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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.09.2021, RV/7102157/2021

Eine Zwangsstrafe dient dazu, ein Leistungsverhalten unter Zwang herbeizuführen. Ist der geforderte Zustand eingetreten, ist die Festsetzung unzulässig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, 1210 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Immobilienveranlagungs- und Beteiligungsgesellschaft. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet. Ihr Geschäftsführer, Herr Gf, vertritt diese seit selbständig und hält auch sämtliche Gesellschaftsanteile.

Mit Erinnerungsschreiben vom teilte das Finanzamt der beschwerdeführenden Gesellschaft mit, dass sie offenbar übersehen habe, die von ihr zu erstattende Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen. Die Beschwerdeführerin wurde ersucht, dies bis längstens nachzuholen.

Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin diesem Ersuchen nicht Folge leiste, würde gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt werden.

Das Schriftstück wurde nachweislich am übernommen.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € fest. Gleichzeitig forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, die bisher unterlassene Handlung bis nachzuholen. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht Folge leiste, würde eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von € 4.000,00 festgesetzt werden.

Zwangsstrafen bezweckten, bei einem objektiven Verstoß gegen gesetzliche oder behördliche Anordnungen den Abgabenpflichten zur Befolgung selbiger zu verhalten und die durch Gesetz oder Behörde auferlegte Verpflichtung zu erfüllen.

Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne des § 5 WiEReG diene dem Zweck der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.

§ 16 WiEReG sehe vor, dass die Abgabenbehörde die Vornahme der Meldung nach § 5 WiEReG durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen könne, wenn diese nicht oder nicht vollständig erstattet werde.

Da diese Meldung nach § 5 WiEReG nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet worden sei, sei eine Zwangsstrafe festzusetzen gewesen.

Dieser Bescheid wurde nachweislich am übernommen.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft aus, die Vorschreibung der Zwangsstrafe sei zu Unrecht erfolgt, da die Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 WieEReG von der Meldung gemäß § 5 WiEReG befreit sei, weil nach der letzten Änderung im Gesellschafterstand alle Gesellschafter natürliche Personen seien.

Der Gesellschafterwechsel sei bereits mit Antrag vom zur Eintragung im Firmenbuch bekannt gegeben und dort am eingetragen worden.

Der im Firmenbuch eingetragene (Allein-)Gesellschafter sei gemäß § 6 Abs. 2 WiEReG von der Bundesanstalt Statistik Österreich als wirtschaftlicher Eigentümer zu übernehmen. Der Eintritt der Meldebefreiung sei demgemäß auch im WiEReG ausgewiesen. Es werde auf den WiEReG-Auszug verwiesen.

Gemäß § 5 Abs. 1 vorletzter Satz WiEReG entfalle die Verpflichtung zur Meldung der Änderungen bei Vorliegen einer Meldebefreiung gemäß § 6 WiEReG ausdrücklich, wenn die Eintragung im jeweiligen Stammregister binnen vier Wochen beantragt werde. Dies sei hier der Fall gewesen.

Selbst wenn entgegen der dargestellten Rechtslage von einer nochmaligen Meldepflicht auszugehen wäre, erscheine die Festsetzung einer Zwangsstrafe bei den im vorliegenden Fall gegebenen Verhältnissen weder billig noch zweckmäßig, da der Rechtsträger nach der auch im Register angemerkten Meldebefreiung davon ausgehen habe können, dass eine nochmalige Meldung nicht erforderlich sei (vgl. ).

Gemäß § 20 BAO müssten sich Ermessensentscheidung in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen ziehe. Innerhalb dieser Grenzen seien Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Ermessensübung habe sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (VWGH , 90/17/0344; ).

Der Zweck der Zwangsstrafe bestehe nicht in der Bestrafung der Person, sondern darin, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten (). Entgegen dem Wortlaut Zwangs"Strafe" handle es sich lediglich um ein Pressionsmittel, das eingesetzt werden solle, um eine abgabenrechtlich gebotene Leistung herbeizuführen, nicht jedoch um ein unrechtmäßiges Verhalten zu bestrafen (Stoll, BAO, 1192).

