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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 07.10.2021, RV/7102455/2021

Aufhebung des Haftungsbescheides

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Stephan Maximilian Messner, Hietzinger Hauptstraße 22/D/B10A betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich (damals Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf) betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen vom (Zeiträume 11/2014-01/2017) und vom (Zeiträume 03/2010-10/2014) beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheiden vom (Zeiträume 11/2014-01/2017) und vom (Zeiträume 03/2010-10/2014) wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge von der Beihilfenbezieherin und Ehegattin des Beschwerdeführers (Bf.) und rückgefordert.

Diese Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.

Mit Haftungsbescheid vom wurde gegenüber dem (Bf.) die Haftung gem. § 26 Abs. 3 FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) für Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge lt. oben angeführter Rückforderungsbescheide geltend gemacht. Lt. Begründung dieses Bescheides habe sich die Haftung auf Grund der Rückforderung lt. Bescheiden vom (Zeiträume 11/2014-01/2017) und vom (Zeiträume 03/2010-10/2014), die gegen über der Ehegattin und damaligen Beihilfenbezieherin ergangen waren, ergeben. Die Rückforderungsbeträge seien jedoch bei der Ehegattin uneinbringlich. Die entsprechenden Bescheide wurden dem Bf. in Kopie zugleich mit dem Bescheid übermittelt.

Mit Schreiben vom (eingelangt beim Bundesfinanzgericht am ) erhob der Bf. sowohl gegen die Heranziehung zur Haftung als auch gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Rückforderungsbescheide Beschwerde.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Heranziehung zur Haftung richtete wurde darüber mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung abweislich entschieden, dass sämtliche in § 26 Abs. 3 FLAG normierten Voraussetzungen für die Haftung vorlägen.

Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

Mit Bescheid vom wurde der Haftungsbescheid gem. § 299 BAO aufgehoben.

Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben, sodass dieser in Rechtskraft erwuchs.

Die zugleich mit der Beschwerde gegen die Inanspruchnahme der Haftung erhobene Beschwerde gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Rückforderungsbescheide wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom "gemäß § 260 BAO" zurückgewiesen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Haftungsbescheid mit Bescheid "vom " (gemeint offensichtlich "vom ") aufgehoben worden sei und auf die in Tz 16 zu

§ 248 BAO ergangene und in "Ritz, BAO, 6. Auflage", zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, insbesondere, dass demnach über die Frage der Haftung zuerst zu entscheiden sei.

Im Vorlageantrag vom wendet der Bf. im Wesentlichen ein, durch die Aufhebung des Haftungsbescheides in seinem Recht verletzt worden zu sein, die Rückforderungsbescheide zu bekämpfen bzw. in seinem Recht auf eine inhaltliche Erledigung seiner Beschwerde gegen die Rückforderungsbescheide.

Folgende gesetzliche Bestimmungen sind maßgeblich:

§ 26 Abs. 3 FLAG 1967:

Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

§ 224 Abs. 1 BAO:

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

§ 246 Abs. 1 BAO:

Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

§ 248 BAO

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

§ 299 Abs. 1 BAO lautet:

Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Bringt der Haftungs­pflichtige sowohl gegen den Haftungs­bescheid als auch gegen den maßgeblichen Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerden ein, so sind diese Beschwerden nicht gem § 267 zu einem gemeinsamen Verfahren zu verbinden (vgl zB ; , 2000/16/0886). Vielmehr ist zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden (zB ; , 2011/16/0085; , 2011/16/0070), zumal von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (zB ; , 2009/16/0260; , 2012/16/0049); letztere Bescheidbeschwerde wäre als unzulässig (geworden) gem § 260 Abs 1 lit a zurückzuweisen, würde der Haftungs­bescheid mit Beschwerdevorentscheidung, Erkenntnis oder Beschluss aufgehoben (vgl ; ), siehe dazu Ritz, BAO, 6. Aufl., Rz 16 zu § 248.

Das Bundesfinanzgericht sieht keine Veranlassung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgsgerichthofes abzuweichen. In Entsprechung dieser Rechtsprechung hat die belangte Behörde daher richtigerweise zuerst über die Frage der Haftung des Bf. entschieden, zuletzt mit dem Bescheid vom , mit dem die Haftung aufgehoben wurde. Dieser Bescheid ist rechtskräftig geworden. Allfällige Einwendungen warum die Aufhebung nicht zu Recht erfolgt sein sollte, hätten in einer Beschwerde gegen diesen Bescheid geltend gemacht werden müssen.

Die Beschwerdemöglichkeit des § 248 BAO erlaubt es dem zur Haftung Herangezogenen die seine Haftung auslösende Abgabenschuld dem Grunde und der Höhe nach zu bekämpfen und erweitert damit die in § 246 normierte Beschwerdelegitimation.

Gehört der Haftungsbescheid jedoch nicht mehr dem Rechtsbestand an und wird der Bf. daher nicht mehr zur Haftung herangezogen fällt auch die erweiterte Beschwerdelegitimation für den seine Haftung auslösenden Abgabenanspruch weg.

Die Beschwerde ist somit mangels Beschwerdelegitimation gem. § 260 Abs. 1 lit.a BAO zurückzuweisen.

Wird der Bf. aber nicht mehr zur Haftung herangezogen wird er auch nicht in seinem Recht auf inhaltliche Erledigung der Beschwerde gegen die Rückforderungsbescheide verletzt.

Würde man der Rechtsauffassung des Bf. folgen, wonach trotz rechtkräftiger Aufhebung des Haftungsbescheides ein Anspruch auf inhaltliche Erledigung seiner Beschwerde gegen die o.a. Rückforderungsbescheide bestehen bliebe, so würde dies dazu führen, dass der Bf. bereits rechtskräftige Bescheide, die nicht an ihn ergangen sind, bekämpfen könnte.

Dies würde sowohl dem Grundsatz des § 246 BAO wiedersprechen, als auch dem Grundsatz, dass gegen ein mit Bescheid abgeschlossenes Verfahren ein ordentliches Rechtsmittel nicht

zulässig ist.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das Bundesfinanzgericht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102455.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at