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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2021, RV/7104275/2019

Nachweis des niedrigeren gemeinen Wertes gegenüber dem Grundstückswert nach der Pauschalwertmethode durch Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme mit Vergleichspreisen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer zu ErfNr ***, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 BAO abgeändert wie folgt:

Die Grunderwerbsteuer wird festsetzt
- für den Erwerb der Liegenschaft EZ 259 KG *** ***ORT*** gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG iVm § 7 Abs. 1 Z. 2 lit. d) GrEStG mit 2% des Einheitswertes iHv € 300,00, ds € 6,00 und
- für den Erwerb der 1/2 EZ 20 KG *** ***ORT*** gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG iVm § 7 Abs. 1 Z. 2 lit. a) GrEStG mit 0,5 % des gemeinen Wertes iHv € 95.500,00, ds € 477,50,
somit insgesamt mit einen Abgabenbetrag iHv € 483,50.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Abgabenerklärung vom samt Begleitschreiben

Mit elektronischer Abgabenerklärung vom zeigte der Notar ***1*** dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienstelle für Sonderzuständigkeiten, kurz FA) über FINANZONLINE zu ErfNr *** einen am zwischen Frau ***2*** als Übergeberin und ihrer Tochter, Frau ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) als Erwerberin abgeschlossenen Übergabsvertrag an. Mit diesem Übergabsvertrag erwarb die Bf. einen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 20 KG *** ***ORT*** sowie die ganze Liegenschaft EZ 259 KG *** ***ORT***.

In der Abgabenerklärung wurde beim Steuersatz erklärt "Erwerb durch § 26a Abs. 1 Z. 1 GGG Personenkreis" und im Feld "Befreiungsbestimmungen": "Wert nicht ermittelbar" und bei Betrag "0,00" eingetragen.

Mit Schreiben ebenfalls vom gab der Notar dem FA dazu bekannt, dass eine präzise Grundstückswert-Berechnung nicht habe erfolgen können und übermittelte folgende Unterlagen:

1. Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 20 KG ******ORT***

- eine Kopie des Schreibens des Bf. vom

- die erhobenen Einheitswerte sowie Bodenwerte

- die von ihm aufgrund der vorliegenden Unterlagen vorgenommenen Grundstückswert-Berechnungen

- Luftbild NÖ-Atlas

2. Liegenschaft EZ 259 KG ******ORT***

- die erhobenen Einheitswerte sowie Bodenwerte

- die von ihm vorgenommene Grundstückswert-Berechnung hinsichtlich des Grundstückes ***8***

- Luftbild NÖ-Atlas hinsichtlich des Grundstückes ***8***

Die Bf. sei die Tochter der Übergeberin und sei für die Berechnung des land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaftsvermögens (Grundstücke ***9***) daher der einfache Einheitswert heranzuziehen.

Das genannten Schreiben der Bf. an den Notar vom hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"Die besteht Liegenschaft aus nachfolgenden Gebäuden (es wird aber nur die Hälfte übertragen:

1. (Bild Objekt Plan Nr. 1) Wohnhaus und ehemaliges Geschäftshaus (es befinden sich in diesem Haus insgesamt 5 kleine vermietete Wohnungen, 1 Wohnung meines Bruders und die Wohnung meiner Mutter, ansonsten steht das Haus leer.
Dieses Gebäude wurde zur Hälfte im Jahr 1974 erbaut und die andere Hälfte ist Bestand seit mindestens 1920 und saniert 1974.


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Kellergeschoß
keines
Erdgeschoß
Geschoßfläche rd. 408 m2, leerstehend
1. Stock
Geschoßfläche rd. 409 m2, Mietwohnungen und Wohnung meiner Mutter
2. Stock
Geschoßfläche rd. 74 m2, Wohnung meines Bruders, der Rest ist nicht ausgebauter Dachboden ohne Heizung, Wasser etc.

2. (Bild Objekt Plan Nr. 2) Garage, 1. Stock nicht ausgebaut, Dachboden nicht ausgebaut
Dieses Gebäude wurde ebenfalls im Jahr 1974 erbaut. Sämtliche Gebäudeteile sind nicht ausgebaut, ohne Wasser, Heizung etc.


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Erdgeschoß
Geschoßfläche rd. 120 m2, Garagen
1. Stock
Geschoßfläche rd. 120 m2, nicht ausgebaut, leerstehend
Dachgeschoß
nicht ausgebauter Dachboden, nicht einmal durch eine Treppe verbunden.

3. (Bild Objekt Plan Nr. 3) ehemalige Fleischerei und Garagen, leerstehend
Dieses Gebäude wurde ungefähr im Jahr 1920 erbaut.


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Erdgeschoß
Erdgeschoß Geschoßfläche rd. 221 m2 ehemaliger Fleischereibetrieb, leerstehend
und rd. 180 m2 Garagen, Wirtschaftsräume, ebenfalls leerstehendohne Heizung, Wasser etc.
Dachgeschoß
nicht ausgebauter Dachboden ohne Heizung, Wasser etc.

Ein ähnliches Gebäude im Ortsgebiet von Aegyd am Neuwalde wurde im Vorjahr um rd EUR 175.000,00 verkauft (laut ungeprüften Angaben)."