Ausgehend von dieser Zweckausrichtung erscheine die Festsetzung einer Zwangsstrafe im vorliegenden Fall daher weder billig noch zweckmäßig.

Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Bei der Beschwerdeführerin seien ursprünglich nicht alle Gesellschafter natürliche Personen gewesen. Erst ab dem seien infolge eines Gesellschafterwechsels alle Gesellschafter natürliche Personen gewesen.

§ 6 Abs. 6 zweiter Satz WiEReG besage hiezu, dass, wenn die Vorausssetzungen für die Befreiung in späterer Folge wieder zutreffen würden, der Rechtsträger dies im elektronischen Weg über das Unternehmensserviceprotal an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde melden könne. Die Beschwerdeführerin hätte somit entweder die Meldebefreiung einmalig in Anspruch nehmen oder hätte darauf verzichten können und manuell melden müssen.

Laut Register der wirtschaftlichen Eigentümer sei die Meldung des Eintritts der Meldebefreiung erst am durch den Rechtsträger durchgeführt worden. Der Bescheid über die Zwangsstrafe sei bereits am ergangen, somit noch vor Inanspruchnahme der Meldebefreiung. Die Verhängung der Zwangsstrafe sei somit zu Rechts erfolgt.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag beantragte die Vertreterin der Beschwerdeführerin die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und führte aus, die belangte Behörde leite aus der Regelung des § 6 Abs. 6 letzter Satz WiEReG entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut und der Systematik des WiEReG eine zwangsbewehrte Meldeverpflichtung ab.

Das Gesetz sehe entgegen der Ansicht der belangten Behörde jedoch keine besonderen Voraussetzungen für den Eintritt der Befreiung von der Meldepflicht vor. Diese trete nach dem klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut schlicht mit der Erfüllung des gesetzlichen Tatbildes des § 6 Abs. 2 WiEReG ein, sobald alle Gesellschafter natürliche Personen seien.

In Übereinstimmung damit sei der im Firmenbuch eingetragene (Allein-)Gesellschafter im WiEReG- Auszug angeführt und der Eintritt der Meldebefreiung auch im WiEReG-Auszug ausgewiesen.

Das Gesetz spreche bei Verpflichtungen durchgehend von "haben". Hätte der Gesetzgeber tatsächlich den von der belangten Behörde intendierten Norminhalt ausdrücken wollen, hätte er dies in § 6 Abs. 6 letzter Satzteil WiEReG durch eine entsprechende eindeutige und klare Wortwahl ausgedrückt (z. B. "hat der Rechtsträger dies im elektronischen Weg über das Unternehmensserviceprotal an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden").

Dies sei jedoch nicht der Fall. Auch die Zwangsstrafenregelung des § 16 Abs. 1 WiEReG verweise ausschließlich auf die Nichterstattung der Meldung gemäß § 5 WiEReG und nicht auf andere Obliegenheiten, die sich aus anderen Regelungen des WiEReG möglicherweise ergäben.

Wie bei Beendigung der Meldepflicht bei Erlöschen des Rechtsträgers nach Abschluss der Liquidation oder infolge von Umgründungen sehe das Gesetz auch bei Eintritt der Meldebefreiung keine zwangsbewehrte Verpflichtung zur Bereinigung des Registerstands vor. Diese erfolge von Amts wegen und entspreche im Übrigen auch den dazu von der Registerbehörde erteilten Auskünften.

Die belangte Behörde entferne sich mit ihrer Auslegung vom äußerst möglichen Wortsinn der Regelung, der gerade für zwangsbewehrte Vorschriften des öffentlichen Rechts die Grenze der Auslegung bilde.

Auf die in der Beschwerde ausdrücklich relevierte gesetzliche Ermessensübung und die übrigen darin vorgebrachten Argumente gehe die Beschwerdevorentscheidung nicht ein, weshalb diese noch einmal angeführt würden.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus, die Meldung an das Register der wirtschaftlichen Eigentümer sei erst nach Verhängung einer Zwangsstrafe nachgeholt worden. Ursprünglich seien bei der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht alle Gesellschafter natürliche Personen gewesen. Erst ab dem seien infolge eines Gesellschafterwechsel alle Gesellschafter natürliche Personen gewesen. § 6 Abs. 6 zweiter Satz WiEReG besage dazu, dass, wenn die Voraussetzungen für die Befreiung in späterer Folge wieder zuträfen, der Rechtsträger dies im elektronischen Weg über das Unternehmensserviceportal an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde melden könne.

