Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2021, RV/6100306/2012

Verluste aus der Veräußerung von Indexzertifikaten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Schweden, über die Beschwerde gegen den Bescheid des FA St. Johann Tamsweg Zell am See (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2010 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der Einkommenssteuerbescheid 2010 vom insoweit abgeändert, als die vom Beschwerdeführer sogenannten "rückgängig gemachten Kapitalerträge" iHv. EUR. 24.400,00, die aus Verlusten aus der Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Indexzertifikate am resultieren, mit den in 2010 erzielten Kapitaleinkünften des Beschwerdeführers zu verrechnen sind.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das FA die Einkommenssteuer für 2010 wie folgt fest.

EINKOMMESSTEUERBESCHEID 2010

Gegen den Einkommenssteuerbescheid 2010 vom erhob der steuerliche Vertreter des Berufungswerbers (im Folgenden Beschwerdeführer, kurz: Bf) am das Rechtsmittel der Berufung mit der wesentlichen Begründung, dass das FA einen durch negative Entwicklung eines Aktienindexfonds entstandenen Verlust iHv. EUR. 25.583,75 nicht als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen anerkannt habe. Die gesetzliche Grundlage für die Steuerpflicht von Zertifikaten fände sich im österreichischen Einkommenssteuergesetz im § 27 Abs. 2 Z. 2. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehörten auch … "der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabepreis eines Wertpapieres und dem im Wertpapier festgelegten Einlösungswert…". Es fände sich kein Hinweis darauf, Negativeinkünfte nicht zu berücksichtigen. Der § 27 Abs. 2 Z. 5 führe weiters aus: Zu Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch: "Bei Kapitalvermögen im Sinne des Abs. 2 Z. 2 EStG anteiligen Kapitalerträge auch insoweit, als sie im Erlös aus der Veräußerung der Einlösung eines Wertpapieres berücksichtigt werden (BGBl. I 2003/71)". Eine Nichtanerkennung eines negativen Unterschiedsbetrages im Rahmen der Einkunftsart Kapitalvermögen würde zu einer groben Verzerrung, die im Widerspruch zu den Grundprinzipien des Steuerrechts stünden, führen. Es werde daher beantragt, den o.a. Verlust (Unterschiedsbetrag) iHv. EUR. 25.583,75 anzuerkennen.

Mit Bescheid vom hob das Finanzamt (kurz: FA) den Einkommenssteuerbescheid 2010 vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf und setzte die Einkommenssteuer 2010 - unter Herausrechnung der ausländischen Pensionsbezüge (gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Schweden) - wie folgt neu fest:

EINKOMMENSSTEUER 2010

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das FA die Berufung vom als unbegründet ab und führte wie folgt aus: Mit Bescheid vom sei die Einkommenssteuer für das Jahr 2010 iHv. EUR. 28.149,67 festgesetzt worden. Gegen diesen Bescheid sei mit der Begründung berufen worden, dass bei der Veranlagung ein Verlust aus dem Verkauf (Tilgung) eines Aktienindexzertifikates nicht berücksichtigt worden wäre. Mit Bescheid vom sei die Einkommenssteuer für das Jahr 2010 nach Aufhebung des Bescheides vom gemäß § 299 Bundesabgabenordnung (BAO) in Höhe von
EUR. 22.524,95 festgesetzt worden. Der Verlust aus dem Verkauf (Tilgung) des Aktienindexzertifikates sei wiederum nicht in Ansatz gebracht worden. Gemäß § 274 BAO gelte die Berufung vom daher auch gegen den Bescheid vom gerichtet.
Wie der Aktenlage zu entnehmen sei, sei im Jahr 2010 aus dem Aktienindexzertifikat "SHBO 1119B" ein Verlust iHv. EUR. 25.583,76 erzielt und dieser Verlust bei Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen (KZ 754 der Einkommenssteuererklärung) durch den Berufungswerber beantragt worden. Das FA habe diesen negativen Kapitalertrag (Verlust) aus der Berechnung jedoch ausgeschieden und die Einkünfte aus Kapitalvermögen um EUR. 25.583,76 auf gesamt EUR. 123.866,53 erhöht. Dieser Betrag von EUR. 123.866,53 sei der Veranlagung der Einkommenssteuer für das Jahr 2010 sowohl im Bescheid vom als auch im Bescheid vom zu Grunde gelegt worden.