Die angeschlossenen Grundstückswertberechnungen ergeben in Summe einen Wert von € 276.091,31, die sich wie folgt aufgliedern


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1.
EZ
20
Bezeichnung
Wohnhaus und ehemaliges Geschäftshaus
Grundwert
für 2578 m2
€ 56.204,52
Gebäudewert
€ 350.163,00
Grundstückswert gesamt
€ 406.367,52
anteilig (1/2)
€ 203.183,76
2.
EZ
20
Bezeichnung
Ehemalige Fleischerei, Garagen
(nur) Gebäudewert
€ 79.523,55
anteilig (1/2)
€ 39.761,77
3.
EZ
20
Bezeichnung
Garage ***BF***
(nur) Gebäudewert
€ 45.362,03
anteilig (1/2)
€ 22.681,01
Summe ½ EZ 20
€ 265.626,54
4.
EZ
259
Bezeichnung
nur Grundstück ***8***
(nur) Grundwert
€ 10.464,77
anteilig (1/1)
€ 10.464,77
Gesamt
€ 276.091,31

Grunderwerbsteuerbescheid

Mit Bescheid vom setzte das FA für den gegenständlichen Erwerbsvorgang gegenüber der Bf. die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG mit € 1.771,83, ausgehend vom bekanntgegebenen Grundstückswert iHv € 276.091,31 fest.

Beschwerde

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde beantragte die Bf. die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Begünstigung für Erwerbe im Familienverband von einer Bemessungsgrundlage von € 97.464,77 neu zu berechnen.

Zur Begründung führte die Bf. aus, dass der Grundstückswert nach folgenden Methoden ermittelt werden könne:

- Pauschalwertmodell

- Geeigneter Immobilienpreisspiegel

- Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes z. B. durch einen Vergleichswert

Diese drei Möglichkeiten seien völlig gleichwertig und es könne für jedes Grundstück frei gewählt werden, welches Verfahren angewendet werden soll.

Der Wert der Liegenschaft EZ 20 sei mit der Pauschalwertmethode ermittelt worden. Der gemeine Wert dieses Grundstückes sei aber erheblich niedriger. Er könne anhand des Kaufpreises einer vergleichbaren Liegenschaft nachgewiesen werden. Ein vergleichbares Grundstück (bezeichnet als Liegenschaft "***3***") sei im Jahr 2017 im Gemeindegebiet ***ORT*** um € 174.000,00 verkauft worden. Der Hälfteanteil betrage für die EZ 20 daher statt € 265.626,54 nur € 87.000,00. Nach Hinzurechnung des Grundstückswertes der Liegenschaft EZ 259 von € 10.464,77 errechne sich die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit € 97.464,77.

Die Vergleichsliegenschaft sei annähernd gleich alt und habe einen ähnlichen Boden- und Bauwert. Der Ertragswert sei erheblich höher, da das Gebäude im Zeitpunkt des Verkaufes leer stand. Beide Liegenschaften lägen im gleichen Gemeindegebiet und seien mit einem Wohnrecht behaftet. Der Verkaufswert des Vergleichsobjektes "***3***" stelle daher einen geeigneten gemeinen Wert für die Liegenschaft "***BF***" dar.

Zum Beweis für ihr Vorbringen legte die Bf. folgende Beweismittel vor:
- eine Gegenüberstellung der Liegenschaft "***BF***" mit der Liegenschaft "***3***"
- Kaufvertrag betreffend EZ ***3***
- Bewertungsgutachten vom betreffend EZ ***3***

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Die Begründung hat folgenden Inhalt:

"Das vorgelegte Gutachten aus dem Jahr 2014 betreffend eines anderen Grundstückes stellt keinen geeigneten Nachweis des gemeinen Wertes für den Erwerbsvorgang aus dem Jahr 2018 dar. Auch der aus diesem Gutachten abgeleitet Kaufpreis wird nicht als geeigneter Nachweis anerkannt. Dies einerseits durch den zeitlichen Abstand zum gegenständlichen Erwerbsvorgang und andererseits durch die räumliche Entfernung zum gegenständlichen Grundstück."

Vorlageantrag

Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Ergänzend führte die Bf. darin noch aus wie folgt:

Bei einer Veräußerung einer derartigen Liegenschaft, die für diese Gegend ziemlich groß sei und durch die verbauten Flächen nur sehr eingeschränkt genutzt werden könne, sei bei einem ZEITLICHEN ABSTAND VON NUR EINEM JAHR wohl nicht davon auszugehen, dass der zeitliche Abstand zu groß ist.

Das Vergleichsgrundstück liege im SELBEN ORTSGEBIET (***ORT***, ***4***) und genau 4,2 KM AUF DER BUNDESSTRASSE ENTFERNT. Die Luftlinie sei wahrscheinlich noch kürzer. Die räumliche Nähe sei daher sicherlich gegeben.

Die Vergleichsliegenschaft "***3***" sei annähernd gleich alt ist und habe einen ähnlichen Boden- und Bauwert hat. Der Ertragswert der Vergleichsliegenschaft "***3***" sei sogar erheblich höher, da diese Liegenschaft im Zeitpunkt des Verkaufes leer stand und nicht mit unbefristeten Mietverträgen mit sehr geringen Mieten, die keinen Jahresüberschuss erwirtschaften lassen, belastet war. Beide Liegenschaften lägen im gleichen Gemeindegebiet und seien mit einem Wohnrecht behaftet.

Das Gutachten aus dem Jahr 2014 diene lediglich dazu darzustellen, dass sich beide Liegenschaften "***BF***" und "***3***" in Alter, Beschaffenheit und Lage sehr ähnlich seien und daher die Liegenschaft "***3***" sehr wohl als Vergleichsobjekt heranzuziehen sei, zumal der Boden- und Bauwert It. Gutachten "***3***" dem Wert It. Grundstückswert-Berechnung BMF "***BF***" in etwa entspreche. Nur der tatsächliche Verkaufspreis des Vergleichsobjektes aus dem Jahr 2017 liege weit unter diesen Werten. Dies sei damit zu begründen, dass im ländlichen Raum solche Liegenschaften nicht gut bzw. gar nicht verwertbar seien. Die Liegenschaft "***3***" sei erst nach einigen Jahren zu einem weit geringeren Preis als der Boden- und Bauwert erwarten würde, verkauft worden.