Im Register der wirtschaftlichen Eigentümer sei ersichtlich, dass am die Meldung gemäß § 5 WiEReG nachgeholt und der "Verzicht Meldebefreiung" auf "Nein" gesetzt worden sei, weshalb es wieder zur automationsunterstützten Datenübernahme gemäß § 6 WiEReG kommen könne.

Zu diesen Ausführungen nahm die Vertreterin der Beschwerdeführerin wie folgt Stellung:

Aus dem als Beilage./3 der Beschwerde vom angefügten Registerauszug sei - entgegen der Ausführungen im Vorlagebericht - in der Vollzugsübersicht unter der laufenden Nummer 4 ersichtlich, dass der Eintritt der Meldebefreiung bereits am eingetragen worden sei.

Entgegen der Darstellung der belangten Behörde sei kein Verzicht auf die Meldebefreiung vorgelegen. Ein solcher sei weder erfolgt noch im Register ausgewiesen.

Mit der offenbar automationsunterstützt erstatteten Erinnerung vom sei nur mitgeteilt worden, eine "zu erstattende Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen".

Eine Aufforderung zur nunmehr offenbar von der belangten Behörde relevierten Meldung des Vorliegens einer Befreiung von der Meldepflicht sei damit nicht erfolgt.

Da bereits seit eine Befreiung von der Meldepflicht bestanden habe, sei auch kein Bedarf zur Vornahme einer Meldung vorgelegen.

Da entgegen der Angabe der belangten Behörde auch kein Verzicht auf die Meldebefreiung vorgenommen worden sei, hätte am auch die "die Meldung gemäß § 5 WiEReG nachgeholt" werden müssen. Auch sei der "Verzicht Meldebefreiung" nicht auf "Nein" gesetzt worden.

Mit der von der belangten Behörde im Vorlagebericht angeführten WiEReG-Meldung vom (16:45) sei ausschließlich der bisherige Registerstand nochmals bestätigt worden, da die belangte Behörde offenbar sachverhaltswidrig vom Vorliegen einer zwangsstrafenbewehrten Meldepflicht ausgegangen sei.

Auch der verfahrensgegenständliche Bescheid über die Verhängung einer Zwangsstrafe sei offenbar bloß automationsunterstützt erstellt worden und enthalte keinerlei Begründung einer gesetzlichen Ermessensübung gemäß § 20 BAO.

Diese Stellungnahme wurde der belangten Behörde in Wahrung des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Gegenäußerung übermittelt. Die belangte Behörde machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung wurde mit Fax vom zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am . Im Gründungszeitpunkt waren die ***1*** GmbH und die ***2*** GmbH je zur Hälfte beteiligt. Am erstattete die Beschwerdeführerin gemäß § 5 WiEReG die Meldung an das Register der wirtschaftlichen Eigentümer. Dieses Datum ist dem als Beilage zur Beschwerde übermittelten Registerauszug vom als "Datum der letzten Meldung" vermerkt.

Die beiden Gesellschaften traten mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom ihre gesamten Gesellschaftsanteile an den seit selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer Gf ab. Mit elektronischer Eingabe erfolgte die Anmeldung der Änderung im Stand der Gesellschafter zur Eintragung ins Firmenbuch. Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am . Per wurde der Gesellschafterwechsel aus dem Firmenbuch automationsunterstützt ins Register der wirtschaftlichen Eigentümer übernommen und der Eintritt der Meldebefreiung gemäß § 6 WiEReG eingetragen.

