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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.09.2021, RV/5100445/2011

Wiederaufnahmeantrag teilweise verspätet, geltend gemachte Gründe teilweise nicht entscheidungsrelevant

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3970/2021 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt; Revision eingebracht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr Wolfgang Stütz, OK Platz 1a, 4020 Linz, über die Beschwerde (vormals Berufung) vom gegen den Bescheid des FA Kirchdorf Perg Steyr vom , Steuernummer ***BfStNr***, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 1998 bis 2000 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass der Antrag vom auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 1998 und 1999 nicht abgewiesen, sondern zurückgewiesen wird.

Der angefochtene Bescheid betreffend die Abweisung des Antrages vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2000 bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

1. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die ***A1*** GmbH, welche zu diesem Zeitpunkt (zumindest formalrechtlich) im Alleineigentum der Gattin des Beschwerdeführers stand, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und in ***A1*** Aktiengesellschaft umbenannt. Danach wurde die ***A1*** Aktiengesellschaft an die ***FL1*** (in der Folge kurz: ***FL1***), mit Sitz in Liechtenstein, um ATS 17.000.000 verkauft. Unmittelbar danach wurden von ***FL1*** 50 % der Anteile an die ***A1*** Ltd (später: ***A1*** plc.), mit Sitz in Großbritannien, um ATS 36.527.050 zzgl. GBP 125.000 sowie einer eventuellen Kaufpreisanpassung in Höhe von max. ATS 6.617.000 weiterveräußert und die restlichen 50 % der Anteile in diese britische Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht. Mit Hauptversammlungsbeschluss vom wurde die ***A1*** Aktiengesellschaft wieder in eine GmbH umgewandelt. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) war von bis und von bis Geschäftsführer der ***A1*** GmbH bzw. dazwischen Vorstand der ***A1*** Aktiengesellschaft. Weiters war er ab als "Director" für die ***A1*** International Ltd., an welcher ***FL1*** ebenfalls zu 50% beteiligt war und deren Sitz sich an derselben Adresse wie jener der ***A1*** Ltd. befand, tätig, wobei die Vergütung dafür monatlich auf ein inländisches Konto des Bf. überwiesen wurde.

2. Der Bf. reichte für die Jahre 1998 bis 2000 keine Einkommensteuerklärungen ein. Im Jahr 2002 wurde bei ihm eine Außenprüfung (mit Rechtsmittelverzicht) abgeschlossen und wurden in der Folge am Einkommensteuererstbescheide für 1998 und 1999 und am für 2000 erlassen. In den Einkommensteuerbescheiden wurden neben relativ geringen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der ***A1*** Aktiengesellschaft bzw. ***A1*** GmbH auch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (als "Director"; 1998: € 65.405,55; 1999: € 78.486,66; 2000: € 45.783,89) sowie sonstige Einkünfte (aus dem Verkauf der ***A1*** Aktiengesellschaft, 1998: € 1.904.322,58 und 1999: € 480.876,14) festgesetzt, woraus Einkommensteuernachforderungen in Höhe von € 673.917,50 (1998), € 275.600,82 (1999) und € 17.150,79 (2000) resultierten.

3. Der Bf. brachte mehrere Anträge auf Wiederaufnahme (RV/5100349/2007: und , RV/5100964/2008: ) beim damals zuständigen Finanzamt ein, welches die Anträge mit Bescheiden vom , und abwies. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden - teilweise nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt. Die Entscheidung über die Berufungen wurde in Zusammenhang mit einem gegen den Bf. wegen des Verdachts nach § 156 StGB beim Landesgericht Linz geführten Strafverfahren ausgesetzt.

4. Am wurde seitens des damals zuständigen UFS-Referenten ein Antrag auf Akteneinsicht gem. § 77 Abs. 1 StPO an das Landesgericht Linz gestellt. Dieser Antrag wurde unter Verweis auf ein Schreiben des Rechtsanwalts des Bf. vom , einen Hinweis der steuerlichen Vertretung am auf das möglicherweise gegebene Beweisverwertungsverbot von im Akt befindlichen Unterlagen und die fehlende Zustimmung des Bf. mit Beschluss vom abgewiesen, wogegen am Beschwerde erhoben wurde, welche mit Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom als unzulässig zurückgewiesen wurde. Daraufhin ersuchte der damals zuständige Referent des UFS das Landesgericht Linz mit Schreiben vom gemäß § 158 BAO um Akteneinsicht. Woraufhin das Landesgericht Linz am mitteilte, dass eine Einsicht in den Strafakt aufgrund des liechtensteinischen Spezialitätsvorbehalts grundsätzlich nur in eingeschränktem Umfang möglich sei.

5. Am wurde vom Vertreter des Bf. ein weiterer, mit datierter Antrag auf Wiederaufnahme hinsichtlich der durch die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 und 2000 vom abgeschlossenen Verfahren beim Finanzamt ***FA*** eingebracht. Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Umstände iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO lägen zunächst in der Tatsache begründet, dass Herr ***B*** am vom Vorwurf der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB rechtskräftig gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen worden sei.

Mit Strafantrag vom sei ***B*** vorgeworfen worden, er habe am in Linz vor Gericht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache im Strafverfahren gegen ***Bf*** u.a. dadurch falsch ausgesagt, dass er im Zusammenhang mit der Frage, wie der Wirtschaftlich Berechtigte festgehalten werde, angegeben habe, die Firma ***FL1*** sei über Auftrag des Herrn ***C*** (also nicht über Auftrag des Herrn Ing. ***Bf***, was diesem durch die Abgabenbehörde und durch die Staatsanwaltschaft Linz im Finanzstrafverfahren und in dem noch offenen Verfahren wegen Verdachtes des Verbrechens der betrügerischen Krida gemäß § 156 Abs. 1 und 2 StGB unterstellt werde) gegründet worden.

Mit dem Freispruch von diesem zu Unrecht erhobenen Vorwurf sei klargestellt worden, dass es sich bei der von ***B*** getätigten Aussage um keine Falschaussage handle.

Dem Gericht sei für dieses Erkenntnis eine wesentlich breitere Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestanden als dies im Finanzstrafverfahren der Fall gewesen sei, nämlich alle Unterlagen, auf welche die Abgabenbehörde aufgrund des Spezialitätsvorbehaltes bisher keinen Zugriff gehabt habe.

Da das Verfahren wegen § 288 Abs. 1 StGB öffentlich durchgeführt worden sei, stünden nunmehr auch der Abgabenbehörde diese neu hervorgekommenen Beweismittel als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung. Bei diesen Beweismitteln, welche verteidigerseits dem Gericht vorgelegt worden seien, handle es sich ausschließlich um Entlastungsdokumente, denen von der Einzelrichterin überzeugende Beweiskraft zuerkannt worden sei.

Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass die Hauptverhandlung vom deshalb erstreckt worden sei, um dem öffentlichen Ankläger die Möglichkeit einzuräumen, aus den bei der Hausdurchsuchung in Liechtenstein beschlagnahmten Unterlagen allfällige belastende Urkunden vorzulegen. Nach Verstreichen einer Frist von 3 Wochen sei der Staatsanwalt nicht in der Lage gewesen, auch nur ein einziges belastendes Dokument vorzulegen. Daraus sei zu schließen, dass es solche Dokumente nicht gäbe.

Es sei somit auch als neu hervorgekommene Tatsache anzusehen, dass sich im Gegensatz zur bisherigen Annahme beim beschlagnahmten Aktenmaterial keine belastenden Dokumente befänden. Dieses Faktum habe sich erst am Tag der Urteilsfällung () im Fall ***B*** offenbart, als der öffentliche Ankläger habe zugestehen müssen, dass sich keine Belastungsdokumente bei den beschlagnahmten Unterlagen befänden. Zum Freispruch habe der Staatsanwalt einen Rechtsmittelverzicht erklärt, sodass dieses Urteil sofort nach Verkündung in Rechtskraft erwachsen sei. Es handle sich bei diesem Urteil um eine auch für die Abgabenbehörde berücksichtigungswerte richtungsweisende Entscheidung, weil mit diesem auf der Basis aller zur Verfügung stehenden Unterlagen ergangenen Erkenntnis erneut klargestellt worden sei, dass ***Bf*** nicht der Wirtschaftlich Berechtigte der Firma ***FL1*** gewesen sei, sondern vielmehr ***C***, wie von Ing. ***Bf*** immer behauptet worden sei.

Beide voneinander unabhängig ergangenen Gerichtsentscheidungen (im Schöffenverfahren sogar vom Obersten Gerichtshof bestätigt und zuvor von der Generalprokuratur als völlig zutreffend beurteilt, im Einzelrichterverfahren auf Basis aller zur Verfügung stehenden Unterlagen) brächten nachhaltig zum Ausdruck, dass die Abgabenbehörde mit ihrer konstruierten Unterstellung, ***Bf*** sei Wirtschaftlich Berechtigter der Firma ***FL1*** gewesen, falsch liege und dieser Unterstellung jedenfalls keine jeden Zweifel ausschließende Beweiskraft zuerkannt werden könne.

