daraus resultierende Bindung der Kunden.
Es hat neben dem Logistikzentrum auf Jersey keine vergleichbaren Anbieter gegeben.
Das Logistikzentrum hatte auch den Vorteil großer Warenbestände. Die Kooperation mit Vorlieferanten war gegeben und alles aus einer Hand ist optimal (es wird auf die Vorhaltbeantwortung vom verwiesen).

Zur rechtlichen Beurteilung wird ergänzend ausgeführt:
Artikel 32 MwStSystRL sei für den Beschwerdefall gar nicht relevant. Dieser würde nur greifen, wenn die Ware in Österreich eingeführt worden wäre.
Für den Beschwerdefall kommt daher nur Artikel 33 Absatz 2 MwStSystRL in Frage. Dort ist geregelt, dass die Einfuhr durch den Lieferer Bedingung der Tatbestanderfüllung ist.

Im Beschwerdefall scheint die Beschwerdeführerin bei den Einfuhrvorgängen nirgendwo auf. Die Einfuhrpapiere weisen die Beschwerdeführerin nicht als Einführende aus. Das Votum der Niederlande bezeichnet nirgendwo die Beschwerdeführerin als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer.
Die Anmeldung erfolgt durch die TNT im Namen und für Rechnung des Endkunden.
Maßgeblich ist Artikel 201 MwStSystRL, wonach die jeweiligen Behörden des Einfuhrlandes den Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bezeichnen. Im Beschwerdefall scheint die Beschwerdeführerin nicht als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer auf.
Es wird hinsichtlich der Zollanmeldung auf das Randzahl 32 verwiesen.
Im Übrigen hätten die holländischen Behörden die Befreiung der Lieferung nicht gewähren dürfen, wenn die Beschwerdeführerin als Anmelderin aufgetreten wäre, weil die Gesamtsumme der Sendungen über 22 Euro gelegen wäre. Daraus sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin nicht Anmelderin der Waren war und auch nicht als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer im Sinne des Artikel 201 MwStSysRL in Holland bezeichnet wurde.

Rechtslage:

§ 3 Abs. 9 UStG 1994
Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten aus dem Drittlandsgebiet in das Gebiet eines Mitgliedstaates, so ist diese Lieferung als im Einfuhrland ausgeführt zu behandeln, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der bei der Einfuhr zu entrichtenden Umsatzsteuer ist.
Art. 3 Abs. 3 UStG 1994
Wird bei einer Lieferung der Gegenstand durch den Lieferer oder einen von ihm beauftragten Dritten aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet, so gilt die Lieferung nach Maßgabe der Abs. 4 bis 7 dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung endet. Das gilt auch, wenn der Lieferer den Gegenstand in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt hat.

§ 21 BAO
(1) Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
(2) Vom Abs. 1 abweichende Grundsätze der Abgabenvorschriften bleiben unberührt.

Art. 32 Satz 1 MwStSystRL (§ 3 Abs. 6 UStG 1994)
Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt.

Art. 32 Satz 2 MwStSystRL (§ 3 Abs. 9 UStG 1994)
Abweichend von Art. 32 Satz 1 MwStSystRL liegt der Ort, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, in einem Drittgebiet oder in einem Drittland, gelten der Ort der Lieferung, die durch den Importeur bewirkt wird, der gemäß Artikel 201 als Steuerschuldner bestimmt oder anerkannt wurde, sowie der Ort etwaiger anschließender Lieferungen jedoch als in dem Mitgliedstaat gelegen, in den die Gegenstände eingeführt werden.

Artikel 33 MwStSystRL (Art. 3 Abs. 3 UStG 1994)
(1) Abweichend von Artikel 32 gilt als Ort einer Lieferung von Gegenständen, die durch den Lieferer oder für dessen Rechnung von einem anderen Mitgliedstaat als dem der Beendigung der Versendung oder Beförderung aus versandt oder befördert werden, der Ort, an dem sich die Gegenstände bei Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befinden, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

a) die Lieferung der Gegenstände erfolgt an einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen gemäß Artikel 3 Absatz 1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, oder an eine andere nichtsteuerpflichtige Person;
b) (…)

(2) Werden die gelieferten Gegenstände von einem Drittgebiet oder einem Drittland aus versandt oder befördert und vom Lieferer in einen anderen Mitgliedstaat als den der
Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber eingeführt, gelten sie als vom Einfuhrmitgliedstaat aus versandt oder befördert.

Artikel 201 MwStSystRL
Bei der Einfuhr wird die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.