Mit Erinnerung vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, bis längstens "die zu erstattende Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend der Bestimmung des § 5 WiEReG vorzunehmen" und für den Fall der Nichtbefolgung die Festsetzung einer Zwangsstrafe von 1.000,00 € angedroht. Datiert mit erließ die belangte Behörde einen Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 €, der auch die Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € enthielt, falls keine Meldung über die wirtschaftlichen Eigentümer der Beschwerdeführerin bis erfolgen sollte. Dieser Bescheid wurde von der zustellungsbevollmächtigten steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin am übernommen.

Dem von der belangten Behörde elektronisch übermittelten Registerauszug vom ist zu entnehmen, dass am eine Meldung gemäß § 5 WiEReG durch die Beschwerdeführerin erfolgte.

Beweiswürdigung

Der oben festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Einsicht in den Firmenbuchauszug und die aktenkundigen Unterlagen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 1 des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Registers der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, anderen juristischen Personen und Trusts (Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz - WiEReG) lautet auszugsweise:

"(1) Dieses Bundesgesetz ist auf die in Abs. 2 genannten Rechtsträger anzuwenden.

(2) Rechtsträger im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die folgenden Gesellschaften und sonstigen juristischen Personen mit Sitz im Inland sowie Trusts und trustähnliche Vereinbarungen nach Maßgabe von Z 17 und 18:

...;

4. Gesellschaften mit beschränkter Haftung;

...;"

§ 5 Abs. 1 WiEReG lautet auszugsweise:

"…..

Der Rechtsträger hat die Daten binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister oder bei Trusts und trustähnlichen Vereinbarungen nach der Begründung der Verwaltung im Inland zu übermitteln. Änderungen der Angaben sind binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln. Bei Daten des Rechtsträgers selbst, die im jeweiligen Stammregister eingetragen sind, ist jedenfalls Kenntnis ab deren Eintragung im jeweiligen Stammregister anzunehmen. Entfalten Umstände bereits vor Eintragung in das Stammregister eine Wirkung auf die wirtschaftlichen Eigentümer eines Rechtsträgers, so ist für den Beginn der Meldefrist auf den Beginn der Wirksamkeit abzustellen. Bei Vorliegen einer Meldebefreiung gemäß § 6 entfällt die Verpflichtung zur Meldung der Änderungen, wenn die Eintragung im jeweiligen Stammregister binnen vier Wochen beantragt wird. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 von der Meldepflicht befreit sind, haben binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 3, die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen."

§ 5 Abs. 2 WiEReG lautet auszugsweise:

"(2) Die Meldung der in Abs. 1 genannten Daten hat von den Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu erfolgen. …"

Gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG kann die Abgabenbehörde, wenn die Meldung nach § 5 WiEReG nicht oder nicht vollständig erstattet wird, die Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von drei Monaten vorzunehmen.

Gemäß § 14 Abs. 3 WiEReG obliegt die Verhängung von Zwangsstrafen gemäß § 16 WiEReG sowie deren Erhebung, Sicherung und Einbringung den Abgabenbehörden des Bundes. Zuständig für die Verhängung von Zwangsstrafen ist jenes Finanzamt, das zur Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Rechtsträgers örtlich zuständig ist.

§ 111 BAO lautet:

"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.

(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."

Gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG sind die in § 1 Abs. 2 WiEReG genannten Rechtsträger (darunter in Ziffer 4 Gesellschaften mit beschränkter Haftung) nicht nur verpflichtet, die Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden, sondern sie sind auch verpflichtet, Änderungen der Angaben binnen vier Wochen nach Kenntnis der Änderung zu übermitteln.

Gemäß § 5 Abs. 2 WiEReG hat die Meldung von den Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) zu erfolgen. Eine Aufforderung zur Meldung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Betroffenen haben sich aus eigenem über die sie betreffenden Vorschriften zu informieren.

Die Beschwerdeführerin war ursprünglich nicht von der Meldepflicht befreit, sie erstattete pflichtgemäß am eine Meldung gemäß § 5 WiEReG. Die durch die Abtretung sämtlicher Gesellschaftsanteile an den einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer mit Abtretungsvertrag vom eingetretene Änderung im Stand der Gesellschafter wurde von der Beschwerdeführerin mit Antrag vom zur Eintragung im Firmenbuch angemeldet und die Änderung tatsächlich am im Firmenbuch eingetragen.