Der Verkaufspreis des Vergleichsobjektes "***3***" aus Juli 2017 stelle daher einen geeigneten gemeinen Wert für die Liegenschaft "***BF***" dar. Als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sei daher für den gegenständlichen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 20 50 % des Verkaufspreises des Vergleichsobjektes "***3***" also EUR 87.000,00 anzusetzen.

Vorlage der Beschwerde ans BFG

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und der Gerichtsabteilung 7015 zugeteilt. Im Vorlagebericht (der auch der Bf. übermttelt wurde) gab das FA eine Stellungnahme mit auszugsweise folgendem Inhalt ab:

"Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens vom Grundstückswert zu berechnen. Bei Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. c (ein Erwerb unter Lebenden durch den im § 26a Abs. 1 Z 1 Gerichtsgebührengesetz) ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen.

Der Grundstückswert ist entweder

• in Höhe als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder

• eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes

zu berechnen.

Weist der Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, dann gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert.

Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde der Grundstückswert der mit Übergabsvertrag übergebenen Grundstücke mit € 276.091,31 ermittelt.

Die Beschwerdeführerin versucht durch Vorlage des Kaufvertrages sowie eines Verkehrswert-Gutachtens EINER (vergleichbaren) Liegenschaft einen geringeren gemeinen Wert nachzuweisen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht der Verkehrswert sondern der geringere gemeine Wert nachgewiesen werden kann. Der gemeine Wert ist definiert in § 10 Abs. 2 und 3 BewG; er wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind.

Der Verkehrswert unterscheidet sich vom gemeinen Wert im Wesentlichen dadurch, dass die in § 10 Abs. 2 und 3 BewG für den gemeinen Wert angeordnete Außerachtlassung persönlicher und ungewöhnlicher Verhältnisse für den Verkehrswert nicht gilt.

Das vorgelegte Gutachten wurde im Rahmen eines Schuldenregulierungsverfahrens im Jahre 2014 erstellt, also rund 4 Jahre vor dem gegenständlichen Übergabsvertrag.

Die vorgelegten Unterlagen stellen keinen geeigneten Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes für die vertragsgegenständlichen Grundstücke dar. Zum einen weist das Gutachten einen Verkehrswert und nicht den gemeinen Wert aus, zum anderen ist die Ableitung eines gemeinen Wertes aus einem einzigen Verkauf nicht aussagekräftig.

Insbesondere kann aus den vorgelegten Fotos nicht abgeleitet und geschlossen werden, dass die vertragsgegenständlichen Liegenschaften und die Liegenschaft "***3***" derart vergleichbar sind, dass der gemeine Wert der Liegenschaft "***3***" dem gemeinen Wert der gegenständlichen Liegenschaften entspricht, ist doch aus den Fotos weder der Bau- und Erhaltungszustand der Gebäude und der Bausubstanz noch die Bauweise feststellbar.

Soll der gemeine Wert durch Vergleichswertverfahren ermittelt werden, müssen die den Wert beeinflussenden Merkmale mit der zu begutachtenden Liegenschaft weitgehend übereinstimmen. Eine brauchbare Methode ist der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe zum Zeitpunkt Entstehung der Steuerschuld erfolgten Kaufgeschäften. Ein einzelnes Kaufgeschäft stellt keinen geeigneten Nachweis dar und ist für das Vergleichswertverfahren nicht geeignet."

Übergang der Zuständigkeit auf die GA 1062

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde (ua) diese Rechtssache mit Stichtag der unbesetzten Gerichtsabteilung 7015 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1062 zugeteilt.

Beweiserhebung durch das BFG

Von der nunmehr zuständigen Richterin des BFG wurde zunächst Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr *** und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Weiters wurde noch Beweis erhoben durch Grundbuchsabfragen zu EZ 20 KG *** ***ORT***, EZ 259 der KG *** ***ORT*** und EZ ***3***, Abfragen im Grundinformationssystem zu EWAZ ***5*** und EWAZ ***6*** sowie im Geoinformationssystem des Landes NÖ (NÖ-Atlas).

Vorbereitungsvorhalt

Am teile die zuständige Richterin den Parteien zwecks Vorbereitung auf die beantragte mündliche Verhandlung mit, wie sich die Sach- und Rechtslage zum damaligen Zeitpunkt für sie darstellte und aus welchen Erwägungen ihrer Ansicht die Grunderwerbsteuer neu wie folgt zu berechnen sei:


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Liegenschaft
Bemessungsgrundlage
Steuersatz
Abgabenbetrag
1/1 EZ 59
€ 300,00
2%
€ 6,00
1/2 EZ 20
€ 265.626,54
für € 250.000,00 0,5%
für € 15.626,54 2%
€ 1.250,00
€ 312,53
Grunderwerbsteuer gesamt
€ 1.568,53

Stellungnahme der Bf. und Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahe

Am gab die Bf. zum Vorbereitungsvorhalt eine Stellungnahme ab und legte als neues Beweismittel eine Gutachterliche Stellungnahme des Herrn ***7*** vom vor. Die Bf. beantragte nunmehr die Festsetzung der Bemessungsgrundlage der EZ 20 zur Berechnung der Grunderwerbsteuer iHv € 95.500,00 (Hälteanteil laut beiliegender gutachterlicher Stellungnahme) und verzichtete auf eine mündliche Verhandlung, im Falle der Festsetzung der Bemessungsgrundlage der EZ 20 iHv € 95.500,00.