Vertretung
Art. 18 Abs. 1 UZK
Jede Person kann einen Zollvertreter ernennen.
Zulässig ist sowohl die direkte Vertretung, bei der der Zollvertreter im Namen und für Rechnung einer anderen Person handelt, als auch die indirekte Vertretung, beider der Zollvertreter im eigenen Namen, aber für Rechnung einer anderen Person handelt.

Artikel 77 UZK Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr und vorübergehende Verwendung
(1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht durch die Überführung von einfuhrabgabenpflichtigen Nicht-Unionswaren in eines der folgenden Zollverfahren:
a) Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr, auch im Rahmen der Vorschriften über die Endverwendung,
b) vorübergehende Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben.

(2) Die Zollschuld entsteht zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung.

(3) Zollschuldner ist der Anmelder. Bei indirekter Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, in deren Auftrag die Zollanmeldung abgegeben wird.

Artikel 144 UZK-DA Zollanmeldung für Waren in Postsendungen
(Artikel 6 Absatz 2 des Zollkodex)
Für die Überlassung von Waren in Postsendungen zum zollrechtlich freien Verkehr kann ein Postbetreiber eine Zollanmeldung mit reduzierten Datensatz gemäß Anhang B abgeben, sofern die Waren jede der folgenden Bedingungen erfüllen:
a) Ihr Wert beträgt höchstens 1.000 EUR;
b) es wurde kein Antrag auf Erstattung oder Erlass gestellt;
c) sie unterliegen keinen Verboten oder Beschränkungen.

Bis zu den Zeitpunkten der Verbesserung der für die Vorlage von Gestellungsmitteilungen erforderlichen betreffenden nationalen Einfuhrsysteme gemäß dem Anhang des Durchführungsbeschlusses 2014/255/EU gelten die Zollanmeldungen zur Überlassung von Waren in Postsendungen zum zollrechtlich freien Verkehr gemäß Absatz 1 durch ihre Vorlage beim Zoll als abgegeben und angenommen, sofern den Waren eine Zollinhaltserklärung CN22 und/oder eine Zollinhaltserklärung CN23 beigefügt ist.
In den in Art. 141 Abs. 2 Unterabsatz 1 und (…) genannten Fällen gilt der Empfänger als Anmelder oder gegebenenfalls als Zollschuldner. (…)

Art. 141 Abs. 2 UZK-DA
Briefsendungen gelten bei ihrer Ankunft im Zollgebiet der Union als zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet.

Würdigung durch das Bundesfinanzgericht

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Lieferungen aus den Kontaktlinsen - Abos an Endkunden im Inland auf Grund der Versandhandelsregel im Inland zu versteuern sind oder ob der Ort der Lieferung auf Jersey liegt und die Lieferungen folglich nicht in Österreich steuerbar sind.

Das Finanzamt beruft sich auf Art. 32 Satz 2 MwStSystRL, wonach der Ort der Lieferung in den Niederlanden liege. Die Weiterversendung der Waren nach Österreich an die Endkunden sei wegen Überschreitens der Lieferschwelle als Versandhandel nach Österreich gemäß Art. § 3 Abs. 3 UStG 1994 zu qualifizieren.

Das Bundesfinanzgericht kommt aus nachstehenden Gründen zum Ergebnis, dass die strittigen Lieferungen gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 in Österreich zu versteuern sind:
Die Folgende Würdigung erfolgt auch unter dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 21 BAO, wonach für die Beurteilung eines abgabenrechtlichen Sachverhaltes der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist.

In der mündlichen Verhandlung am brachte die Beschwerdeführerin erstmals vor, dass ihres Erachtens im Beschwerdefall abweichend vom bisherigen Vorbringen gar nicht Art. 32 Satz 2 MwStSystRL, sondern Art. 33 Abs. 2 maßgeblich sei.

Dieser Würdigung ist beizupflichten. In Österreich wurde diese Bestimmung auch in Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 entsprechend umgesetzt. Danach gelten die Waren als vom Einfuhrmitgliedstaat versandt oder befördert, wenn die Waren von einem Drittgebiet aus versandt oder befördert werden und vom Lieferer in einen anderen Mitgliedstaat als den der Beendigung der Versendung oder Beförderung eingeführt werden.

Im Beschwerdefall geht es letztendlich um die Frage, ob der Tatbestand des Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 (33 Abs. 2 MwStSystRL) erfüllt ist.