Zum Berufungsvorbringen werde ausgeführt:
Unterschiedsbeträge von Indexzertifikaten seien im Jahr 2010 generell gemäß § 27 Abs. 2 Z. 2 EStG und Stückzinsen gemäß § 27 Abs. 2 Z. 5 EStG steuerpflichtig. Steuerpflichtige Kapitalerträge ergäben sich dabei im Rahmen der Einlösung oder Veräußerung. Wertveränderungen unter dem Emissionskurs (Negativerträge) gehörten hingegen nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (Marschner in Jakom 2010, § 27 Rz 127).

Dagegen erhob der steuerliche Vertreter des Bf via Finanzonline gemäß § 276 Abs. 2 BAO den Vorlageantrag an die Behörde zweiter Instanz (nunmehr Bundesfinanzgericht).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf ist schwedischer Staatsbürger und hatte von ***3*** bis ***4*** seinen Hauptwohnsitz in ***1*** (Österreich). Der Bf ist nach dem ***4*** wieder nach Schweden verzogen.

Im Jahr 2010 erzielte der Bf anhand seines Depots bei der "***2***" aktenkundig Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv. EUR. 123.866,53. Am veräußerte der Bf die von ihm auf dem Sekundärmarkt am um EUR. 2.244.000,00 (20.000 Stk. à EUR. 112,20 [Emissionswert EUR. 100,00])erworbene Aktienindexzertifikate "SHBO 1119b" (um EUR. 2.000.000,00 [20.000 Stk. à EUR. 100,00] und realisierte dadurch einen Verlust iHv. EUR. -244.000,00.

2. Beweiswürdigung

Der erhobene Sachverhalt gründet auf den vorliegenden Akteninhalt, einschließlich der vom Bf für 2010 vorgelegten Einkommenssteuererklärung sowie den vom erkennenden Gericht vorgenommenen Finanzdatenbankenabfragen.

3. Rechtliche Beurteilung

Fett Hervorhebungen erfolgen durch das erkennende Gericht

Art. 2 Abs. 1 des Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (kurz: Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweden), BGBl 39/1960, in der beschwerderelevanten Fasssung BGBl. III 55/2010, legt fest:
Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der beiden Staaten Einkünfte, für die in diesem Abkommen keine Regelung getroffen ist, so hat nur dieser Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweden
bedeutet im Sinne dieses Abkommens der Ausdruck
"eine Person mit Wohnsitz in einem der beiden Staaten" eine natürliche oder juristische Person, die nach dem Rechte dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres gewöhnlichen Aufenthaltes, des Ortes ihrer tatsächlichen Leitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

Art. 2 Abs. 3 des Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweden legt fest:
Ergibt sich nach den Bestimmungen des Absatzes 2 für eine natürliche Person ein Wohnsitz in beiden Staaten, so ist der Wohnsitz im Sinne dieses Abkommens wie folgt zu ermitteln:

a) Der Wohnsitz einer natürlichen Person gilt als in dem Staat gelegen, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt ihr Wohnsitz als in dem Staat gelegen, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);

Art. 10 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Schweden), legt fest:
Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der beiden Staaten Dividenden, die von einer Kapitalgesellschaft mit Wohnsitz in dem anderen Staat gezahlt werden, so hat vorbehaltlich des Absatzes 2 nur der Wohnsitzstaat des Dividendenempfängers das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte.

Gemäß Art. 10 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich Schweden
dürfendiese Dividenden jedoch auch in dem Staat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ihren Wohnsitz hat, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Empfänger der Dividenden der Nutzungsberechtigte ist, nicht übersteigen:

b) 10% des Bruttobetrags der Dividenden in allen anderen Fällen.

Gemäß Art 10 Abs. 8 des Doppelbesteuerungsabkommens Österreich Schwedenbedeutet der in diesem Artikel verwendete Begriff "Dividende" Einkünfte aus Aktien, Genußaktien oder Genußscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder anderen Rechten - ausgenommen Forderungen - mit Gewinnbeteiligung sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Kapitalgesellschaft ihren Wohnsitz hat, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind.

Gemäß Art 1 der Vereinbarung
zwischen dem Bundesminister für Finanzen der Republik Österreich und dem Schwedischen Finanzministerium über die Durchführung der Steuerentlastung bei Dividenden und Zinsen (kurz: Doppelbesteuerung - Entlastung bei Dividenden und Zinsen [Schweden]), in der geltenden Fassung BGBl 298/1972,
gelten als Steuern von Dividenden und Zinsenim Sinn der Art 10 und 10A des Abkommens derzeit:

a) in Österreich die Kapitalertragsteuer samt Zuschlägen (österreichische Quellensteuer)

b) in Schweden die Kuponsteuer auf Aktiendividenden und die staatliche Einkommensteuer auf Dividenden von Genossenschaftsanteilen.