Die Änderung des direkten wirtschaftlichen Eigentümers der Beschwerdeführerin wurde am selben Tag automationsunterstützt ins Register der wirtschaftlichen Eigentümer übernommen und gleichzeitig der Eintritt der Meldebefreiung eingetragen.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin vor Ergehen der Erinnerung keine Meldung gemäß § 5 WiEReG betreffend die Änderung des wirtschaftlichen Eigentümers vornahm. Wird die Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht oder nicht vollständig erstattet, kann die Abgabenbehörde deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen (§ 16 WiEReG).

Gemäß § 111 Abs. 1 erster Satz BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch die Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl. Ritz, BAO6, § 111 Tz 1).

Nach § 111 Abs. 2 BAO muss der Verpflichtete, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistungen aufgefordert werden.

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe ist nur dann rechtwidrig, wenn die verlangte Leistung unmöglich oder unzumutbar wäre oder bereits erfolgt ist (vgl. Ritz, BAO6, § 111 Tz 3; sowie ). Die Zwangsstrafe ist nicht ein Mittel zu Ahnung eines unrechtmäßigen Verhaltens, sondern dient einzig und allein dazu, ein Leistungsverhalten unter Zwang herbeizuführen. Wurde die Leistung erbracht, ist der geforderte Zustand eingetreten, bedarf es keines Zwanges mehr, eine Festsetzung wäre daher unzulässig. Sie wäre auch unzulässig, wenn die Leistung durch andere als durch den Abgabepflichtigen erbracht wurde (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1201)

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erbringung der angeordneten Leistung(en) ist die Wirksamkeit (§ 97 BAO) des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides (vgl. ).

Durch die automationsunterstützte Übernahme des Gesellschafterwechsels aus dem Firmenbuch und die gleichzeitige Anmerkung der Meldebefreiung erlangte die Behörde Kenntnis von den an sich meldepflichtigen Änderungen. Zwangsstrafen dürfen - wie bereits oben ausgeführt - nicht nach erbrachter Leistung und auch dann nicht festgesetzt werden, wenn die Leistung in der Zwischenzeit von einer anderen Person erbracht wird oder die Behörde im Wege einer Nachschau sich Kenntnis verschafft (Ritz, BAO6, § 111 Tz 3 mwN). Im vorliegenden Fall hatte die Behörde automationsunterstützt bereits am Kenntnis jener Umstände erlangt, deren Meldung mit bescheidmäßiger Festsetzung einer Zwangsstrafe erreicht werden sollte. Dem Sinn und Zweck der von den Rechtsträgern zu erstattenden Meldungen, dass nämlich alle inländischen Behörden, die Geldwäschemeldestelle sowie alle inländischen Verpflichteten auf ein Register zugreifen können, in dem aussagekräftige Daten über den wirtschaftlichen Eigentümer der Beschwerdeführerin gespeichert sind, war mit der Übernahme der Daten aus dem Firmenbuch entsprochen (vgl. ). Es bestand daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts keine erzwingbare Verpflichtung mehr zur Abgabe der in Rede stehenden Meldung gemäß § 5 WiEReG.

Die Festsetzung der Zwangsstrafe erfolgte somit zu Unrecht, der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos aufzuheben.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid, mit welchem die Zwangsstrafe festgesetzt worden ist, zwar mit datiert ist, jedoch entgegen der Ansicht der belangten Behörde erst mit der Zustellung an die zustellungsbevollmächtigte steuerliche Vertretung am wirksam ergangen ist. Erst mit der Bekanntgabe der Erledigung durch die am erfolgte Zustellung erlangte diese Wirksamkeit. Die Beschwerdeführerin erstattete am selben Tage eine Meldung gemäß § 5 WiEReG.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei seiner Entscheidung an dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2013/13/0022, in welchem der Gerichtshof aussprach, dass die Verhängung einer Zwangsstrafe wegen nicht erfolgter Erklärungsabgabe nach durchgeführter Veranlagung nicht mehr rechtens ist und erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 5 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 6 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102157.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at