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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.10.2021, RV/7106102/2019

Strittige diverse Werbungskosten (ua Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten, Instandhaltungsaufwendungen)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer 2015 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Zuge seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 beantragte der Beschwerdeführer die steuerliche Berücksichtigung mehrerer Abzugsposten.

Im Rahmen von mehreren aktenkundigen Vorhalten seitens der belangten Behörde wurden vom Beschwerdeführer diverse, einzeln aufgelistete Belege und Ergänzungen angefordert.

Mit dem hier angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2015 vom anerkannte die belangte Behörde nicht alle der beantragten Werbungskosten und führte zur Begründung hierzu aus:

"Da Sie nicht der Hauptmieter der Wohnung in Wien sind, stellen die beantragten Aufwendungen für den Fenstertausch bei Ihnen keine Werbungskosten gem. § 16 EStG 1988 dar. Für die Instandhaltung des Boilers wurde kein Beleg von Ihnen vorgelegt, diese Aufwendungen konnten daher ebenfalls nicht anerkannt werden.

Die von Ihnen beantragten Kosten für Familienheimfahrten sind gem. § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten Pendlerpauschale gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 in Hähe von 3.672,00 € limitiert und konnten daher nur in diesem Ausmaß berücksichtigt werden. Pro (angefangenen) Kalendermonat der auswärtigen tätigkeit steht maximal 1/12 des Jahresbeitrages zu."

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus:

"Die angesetzten Kosten ensprechen nicht den tatsächlichen Aufwendungen:

Die Miete beträgt rund € 100 pro Monat.

Die Kosten an Wien Energei rund 600 und zusätzlich 200 Heizkosten pro Jahr und 3672 Fahrtkosten.

die vom Finanzamt angesetzten Kosten sind nicht nachvollziiehbar und zu niedrig.

Die Rechnung für die Instandhaltung liegt bei.

Es gäbe noch weitere anderer Kosten und Rechnungen für notwendige Instandhaltung, diese wurden von Hauptmieter übernommen.

Ich ersuche daher um Berücksichtgigung der tatsächlich von mir bezahlten und in der Beilage angeführten Aufwendungen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ab und begründete dies wie folgt:

"Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten eines Arbeitnehmers Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind.

Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben

- objektiv im Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Tätigkeit stehen und

- subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder

- den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und nicht unter ein steuerliches Abzugsverbot fallen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abzugsfähig.

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt oder sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (; ; , 2001/13/0216).

Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde.

Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (). Es sind somit jene Kosten absetzbar, welche der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Unterkunft (vgl. ) für sich allein aufwenden muss. Darüber hinaus gehende Wohnkosten sind gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Diese Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen. Der Grund für diese Anforderungen liegt vor allem darin, dass der in der Regel zwischen fremden Geschäftspartnern bestehende Interessengegensatz bei nahen Angehörigen auszuschließen ist und durch die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten abweichend von den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten steuerliche Folgen willkürlich beeinflusst werden können ().

Die im Jahr 2018 ausgestellte Bestätigung Ihres Bruders für die Miet- und Betriebskosten im Jahr 2015 sind auf Grund der Angehörigenjudikatur steurlich nicht anzuerkennen und demenstprechend keine abzugsfähigen Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988.

Als Werbungskosten können nur die mittels Bankbelege nachgewiesenen Aufwendungen in Höhe von 532,31 Euro (175,64+89,84+121,99+55+89,84) anerkannt werden.

Die in Ihrer Beschwerde übermittelten Belege sind Ihrem Bruder Ferdinand Deutsch zuzurechnen. Da Sie keinen Zahlungsnachweis dieser Aufwendungen vorlegen konnten, liegen keine abzugsfähigen Werbungskosten vor."

Im erhobenen Vorlageantrag wendet sich der Beschwerdeführer mit weiteren Angaben (nochmals) dagegen, dass nicht alle der beantragten Werbungskosten anerkannt wurden.

Mit Vorlagebericht vom nahm die belangte Behörde die Beschwerde- und Aktenvorlage gemäß § 265 f BAO vor und führte hierin ua aus:

"Sachverhalt:

Der Bf beantragt im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2015 die Berücksichtigung von Werbungskosten (ua. doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten).

In mehreren Vorhalteverfahren (insgesamt 4, wobei Nr. 3 nicht beantwortet wurde) wurden sämtliche Unterlagen, wie Mietvertrag, Zahlungsbelege, aber auch die Dienstverträge der Gattin abverlangt.

