Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 13.10.2021, RV/7104494/2018

Zurückweisung des Vorlageantrages mangels Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt.


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Miterledigte GZ:
RV/7104495/2018
RV/7104496/2018
RV/7104497/2018
RV/7104499/2018
RV/7104500/2018
RV/7104501/2018

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, betreffend Beschwerde vom gegen den endgültigen Bescheid (§ 200 (2) BAO) des ***FA*** vom betreffend Gebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Steuernummer ***BF1StNr1***, ***3*** beschlossen:

Begründung

Sachverhalt und Verfahrensgang

Das Finanzamt hat gegenständliche Beschwerde mit folgender Sachverhaltsdarstellung an das BFG vorgelegt:

"Mit Bestandvertrag vom vermietet die ***Bf1*** an die ***4*** ein Geschäftslokal im ***5***.

Lt. Pkt. II des Vertrages wird das Bestandverhältnis auf die Dauer von 5 Jahren fest abgeschlossen. Die Vertragsparteien verzichten auf die Dauer von 5 Jahren auf die Ausübung einer Kündigung. Die Bestandnehmerin hat die Option, das Bestandverhältnis zwei Mal für die Dauer von weiteren 5 Jahren zu den gleichen Bedingungen/Konditionen wie in der Vorperiode zu verlängern. Diese Option ist dem Bestandgeber spätestens 6 Monate vor Ablauf des Zeitraums von 5 Jahren schriftlich mitzuteilen.

Im Pkt II sind 7 Gründe vereinbart, die die Bestandgeberin zur sofortigen Auflösung (außerordentliche Kündigung) berechtigen, wobei diese Gründe ein Fehlverhalten der Bestandnehmerin voraussetzen.

Nach einer vorläufigen Festsetzung der Gebühr mit Bescheid vom wurde mit dem gegenständlichen endgültigen Bescheid vom die Gebühr idHv. € 28.210,45 festgesetzt. Dabei wurde die Gebühr ausgehend von einer Vertragsdauer von 15 Jahren (180 Monaten) festgesetzt.

Am wurde gegen den Bescheid Beschwerde erhoben. Vorgebracht wurde, dass gegenständlicher Vertrag als unbefristet anzusehen sei, weil die Parteien die jederzeitige Kündigung für die Bestandgeberin bei Vorliegen eines der Kündigungsgründe gem. § 30 Abs. 2 MRG vereinbart haben. Aus dem Wortlaut der Beschwerde geht nicht hervor, dass die Beschwerde durch ***6*** in Bevollmächtigung durch die ***Bf1*** erfolgte.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mangels Aktivlegitimation zurückgewiesen. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte an ***6*** persönlich. Also nicht an die ***Bf1*** zH. ***6***.

Dagegen wurde der gegenständliche Vorlageantrag eingebracht, wobei als Beschwerdeführerin die ***Bf1*** angeführt wird. Es wird explizit auf eine bestehende Vollmacht verwiesen. Die vorgebrachten Beschwerdepunkte werden aufrechterhalten."

Das Finanzamt hat dazu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Gemäß § 264 Abs. 2 BAO ist zur Einbringung eines Vorlageantrages der Beschwerdeführer und ferner jeder befugt, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

Gemäß § 97 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam erlassen, dass sie dem Bescheidadressaten bekanntgegeben werden.

Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus. Nach Lehre und Rechtsprechung setzt somit ein Vorlageantrag voraus, dass die Abgabenbehörde eine rechtswirksame Beschwerdevorentscheidung erlassen hat.

Adressat der Beschwerdevorentscheidung vom war Herr ***7***, da nur dieser im Adressfeld der Erledigung genannt ist und auch aus dem Inhalt der Beschwerdevorentscheidung deutlich zu entnehmen ist, dass das Finanzamt die Beschwerde vom Herrn ***7*** als Beschwerdeführer zugerechnet hat.

Die Beschwerdevorentscheidung kann daher nur gegenüber Herrn ***7***, nicht aber gegenüber der ***Bf1*** Rechtswirkungen entfalten.