Dies hätte mittlerweile auch der Staatsanwalt nach rund 10-jähriger ergebnisloser Verfolgung eingesehen haben dürfen, weil er sonst wohl den Freispruch im Fall ***B*** nicht sofort widerstandslos zur Kenntnis genommen, sondern mit Berufung bekämpft hätte. Ob im sofortigen Rechtsmittelverzicht ein Hinweis darauf zu erblicken sei, dass der bisher in der gegst. causa beharrlich verfolgende Staatsanwalt mittlerweile seine Sichtweise geändert habe, möge dahingestellt bleiben. Ein Hinweis dafür könnte aber im Faktum liegen, dass er ***B***, welcher am in seiner Zeugenaussage im Finanzstrafverfahren dem ***C*** sowohl in Ansehung der Fa. ***FL1*** als auch der Fa. ***FL2*** die Stellung des Wirtschaftlich Berechtigten zugeordnet habe, lediglich im Zusammenhang mit ***FL1*** wegen falscher Beweisaussage angeklagt habe. Wenn also der Staatsanwalt die diesbezügliche Aussage von ***B*** zu ***FL2*** nicht für falsch halte, so entziehe er damit selbst logischerweise seiner eigenen Anklagekonstruktion, wonach ***Bf*** die Maschinen höchst gewinnbringend von einer ihm gehörenden Firma zur nächsten verkauft haben sollte, die folgerichtige innere Schlüssigkeit. Da beim Staatsanwalt exakte Aktenkenntnis vorausgesetzt werden könne, werde man nicht davon ausgehen können, dass er bloß übersehen habe, ***B*** auch in Zusammenhang mit ***FL2*** anzuklagen.

Wenn der Verfasser des Bescheides vom im Zusammenhang mit den vorgelegten Kopien häufig suggestiv die Vermutung in den Raum stelle, es könnte sich um Manipulationen handeln, so werde eine solche Unterstellung entschieden zurückgewiesen. Es wäre dem öffentlichen Ankläger sicher nicht entgangen, etwaige Manipulationshinweise aufzuzeigen, wenn er beim Vergleich der Originale mit den Kopien auf solche Verdachtsmomente gestoßen wäre. Überdies seien die Originaldokumente von Frau ***D*** von ***FL3*** anlässlich ihres Besuches in Linz mitgebracht, vom Betriebsprüfer anlässlich der Personendurchsuchung am Linzer Hauptbahnhof eingesehen, aber nicht dokumentiert und nach Ausfolgung schließlich von Notar ***E*** mit dem Ergebnis überprüft worden, dass ***Bf*** jedenfalls nicht Wirtschaftlich Berechtigter der ***FL1*** gewesen sei.

Da ***Bf*** auf die Tatsache der Urteilsfällung im Fall Mag. ***B***, sowie auf die Tatsache, dass es bei den beschlagnahmten Unterlagen keine Belastungsdokumente gäbe, naturgemäß keinen Einfluss habe nehmen können, und die neuen Beweismittel (Entlastungsdokumente) überwiegend vom Spezialitätsvorbehalt umfasst gewesen seien, könne ihm aus der Nichtgeltendmachung nicht der geringste Vorwurf, geschweige denn der Vorwurf eines groben Verschuldens gemacht werden. Die Kenntnis dieser Umstände würde zu im Spruch anderslautenden Bescheiden geführt haben.

Die bisher von der Abgabenbehörde bzw. der PAST, insbesondere von den im gegenständlichen Fall tätigen Hauptakteuren und vom öffentlichen Ankläger in mittlerweile 3 von ihm im selben Zusammenhang initiierten Strafverfahren an den Tag gelegte Sichtweise sei unvertretbar, weil sie - konsequent zu Ende gedacht - im Ergebnis implizieren würde, dass

1. die im Finanzstrafverfahren einvernommenen, vom Schöffengericht durchwegs als seriös und glaubwürdig beurteilten Entlastungszeugen ***C***, ***F*** und ***B*** falsch ausgesagt hätten.

2. es sich weiters bei sämtlichen Entlastungsdokumenten (denen in Wahrheit überhaupt keine Belastungsdokumente gegenüberstünden, weil die von ***B*** erstellte Aktennotiz vom durch dessen glaubwürdige Aussage hinsichtlich ihres Bedeutungsinhaltes ins rechte Licht gerückt worden sei und der Mandatsvertrag vom überhaupt nichts über den Wirtschaftlich Berechtigen aussage) die nunmehr auch für die Abgabenbehörde und den Unabhängigen Finanzsenat als Entscheidungsgrundlage verfügbar seien und welche durchwegs den Standpunkt von ***Bf*** und aller genannter Zeugen eindeutig stützen würden, um Falschbeurkundungen handeln müsste und

3. ferner die gesamte Vertragslage bloß zu Irreführungszwecken so konstruiert worden sei, wie sie sich darstelle. Dazu werde beispielsweise auf die wohl nicht im Interesse von ***Bf*** gelegene Selbstknebelung in Form eines Konkurrenzverbotes für sich und seine gesamte Familie im Aktienkauf- und Sacheinlagevertrag und die weitreichenden Haftungsübernahmen durch ***A***, die bis zur Rückerstattung des Kaufpreises für die Aktien für den Fall einer Inanspruchnahme der Firma ***FL1*** aus Garantien gereicht hätten, sowie auf den Umstand hingewiesen, dass ***Bf*** letztlich als angestellter Provisionsempfänger übriggeblieben sei, was wirtschaftlich gesehen nicht den geringsten Sinn ergeben würde, wenn er tatsächlich der "große Firmenimperator" gewesen wäre, dem ohnehin alle hier maßgeblichen Firmen gehört haben sollten.

4. letzten Endes sowohl die Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG, DELOITTE & TOUCHE (dieses nach ausdrücklicher Richtigstellung einer zuvor versehentlich ergangenen anderslautenden Mitteilung), als auch RA ***G*** als Sorgfaltspflichtträger der Firma ***FL1*** und schließlich auch der öffentliche Notar ***E*** mit ihren Feststellungen bzw. Beurkundungen, wonach ***Bf*** nicht Wirtschaftlich Berechtigter der Firma ***FL1*** gewesen sei (sondern vielmehr ***C***) falsche Konstatierungen getroffen hätten.

Für solche Mutmaßungen bzw. Schlussfolgerungen würden sich aus der Aktenlage nicht die geringsten Anhaltspunkte, geschweige denn tragfähige Beweise ergeben.

Alle diese resümeehaft zusammengefassten Gründe, müssten bei Einhaltung der gebotenen Objektivität zumindest zu erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der von den Wiederaufnahmeanträgen betroffenen Entscheidungen führen, solle nicht der Zweifelsgrundsatz "in dubio pro reo" sinnentleert auf der Strecke bleiben.

In beiden Gerichtsentscheidungen sei jedenfalls im Ergebnis diesen überzeugenden Argumenten, insbesondere auch den wirtschaftlichen Überlegungen, die jedem halbwegs mit wirtschaftlicher Vernunft ausgestattetem Menschen einleuchten würden, Rechnung getragen worden. Es wäre nämlich aus ökonomischen Gründen höchst widersinnig von Ing. ***Bf*** gewesen, wenn er gerade die "Henne geschlachtet hätte, die ihm goldene Eier legte". Schließlich sei über ***A1*** Österreich die gesamte Produktion der Maschinen gelaufen, die dann ***Bf*** sozusagen als Superunternehmer gewinnbringend von einer ihm gehörenden Firma zur anderen verkauft haben solle. Wenn also ***Bf*** die ***A1*** Österreich als faktischer Geschäftsführer schuldhaft in den Konkurs geführt hätte, wie ihm im Kridaverfahren vorgeworfen werde, so würde sich ein solches Vorgehen geradezu als "wirtschaftlicher Selbstmord" darstellen.

In beiden Gerichtsentscheidungen sei erkannt worden, dass die Einflussnahme von ***Bf*** nicht aus seiner Stellung als Wirtschaftlich Berechtigter der ***FL1*** resultiert sei, sondern vielmehr aus seiner Stellung als Generalbevollmächtigter für ***C***.

Dem Antrag wurden folgende Kopien beigefügt:

  1. Erklärung von ***H*** vom , wonach ***FL1*** eine Anstalt nach liechtensteinischem Recht sei und am durch die ***FL3*** Services reg. im Sinne des Art. 534 ff des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechtes errichtet worden sei. Unmittelbar nach Errichtung seien die Gründerrechte an der ***FL1*** mittels Zessionserklärung, datiert in "blanko" abgetreten worden. In diese Zessionserklärung sei Herr ***C*** als Zessionar eingesetzt worden. Aufgrund dieser Zession sei Herr ***C*** Rechtsnachfolger der ***FL3*** Services reg. für die Gründerrechte der ***FL1*** und nach den Statuten der Anstalt einziger Begünstigter und somit über das Vermögen der Anstalt uneingeschränkt verfügungsberechtigt. Diese statutarisch und gesetzlich verankerte Rechtsposition des Herrn ***C*** ergäbe sich aufgrund dieser Zessionserklärung. Bis zum Ausscheiden ***H*** aus der ***FL3*** Services reg. seien ihm keine Änderungen der Begünstigten bekannt geworden. Er sei bei dieser Anstalt Verwaltungsrat mit Einzelzeichnungsrecht gewesen. Eine Änderung des Begünstigten würde ohne seine Kenntnis und Unterschrift nicht möglich gewesen sein. Nach dem liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht sei nur der Gründer oder der Zessionar einer Anstalt weisungs- und somit verfügungsberechtigt. Somit sei nur die Gründungsurkunde oder eine allfällige Zessionserklärung ein geeignetes Dokument für den Nachweis der Begünstigtenstellung. Sowohl ***Bf*** als auch ***C*** seien ihm persönlich bekannt. ***Bf*** sei sowohl für ***FL2*** als auch für ***FL1*** als Bevollmächtigter aufgetreten.