Art. 32 Abs. 2 MwStSystRL spricht vom Importeur, der gemäß Art. 201 MwStSystRL als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bestimmt oder anerkannt wurde.
Art. 33 Abs. 2 MwStSystRL hingegen spricht nur von der Einfuhr in einen Mitgliedstaat durch den Lieferer.
Sind die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 MwStSystRL erfüllt, geht diese Bestimmung dem Art. 32 Satz 2 MwStSystRL vor (siehe Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz Kommentar, § 3c Anm. 22).
Der Liefergegenstand muss in diesem Fall vom Lieferer im Einfuhrmitgliedstaat zur Einfuhr (zum freien Verkehr) abgefertigt worden sein (siehe Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz Kommentar, § 3c Anmerkung 22).
Nicht verlangt wird, dass der Importeur vom Mitgliedstaat der Einfuhr nach Art. 201 MwStSystRL als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bestimmt oder bezeichnet wird (siehe Art. 32 Satz 2 MwStSystRL).

Zweck und Sinn dieser Bestimmungen ist, dass ein unbelasteter Endverbrauch verhindert wird, wenn wie im Beschwerdefall an private Abnehmer geliefert wird.
Des Weiteren bewirkt die Versandhandelsregel die Besteuerung im Bestimmungsland und dient zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien weder der Art. 32 Satz 2 MwStSystRL noch Art. 33 Abs. 2 MwStSystRL auf den Beschwerdefall anwendbar, da ihres Erachtens nicht die Beschwerdeführerin, sondern die Abnehmer die Einfuhr der Waren vollziehen.

Dem ist zu entgegnen:
Die Beschwerdeführerin liefert die Waren aus Jersey, einem Drittgebiet, nach Österreich an private Kunden.
Die Waren gelangen bei der Versendung vom Drittgebiet in den Mitgliedsstaat der Einfuhr und schließlich an private Konsumenten in Österreich.

Für die Frage, ob die Beschwerdeführerin als Liefererin oder die Abnehmer die Gegenstände in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt haben, ist das Zollrecht heranzuziehen.
Gemäß Art.77 Abs. 3 UZK ist der Anmelder der Waren Zollschuldner.
Dieser ist folglich auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer und führt die Waren in den freien Verkehr ein.

Anmelder ist gemäß Art. 5 Nr. 15 UZK die Person, die in eigenem Namen eine Zollanmeldung abgibt oder die Person, in deren Namen eine Anmeldung abgegeben wird.
Nach Art. 18 Abs. 1 UZK kann jede Person einen Zollvertreter ernennen.
Zulässig ist sowohl die direkte Vertretung, bei der der Zollvertreter im Namen und für Rechnung einer anderen Person handelt, als auch die indirekte Vertretung, bei der der Zollvertreter im eigenen Namen, aber für Rechnung einer anderen Person handelt.

Die Beschwerdeführerin hat das Logistikzentrum, dieses wiederum die Post mit der Anmeldung und Einfuhr der Waren beauftragt. Die Bevollmächtigung der Beschwerdeführerin durch die Empfänger laut Punkt 4.9 der AVB ist, wie untern dargestellt wird, nicht wirksam.

Die Zollanmeldungen im Wege der "Anträge auf Freischreibung nach Art. 27 VO (EWG) Nr. 918/83" wurden laut Beschwerdeführerin aber durch die TNT im Namen der Empfänger abgegeben.
Zu diesem Zwecke erstellte das Logistikzentrum Listen mit den Namen und Adressen der Empfänger sowie dem Zollwert der einzelnen Sendungen. Diese Listen wurden der Post für die Freischreibung übergeben (Wert unter 22 Euro).

Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass diese Anmeldungen im Namen und für Rechnung der Empfänger erfolgten.

Die TNT hat jedoch nicht für Rechnung der Empfänger gehandelt, weil die zollrechtliche Abwicklung unabhängig von der Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer durch die Übernahme aller etwaig anfallenden Steuern und sonstiger Kosten durch die Beschwerdeführerin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Empfänger wirtschaftliche Auswirkungen haben konnte (siehe BFH Urteil vom , V R 5/14 und BFH Urteil vom , XI R 17/13).
Es sind auch keine sonstigen Interessen der Empfänger erkennbar, die durch das Handeln der Beschwerdeführerin berührt sein könnten. Die gesamte Gestaltung hat allein den Interessen der Beschwerdeführerin gedient, mögen diese steuerrechtlicher oder im Hinblick auf den Aufbau eines zentralen Auslieferungslagers für Europa auch wirtschaftlicher Natur gewesen sein.

Zum Nachweis, dass die Empfänger der Sendungen Anmelder zur Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr waren, beruft sich die Beschwerdeführerin auf Art. 237 ZK-DVO (nunmehr Art. 144 UZK-DA letzter Satz iVm Art. 141 Abs. 2 UZK-DA).
Danach besteht die Fiktion der Annahme der Zollanmeldung für bestimmte Waren, die z.B. im Postverkehr befördert werden.
In diesem Fall kommt nur die direkte Vertretung (Handeln im Namen und für Rechnung des Vertretenen) für das zollrechtlich erforderliche Handeln in Betracht.

