Leistungsort für Leistungen iZm der Verrechnung von Kosten für Ausstellungsflächen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom (eingegangen ) gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 2016 bis 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Im Erstverfahren wurden Umsatzsteuererklärungen 2016 bis 2019 vorgelegt, die zunächst nicht die volle Umsatzhöhe enthielten. Bei der Neufestsetzung der Umsätze wurden keine Vorsteuern berücksichtigt. Der Aufforderung an den Beschwerdeführer (BF), diesbezüglich berichtigte Umsatzerklärungen einzubringen, wurde nicht nachgekommen, stattdessen legte der BF im Rechtsmittelverfahren die Eingangsrechnungen vor mit der Bitte um Berücksichtigung auch der Vorsteuern. Er habe die Aufforderung zur Abgabe berichtigter Erklärungen nie erhalten; diese war ohne Zustellnachweis versendet worden.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (BF) ist ein ungarischer Unternehmer, hat eine ungarische UID-Nummer, und erzielte in den beschwerdegegenständlichen Jahren Umsätze in Österreich mit ua. ***1*** auf diversen Märkten und Ausstellungen. Diese Umsätze wurden zunächst zu niedrig erklärt bzw. festgesetzt und nach einer Wiederaufnahme der Verfahren in neuer Höhe bescheidmäßig vorgeschrieben. Dabei wurden keine Vorsteuern berücksichtigt, was der BF in seiner Beschwerde beeinspruchte, und wofür er im Rechtsmittelverfahren die Eingangsrechnungen in Kopie vorlegte.
Die Aufforderung zur Vorlage berichtigter Umsatzsteuererklärungen hatte den BF nicht erreicht.
Die Vorsteuerbelege stammen aus Kosten in Österreich iZm Standgebühren, Standmieten mit Nebenleistungen für u.a. diverse Oster- und Weihnachtsmärkte, Ausstellungen, Gartenmessen.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a UStG 1994 kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen,
die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Diese müssen aber aufgrund der Leistung und nicht nur aufgrund der Rechnung geschuldet sein.
§ 3a UStG 1994 - Sonstige Leistung
Abs. 1: Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen. …
Ort der sonstigen Leistung
Abs. 5: Für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a gilt
1. als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmer gilt;
2. eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer;
3. eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.
Abs. 6: Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.
Abs. 7: Eine sonstige Leistung, die an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
Abs. 8: Eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.
Abs. 9: Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück gelegen ist. Sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind auch:
a) die sonstigen Leistungen der Grundstücksmakler und Grundstückssachverständigen;
b) die Beherbergung in der Hotelbranche oder in Branchen mit ähnlicher Funktion (z.B. in Ferienlagern oder auf Campingplätzen);
c) die Einräumung von Rechten zur Nutzung von Grundstücken;
d) die sonstigen Leistungen zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen (z.B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros).
Abs. 10: …
Abs. 11: Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird:
a) kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden;
b) Umschlag, Lagerung oder ähnliche Leistungen, die mit Beförderungsleistungen üblicherweise verbunden sind, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden;
c) Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände, soweit diese Leistungen an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 erbracht werden;
d) Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen.
Abs. 11a: Sonstige Leistungen betreffend die Eintrittsberechtigung sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen für kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, werden dort ausgeführt, wo diese Veranstaltungen tatsächlich stattfinden, soweit diese Leistungen an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 erbracht werden.
Abs. 12: …
Zu den Messen und Ausstellungen wurde schon zur Rechtslage vor vom EuGH die Auffassung vertreten, die umfassende Leistung, die der Veranstalter einer Messe oder Ausstellung den Ausstellern gegenüber erbringt, sei am Tätigkeitsort zu versteuern ( "Gillan Beach", Slg I-2427). Ausgehend von der Prämisse, die gemeinsamen Merkmale der verschiedenen explizit genannten Kategorien von Dienstleistungen, die am Tätigkeitsort besteuert werden, beruhten auf der Komplexität der Dienstleistungen, auf der Tatsache, dass bei diesen Leistungen idR eine Vielzahl von Empfängern vorhanden ist, und dem Umstand, dass die Dienstleistungen anlässlich punktueller Veranstaltungen an einem bestimmten Ort erbracht werden, hat der EuGH in der Veranstaltung von Messen und Ausstellungen eine ähnliche Tätigkeit erblickt, deren Leistungsort sich daher (ebenfalls) nach dem Ort der Veranstaltung richtet. Die MWSt-RL idF der RL 2008/8/EG spricht in Art 53 offenbar in Reaktion auf dieses Urteil nunmehr von "ähnliche[n] Veranstaltungen wie Messen und Ausstellungen". Das österreichische UStG hat dies in Abs. 11 mit folgender Wortwahl übernommen: "ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen". In Abs. 11a ist die Rede von "ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen".