  2. Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung durch ***C*** vom

  3. Zessionserklärung für die ***FL2*** vom an ***C***

  4. Zessionserklärung für die ***FL1*** vom an ***C***

  5. Schreiben des ***C*** vom an ***Bf***, wonach dieser ***Bf*** in Österreich versprochen habe, alle seine alten Dokumente in seinem Landhaus durchzusehen und es bei Durchsicht dieser Dokumente geschafft habe, Dokumente in Zusammenhang mit seinen Geschäften ***FL2*** und ***FL1*** betreffend die Übertragung der Gründerrechte an ihn zu finden.

  6. "Declaration of Transfer" betreffend ***FL1*** vom an ***C***

  7. "Declaration of Transfer" betreffend ***FL2*** vom an ***C***

1. 6. Der Wiederaufnahmeantrag vom wurde mit Bescheid vom , zugestellt am , abgewiesen, was im Wesentlichen wie folgt begründet wurde:

Zunächst wurde auf den ersten Abweisungsbescheid vom samt dazugehöriger Berufungsvorentscheidung vom und den zweiten Abweisungsbescheid vom verwiesen.

Begründet werde der neuerliche Antrag auf Wiederaufnahme im Wesentlichen damit, dass nunmehr ein freisprechendes Urteil in der Strafsache ***B*** vorliege. Gleichzeitig seien jene Urkundenkopien neuerlich vorgelegt worden, die bereits Beilage und Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages vom gewesen seien.

Nachdem der Freispruch ***B*** teilweise in scheinbarem Widerspruch zu dem nunmehr im Wiederaufnahmeverfahren getroffenen Ergebnis stehe, sei es notwendig, sich auch mit der vom Strafgericht getroffenen Beweisführung auseinander zu setzen bzw. diese kritisch zu hinterfragen. Dazu sei zunächst auf die unterschiedlichen Beweisregeln und Zielsetzungen zwischen StPO und BAO hinzuweisen. Im strafgerichtlichen Verfahren gelte die Umkehr der Beweislast. Weiters gelte der Grundsatz "in dubio pro reo", zu Deutsch: "im Zweifel für den Angeklagten", wonach "die jeweils für den Angeklagten günstigere Tatsache anzunehmen ist, wenn Umstände nicht eindeutig geklärt werden können" (Definition der Kammer der Österr. Rechtsanwälte).

Nach § 138 Abs. 1 BAO gelte für das Abgabenverfahren, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen hätten. Könne ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genüge die Glaubhaftmachung. Gemäß Abs. 2 seien Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung seien. Die Verpflichtung, die Nachweise zu erbringen (= Beweislast), obliege demnach jedenfalls und eindeutig ***Bf***.

Zum Vorfragentatbestand nach § 116 BAO gelte: Die Abgabenbehörde sei an das freisprechende Urteil des Strafgerichtes nicht gebunden (, OStZB 1994, 678; , OStZB 1997, 414 = Slg 7121/F; , OStZB 1998, 778; , OStZB 1999, 249 = Slg 7307/F, , ÖStZB 2002/191 (202)). Weder die Einstellung von Vorerhebungen noch die Einstellung der Voruntersuchung, noch das freisprechende Urteil des Strafgerichtes, noch das völlige Unterbleiben eines Strafverfahrens würden eine Bindung der Abgabenbehörde bewirken (, ÖStZB 2000/337, 366).

Somit würden im Strafverfahren grundsätzlich völlig andere Beweisregeln als im Abgabenverfahren gelten. Aus der Sicht der Beweiswürdigung seiend daher die in diesem Bescheid getroffenen Schlussfolgerungen anders zu sehen, als dies beim Strafgericht geschehen sei. Die Einstellung des Strafverfahrens gegen ***B*** stelle nur einen von vielen Mosaiksteinen im Gesamtmosaik des Falles ***Bf*** dar. Der Ausgang dieses Strafverfahrens sei folglich nicht allein entscheidend für das Abgabenverfahren.

Zum Freispruch ***B*** wurde ausgeführt: Weshalb der Staatsanwalt die 4 streitgegenständlichen Urkunden nicht vorgelegt habe, entziehe sich der Kenntnis des Finanzamts. Nach § 12 StPO seien gerichtliche Verhandlungen im Haupt- und Rechtsmittelverfahren mündlich und öffentlich durchzuführen. Dies gelte auch für die stets in öffentlicher Sitzung vorzunehmende Urteilsverkündung. Wegen des liechtensteinischen Spezialitätsvorbehaltes sei auch in diesem Gerichtsverfahren für die Finanzverwaltung nur die eingeschränkte Öffentlichkeit möglich. Insoweit jedoch dieses Verfahren öffentlich zugänglich gewesen sei, sei Folgendes notorisch: Der Freispruch sei u. a. damit begründet worden, dass "bei der seinerzeit errichteten Urkunde (wonach ***Bf*** den Auftrag gab, die Fa. ***FL1*** zu gründen) Fehler passiert seien: demnach sei damals bei der Urkundenerrichtung nicht berücksichtigt worden, dass ***Bf*** im Auftrag von ***C*** gehandelt habe". Zunächst sei daraus zu schließen, dass in den bei Gericht aufliegenden Urkunden ***Bf*** tatsächlich als wirtschaftlich Berechtigter aufscheine. Freilich angeblich "irrtümlich...": behauptet werde also, dass zwar die Beurkundung durch das FL-Landgericht ***Bf*** als Wirtschaftlich Berechtigten ausweise, den Formvorschriften von der Urkundenbehörde demnach korrekt entsprochen worden sei, jedoch "dabei Fehler passiert seien"... Es werde also ein "Tatsachenirrtum" im Zustandekommen behauptet. Zusammenfassend werde damit zugegeben, dass in den Originalurkunden in FL ***Bf*** offensichtlich als Wirtschaftlich Berechtigter aufgeschienen sei.

Dieser (nach Ansicht des Finanzamts nur behauptete) "Irrtum" erkläre, weshalb im bisherigen Verfahren seitens ***Bf*** nie Originalurkunden vorgelegt worden seien (sondern immer nur "Kopien von Kopien"). Dieser "Irrtum" rechtfertige auch keinesfalls die Tatsache, diese angebliche Falschbeurkundung später mit 4 (nachträglich erstellten) "Urkunden" für Zwecke des Wiederaufnahmeverfahrens und der anhängigen Gerichtsverfahren zu "sanieren". Wenn sich ***Bf*** und der Urkundsbeamte zum Zeitpunkt der Erstbeurkundung des Wirtschaftlich Berechtigten bei der ***FL1*** wirklich geirrt haben sollten (Datum 15. und , beide würden sich nicht bloß bei einer Urkunde, sondern bei 4 Beurkundungen gleichzeitig geirrt haben), so habe ***Bf*** dies auch nur dort, wo die Beurkundung rechtmäßig zu erfolgen habe, zu sanieren: nämlich beim FL - Landgericht: nicht jedoch mit eigenmächtigem Zusammenbasteln von "Urkunden" via "Kopien von Kopien" (samt nicht mit dem Original übereinstimmenden Zusätzen...).

Es bleibe daher geradezu unverständlich, weshalb dieser Freispruch zum Gegenstand eines 3. Wiederaufnahmeantrages erfolgreich beitragen solle: Vielmehr werde gerade in diesem Verfahren der Verdacht sogar noch erhärtet, dass die 4 bisher im Wiederaufnahmeverfahren vorgelegten Urkundenkopien zur Person des Wirtschaftlich Berechtigten nicht mit den beim FL-Landgericht aufliegenden Originalurkunden ident seien. Folglich liege kein Wiederaufnahmegrund vor: Weil nämlich die Originalurkunden in FL offensichtlich tatsächlich ***Bf*** als wirtschaftlich Berechtigten im Zeitpunkt der Anteilsveräußerung ausweisen würden.

Fest stehe auch, dass sich der Staatsanwalt nicht in die Nichtigkeitsbeschwerde und 2 weitere strafgerichtliche Verfahren eingelassen hätte, wenn dazu nicht ein entsprechend begründeter Verdacht vorgelegen wäre.

Neuerlich seien jene Urkunden vorgelegt worden, die bereits Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages vom gewesen seien. Es sei bereits mit Berufungsvorentscheidung vom und Wiederaufnahmeabweisungsbescheid vom ausführlich begründet worden, weshalb den vorgelegten Urkunden mit dem nach den Umständen des Falles gebotenen Misstrauen zu begegnen sei. An dieser Sichtweise habe sich auch nichts geändert. Bemerkenswert sei, dass sich der Betriebsprüfer aber bei seinen Schlussfolgerungen übrigens überhaupt nicht auf diese 4 Urkunden, sondern vielmehr auf die Gesamtschau des Beweismaterials gestützt habe.