Gemäß Art. 1 Abs. 2 Doppelbesteuerung - Entlastung bei Dividenden und Zinsen (Schweden)
hat der Empfänger von Dividenden und Zinsen, die in einem der beiden Staaten einer der in Absatz 1 genannten Steuern unterliegen, Anspruch auf die in den Artikeln 10 und 10A des Abkommens vorgesehene Entlastung von dieser Steuer, sofern er im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einkünfte seinen Wohnsitz im Sinne von Artikel 2 des Abkommens im anderen Staat hat.

Gemäß Art. 1 Abs. 3 Doppelbesteuerung - Entlastung bei Dividenden und Zinsen (Schweden)
steht der Anspruch auf Steuerentlastung nur jenen Personen zu, die im Zeitpunkt der Fälligkeit der Dividenden und Zinsen das Recht zur Nutzung der diese Erträge abwerfenden Kapitalanlagen besaß.

Das Einkommensteuergesetz (EStG 1988), BGBl. 400/1988, in der beschwerderelevanten Fassung lautet auszugsweise:

Gemäß § 27 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch: Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert eines Wertpapiers und dem im Wertpapier festgelegten Einlösungswert, wenn diese 2% des Wertpapiernominales übersteigen. Die Freigrenze von 2% gilt nur für Wertpapiere, bei denen die übrigen Zinsen laufend ausbezahlt werden. Im Falle des vorzeitigen Rückkaufes tritt an die Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis.

Gemäß § 27 Abs. 2 Z. 5 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch:
Bei Kapitalvermögen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 sowie im Sinne des Abs. 2 Z 2 und 3 die anteiligen Kapitalerträge auch insoweit, als sie im Erlös aus der Veräußerung oder der Einlösung eines Wertpapiers berücksichtigt werden.

Gemäß § 95. Abs. 6 EStG 1988sind von dem zum Abzug Verpflichteten die entsprechenden Beträge an Kapitalertragsteuer gutzuschreiben, wenn Kapitalerträge rückgängig gemacht werden. Die gutgeschriebene Kapitalertragsteuer darf die von den rückgängig gemachten Kapitalerträgen erhobene oder zu erhebende Kapitalertragsteuer nicht übersteigen.

Die Bundesabgabenordung (BAO),
BGBl. 194/1961, in der beschwerderelevanten Fassung lautet auszugsweise:

Gemäß § 240 Abs. 1 BAO ist der Abfuhrpflichtige bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

Gemäß § 240 Abs. 3 BAOhat auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,

b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

ERWÄGUNGEN:

Der Bf begehrte im Beschwerdeverfahren streitgegenständlich seine Verluste iHv. EUR -244.000,00 aus dem am getätigten Verkauf seiner (in den Sachverhaltserhebungen bezeichneten) Indexzertifikate mit seinen in 2010 (anhand ausländischen Depots bei der "***2***") erzielten und vom FA festgesetzten Kapitaleinkünften iHv. EUR. 123.866,53 aliquot zu verrechnen. Dies dergestalt, als er begehrte von seinen Verlusten iHv. EUR. -244.000,00 aus dem Verkauf der bezeichneten Indexzertifikate die (vorausbezahlte - nach dem Doppelbesteuerungsabkommen Österreich/Schweden reduzierte) Kapitalertragssteuer von 10% herauszurechnen und die herausgerechnete Kapitalertragssteuer von den Kapitaleinkünften 2010 iHv. EUR. 123.866,53 abzuziehen. Nach der Rechnung des Bf sollten sohin EUR. 25.583,75 von den Kapitaleinkünften iHv. EUR. 123.866,53 abgezogen werden, womit im Jahr 2010 entgegen der Auffassung des FA nicht EUR. 123.866,53 der österreichischen Kapitalertragsbesteuerung unterlägen, sondern nur EUR. 98.282,78.