Der Vorlageantrag vom weist im Kopf Herrn ***7*** auf, ist er doch auf dessen Geschäftspapier geschrieben. Im Vorlageantrag scheint als Beschwerdeführer die ***Bf1*** auf. Nach Verweis auf die erteilte Vollmacht wird im Vorlageantrag ausgeführt: "Im Namen und im Auftrag unseres oben angeführten Klienten, der Firma ***Bf1*** stellen wir daher den Antrag gemäß § 264 BAO, die Beschwerde vom gegen den Gebührenbescheid vom (zugestellt am ) dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen."

Diesem Vorlageantrag beigelegt ist eine Vollmacht, welche Herrn ***7*** zur Vertretung in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen berechtigt. Gleichzeitig wurde die Vollmacht zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörden erteilt.

Die Gestaltung des Vorlageantrages sowie die Vorlage der Vollmacht lassen erkennen, dass dieser Vorlageantrag von Herrn ***7*** für die ***Bf1*** eingebracht wurde.

Der nunmehrige Vorlageantrag wurde somit von der ***Bf1***, vertreten durch ***7*** eingebracht. Der Vorlageantrag lässt seinem Inhalt nach keinen Zweifel darüber aufkommen, dass der Vorlageantrag der ***Bf1*** zuzurechnen ist.

Wird ein Vorlageantrag von einem hierzu nicht Legitimierten eingebracht, so ist dieser gemäß §260 Abs. 1 BAO zurückzuweisen (vgl. ).

Da an die ***Bf1*** keine wirksame Beschwerdevorentscheidung ergangen ist, ist ihr Vorlageantrag als unzulässig zurückzuweisen.

Antrag des Finanzamtes: Das Finanzamt beantragt den Vorlageantrag als unzulässig zurückzuweisen."

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf die von der Abgabenbehörde im elektronischen Wege vorgelegten Verwaltungsakten und sind insoweit unstrittig.

Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgerichtgestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs 1 lit a BAO bei schriftlichen Erledigungen abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmendurch Zustellung.

Adressat der Beschwerdevorentscheidung vom war Herr ***7***, ***8***, da nur dieser im Adressfeld der Erledigung genannt ist und auch aus dem Inhalt der Beschwerdevorentscheidung deutlich zu entnehmen ist, dass das Finanzamt die Beschwerde vom Herrn ***7*** als Beschwerdeführer zugerechnet hat.

Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrages ist, dass die Abgabenbehörde eine Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (vgl. Ritz, BAO6, § 264 Tz 6, und die dort zitierte Judikatur). Wurde ein Vorlageantrag eingebracht, obwohl keine Beschwerdevorentscheidung zugestellt wurde, so ist er als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 264 Tz 17).

Da die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom an Herrn ***7*** und nicht an die ***Bf1*** ergangen ist, war der Vorlageantrag der ***Bf1*** vom , eingebracht am , gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Als obiter dictum wird ausgeführt:

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Bei Rechtsanwälten, Wirtschaftstreuhändern, Notaren und Bilanzbuchhaltern ersetzt nach § 8 Abs. 1 letzter Satz Rechtsanwaltsordnung (idF BGBl 1990/474), nach § 77 Abs 11 WTBG 2017, nach § 5 Abs 4a Notariatsordnung (idF BGBl 1993/692) bzw. § 36 Abs. 5 BibuG 2014 die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis. Bei diesen Parteienvertretern reicht es somit, wenn sie sich schriftlich oder mündlich (nicht telefonisch) auf eine ihnen erteilte Bevollmächtigung berufen.

Gemäß § 83 Abs. 2 BAO richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen.

Die Wendung "vertreten durch …" auf einem Anbringen, das der Bevollmächtigte einreicht, genügt nicht (, NZ 1993, 20; glA , NZ 1994, 93; , 5 Ob 1022/96; BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.2; dies offen lassend ). "Vertreten durch" heiße schlicht, dass der Schriftenverfasser die Partei vertrete. Darunter sei aber nicht zwingend zu verstehen, die Vertretung geschehe auf Grund einer erteilten Bevollmächtigung; man denke beispielsweise an ein (vorsorgliches) Tätigwerden als Geschäftsführer ohne Auftrag.