Der Hinweis auf die vom Staatsanwalt nicht vorgelegten 4 Urkunden mache die bisher von ***Bf*** selbst vorgelegten Kopien deshalb nicht glaubwürdiger. Erst 6 Jahre nach dem streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum habe der Bf. Anstrengungen unternommen, der Finanzverwaltung entsprechende Urkunden vorzulegen, welche über den Wirtschaftlich Berechtigten Auskunft gäben. Diese Urkunden seien nicht in einer vom FL-Landgericht beglaubigten Form vorgelegt worden, sondern nur als "Kopien von Kopien". Diese würden daher für Beweiszwecke nichts hergeben. Auch der Zeuge und langjährige Freund des Bf., ***C***, sei erst sehr spät stellig gemacht worden. Als alleinige Machthaber wäre es beiden ein Leichtes gewesen, rechtzeitig den Urkundenbeweis zu erbringen. Der Versuch, diese von ihm vorgelegten Urkunden von Amts wegen zu überprüfen, sei bisher am liechtensteinischen Spezialitätsvorbehalt in Verbindung mit dem § 4 des ARHG gescheitert.

Der Zeuge ***C*** sei zwar angekündigt worden (***Stb1*** - AV der PASt), sei aber nicht gekommen. Daher gehe der Vorwurf eines Verfahrensmangels ins Leere. Die weitaus verspätete (echte) Stelligmachung (im Gerichtsverfahren) stelle daher keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar.

Daher habe die Finanzverwaltung von Anbeginn an ihre Tatsachenfeststellungen ausschließlich auf eigene Ermittlungsergebnisse gestützt: vorrangig also auf jene - ohnehin sehr umfangreichen - Aktenteile, Urkunden und Erkenntnisse, welche im Betriebsprüfungsverfahren zeitnah festgehalten worden seiend und teilweise auch auf jene, die im - freilich sehr viel späteren - Gerichtsverfahren gewonnen worden seien.

Weiterhin werde davon ausgegangen, dass ***Bf*** nicht bloß "Universal-Geschäftsführer" der ***FL1***, sondern vielmehr deren Wirtschaftlich Berechtigter gewesen sei.

Begründet werde dies nicht nur mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§§ 21 bis 24 BAO), sondern insbesondere auch als Ausfluss der freien Beweiswürdigung. Nach § 167 Abs. 2 BAO gelte: "Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht." Die dem Veranlagungszeitraum 1998 bis 2000 zeitlich näherliegenden Erhebungen und Feststellungen seien glaubwürdiger. Verwiesen werde dazu u. a. auf folgende Judikate: "Die bei einer ersten Vernehmung im Strafverfahren gemachten Angaben kommen erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten" (), "Bei widersprechenden Angaben des Abgabepflichtigen kann die Behörde der Angabe bei der ersten Vernehmung erhöhte Glaubwürdigkeit beimessen" (). Noch dazu seien sämtliche Bezug habende Verfahren von der Oberbehörde sowohl abgaben rechtlich als auch in ihrem verfahrensrechtlichen Ablauf wiederholt überprüft und für korrekt befunden worden.

Die Finanzverwaltung habe sich, insbesondere in zwei sehr umfangreichen Betriebsprüfungsberichten, mit der Frage, wer Wirtschaftlich Berechtigter sei, jahrelang intensiv auseinandergesetzt. Davon würde u. a. folgendes zum streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum 1998 bis 2000 ins Abgabenverfahren miteinbezogene Beweismaterial zeugen:

  1. Erhebungsergebnisse der Hausdurchsuchung vom : u. a. sei dabei auffällig, dass in den dabei gesicherten Unterlagen (mehrere Tausend Seiten) kein einziger Hinweis auf die Existenz eines anderen Wirtschaftlich Berechtigten - neben oder anstatt ***Bf*** - hervorgehe. Das sei umso bemerkenswerter, weil bei der HD ein "Überraschungseffekt" hinzukomme. Dem damals vorgefundenen Beweismaterial sei daher mehr Glaubwürdigkeit als etwaigem später hinzugefügtem beizumessen.

  2. Im sehr umfangreichen Betriebsprüfungsbericht zur Abgabepflichtigen ***A*** (vom ) werde ausführlichst begründet, weshalb ***Bf*** als Wirtschaftlich Berechtigter einzustufen sei und seiner Gattin die Einkünfte zuzurechnen seien (vorrangig weil Kapitalgeberin und Mithaftende).

  3. Der (erste) Rechtsmittelverzicht vom sei nicht Ergebnis spontaner Entscheidung der Ehegatten ***Bf*** gewesen, sondern das Ergebnis langfristiger Überlegungen derselben. Beweis dazu: Die ursprüngliche Schlussbesprechung sei am anberaumt gewesen, es seien laufend Vertagungsanträge gekommen, denen auch vollinhaltlich entsprochen worden sei. Damit habe allein damals schon eine ca. 6-monatige Bedenkzeit vorgelegen.

  4. Mit dem gleichfalls sehr ausführlichen Betriebsprüfungsbericht zum Abgabepflichtigen ***Bf*** (vom ) sei dem Wunsch der Ehegatten ***Bf*** auf Zurechnung zu ***Bf*** Rechnung getragen worden. Darin werde neuerlich ausführlichst begründet, weshalb Herr ***Bf*** als Wirtschaftlich Berechtigter einzustufen sei. Die Zurechnung der Einkünfte an seine Gattin als Kapitalgeberin und Mithaftende sei - seinem ausdrücklichen Wunsch entsprechend - rückgängig gemacht worden.

  5. Untermauert worden seien diese Feststellungen immerhin durch einen weiteren Rechtsmittelverzicht.

  6. Im Rahmen einer (weiteren) Dienstaufsichtsbeschwerde sei seitens der Ehegatten ***Bf*** zwar behauptet worden, dass diese zwei Rechtsmittelverzichte unter Druck zustande gekommen seien. Diesem Vorwurf sei mit der für ein solches Verfahren notwendigen Sorgfalt vom Amtsvorstand nachgegangen und dessen Haltlosigkeit mit Schreiben vom festgestellt worden.

  7. ***Bf*** und seine Gattin seien während des gesamten Abgabenverfahrens durchgehend steuerlich und - später - strafrechtlich "hochkarätig" vertreten gewesen (KPMG - DDr. Trenkwalder, Dr. Roman Leitner, Uni Prof RA Dr. Brandstetter usw.) und ihre Verfahrensschritte seien jeweils nur nach ausführlicher Absprache mit diesen Vertretern gesetzt worden.

In der Folge habe sich die Finanzverwaltung mit Berufungsvorentscheidung vom u. a. mit folgenden Themen (nunmehr auch Gegenstand dieses Wiederaufnahmeantrages) schwerpunktmäßig auseinandergesetzt:

  1. Mit den vorgelegten Urkunden und deren Glaubwürdigkeit

  2. Den einander widersprechenden Aussagen des ***Bf***, wer der Wirtschaftlich Berechtigte sei: immerhin 4 Versionen...

  3. Weshalb ***C*** nicht der Wirtschaftlich Berechtigte sein könne

  4. Zitat S. 16: "Der wohl schlüssigste und finale Beweis, dass die ***FL1*** ausschließlich und nur Hrn. ***Bf*** von der Gründung der Gesellschaft () an bis über den (Shareholder Agreement) hinaus, jedenfalls aber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, gehört hat, ist mit dem bei der Hausdurchsuchung (Ordner gelb Nr 12 - Div. Originalbelege EO1 - Plastiksack 43) aufgefundenen Entwurf eines Schreibens vom an die ***FL3*** Services in Liechtenstein erbracht, wonach Hr. ***Bf*** u. a. den Repräsentanten (= ***FL3***) der ***FL1*** mit folgenden Worten anweist: "Die Hinterlegung der Zessionserklärung kann mit meinem ausdrücklichen Einverständnis erfolgen". Wie sich aus den Ausführungen unter "Anmerkungen zu 2. - Eidesstattliche Erklärungen - Sonstige "Erklärungen" zur "Eigentümerstellung" an der ***FL1***" bzw. der Anlage (Info's zur Rechtsform einer Anstalt) ergibt, kann die Hinterlegung der Zessionserklärung NUR und AUSSCHLIESSLICH der Mandant aufgrund eines mit dem "Auftragnehmer" (=Treuhandgesellschaft) abgeschlossenen Mandatsvertrages anweisen. Dass ein vom Mandanten beauftragter Dritter (z. B.: zur Führung der Tagesgeschäfte ernannter Bevollmächtigter) diese Anweisung geben kann bzw. eine solche vom Auftragnehmer ausgeführt wird, ist ausgeschlossen".

Die Ausführungen zum Wiederaufnahmeabweisungsbescheid vom hätten folgenden Bezug zum gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag:

  1. Wer verkaufe schon ein Unternehmen um 17 Mio. ATS, wenn er wisse, dass er 73 Mio. dafür bekommen könnte? (S. 2)

  2. Zur Stellung des ***Bf*** als Wirtschaftlich Berechtigter (statt "Nur-Universal-Geschäftsführer") (S. 3 - 6)

  3. Mit den vorgelegten Urkunden: Würdigung durch das Erstgericht und deren Beweiskraft (S. 6 - 10). Besonders werde auf die kritische Anmerkung hingewiesen, dass sich das Gericht bloß mit Kopien zufriedengegeben habe bzw. deren Beweiskraft an sich (S. 7: 2. und 3. Absatz).