Die Bf. habe Herrn ***7*** damit beauftragt, aus den verkäufen
- von gleichartigen Grundstücken
- in und in der näheren Umgebung von ***ORT***
- im zeitlichen Zusammenhang mit ihrer Liegenschaftsübertragung
den Verkehrswert für die gegenständliche Liegenschaft zu ermitteln.

In der gutachterlichen Stellungnahme seien 5 vergleichbare Liegenschaften untersucht worden. Diese Verkäufe hätten alle in der Umgebung von ***ORT*** in den letzten Jahren stattgefunden. Aus diesen Vergleichsgrundstücken, die mit dem gegenständlichen Grundstück in den wesentlichen preisbestimmenden Merkmalen (Größe, Nutzung, Form, Lage und Beschaffenheit) großteils übereinstimmen, sei der Wert für das gegenständliche Grundstück abgeleitet und mit € 191.000,00 beziffert worden.

Der Vergleichswert des Grundstücks iHv € 191.000,00 sei laut gutachterlicher Stellungnahme aus folgenden Gründen wesentlich niedriger als der Wert laut Pauschalwertmethode (€ 531.253,08):
- die Verkaufspreise der letzten 3 Jahre für vergleichbare Objekte seien signifikant günstig gewesen
- die Bausubstanz des gegenständlichen Objektes sei alt
- die Haustechnik sei veraltet
- Eine Nutzung als Gewerbebetrieb sei ohne erheblichen finanziellen Aufwand nicht möglich
- der Rückbau in Appartmentwohnungen wäre wesentlich teurer als ein Neubau
- "Landflucht"

Sollte die Bemessungsgrundlage der EZ 20 nicht mit € 95.500,00 festgesetzt werden, würden Herr ***7*** und die Bf. in der mündlichen Verhandlung den Vergleichswert gerne erläutern.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit Übergabsvertrag vom erwarb die Bf. einen Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 20 der KG *** ***ORT*** samt dem darauf errichteten Haus mit der Adresse Markt 25 und die gesamte Liegenschaft EZ 259 der KG *** ***ORT*** von ihrer Mutter, Frau ***2***.

Die beiden Liegenschaften gehören zu 2 Wirtschaftlichen Einheiten iSd Bewertungsgesetzes und wurden vom Lagefinanzamt durch Erlassung von Einheitswertbescheiden folgende Feststellungen, die zum maßgebend sind, getroffen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
EZ
GrStNr.
Größe
Art des Steuergegenstandes
EW-AZ
Höhe EW
Stichtag
1
EZ 20
[...]
Summe
1851
527
200
2578
Gemischt genutztes Grundstück
***5***
€ 28.342,00
()
2
EZ 259
[...]
Summe
11160
5161
3410
480
20211
Landwirtschaftlicher Betrieb
***6***
€ 300,00
()

Auf der EZ 20 befanden sich zum Stichtag 3 Gebäude,
1. Das teils im Jahr 1920, teils im Jahr 1974 errichtete Wohn- und ehemalige Geschäftshaus.

2. Die 1974 erbaute Garage

3. Die 1920 errichtete ehemalige Fleischerei und Garagen

(zu den Details der Größe und Benützung siehe die Beschreibung durch die Bf. im Schreiben vom an den Notar sowie in der gutachterlichen Stellungnahme).

Die Gebäude haben eine schlechte Bausubstanz (das Baujahr der Gebäude ist Großteils 1920, teilweise 1974 und sind die letzten - nur teilweisen - Sanierungen in den 1970er Jahren erfolgt), eine veraltete Haustechnik und eine kaputte Außenhaut und müsste ein potentieller Käufer für einen zeitgemäßen Zustand der Gebäude Sanierungskosten iHv € 300.000,00 bis € 400.000,00 aufwenden.

In der Umgebung von ***ORT*** sind in den letzten Jahren 5 Liegenschaften mit Gasthäusern zu Kaufpreisen iHv € 60.000,00, € 165.000,00, € 174.000,00, € 200.000, € 240.000,00 und € 375.000,00 verkauft worden (zu den näheren Beschreibungen der Vergleichsliegenschaften und den Konditionen der Kaufverträge siehe die in der gutachterlichen Stellungnahme vom enthaltenen Unterlagen).

Für die gegenständliche EZ 20 wäre bei einer Veräußerung unter Fremden zum Bewertungsstichtag bei Außerachtlassung des Wohnrechtes für die Mutter ein Preis iHv € 191.000,00 erzielbar gewesen.

Die Bf. ist Steuerberaterin und erzielt keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft iSd § 2 Abs 3 Z 1 EStG.

Beweiswürdigung

Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die Angaben der Bf. in ihren Schriftsätzen und die mit der gutachterlichen Stellungnahme vorgelegten Unterlagen sowie auf von der Richterin durchgeführten Abfragen im Grundbuch, im Grundinformationssystem sowie im Geoinformationssystem des Landes NÖ (NÖ-Atlas).