Entgegen den Erhebungen des FA gelangt das erkennende Gericht in den obigen Sachverhaltsfeststellungen zu dem Ergebnis, dass die beim Bf eingetretenen Verluste aus dem Verkauf der verfahrensgegenständlichen Indexzertifikate nicht das Stammvermögen der Indexzertifikate betrafen, sondern der Bf durch den Verkauf der Zertifikate lediglich Verluste erlitt, die den Emissionswert (Ausgabewert) der Indexzertifikate nicht unterschritten. Dementsprechend gilt für die Besteuerung der verfahrensgegenständlichen Indexzertifikate Folgendes:

"Wertzuwächse von Indexzertifikaten stellen nach der Judikatur Einkünfte aus Kapitalvermögen iSd. § 27 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 dar(vgl. ). Allerdings liegen nach Ansicht der Finanzverwaltung nur dann Kapitaleinkünfte vor, wenn die Wertsteigerung über dem seinerzeitigen Emissionswert des Zertifikates stattfindet (mit ausführlichen Nachweisen: Papst, Indexzertifikate: Wertverluste vor dem BBG 2011, RdW 2011/379, 366).

Dasselbe gilt für die Verlustverwertung von Indexzertifikaten: Wird durch die Wertverluste der seinerzeitige Emissionswert nicht unterschritten, können diese Wertverluste durch den Steuerpflichtigen nach der Rechtslage vor dem BBG 2011 in Form von sogenannten rückgängig gemachten Kapitalerträgen 'verwertet' werden (Papst, Indexzertifikate: Wertverluste vor dem BBG 2011, RdW 2011/379, 366).

Sind Indexzertifikate auf einem ausländischen Depot hinterlegt, darf dies am grundsätzlichen Besteuerungsregime nichts ändern.Allerdings besteht bei ausländischen Depots nicht die Möglichkeit eines KESt-Abzuges. Daher sind die realisierten Einkünfte aus den Wertsteigerungen über dem seinerzeitigen Emissionswert im Veranlagungswege der österreichischen Einkommensteuer zu unterziehen. Im Falle des Auslandsdepots kann bei Wertverlusten keine KESt-Rückzahlung iSd § 95 Abs. 6 EStG vorgenommen werden. Auch ein Antrag nach § 240 Abs 3 BAO geht ins Leere, weil dieser nach hA. nur im Zusammenhang mit Abfuhrabgaben zur Anwendung kommen kann. Daher müssen die entsprechenden Wertverluste im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden. Dasjenige Besteuerungsergebnis, das im Inlandsfall durch das System "KESt-Abzug iZm. KESt-Rückzahlung" oder durch einen Antrag nach § 240 Abs. 3 BAO erreicht wird, muss im Auslandsfall im Veranlagungswege erreicht werden. Somit werden im Auslandsfall "negative Kapitaleinkünfte" aus Indexzertifikaten mit positiven Kapitaleinkünften im Rahmen der ESt-Erklärung verrechnet. Die Berücksichtigung dieser "negativen Kapitaleinkünfte" im Auslandsfall hat den gleichen Effekt wie eine KESt-Rückzahlung aufgrund von § 95 Abs 6 EStG oder § 240 BAO im Inlandsfall: Es wird periodenübergreifend nur derjenige Betrag der Einkommensteuer unterzogen, der über das ursprünglich eingesetzte Kapital hinaus rückgezahlt wird (Papst, Indexzertifikate: Wertverluste vor dem BBG 2011, RdW 2011/379, 366-367).

Im Ergebnis war der Bf berechtigt, wie von ihm begehrt - unter Heranziehung des im Art 10 Abs. 2 lit b Doppelbesteuerungsabkommen Österreich/Schweden iVm. Art 1 Doppelbesteuerung - Entlastung bei Dividenden und Zinsen [Schweden] - die Verluste aus der Veräußerung seiner Indexzertifikate aliquot (mit der davon abzuziehenden 10%igen Kapitalertragssteuer) mit seinen in 2010 erzielten Kapitaleinkünften zu verrechnen. Allerdings sind von seinen 2010 erzielten Kapitaleinkünften iHv. EUR. 123.866,53 nicht EUR. 25.583,75 abzuziehen, sondern
EUR. 24.400, 00 (also 244.000,00 x 0,10). Demgemäßerzielte der Bf 2010 unter aliquoter Verlustverwertung aus dem Verkauf seiner Indexzertifikate Kapitaleinkünfte iHv. EUR. 99.466,53.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig, da die im vorliegenden Fall anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig sind und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 2 DBA S (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweden (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 39/1960
Art. 1 DBA S (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweden (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 39/1960
§ 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100306.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at