  4. Belastender Zeitfaktor (S. 12): Sämtliche seitens des Herrn ***Bf*** - um 7 Jahre verspätet - vorgelegten Beweismittel, beigebrachten Zeugenaussagen usw. hätten von ihm im Rahmen der Beweisvorsorgepflicht schon im Tatzeitraum 1998 selbst besorgt werden müssen. Dazu würden auch die vom Zeugen ***C*** - ebenfalls erst viele Jahre später - vorgelegten Beweismittel, schriftliche Bestätigungen usw. zählen. Immerhin sei das Betriebsprüfungs- bzw. Finanzstrafverfahren schon seit Ende 2000 gerichtshängig. Erst im April 2002 - 4 Jahre nach der Tat -sei erstmalig schriftlich die Behauptung aufgetaucht, ***C*** sei der Wirtschaftliche Berechtigte, freilich damals ohne jeglichen Urkundenbeweis. Festgehalten sei, dass wir uns damals gerade am Beginn der 7-jährigen Aufbewahrungsfrist befunden hätten ... Die Beweise dafür hätten zeitnah von ***Bf*** selbst oder über den - von ihm selbst stets als Freund bezeichneten - und auch zur Hilfestellung bereiten ***C*** besorgt werden können.

7. Am wurde Berufung gegen den Abweisungsbescheid vom eingebracht und beantragt, die Wiederaufnahme zu bewilligen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Schon ein Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit den bisherigen Entscheidungen zeige, dass sich Hofrat Dr. ***I*** trotz geänderter Beweislage inhaltlich "keinen Millimeter bewegt" und nicht gewillt sei, die evidenten entlastenden Umstände zu akzeptieren, ja es sogar unterlasse, sich mit entlastenden Umständen und Überlegungen argumentativ auseinander zu setzen. Damit werde er den Minimalerfordernissen seiner Begründungspflicht nicht gerecht, weshalb der angefochtene Bescheid bereits aus diesen formalen Gründen derart mangelhaft sei, dass er einer Korrektur durch die Rechtsmittelinstanz bedürfe.

Bei der angefochtenen Entscheidung falle bereits auf den ersten Blick auf, dass sich der Bescheidverfasser nahezu überhaupt nicht mit den im Wiederaufnahmeantrag vom dargelegten Argumenten auseinandersetze. Insoweit sei der Bescheid unvollständig und mangelhaft. Der Bescheid lege die ohnehin bekannte Tatsache dar, dass es zwischen Gericht und Verwaltungsbehörde gewisse Unterschiede in den Beweisregeln gäbe und gäbe dann im Wesentlichen stereotyp die sich bereits in den von ihm erlassenen Vorbescheiden manifestierende, völlig festgefahrene Ansicht wieder, für die sich die Finanzbehörde von Anfang an aufgrund der, insbesondere vom Betriebsprüfer dokumentierten Beweislage, "zeitnah" entschieden habe.

Dass diese Dokumentation unvollständig erfolgt sei, weil die von Frau ***D*** von ***FL3*** mitgeführten und vom Betriebsprüfer anlässlich der Personendurchsuchung am Linzer Hauptbahnhof eingesehenen, entlastenden Originaldokumente nicht in die Dokumentation aufgenommen worden seien, scheine für den Bescheidverfasser völlig irrelevant zu sein, weil er sich mit dieser wichtigen, im Wiederaufnahmeantrag dargestellten, den Kern der Sache betreffenden Problematik mit keinem Wort auseinandersetze.

Ganz abgesehen davon, dass es schon der intellektuellen Redlichkeit entspräche, sich mit vorgebrachten Argumenten und Überlegungen konkret zu beschäftigen, erfordere es auch das für das Verwaltungsverfahren geltende Verfahrensrecht, sich mit einem Vorbringen konkret auseinanderzusetzen und es entweder argumentativ zu wiederlegen oder es gutzuheißen. Der Umstand, dass eine solche Auseinandersetzung im angefochtenen Bescheid völlig fehle, zeige, dass der Bescheidverfasser das Vorbringen entweder bewusst ignoriere oder argumentativ nicht in der Lage sei, es zu widerlegen und demnach die vorgebrachten Argumente selbst für zutreffend erachte.

Staatliche Entscheidungsträger hätten die Verpflichtung die Beweisgrundlage umfassend zu würdigen, wobei die Schlussfolgerungen den Gesetzen folgerichtigen Denkens und empirisch einwandfrei der Gesamtschau der entscheidungswesentlichen Umstände zu entsprechen hätten. Sich überhaupt nicht mit entscheidungswesentlichen Umständen und Argumenten auseinanderzusetzen, verletze die Begründungspflicht und ziehe zwangsläufig eine grobe Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheides nach sich. Sich damit zu begnügen, in allen Bescheiden die vorgefasste Meinung klischeehaft zu wiederholen und gleichzeitig alle der eigenen Position zuwiderlaufenden Argumente einfach zu ignorieren, mache nur deutlich, dass der Bescheidverfasser beim Abfassen seiner Entscheidung der zu postulierenden Sorgfalt nicht entspreche.

Insoweit der Bescheidverfasser im angefochtenen Bescheid neuerlich den Vorwurf einer Urkundenmanipulation in den Raum stelle, indem er von "Kopien von Kopien" und "Zusammenbasteln" von Urkunden spreche, so werde dieser diskriminierende Vorwurf entschieden zurückgewiesen. Es handle sich bei diesem Vorwurf um eine falsche, völlig aus der Luft gegriffene, unbewiesene Behauptung, die im Spannungsfeld zur Verleumdung nach § 297 StGB stehe.

Die in Rede stehenden Urkunden seien von Frau ***D*** im Original mitgeführt, vom Betriebsprüfer eingesehen, aber von diesem unter Verletzung des Objektivitätsgebotes, somit durch einen eklatanten Verfahrensfehler bei den Beweisunterlagen nicht dokumentiert worden. Vielmehr seien diese Urkunden nach Einsicht wieder an Frau ***D*** ausgefolgt worden, welche sich im Anschluss daran zum öffentlichen Notar ***E*** begeben habe, der nach Einsicht in diese Originalurkunden zum eindeutigen Schluss gelangt sei, dass ***Bf*** nicht als wirtschaftlich Berechtigter der Firma ***FL1*** anzusehen sei. Auch mit diesem wesentlichen Vorbringen habe sich der Bescheidverfasser in keiner Weise auseinandergesetzt.

Sämtliche Entlastungsbeweise seien somit der Finanzbehörde zur Verfügung gestanden. Es sei beim Betriebsprüfer gelegen, diese Urkunden zu dokumentieren bzw. sicherzustellen. Von einer Verletzung der Pflicht der Beweisvorsorge durch den Berufungswerber könne daher keine Rede sein, sodass der diesbezüglich gegen den Berufungswerber erhobene Vorwurf ins Leere gehe.

Die Urkunden seien von Frau ***D*** im Original mitgebracht worden. Eidesstattlich habe sie erklärt unter anderem die Eigentümerschaft an der ***FL1*** offen zu legen. Eigentümer der Firma ***FL1*** sei die Firma ***FL4*** Establishment. Eigentümer der Firma ***FL4*** sei kein Mitglied der Familie ***Bf*** und auch kein österreichischer Staatsbürger gewesen.

***E*** habe in diese Originalurkunden Einsicht genommen und ausdrücklich die Übereinstimmung der Kopien der drei Mandatsverträge mit den ihm vorgelegten Originalen beglaubigt.

In beweiswürdigender Hinsicht gehe Hofrat ***I*** bei der Schlüsselfrage von der falschen Prämisse aus, dass manipulierte Urkunden vorgelegt worden seien. Ihm seien aber die amtsbekannten Ereignisse am Linzer Hauptbahnhof, insbesondere die Nichtdokumentation der fraglichen Original-Entlastungsurkunden bekannt. Die Originalurkunden würden also existieren, keine der relevanten Urkunden sei jemals "zusammengebastelt" worden. Trotzdem beharre Hofrat ***I*** durchgängig darauf, dass es sich um manipulierte Urkunden handle. Der Grund hiefür sei leicht durchschaubar. Es falle nämlich sonst sein Sachverhaltskonstrukt, wonach Ing. ***Bf*** als wirtschaftlich Berechtigter der Firma ***FL1*** anzusehen sei, als nicht tragfähig in sich zusammen. Dies hätten bisher die Gerichte erkannt, weshalb zwei rechtskräftige Freisprüche ergangen seien.

Wie sich im Verfahren gegen ***B*** klar herausgestellt habe, habe es bei den sogenannten "liechtensteinischen Unterlagen" kein Belastungsmaterial gegeben, weil dieses ansonsten vom Staatsanwalt innerhalb der ihm dazu extra eingeräumten 14-tägigen Frist vorgelegt worden wäre.