Es ist nachvollziehbar und entspricht es der Lebenserfahrung, dass die schlechte Bausubstanz (Baujahr der Gebäude 1920 bzw 1974 und letzte - nur teilweise - Sanierung in den 1970er Jahren), die veraltete Haustechnik und die kaputte Außenhaut ganz wesentlichen Einfluss haben, welchen Kaufpreis ein potentieller Käufer zu leisten bereit ist. Dass die Sanierungskosten € 300.000,00 bis € 400.000,00 betragen würden, wurde von der Bf. durch die Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme eines Bausachverständigen entsprechend belegt. Es ist allgemein bekannt, dass ein Umbau veralteter Gebäuden dieser Größenordnung mit seit Jahren leerstehenden Flächen in zeitgemäße Wohnungen einen hohen finanziellen Aufwand erfordert und daher wirtschaftlich nicht sinnvoll ist und ein Neubau günstiger kommt und auch eine Nutzung als Gewerbebetrieb ohne erheblichen finanziellen Aufwand nicht möglich ist. Der in der gutachterlichen Stellungahme für den Grund und Boden auf Grund von Auskünften des Baureferenten der Gemeinde angesetzte Quadratmeterpreis von € 45,00 deckt sich auch mit den eigenen Recherchen der Richterin im Internet für Bauplätze in der Gemeinde ***ORT*** und ist es daher schlüssig, dass der reine Bodenwert der EZ 20 € 116.00,00 beträgt und der potentiell erzielbare Verkaufspreis der EZ 20 durch den Gebäudewert der nicht mehr zeitgemäßen und renovierungsbedürtigen Gebäude nur relativ gering erhöht wird. Der Bauzustand und die Größe der zum Vergleich herangezogenen Gasthausliegenschaften in der Umgebung sowie die tatsächlich beim Verkauf erzielten Preise konnten den mit der gutachterlichen Stellungnahme vorgelegten Unterlagen entnommen werden. Es wird daher dem Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme gefolgt und bei der rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass bei einer Veräußerung der EZ 20 unter Fremden zum Bewertungsstichtag bei Außerachtlassung des Wohnrechtes für die Mutter ein Preis iHv € 191.000,00 erzielbar gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Rechtslage

Die wichtigsten Bestimmungen den Grunderwerbsteuergesetzes 1987, der Grundstückswertverordnung und des Bewertungsgesetzes in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lauten:

Art der Berechnung
§ 4 GrEStG 1987:

(1) Die Steuer ist zu berechnen vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert. Bei Vorgängen gemäß § 1 Abs. 2a und 3, bei Vorgängen nach dem Umgründungssteuergesetz sowie bei Erwerben gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit. b und c ist die Steuer immer vom Grundstückswert zu berechnen. Der Grundstückswert ist entweder

- als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 - BewG. 1955, BGBl. Nr. 148/1955 in der jeweils geltenden Fassung, und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder

- in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes

zu berechnen.

Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen.

Weist ein Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert. Erfolgt dieser Nachweis durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde, hat der von diesem festgestellte Wert die Vermutung der Richtigkeit für sich.

(2) Abweichend von Abs. 1 ist bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen betreffend land- und forstwirtschaftliche Grundstücke die Steuer vom Einheitswert (§ 6) zu berechnen:

1. bei Übertragung eines Grundstückes an den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis;

Einheitswert
§ 6 GrEStG:

(1) Maßgebend ist der Einheitswert, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist.

(3) Haben sich die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) dergestalt geändert, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung oder spätestens durch den Erwerbsvorgang die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag) ein besonderer Einheitswert unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze für Fortschreibungen oder Nachfeststellungen zu ermitteln; in den Fällen des Abs. 2 aber nur dann, wenn sich die Wertabweichung auch auf den Teil der wirtschaftlichen Einheit erstreckt.

Tarif
§ 7 Abs. 1 lit. c GrEStG

Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.

2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
- für die ersten 250 000 Euro 0,5%,
- für die nächsten 150 000 Euro 2%,
darüber hinaus 3,5%
des Grundstückswertes.

Für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes sind von derselben Person an dieselbe Person anfallende Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre, soweit die Steuer nach dieser Litera berechnet wurde, zusammenzurechnen; dabei sind frühere Erwerbe mit ihrem früheren Wert anzusetzen. Für die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld abzustellen. Eine Zusammenrechnung hat auch dann zu erfolgen, wenn - durch zwei oder mehrere Erwerbsvorgänge - eine wirtschaftliche Einheit oder Teile einer wirtschaftlichen Einheit innerhalb der Fünfjahresfrist an dieselbe Person anfällt.

d) Die Steuer beträgt bei Erwerben, bei denen die Steuer gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 und 2 vom Einheitswert zu berechnen ist, 2%.

Grundstückswertverordnung (GrWV):

Auf Grund des § 4 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 - GrEStG 1987, BGBl. Nr. 309/1987, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 118/2015, wird im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler verordnet:

§ 1 Methoden der Grundstückswertermittlung

§ 1 Wird der Grundstückswert als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 erster und zweiter Satz des Bewertungsgesetzes 1955 - BewG. 1955, BGBl. Nr. 148/1955, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 34/2015 (Grundwert) und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes (Gebäudewert) ermittelt, ist nach § 2 vorzugehen. Wird der Grundstückswert in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes ermittelt, ist nach § 3 vorzugehen. Für jede wirtschaftliche Einheit gemäß § 2 BewG. 1955 kann die Ermittlungsmethode frei gewählt werden.

§ 2 Pauschalwertmodell

§ 2 (1) Je nach Beschaffenheit der wirtschaftlichen Einheit, für die der Grundstückswert zu ermitteln ist, ist entweder nur der Grundwert (Abs. 2), nur der Gebäudewert (Abs. 3) oder beides zu berechnen.

(2) Berechnung des Grundwertes:

1. Für den (anteiligen) dreifachen Bodenwert ist die Grundfläche mit dem dreifachen Bodenwert pro Quadratmeter zu multiplizieren. Für den Bodenwert pro Quadratmeter ist jener Wert maßgebend, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt wurde; § 6 Abs. 3 GrEStG 1987 ist anzuwenden. Anfragen an das Finanzamt um Bekanntgabe des Bodenwertes müssen elektronisch im Wege von FinanzOnline erfolgen. Dies gilt nicht, wenn die elektronische Anfrage mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar ist.

