Rückzahlungsantrag nach § 239 BAO, fehlende Antragslegitimation
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom (Zeichen: ******) gegen den Bescheid des Zollamtes ***ZA*** (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***000***, über die Abweisung eines Rückzahlungsantrages gemäß § 239 BAO nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass der Rückzahlungsantrag vom mangels Aktivlegitimation des Beschwerdeführers zurückgewiesen wird.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt und Verfahrensgang
Laut Zahlungsbestätigung (Vordruck Za19, Block Nr. ***** Blatt Nr. 06) vom leistete der Bf. eine Barsicherheit für Eingangsabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) in der Höhe von 3.136,00 Euro.
Mit Bescheid vom setzte das Zollamt gegenüber einem Unternehmen mit der Bezeichnung "***AB***" eine Eingangsabgabenschuld (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) in der Höhe von 3.136,00 Euro fest.
Im Leistungsgebot dieses Bescheides heißt es (auszugsweise):
"Für die Entrichtung des Gesamtbetrages in der Höhe von € 3.136,00 (in Worten: …) wird gem. Art. 222 Abs. 1 Buchstabe a ZK eine Frist von zehn Tagen ab Zustellung dieses Bescheides eingeräumt.
…
Die Entrichtung hat mittels des gesondert zugehenden Zahlscheines auf das P.S.K.-Konto … zugunsten der Abgabenkontonummer ***000-0000*** zu erfolgen.
…
Die am mit Block Za19 Nr.: ***** Blatt Nr. 06 eingehobene Sicherheitsleistung von € 3.136,00 wird in voller Höhe dem o.a. Abgabenkonto gutgeschrieben. Es sind somit keine Zahlungen von Eingangsabgaben zu leisten."
Das Bundesfinanzgericht hob diesen Bescheid mit Erkenntnis vom , GZ. RV/5200086/2014, ersatzlos auf.
Am verbuchte die Abgabenbehörde auf dem Abgabenkonto Nr. ***000-0000*** eine Abgabengutschrift in der Höhe von 3.136,00 Euro, sodass das in Rede stehende Abgabenkonto ein Guthaben in gleicher Höhe aufwies.
Mit dem mit datierten Formular "AS 32-PDF" begehrte der Bf. die Rückzahlung des Betrages in der Höhe von 3.136,00 Euro auf sein näher bezeichnetes Girokonto.
Mit der per Telefax eingebrachten Eingabe vom (Zeichen: ****) legte der Vertreter des Bf. eine mit datierte Geldvollmacht vor. Dies verbunden mit dem Ersuchen, allfällige Überweisungen auf ein näher bezeichnetes Konto des einschreitenden Vertreters zu überweisen.
Das Zollamt wies in der Folge den Antrag des Bf. "vom " mit dem hier angefochtenen Bescheid vom , Zahl: ***000***, gemäß § 239 Abs. 1 BAO als unbegründet ab.
Zur Begründung führte es an, dass der Bf. beim Finanzamt zu einer näher angeführten Steuernummer einen fälligen und vollstreckbaren Rückstand in Höhe von € 5.455,27 habe.
§ 215 Abs. 2 BAO sehe vor, dass das nach einer erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden sei, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes habe.
Eine Guthabensverwendungen auf Grund des § 215 Abs. 2 BAO habe zwingend zu erfolgen, für eine Ermessensübung bestehe kein Raum. Das Guthaben müsse vom Zollamt daher an das Finanzamt zur teilweisen Tilgung der dort aushaftenden fälligen Abgabenschuldigkeiten überwiesen werden.
Am wurde schließlich das in Rede stehende Guthaben zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten des Bf. beim Finanzamt verwendet.
Der Bf. brachte mit Schriftsatz vom gegen den Bescheid vom durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht eine Bescheidbeschwerde ein.