Grundsätzlich nimmt der Postverkehr im Recht der Zollanmeldung eine privilegierte Sonderstellung ein (Henke in Witte, a.a.O., Art. 61 Rz 41).
Laut Beschwerdeführerin würden die Empfänger zollrechtlich gemäß Art. 237 ZK-DVO (nunmehr Art. 144 UZK-DA letzter Satz iVm Art. 141 Abs. 2 UZK-DA) als Anmelder und Zollschuldner gelten, weil es sich bei dem Warentransport durch die TNT um Postsendungen im Sinne dieser Bestimmung handle.
Als Anmelder und Zollschuldner gelte in diesen Fällen der Empfänger.

Im Beschwerdefall hat sich jedoch die Beschwerdeführerin zur Übernahme etwaiger Eingangsabgaben verpflichtet, weshalb die in diesem Verfahren erforderliche direkte Vertretung (Handeln für Rechnung des Vertretenen) nicht vorliegt.
Die TNT verrechnete vereinbarungsgemäß etwaige angefallene Eingangsabgaben nicht an die Empfänger, sondern über das Logistikzentrum an die Beschwerdeführerin weiter.

Auf Grund der Klausel im Punkt 4.9 der AVB, dass die Beschwerdeführerin sämtliche Abgaben und Gebühren betreffend die Einfuhr übernehmen werde, ist die Bevollmächtigung der Beschwerdeführerin zur Einfuhr im Namen der Empfänger unwirksam (siehe BFH Urteil vom , V R 5/14 und BFH Urteil vom , XI R 17/13).
Die Beschwerdeführerin hat durch ihre Subbeauftragte (Logistikzentrum und TNT), die Anmeldung durch den "Antrag auf Freischreibung" Zollanmeldungen zwar im Namen der Empfänger aber mit Wirkung für sich selbst abgegeben.

Der Beschwerdeführerin und folglich der TNT als Subunternehmerin, fehlt es nämlich an dem für die allein in Betracht kommende direkte Vertretung zollrechtlich erforderlichen Handelns für Rechnung eines anderen, da die Bf. sämtliche Abgaben und Gebühren zu tragen hat (siehe auch BFH vom , V R 5/14, BFH vom , XI R 17/13).

Nach diesen Urteilen handelt als Vertreter für Rechnung eines anderen nach Art. 5 Abs. 2 ZK (nunmehr Art. 18 Abs. 1 UZK) nicht, wer in eigener Person alle etwaigen Steuern und sonstige Kosten trägt und sein Handeln sich für den anderen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt auswirkt.

Mangels eigener Vertretungsmacht konnte die Beschwerdeführerin auch ihre Subbeauftragten wie bspw. die TNT nicht wirksam mit Vertretungsmacht für die Empfänger ausstatten.
Vielmehr konnte die TNT im Subauftrag über das Logistikzentrum ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig werden.

Die Beschwerdeführerin führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass die niederländische Zollverwaltung offensichtlich die Einfuhr für die Empfänger im Sinne des Art. 144 UZK-DA (vormals Art. 237 ZK-DVO) anerkannt habe, weil sie sonst auch die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer wegen Überschreitens der Wertgrenze nicht gewährt hätte.

Dieses Argument der Beschwerdeführerin ist unbeachtlich, weil die objektiven Voraussetzungen nicht vorlagen, woran auch ein allfälliger Rechtsirrtum der niederländischen Zollbehörde nichts ändert. Der Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 (Art. 33 Abs. 2 MwStSystRL) spricht nur von "Einfuhr" durch den Lieferer im objektiven Sinn und bezieht sich nicht auf die rechtliche Beurteilung durch den Einfuhrmitgliedsstaat.

Die Beschwerdeführerin beruft sich in diesem Zusammenhang auf das , Rz 32. Dieses Urteil beschäftigt sich primär mit der Verordnung
Nr. 1697/79/EWG betreffend die Nacherhebung von Eingangs - und Ausfuhrabgaben auf Grund eines Rechtsirrtums der zuständigen Behörden.
Die Rz 32 lautet:
Nach Art. 2 Absatz der Verordnung Nr. 1031/88 ist zur Erfüllung der Zollschuld entweder der Anmelder oder gegebenenfalls die Person verpflichtet, für deren Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde.
Diese Randzahl gibt im Wesentlichen den Text des Art. 201 Abs. 3 ZK wieder.
Warum die Rz 32 des Urteils für den Beschwerdefall maßgeblich sein soll, ist nicht nachvollziehbar, da ja die Anmeldung gerade nicht für Rechnung der Abnehmer abgegeben worden war.
Wie dargelegt, handelte die TNT weder im Auftrag noch für Rechnung der Empfänger.
Die Empfänger können folglich gar nicht die Einführenden sein.