2. Der (anteilige) dreifache Bodenwert ist mit den Faktoren hochzurechnen, die in der Anlage je Gemeinde, in Gemeinden über 100 000 Einwohnern (Stichtag ) für einen oder mehrere Bezirke bzw. Stadtteile festgelegt werden.

3. Erstreckt sich eine wirtschaftliche Einheit über zwei oder mehr Gemeinden, sind für die auf die einzelne Gemeinde entfallenden Grundflächenanteile die jeweiligen Hochrechnungsfaktoren heranzuziehen.

(3) Berechnung des Gebäudewertes:

1. Für den (anteiligen) Wert des Gebäudes ist zunächst die (anteilige) Nutzfläche (lit. a), wenn diese nicht bekannt ist, die um 30% gekürzte (anteilige) Bruttogrundrissfläche (lit. b), mit einem Baukostenfaktor (Z 2), der im Ausmaß der Z 3 anzusetzen ist, zu multiplizieren.

§ 3 Ermittlung anhand eines geeigneten Immobilienpreisspiegels

2) Für Erwerbsvorgänge, für die die Steuerschuld nach dem entsteht, sind ausschließlich die im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zuletzt veröffentlichten Immobiliendurchschnittspreise der Bundesanstalt Statistik Österreich heranzuziehen. Diese Immobiliendurchschnittspreise dürfen nur angewendet werden, wenn das Grundstück mit den für die Bewertung eines gleichartigen Grundstückes zugrunde liegenden Kategorien der Tabellen der Immobiliendurchschnittspreise übereinstimmt. Der Grundstückswert beträgt 71,25% des ermittelten Wertes. Der Bundesanstalt Statistik Österreich ist für die Erstellung der jährlich zu veröffentlichenden Tabellen der Immobiliendurchschnittspreise vom Bundesminister für Finanzen ein Kostenersatz gemäß § 32 Abs. 4 Z 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000 zu leisten.

Bewertungsgesetz:

§ 10 Bewertungsgrundsatz, gemeiner Wert.

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

Erwägungen

Unstrittig ist, dass durch Abschuss des Übergabsvertrages der Bf. mit ihrer Mutter ein grunderwerbsteuerpflichtiger Rechtsvorgang verwirklicht wurde, für den am die Grunderwerbsteuerschuld entstanden ist.

Es sind daher die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes in der am geltenden Fassung anzuwenden.

Ebenso ist unstrittig, dass die Bf. dem begünstigten Personenkreis des § 26a Abs. 1 Z. 1 GGG angehört und gilt der Erwerbsvorgang daher nach § 7 Abs. 1 lit. c GrEStG als unentgeltlich. Die Einräumung der Rechte an die Übergeberin (Wohnrecht, Ausgedinge), die als Gegenleistung iSd § 5 GrEStG zu qualifizieren sind, spielen daher bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer keine Rolle und ist grundsätzlich vom Grundstückswert auszugehen.

EZ 259 - land- und forstwirtschaftlichen Vermögen

Eine Ausnahme besteht allerdings für den Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, bei dem gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG für Erwerbe im begünstigten Familienverband der Einheitswert iSd § 6 GrEStG als Bemessungsgrundlage anzusetzen ist.

Über wirtschaftliche Einheiten haben die Lagefinanzämter in einer auch für Grunderwerbsteuerzwecke bindenden Weise nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes abzusprechen (vgl. ). Die Bindungswirkung eines Einheitswertbescheides schließt alle Elemente des Spruches ein und damit auch die Feststellungen über die Art des Gegenstandes, also über die Vermögensart, die Art der wirtschaftlichen Einheit, die Qualifizierung als Untereinheit und über die Zurechnungsträger (vgl. ).

Maßgebend sind die Feststellungen im Zeitpunkt des Entstehens der Grunderwerbsteuerschuld. Für die Wertermittlungen sind daher die Verhältnisse am maßgeblich.

Sämtliche Grundstücke der Liegenschaft EZ 259 der KG *** ***ORT*** (auch das Grundstück Nr. ***8*** für den die Bf. einen Grundstückswert iHv € 10.464,77 berechnet hat) wurden bei Hauptfeststellung zum unter EWAZ ***6*** als Teil eines landwirtschaftlichen Betriebes bewertet. Es liegen keine Hinweis vor, dass zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt () und dem Zeitpunkt des Erwerbsvorganges (Stichtag ) sich die Verhältnisse dergestalt geändert hätten, dass die Voraussetzungen für einen besonderen Stichtagswert iSd § 6 Abs. 3 GrEStG vorlägen.

Für den Erwerb der EZ 259 der KG *** ***ORT*** ist daher nicht der Grundstückswert (nach der Berechnung der Bf. € 10.464,77), sondern der Einheitswert iHv € 300,00 als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Der Steuersatz hierfür beträgt gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 lit. d) GrEStG 2%, sodass sich für den Erwerb des land- und forstwrtschaftlichen Vermögens ein Abgabenbetrag iHv € 6,00 ergibt. Eine Befreiung nach § 3 Abs 1 Z 2a GrEStG kommt nicht in Betracht, weil eine Gegenleistung vorhanden ist und weil die Grundstücke nicht zur Erzielung von Einkünften gemäß § 2 Abs 3 Z 1 EStG dienen.

EZ 20 - Grundvermögen

Sämtliche Grundstücke der Liegenschaft EZ 20 der KG *** ***ORT*** sind hingegen dem Grundvermögen zuzurechnen, da diese vom Lagefinanzamt unter EWAZ ***5*** als gemischt genutztes Grundstück bewertet wurden und ist für die Bemessung der Grunderwerbsteuer grundsätzlich der Grundstückswert maßgeblich.