Dies zusammengefasst mit der Begründung, dass der Bf. in seiner Funktion als Vertreter der "***AB***" eine Sicherheit geleistet habe, welche die Grundlage des auf dem Abgabenkonto bestehenden Guthabens gewesen sei. Das Abgabenverfahren sei zweifellos gegen das Unternehmen "***AB***" geführt worden und dieses Verfahren habe mit der ersatzlosen Aufhebung des Abgabenbescheides geendet. Im Hinblick drauf, dass es sich bei dem Guthaben um Geld der "***AB***" handle und die Sicherheit vom Bf. für die Firma nur geleistet worden sei, um den von der Zollbehörde beschlagnahmten Bus der "***AB***" wieder zur Verfügung zu haben, sei eine Tilgung von Verbindlichkeiten des Bf. mit dem auf dem Abgabenkonto bestehenden Guthaben nicht möglich.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Zollamt die Beschwerde als unzulässig zurück.
Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Mit der fristgerechten Einbringung dieses Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Der angeführte Sachverhalt und der Verfahrensgang ergeben sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.
§ 213 Abs. 1 BAO ordnet an, dass bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabenpflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen ist.
Bei den anderen als den im Abs. 1 genannten Abgaben ist die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefasst, jedoch abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen (Abs. 2 leg. cit.).
Nach § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Nach § 215 Abs. 2 BAO ist das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Nach § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zu Gunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.
Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen.
Die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) kann nach § 239 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto ist im Verfahren nach § 216 BAO auszutragen (Ritz, BAO6, § 216 Tz 1 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ein Abrechnungsbescheid nach § 216 BAO dient zweifellos auch dazu, die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Umbuchung oder einer Überrechnung eines Guthabens von einem auf ein anderes Abgabenkonto festzustellen ( mit Hinweis auf ).
Über die Frage der Zulässigkeit der Guthabensverwendung durch Überrechnung nach § 215 Abs. 2 BAO ist sohin in einem Abrechnungsverfahren gemäß § 216 BAO zu entscheiden.
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist das Bundesfinanzgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Änderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes darf nicht zu einer Entscheidung führen, die nicht "Sache" (also Gegenstand des Verfahrens) vor der Abgabenbehörde war. "Sache" ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde bildete (vgl. Ritz, BAO6, § 279 Tz 10 ff und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Wurde nach dem Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides der Abgabenbehörde über eine beantragte Rückzahlung eines Guthabens gemäß § 239 BAO abgesprochen, dann ist diese Angelegenheit Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht und dieser Gegenstand des Verfahrens darf im Rechtsbehelfsverfahren nicht ausgetauscht werden, weil damit ein unzulässiger Eingriff in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde gegeben wäre.
Dem Bundesfinanzgericht ist es daher im hier gegenständlichen Beschwerdeverfahren untersagt, erstmalig etwa die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Umbuchung oder einer Überrechnung eines Guthabens von einem auf ein anderes Abgabenkonto festzustellen.
Die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen ist zudem nicht im Rückzahlungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216) zu klären (Ritz, BAO6, § 239 Tz 1).
Im Beschwerdefall ist unbestritten,
dass nicht der Bf. abgabenpflichtig ist,
dass das Unternehmen mit der Bezeichnung (laut Abgabenbescheid) "***AB***" jener Abgabenflichtiger i.S.d. §§ 213, 215,239 BAO ist, auf dessen Namen das Abgabenkonto Nr. ***000-0000*** im Zeitpunkt der Antragstellung lautete, und
dass das Abgabenkonto Nr. ***000-0000*** im Zeitpunkt der Antragstellung ein Guthaben in der Höhe von 3.136,00 Euro auswies.
Das Beschwerdevorbringen, dass das Guthaben dem im Abgabenbescheid näher bezeichneten Unternehmen zuzurechnen ist und nicht dem Bf., erweist sich vor diesem Hintergrund als berechtigt.
Zur Stellung eines Antrages auf Rückzahlung berechtigt ist jedoch der Abgabenpflichtige, auf dessen Namen das Abgabenkonto lautet (vgl. Ritz, BAO6, § 239, Tz 3 mit Verweis auf ).
Im gegenständlichen Fall wäre daher das im Abgabenbescheid bezeichnete Unternehmen, auf dessen Namen auch das Abgabenkonto Nr. ***000-0000*** lautete, zur Antragstellung nach § 239 BAO berechtigt gewesen, nicht jedoch der Bf.
Das Zollamt hätte somit den Rückzahlungsantrag mangels Aktivlegitimation des Bf. zurückweisen müssen.
Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist eine Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG eine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 215 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5200018.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at