Die vorliegenden Urkunden, insbesondere die über jeden Zweifel erhabene Beglaubigung Dris. Steinbinder, sollten durch ihre überzeugende Beweiskraft geeignet sein, auch die Finanzbehörde von der Unrichtigkeit ihrer bisherigen Einschätzung zu überzeugen und ihr "gebotenes Misstrauen" endlich abzulegen und zum eigenen Fehler bei der Beweisdokumentation zu stehen. Mit dem Hinweis, dass "die dem strafgegenständlichen Veranlagungszeitraum von 1998 bis 2000 zeitlich näherliegenden Erhebungen und Feststellungen glaubwürdiger seien", werde man diesem allein von der Finanzbehörde zu verantwortenden Fehler, der im Übrigen den Druck erklärt, der zu den Rechtsmittelverzichterklärungen geführt habe, jedenfalls nicht gerecht.

Aus der Tatsache, dass der Staatsanwalt mehrere Strafverfahren gegen ***Bf*** angestrengt habe und auch eine, im Übrigen erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt habe, lasse sich für den Standpunkt der Finanzbehörde überhaupt nichts gewinnen, weil nicht die sich für einen Staatsanwalt bietende Verdachtslage entscheidend sei, sondern letztlich nur die Überzeugung des Gerichtes, das sich nach Prüfung der Verdachtslage wie in den konkreten Fällen jeweils zu einem Freispruch entschlossen habe.

Die im Bescheid angeführten Ergebnisse der Dienstaufsichtsbeschwerden würden zur Klärung der fallgegenständlich entscheidenden Frage, wer als wirtschaftlich Berechtigter der Firma ***FL1*** anzusehen sei, überhaupt nichts beitragen.

Die Heranziehung der "hochkarätigen Vertretung" von ***Bf*** und ***A*** als Argument für die Richtigkeit der getroffenen Annahme zur Frage der wirtschaftlichen Berechtigung bei der Firma ***FL1*** sei nicht nachvollziehbar.

Auch mit den angeblich widersprüchlichen Angaben des Berufungswerbers zur Frage der wirtschaftlichen Berechtigung, lasse sich der Standpunkt der Finanzbehörde nicht zweifelsfrei untermauern. Der afrikanische Geschäftsmann ***C*** habe aus Selbstschutzgründen stets größten Wert auf die Geheimhaltung seines Namens gelegt. Es sei daher nur allzu verständlich, wenn der Berufungswerber als Freund und Bevollmächtigter von ***C*** diesen zu schützen bestrebt gewesen sei und daher nicht sofort mit der Nennung seines Namens herausgerückt sei. Jedenfalls habe der Berufungswerber nie behauptet, selbst wirtschaftlich Berechtigter der Firma ***FL1*** gewesen zu sein.

Aus der notwendigen Geheimhaltung ergäbe sich folgerichtig, dass der Berufungswerber in einem bloßen Entwurf des Schreibens vom den Repräsentanten der Firma ***FL1***, nämlich die ***FL3***, angewiesen habe, dass die Hinterlegung der Zessionserklärung mit seinem Einverständnis erfolgen könne. In dieser Vorgangsweise den "wohl schlüssigsten und finalen Beweis" dafür zu erblicken, dass die Firma ***FL1*** "ausschließlich und nur den Berufungswerber gehörte" sei unzutreffend und gehe an der für den konkreten Fall maßgeblichen Realität vorbei, selbst wenn zutreffen möge, dass formal rechtlich ein bloß Bevollmächtigter eine solche Anweisung nicht geben dürfe.

Schließlich sei dem im Bescheid zum Ausdruck gebrachten wirtschaftlichen Argument "wer verkauft schon ein Unternehmen um ATS 17,000.000,00, wenn er weiß, dass er ATS 73,000.000,00 bekommen könnte?" zu entgegnen, dass es sich beim Verkauf der österreichischen Firma ***A1*** um einen reinen Notverkauf gehandelt habe. Bei derartigen Verkäufen müssten Verkäufer in der Regel große Verluste in Kauf nehmen und zwar im Verhältnis zum wahren Wert prozentuell oftmals größere Verluste, als dies beim gegenständlichen Verkauf der Fall gewesen sei. Dieses Argument vermöge daher nicht zu überzeugen. Signifikanterweise setze sich der Bescheidverfasser mit den im Wiederaufnahmeantrag auf Seite 7 geltend gemachten zutreffenden wirtschaftlichen Überlegungen einmal mehr überhaupt nicht auseinander.

Aus all diesen Gründen liege neben einem erheblichen Verfahrensmangel bei der unter Verletzung des Objektivitätsgebotes erfolgten Stoffsammlung ein schwerer, auch bei großzügigster Betrachtungsweise nicht mehr tolerierbarer Begründungsmangel vor, weil es der Bescheidverfasser nahezu völlig unterlassen habe, sich in sachlich nachprüfbarer Weise mit den im Wiederaufnahmeantrag relevierten, stichhaltigen und plausiblen Argumenten auseinanderzusetzen.

Zudem halte die einseitig vorgenommene unrichtige Beweiswürdigung einer fairen und objektiven Überprüfung nicht stand. Mit dem angefochtenen Bescheid beweise Hofrat Dr. ***I*** einmal mehr, dass er die sich zugunsten des Berufungswerbers entwickelnde geänderte Beweislage nicht zu akzeptieren bereit sei. Das angefochtene Erkenntnis bedürfe daher einer Korrektur im Sinne einer Stattgabe.

8. Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung am übermittelt und die Bestätigung der bescheidmäßigen Abweisung beantragt.

9. Mit Schreiben vom wurde der Vertreter des Bf. über die beabsichtigte Aussetzung der Entscheidung über die Berufung vom gemäß § 281 BAO i.V.m. § 282 Abs. 2 BAO bis zur Beendigung des beim Landesgericht Linz gegen den Bf. anhängigen Strafverfahrens wegen des Verbrechens der betrügerischer Krida gemäß § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB in Kenntnis gesetzt und ihm eine 10-tägige Frist zur Bekanntgabe gegebenenfalls der Aussetzung entgegenstehender überwiegender Interessen eingeräumt.

10. In einer dazu am eingebrachten Stellungnahme wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Ausgang des Strafverfahrens insofern nicht relevant für die Entscheidung im anhängigen Finanzverfahren sei, da beiden Verfahren andere Inhalte zugrunde liegen würden. Im Übrigen habe sich bereits aus den entschiedenen Strafverfahren gegen den Einschreiter und gegen Dr. Matthias ***B*** ergeben, dass die Frage der wirtschaftlichen Eigentümerstellung an der ***FL1***, die auch entscheidungswesentliche Frage im Finanzverfahren sei, eindeutig ergeben habe, dass wirtschaftlicher Eigentümer der ***FL1*** nicht Herr ***Bf***, sondern ***C*** sei. Dies sei auch durch die Erklärung von ***H*** bestätigt worden. Weiters sei dem Referenten seitens des Einschreiters mitgeteilt worden, dass sämtliche von ihm für die Entscheidung benötigten Unterlagen, insbesondere das von ihm verlangte Buchgutachten sowie sämtliche von ihm darüber hinaus benötigten Unterlagen aus dem Strafverfahren zur Verfügung gestellt würden, sodass es einer Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens nicht bedürfe. Im Übrigen wurde auf die Wiederaufnahmeanträge und getätigten Vorbringen sowie das hohe Lebensalter und den Gesundheitszustand des Bf. verwiesen. Eine Weiterführung des unterbrochenen Strafverfahrens sei noch nicht absehbar. Unklar sei, ob im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Einschreiters überhaupt mit einer Abführung des Strafverfahrens gerechnet werden könne. Es wurde daher beantragt, das gegenständliche Verfahren nicht auszusetzen und in der Sache selbst zu entscheiden, zumal überwiegende Interessen der Partei dies rechtfertigen würden.

11. Mit Bescheid vom wurde die Entscheidung über die Berufung gegen den Bescheid vom gemäß § 281 in Verbindung mit § 282 BAO ausgesetzt.

12. Im Zuge eines Erörterungstermins am wurde die Sach- und Rechtslage erörtert und eine schriftliche Stellungnahme des steuerlichen Vertreters zu den Ausführungen des Amtsvertreters angekündigt.

13. Am unterbreitete der steuerliche Vertreter des Bf., ***Stb1*** einen Vergleichsvorschlag. Darin wurde ausgeführt, dass dem Bf. im Zuge diverser Betriebsprüfungen im Jahr 2004/2005 [gemeint wohl: 2002] eine Zahlung i. H. von EUR 1.169.669 (EUR 966.669 zzgl. Anspruchszinsen: EUR 203.000) vorgeschrieben worden seien, welche er auch bezahlt habe. Aus verfahrensökonomischen Gründen würde sich der Bf. bereit erklären die Berufungen auf einen Teilbetrag in Höhe von EUR 700.000 zu reduzieren und auf den Restbetrag zu verzichten, einen Rechtmittelverzicht abzugeben und sämtlich eingebrachte Anträge mit sofortiger Wirkung zurück zu ziehen, wobei als Bedingung die Zusicherung zu gelten habe, dass es zu keiner weiteren finanzstrafrechtlichen Verfolgung kommen werde.