Der Begriff des Grundstückswertes wurde von der Änderung des GrEStG 1987 durch das StRefG 2015/2016, BGBl. I 118/2015, neu eingeführt.

Entgegen den Ausführungen der Bf. in der Beschwerde sind die 3 Möglichkeiten der Wertermittlung - Pauschalwertmodell, geeigneter Immobilienpreisspiegel und gemeiner Wert - nicht völlig gleichwertig, sondern hat die Abgabenbehörde nach § 4 Abs. 1 GrEStG sowie § 1 der GrWV, BGBl. II 442/2015, den Grundstückswert entweder nach dem Pauschalwertmodell (§ 2 der GrWV) oder anhand eines Immobilienpreisspiegels (§ 3 der GrWV) zu ermitteln. Die Heranziehung des gemeinen Wertes kommt nach dem eindeutigen Wortlaut des vorletzten Satzes des § 4 Abs. 1 GrEStG nur dann in Betracht, wenn der Steuerschuldner einen Nachweis erbringt, dass der gemeine Wert niedriger ist, als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert. Nur wenn der Nachweis des gemeinen Wertes durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde, erfolgt, hat der von diesem festgestellte Wert die (widerlegbare) Vermutung der Richtigkeit für sich. Für ein solches Gutachten gilt also die Beweislastumkehr. Das Finanzamt muss bei Vorlage eines solchen Gutachtens gegebenenfalls nachweisen, dass es falsch ist (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 4 GrEStG 1987, Rz 24, Absatz 2).

Die erhöhte Beweiskraft eines Gutachtens eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Immobiliensachverständigen beruht darauf, dass mit dem Wesen der Zertifizierung auch eine strenge Bindung der zertifizierten Personen an den von ihnen abgelegten Sachverständigeneid verbunden ist. Dieser Eid verpflichtet dazu, die Gegenstände eines Augenscheins sorgfältig zu untersuchen, die gemachten Wahrnehmungen treu und vollständig anzugeben und Befund und Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen und nach den Regeln der Wissenschaft (der Kunst, des Gewerbes) anzugeben (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 4 GrEStG 1987, Rz 24, Absatz 3).

Im gegenständlichen Fall wurde kein Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen über die gegenständliche Liegenschaft EZ 20 vorgelegt und ist es daher Sache der Bf. und nicht des Finanzamtes (und auch nicht des BFG im Beschwerdeverfahren), einen Nachweis über die Höhe des gemeinen Wertes zu erbringen. Mit der Stellungnahme vom legte die Bf. als Beweismittel eine von Herrn ***7*** erstellte "Gutachterliche Stellungnahme" vom vor. Wie eine Namenssuche unter https://sdgliste.justiz.gv.at/edikte/sv/svliste.nsf/Suche!OpenForm ergab, ist Herr ***7*** nicht in die Liste der Gerichtssachverständigen eingetragen. Auch seine homepage oder das Rubrum seiner gutachterlichen Stellungnahme bieten keinen Hinweis dafür, dass Herr ***7*** ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Immobiliensachverständige ist, bezeichnet er sich doch selbst als "E.U., Bau-Sachverständiger gemäß ABGB § 1299 Abs. 1". Der gutachterlichen Stellungnahme kommt daher keine erhöhte Beweiskraft iSd § 4 Abs. 1 GrEStG zu.

Allerdings wurden in der gutachterlichen Stellungnahme nunmehr Details über den Verkauf von Liegenschaften in der Umgebung bekannt gegeben und ist daher vom BFG zu überprüfen, ob die genannten Verkaufspreise und die dazu vorgelegten Unterlagen (Beschreibung der Vergleichsliegenschaften, Fotos und die jeweiligen Kaufverträge) einen Rückschluss auf den für die hier zu bewertende Liegenschaft EZ 20 zum Bewertungsstichtag objektiv erzielbaren Preis zulassen und damit der Bf. die Nachweisführung über einen geringeren gemeinen Wert iSd § 10 BewG (für die 1/2 EZ 20 nach Angaben der Bf. € 95.500,00) als den Grundstückswert nach der Pauschalwertmethode (für die 1/2 EZ 20 € 265.626,54) gelungen ist.

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (vgl. ). Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse liegen etwa bei vertraglich festgelegten Veräußerungsverboten und Vorkaufsrechten vor. Der Verkehrswert unterscheidet sich vom gemeinen Wert im Wesentlichen dadurch, dass die in § 10 Abs. 2 und 3 BewG 1955 für den gemeinen Wert angeordnete Außerachtlassung persönlicher und ungewöhnlicher Verhältnisse für den Verkehrswert nicht gilt.

Kaufpreise, die für das zu bewertende oder für eine gleichartige Liegenschaft im maßgeblichen Bewertungszeitpunkt oder nicht allzu lange vorher oder nachher gezahlt worden sind, lassen Rückschlüsse auf den erzielbaren Preis zu. Tatsächlich erzielte, den Erfordernissen des § 10 BewG entsprechende Veräußerungen können daher bei der Ermittlung des gemeinen Wertes für eine Liegenschaft einen wichtigen Anhalt geben. Ansonsten bilden die geeignetste Grundlage für die Feststellung des gemeinen Wertes eines Grundstückes in der Regel die tatsächlich gezahlten Preise für Vergleichsgrundstücke. Zutreffende, für die Ableitung des gemeinen Wertes taugliche Vergleichspreise liegen dann vor, wenn die Wertfaktoren des zu bewertenden Grundstückes und der Vergleichsgrundstücke in den wesentlichen preisbestimmenden Merkmalen übereinstimmen, wozu insbesondere Größe, Form, Lage und Beschaffenheit eines Grundstückes gehören, oder, obwohl eine solche Übereinstimmung nicht hinsichtlich aller wesentlichen preisbestimmenden Merkmale besteht, immerhin noch eine zuverlässige Wertableitung aus den Vergleichspreisen möglich ist. Unter Bedachtnahme auf preisbildende Faktoren kann der gemeine Wert gegebenenfalls durch Vornahme von Ab- und Zuschlägen ermittelt werden (vgl. ).