Im Erstbescheid wurden die Aufwendungen für den Fenstertausch und die Kosten für die Instandhaltung des Boilers nicht anerkannt, da diese dem Hauptmieter (dem Bruder des Bf) zuzurechnen waren und der Bf keine Belege übermittelte.

Die Aufwendungen für Familienheimfahrten wurden auf das höchstmögliche Pendlerpauschale (3.672 Euro) gekürzt.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass nicht alle angesetzten Kosten den tatsächlichen Aufwendungen entsprechen.

Es wurde eine Zahlungsbestätigung des Bruders, sowie eine Rechnung für die Instandhaltung des Boilers übermittelt.

In der Beschwerdevorentscheidung wurden nur jene Kosten anerkannt, die mittels Bankbelege nachgewiesen wurden. Die Rechnung für die Instandhaltung des Boilers war dem Bruder zuzurechnen.

Im Vorlageantrag wurden zum Teil neue Bankbelege (auch vom Konto der Gattin des Bf) übermittelt und beantragt diese als Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung anzuerkennen.

[...]

Stellungnahme:

Es wird auf die ausführliche Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Zusätzlich wird beantragt die, im Vorlageantrag, nachgewiesenen Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 1.329,36 Euro als Werbungskosten anzuerkennen.

Die Aufwendungen für den Boiler sind dem Hauptmieter (dem Bruder des Bf) zuzurechnen.

Es wird daher beantragt der Beschwerde teilweise stattzugeben."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die geltend gemachten Instandhaltungsaufwendungen (betreffend Fenstertausch und Boiler) werden dem Bruder des Beschwerdeführers zugerechnet.

Der Beschwerdeführer hatte im Streitjahr Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung iHv 1.329,36 €

Beweiswürdigung

Zu dieser Sachverhaltsfeststellung gelangt das Bundesfinanzgericht aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Die Zurechnung der geltend gemachten Instandhaltungsaufwendungen an den Bruder des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Feststellungen der belangten Behörde, die den aktenkundigen Rechnungen, welche an den Bruder des Beschwerdeführers adressiert sind, entsprechen.

Hinzukommt, dass sich auch gegen die diesbezüglichen ausdrücklichen und unmissverständlichen behördlichen Feststellungen der Beschwerdevorentscheidungen und des Vorlageberichtes, denen beiden Vorhaltscharakter zukommt (vgl bereits Stoll, BAO-Kommentar, 2713 samt Judikaturnachweisen und zB ), keinerlei Entgegnungen des Beschwerdeführer samt (nachgeholter) Beweismittel finden.

Grund und Höhe der im Vorlageantrag nachgewiesenen Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung wurden im Vorlagebericht auch von der belangten Behörde anerkannt.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsstellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Darunter fallen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sämtliche Wertabgaben (von Geld oder geldwerten Wirtschaftsgütern sowie deren Wertverzehr in Form der Abnutzung oder Substanzverringerung), die durch eine auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte ausgerichtete Tätigkeit veranlasst sind (vgl ; ; ).

Werbungskosten sind zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß § 138 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (vgl ; ; ; vgl. auch Zorn/Stanek in Doralt et al, EStG20, § 16 Tz 55).

Gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit e EStG 1988 dürfen bei den Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Berufstätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden

Bei Familienheimfahrten handelt es sich der Art nach um private Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung bis zu einem Höchstbetrag steuerlich zum Abzug zugelassen sind. Die Deckelung der berücksichtigbaren Kosten führt dazu, dass eine Arbeitsaufnahme in größerer Entfernung zum Familienwohnsitz, die eine doppelte Haushaltsführung erforderlich macht, an Attraktivität einbüßt, weil nicht sämtliche damit zusammenhängende Kosten steuerlich geltend gemacht werden können. Die Begrenzung mit einem Höchstbetrag begegnet dabei keinen grundsätzlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes (vgl , mwN), weil es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, den Beitrag der Allgemeinheit zu derartigen Kosten im Wege der steuerlichen Abzugsfähigkeit auf ein bestimmtes Maß zu begrenzen (siehe auch den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B-1511/98; zur vergleichbaren Thematik des gedeckelten Pendlerpauschales ).

Die von der belangten Behörde vorgenommene Deckelung der Aufwendungen für Familienheimfahrten auf 3.672 € war daher rechtmäßig.

Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der obigen Sachverhaltsfeststellungen war der angefochtene Bescheid im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abzuändern und darüberhinaus die geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung iHv 1.329,36 € als Werbungskosten anzuerkennen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den Erkenntnissen vom , Ra 2019/13/0101 bzw , Ra 2020/13/0090, zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7106102.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at