14. Das Strafverfahren gegen den Bf. wegen des Verdachts nach § 156 StGB wurde mittlerweile aufgrund voraussichtlich dauernder Verhandlungsunfähigkeit des Bf. unterbrochen. Ein Antrag auf Fortsetzung dieses Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Linz wurde abgelehnt.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

1. Der Bf. reichte keine Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1998 bis 2000 ein. Erst infolge einer beim Bf. durchgeführten und mit Rechtsmittelverzicht abgeschlossenen Außenprüfung wurden Einkommensteuerbescheide für 1998 und 1999 am und für 2000 am erlassen. Die daraus resultierenden Einkommensteuernachforderungen in Höhe von € 673.917,50 (1998), € 275.600,82 (1999) und € 17.150,79 (2000) ergaben sich in allen drei Jahren aus dem Bf. zugeflossenen Einkünften aus dessen Tätigkeit als "Director" der ***A1*** International Ltd. (1998: € 65.405,55; 1999: € 78.486,66; 2000: € 45.783,89) sowie in den Jahren 1998 und 1999 zusätzlich aus Einkünften aus dem Verkauf von Anteilen an der ***A1*** Aktiengesellschaft, wobei der Bf. als wirtschaftlich Berechtigter der ***FL1*** angesehen wurde und ihm daher auch der von ***FL1*** erzielte Veräußerungsgewinn zugerechnet wurde (1998: € 1.904.322,58; 1999: Kaufpreisanpassung € 480.876,14).

2. Der Bf. brachte mehrere Anträge auf Wiederaufnahme (, und ) beim zuständigen Finanzamt ein, welches die Anträge jeweils abwies. Die dagegen erhobenen Berufungen wurden - im Fall des ersten Wiederaufnahmeantrags nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung am und Einbringung eines Vorlageantrags am - dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt. Die Entscheidung über die Berufungen wurde in Zusammenhang mit einem gegen den Bf. wegen des Verdachts nach § 156 StGB beim Landesgericht Linz geführten Strafverfahren, in welchem die Zurechnung der ***FL1*** zum Bf. ebenfalls entscheidungsrelevant war, ausgesetzt.

3. Im Jahr 2009 versuchte der damals zuständige Referent des Unabhängigen Finanzsenats unter Bezugnahme auf die Einkommensteuer des Bf. für 1998 bis 2000 mehrfach vergeblich umfassende Einsicht in den beim Landesgericht Linz in Zusammenhang mit dem gegen den Bf. durchgeführten Strafverfahren geführten Akt zu erhalten, in welchem für die Beurteilung der Frage der Zurechnung der Einkünfte der ***FL1*** zum Bf. relevante, vom liechtensteinischen Landgericht allerdings unter Spezialitätsvorbehalt übermittelte Unterlagen enthalten waren.

4. Am wurde vom Vertreter des Bf. ein weiterer, mit datierter Antrag auf Wiederaufnahme hinsichtlich der durch die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 und 2000 vom [hinsichtlich 2000 gemeint wohl: ] abgeschlossenen Verfahren beim Finanzamt ***FA*** eingebracht, wobei als Wiederaufnahmegrund iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO angeführt wurde, dass ***B*** am vom Vorwurf der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB wegen dessen Aussage im Zusammenhang mit der Frage nach dem wirtschaftlich Berechtigten, dass ***FL1*** über Auftrag des Herrn ***C*** und nicht über Auftrag des Herrn Ing. ***Bf*** gegründet worden sei, freigesprochen worden sei. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass dem Gericht alle Unterlagen, auf welche die Abgabenbehörde aufgrund des Spezialitätsvorbehalts bisher keinen Zugriff gehabt habe, zur Verfügung gestanden seien. Es sei auch als neu hervorgekommene Tatsache anzusehen, dass sich beim beschlagnahmten Aktenmaterial keine belastenden Dokumente befänden. Es sei durch das Urteil klargestellt worden, dass ***Bf*** nicht der Wirtschaftlich Berechtigte der Firma ***FL1*** gewesen sei.

5. Der Wiederaufnahmeantrag vom wurde mit Bescheid vom , zugestellt am , abgewiesen, wobei die Abweisung mit den abweichenden Beweislastregeln im Strafverfahren und damit, dass weiterhin davon auszugehen sei, dass der Bf. der wirtschaftlich Berechtigte der ***FL1*** gewesen sei, begründet wurde. Gegen den Abweisungsbescheid wurde am Berufung eingebracht.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist - soweit entscheidungsrelevant - unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Parteienvorbringen.

3. Rechtliche Beurteilung

Die gegenständliche Berufung vom war am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig und ist somit gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Die Regelungen über die Verfahrenswiederaufnahme sind verfahrensrechtliche Regelungen. Grundsätzlich ist es herrschende Meinung (vgl. auch ), dass die im Zeitpunkt einer Entscheidung durch verwaltungsgerichtliches Erkenntnis geltende Verfahrensrechtslage für diese Entscheidung anzuwenden ist, auch wenn sich die Verfahrensrechtslage seit der Erlassung des angefochtenen Bescheides geändert hat. Eine Ausnahme dazu besteht allerdings, wenn es dadurch zu einer (verfassungswidrigen) Verschlechterung der Rechtsposition des Antragstellers aufgrund der Erledigung der Berufung/Beschwerde erst nach Inkrafttreten einer neuen Rechtslage käme (vgl. , , RS 2, mit Verweis auf ; , RS 5). Die Anwendbarkeit der jeweils aktuellen Rechtslage wird(überdies) ausdrücklich durch die Inkrafttretensbestimmung des § 323 Abs. 37 BAO normiert (vgl. ) , welche (auszugsweise) lautet: "Die §§ […], 303, 304, […], jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 14/2013, treten mit in Kraft und sind, soweit sie Beschwerden betreffen, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden." § 304, in der Fassung des BGBl. I Nr. 62/2018, trat gemäß § 323 Abs. 56 mit in Kraft.

Zum Zeitpunkt der Einbringung des verfahrensgegenständlichen Wiederaufnahmeantrags im Jahr 2010 und der Erlassung des angefochtenen Bescheids im Jahr 2011 lauteten § 303 Abs. 1 und 2 BAO (alte Fassung, aF):

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Nunmehr lautet § 303 Abs. 1 bis 3 BAO (idF BGBl. I 14/2013, neue Fassung, nF):

(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

Das Erfordernis der Antragstellung innerhalb einer Frist (früher: drei Monate gemäß § 303 Abs. 2 BAO aF) ab Kenntnisnahme von den neuhervorgekommenen Umständen ist entfallen.

Die Novellierung der Regelungen über die Verfahrenswiederaufnahme durch das FVwGG 2012 (BGBl. I 14/2013) ändert nichts am Erfordernis der Entscheidungswesentlichkeit (vgl. diesen Begriff bei Ritz, BAO5, § 303 Tz 43) bzw. Erheblichkeit (vgl. diesen Begriff bei Althuber in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, 821 f.) des Wiederaufnahmsgrundes aufgrund des abschließenden, unveränderten Teiles von § 303 Abs. 1 BAO ("und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte)".

Die Umformulierung der einleitenden Regelung für die beantragte Wiederaufnahme von früher: "Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und …" auf jetzt: "Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei … wiederaufgenommen werden, wenn …":

  1. ändert nichts an dem Erfordernis, dass das wiederaufzunehmende Verfahren durch Bescheid abgeschlossen sein muss (was im vorliegenden Fall unstrittig gegeben ist);

  2. lässt das Erfordernis der formellen Rechtskraft des Bescheides entfallen (welche aber im vorliegenden Fall ohnehin unstrittig vorliegt) und

  3. erfordert zusätzlich zur Erfüllung zumindest eines Wiederaufnahmetatbestandes und zu dessen Entscheidungswesentlichkeit/Erheblichkeit auch eine abschließende Ermessensübung ("kann"), damit die Verfahrenswiederaufnahme verfügt werden darf.

Durch den Entfall der Wortgruppe "ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten" wurde eine Gleichstellung mit der Behandlung der Behörde bei der amtswegigen Wiederaufnahme bewirkt.

Neu hervorgekommene Tatsachen sind (wie schon nach der alten Rechtslage) weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass sie im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind.

§ 304 BAO idF BGBl. I Nr. 57/2004 sah vor, dass nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen ist, sofern ihr nicht ein innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2 BAO) von sieben Jahren zulässig wäre (lit. a), oder vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides (lit. b) eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt.

Nach nunmehr gelter Rechtslage ist gemäß § 304 BAO idF BGBl. I Nr. 62/2018 nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht wird (lit. a) oder innerhalb von drei Jahren ab Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides beantragt oder durchgeführt wird (lit. b).

Nach § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei der Einkommensteuer fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO (idF BGBl. I Nr. 9/2010) verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.

Gemäß § 209 Abs. 3 Satz 1 BAO (idF BGBl. I Nr. 9/2010) verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4).

Der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer entsteht gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO für die zu veranlagende Abgabe grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.

Zulässigkeit des Antrags

Einkommensteuer 1998 und 1999

Die Frist gemäß § 304 lit. a BAO ist nicht nur durch eine siebenjährige (aF) bzw. fünfjährige (nF) - ggfs. durch nach außen erkennbare Amtshandlungen gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängerte - Verjährungsfrist bestimmt, sondern jedenfalls durch die sogenannte absolute Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO begrenzt (vgl. , RS 5), was im vorliegenden Fall bedeutet, dass die Frist des § 304 lit. a BAO (alte und neue Fassung) spätestens zehn Jahre nach Entstehen des jeweiligen Abgabenanspruches für die Einkommensteuer 1998 bzw. 1999, d.h. hier spätestens mit dem Ende der Jahre 2008 bzw. 2009, und somit vor Einbringung des Wiederaufnahmeantrags im März 2010, abgelaufen ist.