Liegt kein in zeitlicher Nähe zum Erwerbsvorgang unter Fremden erzielter Verkaufspreis für die zu bewertende Liegenschaft vor, so kann die Ermittlung des gemeinen Wertes durch den Vergleich mit den Verkaufspreisen ähnlicher Liegenschaften erfolgen. Voraussetzung ist allerdings eine ausreichende Anzahl von Vergleichspreisen und Liegenschaften, die tatsächlich zB hinsichtlich Lage, Größe und Nutzung vergleichbar sind. Ein solches Vergleichswertverfahren ist besonders bei der Wertermittlung von unbebauten Grundstücken und Wohnungen geeignet. Bei bebauten Grundstücken ist ein Vergleichsverfahren ungleich schwieriger durchzuführen, weil sich die Gebäude meist stark unterscheiden (vgl. ).

Um die erforderlichen Rückschlüsse ziehen zu können, reicht ein einziger Verkauf im Regelfall nicht aus. Es müssen möglichst mehrere Kaufpreise gleichartiger Wirtschaftsgüter herangezogen werden (vgl. abermals ).

Auch der Kauf aus einer Konkursmasse spricht dagegen, dass dieser Erwerb im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen ist (vgl. ).

Dem FA ist daher beizupflichten, dass durch die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Vorlage eines einzigen Kaufvertrages sowie des Gutachtens über die Liegenschaft EZ ***3*** kein geeigneter Nachweis über die Höhe des gemeinen Wertes der Liegenschaft EZ 20 KG *** ***ORT*** erbracht wurde. Im Gegenteilt, zeigt doch das vorgelegte Gutachten deutlich, welche Abweichung zwischen dem Verkehrswert (dort laut Gutachten € 371.800,00) und dem im Einzelfall tatsächlich erzielten Verkaufspreis (dort € 174.000,00) bestehen kann.

Wie aus den nunmehr mit der gutachterlichen Stellungahme vorgelegten Unterlagen ersichtlich ist, wurden in den Jahren 2017 bis 2021 beim Verkauf von Liegenschaften in der Umgebung von ***ORT***, auf denen sich ebenfalls (tw. ehemalige) Gasthäuser befinden, Kaufpreise in einer Bandbreite von € 60.000,00 bis € 375.000,00 (die weiteren Kaufpreise betrugen € 165.000,00, € 174.000,00, € 200.000 und € 240.000,00) erzielt. Aus den detaillierten Beschreibungen und Fotos ist deutlich ersichtlich, dass neben der Größe der Liegenschaft und der Nutzfläche des Gebäudes für den erzielten Kaufpreis vor allem relevant war, ob die Gebäude saniert sind und wie der Zustand und die Ausstattung des Gebäudes ist. Selbst für gut ausgestattete, sanierte und noch in Betrieb befindliche Gasthäuser konnte nicht annähernd ein so hoher Kaufpreis erzielt werden, wie er nach der Pauschalwertmethode für die Liegenschaft EZ 20 mit € 531.253,08 (ds € 265.626,54 für 1/2 EZ 20) errechnet wurde. Eine reine Durchschnittsberechnung aus allen erzielten Verkaufspreisen würde einen durchschnittlichen Preis von € 202.333,33 ergeben. Lässt man die "Ausreißer" nach unten (€ 60.000,00) und nach oben (€ 375.000,00) weg, ergibt sich ein durchschnittlicher Kaufpreis iHv € 194.750,00.

Durch die Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme ist der Bf. somit jedenfalls der Nachweis gelungen, dass der gemeine Wert iS des § 10 BewG der EZ 20 niedriger ist, als der Grundstückswert nach der Pauschalwertmethode iHv € 531.253,08.

Da einige der zum Vergleich herangezogenen Gasthausliegenschaften in der Umgebung einen deutlich besseren Bauzustand aufweisen, ist nicht bloß eine reine Durchschnittsberechnung aus den bezahlten Preisen anzustellen, sondern ist die Vornahme eines entsprechenden Abschlages sachgerecht. Es wird daher dem Ergebnis der gutachterlichen Stellungnahme gefolgt und von einem gemeinen Wert der EZ 20 iSd § 10 BewG iHv € 191.00,00 ausgegangen.

Neuberechnung der Grunderwerbsteuer

Die Grunderwerbsteuer ist daher wie folgt neu zu berechnen:


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Liegenschaft
Bemessungsgrundlage
Steuersatz
Abgabenbetrag
1/1 EZ 259
€ 300,00
2%
€ 6,00
1/2 EZ 20
€ 95.500,00
0,5%
€ 477,50
Grunderwerbsteuer gesamt
€ 483,50

Der Beschwerde ist daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständlich strittigen Rechtsfragen konnten anhand der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH gelöst werden. Im Ergebnis waren nicht Rechtsfragen entscheidungswesentlich, sondern waren Sachverhaltsfragen zu klären und im Einzelfall die Schlüssigkeit der Ableitung des gemeinen Wertes aus konkreten Vergleichspreisen zu überprüfen.

Wien, am

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