Zu prüfen ist nun, ob die Beschwerdeführerin die Waren eingeführt hat.
In Wahrheit handelt die TNT als Subbevollmächtigte der Beschwerdeführerin und auf deren Rechnung, wie bei der indirekten Stellvertretung.
Schon daraus ergibt sich ein Gesamtschuldverhältnis der Beschwerdeführerin gemäß
Art. 77 Abs. 3 UZK.

Maßgeblich sind die zivilrechtlichen Vereinbarungen.
Wird ein Leistungsaustausch durch Warenbewegungen aus dem Drittland in das Gemeinschaftsgebiet erfüllt und übernimmt der Lieferant laut Parteienvereinbarung die Einfuhrumsatzsteuer, verlagert der leistende Lieferant gemäß Art. 32 Abs. 2 MwStSystRL den Ort der Lieferung ins Inland (Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz Kommentar, § 3 Rz. 3648).

Die Bf. beruft sich darauf, dass nach Art. 201 MwStSystRL bei der Einfuhr die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet wird, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt.
Die Niederlande hätten aber die Beschwerdeführerin aber nicht als Schuldnerin, der Einfuhrumsatzsteuer bestimmt.
Dem ist zu entgegnen, dass weder Art. 33 Abs.2 MwStSystRL noch Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 auf Art. 201 MwStSystRL verweisen.
Die Feststellung des Schuldners der Einfuhrumsatzsteuer aus der Sicht des Mitgliedstaates der Einfuhr ist für deren Anwendung nicht erforderlich.

Ergänzend wird ausgeführt:
Nach dem rechtlichen Gehalt des Punktes 4.9 der AVB erfolgt die Lieferung für die Empfänger de facto verzollt und versteuert, auch wenn dies nicht wörtlich zum Ausdruck kommt.
Danach ist es Sache des Lieferanten, die Anmeldung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Folglich ist auch unter diesem Gesichtspunkt die Anmeldung durch die TNT der Beschwerdeführerin zuzurechnen.

Die Beschwerdeführerin als Organisatorin und wirtschaftlich allein Verantwortliche gilt als Einführende der Waren.
Dass eine Transportkette dazwischengeschaltet wurde, ändert nichts an der Zurechnung der Einfuhr zur Beschwerdeführerin, da die Ablauforganisation einzig von der Beschwerdeführerin bestimmt wurde und nur von deren Interessen getragen ist.

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin die Einfuhr aus dem Drittgebiet in die Niederlande vorgenommen und die Waren weiter nach Österreich zu den Abnehmern versandt.
Danach liegt eine Versandhandelslieferung der Beschwerdeführerin an die Abnehmer gemäß Art. 3 Abs. 3 UStG 1994 (Grundlage Art. 33 Abs. 2 MwStSystRL) nach Österreich vor.
Die im Art. 3 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 normierte Lieferschwelle von 35.000 Euro wurde im Streitzeitraum überschritten.
In Österreich sind diese Versendungslieferungen folglich steuerbar und steuerpflichtig.

Der angefochtene Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 03/2019 erging daher zu Recht, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

II) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegt eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung ua. dahingehend vor, ob eine als unwirksam erachtete Bevollmächtigung des Lieferers durch den Empfänger dazu führt, dass dem Lieferer und nicht dem Empfänger die Einfuhr in den freien Verkehr zuzurechnen ist. Eine höchstgerichtliche Rechtsprechung in Österreich liegt dazu nicht vor, weshalb die Revision zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
UZK, Zollkodex Art. 77
UZK-DA Art. 141 Abs. 2
ZK, Zollkodex Art. 201 Abs. 3
UZK, Zollkodex Art. 5 Nr. 15
BFH , XI R 17/13

UZK, Zollkodex Art. 77 Abs. 3
BFH , V R 5/14
ZK-DVO, Zollkodex-Durchführungsverordnung Art. 237
UZK, Zollkodex Art. 18 Abs. 1
ZK, Zollkodex Art. 5 Abs. 2
UZK-DA Art. 144
UZK, Zollkodex Art. 5 Abs. 2
UZK, Zollkodex Art. 6 Abs. 2
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100071.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAC-28918