Die "Berufung" auf die Bevollmächtigung kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Das mündliche Anbringen ist in einer Niederschrift (§ 87) festzuhalten (BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.2). Ausreichend ist auf einer Eingabe zB der Vermerk "Vollmacht erteilt" () oder "Vollmacht ausgewiesen". Die Worte "Namens und auftrags meiner Mandantschaft" genügen ().

Beruft sich einer der genannten Parteienvertreter auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung, so ist für den Umfang der Vertretungsmacht seine Behauptung maßgebend (vgl ; BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.3).

Bestehen bei Zustellung des Bescheides - etwa aus der Aktenlage - konkrete Zweifel, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt ist, so hat die Abgabenbehörde von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen (vgl zu § 30 Abs 2 ZPO, , SZ 57/131; zu § 10 Abs 1 letzter Satz AVG, , AnwBl 1993, 372; , 92/18/0460, ZfVB 1994/5/1762; , 94/02/0008, AnwBl 1994, 800; , 96/02/0386, ZfVB 1998/1/153; , 2001/16/0060; ebenso BMF, AÖF 2001/225, Abschn 2.4); in Betracht kommt vor allem die diesbezügliche Einvernahme des Vertretenen. Ein Auftrag zur Vorlage der Urkunde kann nach (ebenso ), ein zielführender Erhebungsschritt sein (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 83, II. Nachweis der Bevollmächtigung [Rz 5 - 14]).

Solche Ermittlungen werden nicht nur bei Zweifeln über den Bestand der Bevollmächtigung oder den Umfang der Bevollmächtigung, sondern auch bei Zweifeln daran, dass die Bevollmächtigung von einer hiezu befugten Person bzw. einer diesbezüglich handlungsfähigen Person erfolgte, vorzunehmen sein.

Beschwerden sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs. 1 BAO. (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 243, I. Allgemeines [Rz 1 - 5])

Nach § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne dass sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann, und ohne dass § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten gemäß § 85 Abs. 4 BAO für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß.

Schreitet ein nicht befugter Vertreter ein, ohne sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen, so ist gemäß § 85 Abs. 4 BAO (zunächst) mit Mängelbehebungsauftrag gemäß § 85 Abs. 2 BAO vorzugehen, wobei der Mängelbehebungsauftrag an den Bevollmächtigen als Einschreiter zu richten ist. (Vgl. Ritz, BAO6, § 85 Rz 20 und 22, , , VwGH13.12.2000, 2000/03/0336, ).

Einschreiter im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO ist derjenige, der das Anbringen bei der Behörde stellt, sei es für sich oder für einen anderen, wer also der Behörde gegenüber tätig wird (vgl. , ).

Am langte die Beschwerde vom gegen den endgültigen Gebührenbescheid vom beim Finanzamt ein. Die Beschwerde war mit dem Briefkopf der "Wirtschafts- und Steuerberatungs GmbH ***9***, Wirtschaftstreuhänder - Steuerberater - Unternehmensberater, gerichtlich beeideter und zertifizierter Sachverständiger" versehen und von diesem unterfertigt.

Der Betreff lautet:

"Gebührenbescheid vom - zugestellt am - Abgabenkontonummer: ***BF1StNr1*** - Erfassungsnummer: ***10*** - Bestandvertrag vom [Anm.: richtig 2015] zwischen ***Bf1*** und ***11*** betreffend Geschäftsflächen im ***12*** - Beschwerde + Antrag auf Aussetzung der Gebühr

…wir legen hiermit Beschwerde gegen o.a. Gebührenbescheid ein."

Aus der Beschwerdeschrift ist definitiv erkennbar, dass Herr ***7*** nicht in eigener Sache einschreiten wollte.

Es wäre daher eine Vorgehensweise nach § 85 (2) BAO angezeigt gewesen. Im Zuge des Vorlageantrages und des Begleitschreibens vom wurde die Bevollmächtigung des Herrn ***7*** inzwischen dokumentiert. An die ***Bf1*** ist bis dato keine Beschwerdevorentscheidung ergangen.

Hinsichtlich der Problematik der Vertragsdauer bei Vereinbarung der Kündigungsgründe nach § 30 MRG darf beispielhaft auf , samt der darin zitierten Judikatur verwiesen werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Zurückweisung ergibt sich schon aus dem Gesetzestext, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104494.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at