Die Frist des § 304 lit. b BAO ist vor allem bedeutsam, wenn die Frist des § 304 lit. a BAO im Zeitpunkt der Stellung des Wiederaufnahmeantrags bereits abgelaufen ist; somit insbesondere für nach Ablauf der sog. absoluten Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO gestellte Wiederaufnahmeanträge (vgl. , RS 6).

Bei der Fünfjahresfrist des § 304 lit. b BAO aF ist unter Rechtskraft die formelle Rechtskraft zu verstehen (vgl. , RS 6). Da im Zuge der Novellierung des § 303 BAO das Erfordernis der formellen Rechtskraft des Bescheides entfallen ist, bemisst sich die Dreijahresfrist des § 304 lit. b BAO nF mit Eintritt der materiellen Rechtskraft.

Im vorliegenden Fall traten aber ohnehin die materielle und die formelle Rechtskraft der maßgebenden Einkommensteuerbescheide aufgrund des abgegebenen Rechtmittelverzichts mit deren Zustellung im Jahr 2002 ein. Die Dreijahresfrist gemäß § 304 lit. b BAO nF endete somit im Jahr 2005 und die Fünfjahresfrist gemäß § 304 lit. b BAO aF im Jahr 2007.

Der Wiederaufnahmeantrag vom wurde somit - sowohl nach als neuer auch nach alter Rechtslage - verspätet eingebracht, weshalb der Antrag als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. zB RV/2575-W/08-RS1).

Das Finanzamt hat mit dem angefochtenen Bescheid vom diesen Antrag als unbegründet abgewiesen, wodurch der Bf. aber keinen Rechtsnachteil erlitten hat, da er nicht schlechter gestellt wurde als durch eine Zurückweisung.

Gemäß § 279 BAO ist das Bundesfinanzgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht ist berechtigt, wenn es im Beschwerdeverfahren um eine ablehnende Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag geht, den Spruch des erstinstanzlichen Bescheids dahingehend abzuändern, dass der Wiederaufnahmeantrag nicht abzuweisen, sondern zurückzuweisen ist (vgl. ).

Einkommensteuer 2000

Hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2000 wurde der Wiederaufnahmeantrag vor Ablauf der absoluten Verjährungsfrist eingebracht. Zu prüfen ist somit, ob gemäß § 207 Abs. 2 iVm § 208 Abs. 1, § 209 Abs. 1 BAO bereits Verjährung eingetreten ist.

Die fünfjährige Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen. Ohne Unterbrechungs- bzw. Verlängerungshandlung wäre somit Ende 2005 Verjährung eingetreten.

Eine Unterbrechungshandlung (iSd § 209 BAO aF) bzw. eine Verlängerungshandlung (iSd § 209 BAO nF) setzt voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt (vgl. ) bzw. einen bestimmten Abgabenanspruch geltend macht (vgl. Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 209, Rz 3 mwN).

Die Amtshandlung muss nur objektiv nach außen, dh außerhalb der Abgabenbehörde, erkennbar sein, sie muss aber nicht der/m Abgabepflichtigen zur Kenntnis gelangen. Beispiele für Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches iSd § 209 Abs. 1 BAO sind u.a. die Zustellung erstinstanzlicher Bescheide, weshalb sich die fünfjährige Verjährungsfrist bei Veranlagungssteuern schon allein dadurch bereits idR auf sechs Jahre verlängert. An die/den Abgabepflichtige/n gerichtete Vorhalte, Anfragen oder Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen können die Verjährungsfrist gleichfalls verlängern, wobei derartigen Schreiben der Abgabenbehörde nur hinsichtlich jener Abgaben Verlängerungswirkung zukommt, auf die das Schreiben Bezug nimmt (). Auch ein Wiederaufnahmebescheid samt geändertem Einkommensteuerbescheid ist eine nach außen erkennbare, von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches hinsichtlich der Einkommensteuer des betroffenen Veranlagungsjahres (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, Anm. 1 zu § 209, Stand ; mwN).

Hinsichtlich des Jahres 2000 verlängert sich die Verjährungsfrist aufgrund der Erlassung des Erstbescheides bis . Im Jahr 2006 wurde seitens der Abgabenbehörde keine Verlängerungshandlung betreffend Einkommensteuer 2000 gesetzt, weshalb nach der geltenden Rechtslage bei Einbringung des Wiederaufnahmeantrags im Jahr 2010 bereits Verjährung eingetreten war und eine Antragstellung gemäß § 304 lit. a BAO nF nicht mehr zulässig war. Wie oben bereits für die Jahre 1998 und 1999 ausgeführt wurde, ist auch die Frist gemäß § 304 lit. b BAO nF im Jahr 2005 abgelaufen. Nach der grundsätzlich anzuwendenden aktuellen Rechtslage war daher auch hinsichtlich des Jahres 2000 eine Antragstellung nicht mehr zulässig.

Wenn es durch die Anwendung einer neuen Rechtsalge allerdings zu einer (verfassungswidrigen) Verschlechterung der Rechtsposition des Antragstellers aufgrund der Erledigung der Berufung/Beschwerde erst nach deren Inkrafttreten käme, ist die alte Rechtslage anzuwenden. Es ist somit noch zu überprüfen, ob der Antrag nach der alten Rechtslage fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 304 lit. a BAO idF BGBl. I Nr. 57/2004 ist nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2 BAO) von sieben Jahren zulässig wäre, eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt.

Die siebenjährige Verjährungsfrist verlängert sich durch die Erlassung des Erstbescheides bis . Am wurden die Wiederaufnahmeanträge betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000 vom und abgewiesen. Durch diese Abweisung der Anträge im letzten Jahr der Verlängerung verlängerte sich die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr (vgl. hinsichtlich der Abweisung eines Antrages auf Abänderung nach § 295a BAO) bis Ende 2009.

Im Jahr 2009 stellte der damals zuständige Referent des Unabhängigen Finanzsenats unter Bezugnahme auf die Einkommensteuer des Bf. für die Jahre 1998 bis 2000 mehrere Anträge auf Akteneinsicht an das Landesgericht Linz.

Auch Amtshandlungen (zB. Ermittlungen) der Abgabenbehörde zweiter Instanz konnten zur Fristverlängerung führen (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 209, Rz 9). Die Verjährungsfrist wurde somit durch die Akteneinsichtsersuchen des Unabhängigen Finanzsenats um ein weiteres Jahr, bis verlängert.

Der am eingebrachte Wiederaufnahmeantrag wurde somit hinsichtlich des Jahres 2000 fristgerecht gestellt.

Vorliegen von Wiederaufnahmegründen betreffend die Einkommensteuer 2000

Die Verfügung der Wiederaufnahme erfordert gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO, dass Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Neu hervorgekommen sind solche Umstände, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existent, der Behörde bzw. dem Antragsteller aber nicht bekannt waren. Die neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel müssen entscheidungsrelevant sein, somit geeignet sein, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen (vgl. ; ).

Den Wiederaufnahmegrund bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betroffene Partei. Sie gibt im Wiederaufnahmeantrag an, aus welchen Gründen sie eine Wiederaufnahme für notwendig erachtet. Damit wird die Sache, über die zu entscheiden ist, bei der beantragten Wiederaufnahme durch die Partei im Antrag festgelegt (vgl. Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 BAO § 303 Rz 4). Für die Beurteilung der Frage, ob einem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben ist, sind allein die innerhalb der Antragsfrist von der Partei vorgebrachten Wiederaufnahmegründe maßgebend (vgl. , 0126; , 2001/16/0404).

Für diese ist der Wiederaufnahmewerber behauptungs- und beweispflichtig. (vgl zB ; , 2000/15/0091; , 2006/13/0146; , 2010/15/0144).

Im gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag wird ausschließlich ausgeführt, weshalb der Bf. nicht der wirtschaftlich Berechtigte der ***FL1*** gewesen sei. Die mögliche Stellung des Bf. als wirtschaftlich Berechtigter der ***FL1*** hat allerdings ausschließlich Einfluss auf die in den Jahren 1998 und 1999 versteuerten Einkünfte aus der Veräußerung der Anteile an der ***A1*** Aktiengesellschaft, nicht aber auf die dem Bf. (auch) im Jahr 2000 unstrittig zugeflossenen selbständigen Einkünfte als "Director" der ***A1*** International Ltd.

Selbst wenn also dem Wiederaufnahmeantrag dahingehend zu folgen wäre, dass sich beim in Liechtenstein beschlagnahmten Aktenmaterial keine belastenden Dokumente befänden und der Bf. nicht als wirtschaftlich Berechtigter der ***FL1*** anzusehen gewesen wäre, würde dies nicht zu einem geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 führen, weshalb der Antrag insofern mangels Entscheidungsrelevanz der behaupteten Wiederaufnahmegründe als unbegründet abzuweisen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ; ; , 0126; ) entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100445.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at