Die österreichische Finanzverwaltung ist früher davon ausgegangen, dass es sich bei der Vermietung von Standflächen auf Messen und Ausstellungen um sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken handle, die am Grundstücksort erbracht werden. Im Gefolge des EuGH-Urteils "Gillan Beach", , hielten die UStR idF AÖF 243/2010 dann in Rz 640w fest, dass das zusätzliche, umfassende Leistungspaket, welches die Veranstalter neben der Überlassung der Standflächen an die Aussteller erbringen, am Tätigkeitsort erbracht wird. Auch die damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, sind am Tätigkeitsort steuerbar (Rz 640v; vgl auch Rz 640x und 640y). Im praktischen Ergebnis änderte sich daher im Jahr 2010 nichts (Ruppe/Achatz, UStG5, § 3a, Tz 122f).
Ab gilt der Tätigkeitsort im B2B-Bereich (Business to Business, also zwischen Unternehmern) nur noch für Eintrittsberechtigungen zu "Veranstaltungen". Abs. 11a nennt zwar auch Messen und Ausstellungen als Veranstaltungen; die Vorschrift bezieht sich aber nur noch auf Eintrittsberechtigungen, zu denen die Vermietung von Standflächen und zusammenhängende Leistungen nicht zählen. Ab diesem Datum fallen die fraglichen Leistungen an die Aussteller daher unter die Grundregel (Empfängerort, Abs. 6). Die Besteuerung am Grundstücksort kann im Hinblick auf die EuGH-Rsp ("Gillan Beach") nicht aufrecht erhalten werden (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 3a, Tz 124).
Vgl. ab auch Art 31 a Abs. 3 lit. e EU- Durchführungsverordnung zur Richtlinie 2006/112/EG, wonach kein hinreichender Zusammenhang einer Dienstleistung iZm Grundstücken gegeben ist bei Bereitstellung eines Standplatzes auf einem Messe- oder Ausstellungsgelände zusammen mit ähnlichen Dienstleistungen, die dem Aussteller die Darbietung seines Angebots ermöglichen, wie die Aufmachung und Gestaltung des Standes, …. …. die Verlegung von Kabeln, Versicherungen und Werbung.
Damit wird gemäß der Grundregel des § 3a Abs. 6 UStG 1994 eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt.
Die Umsatzsteuer für die Ausstellungsstandflächenkosten wurde damit zu Unrecht in Rechnung gestellt, wird aufgrund der Rechnung und nicht aufgrund der Leistung geschuldet und ist somit nicht abzugsfähig oder erstattbar.
Der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 12 UStG 1994 erstreckt sich nämlich nicht auf eine Steuer, die nur deshalb geschuldet wird, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist ( und unter Hinweis auf , "Genius Holding"), aber die nicht aufgrund der Leistung geschuldet wird.
Die Rechnungen wären daher seitens der Leistenden als B2B-Leistung mit der ungarischen UID-Nummer des BF (über welche dieser verfügt) zu berichtigen und die Umsatzsteuer nicht gesondert auszuweisen.
Die Höhe der Bemessungsgrundlagen der in Österreich getätigten Lieferungen wurden vom BF nicht beeinsprucht.
Anzumerken bleibt dazu, dass die Kosten für die Verkaufsausstellungen nach den vorgelegten Rechnungen im Verhältnis zu den erklärten Umsätzen außergewöhnlich hoch sind, dabei sind hier noch nicht einmal die Erzeugungskosten der verkauften Waren, Fahrtkosten, Übernachtungskosten etc. berücksichtigt. Da das Finanzamt diese aber der Veranlagung zugrunde legte und diesbezüglich keine Stellungnahme im Vorlagebericht abgab, werden diese Umsätze als Basis für die Entscheidung genommen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 3a Abs. 6 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100294.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at