zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2021, RV/7101271/2019

Keine Angabe eines medizinisch triftigen Grundes für Behandlung in Privatklinik

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Unger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Sepp Zacek, Kaasgrabengasse 1B, 1190 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2017 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In Folge einer Aufhebung nach § 299 BAO wurde der nunmehr hier angefochtene neue Sachbescheid betreffend Einkommensteuer 2016 vom erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides findet sich:

"Aufgrund der berichtigten Erklärung vom wurden Krankheitskosten in Höhe von € 1.487,96 und Begräbniskosten in Höhe von € 3.099,10 berücksichtigt."

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde führt der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers dazu ua aus:

"Von bloßen Wünschen und Vorstellungen oder allgemeinen Befürchtungen weit entfernt, muß mein obiger Mandant für die Behandlungskosten seiner schwer erkrankten Ehefrau aufkommen (Demenz, Alzheimer). Der Umstand, daß Frau ***1*** in Privatkliniken behandelt wird, kann keinen Einfluß auf die Absetzbarkeit der Kosten als außergewöhnliche Belastung haben. Ich habe jedenfalls kein Verständnis für die Haltung des Finanzamtes, das hiervon den allgemeinen Gepflogenheiten abweicht, solche Ausgaben anzuerkennen. Diese sind ja nicht erfunden, sondern im Gegenteil unumgängliche Aufwendungen, um Frau ***1*** ein möglichst menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Ich beantrage daher, sämtliche geltend gemachten Krankheitskosten in Höhe von € 19.544,81 erklärungsgemäß anzuerkennen."

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und begeründete dies ua wie folgt:

"Durch Krankheit verursachte Aufwendungen erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ) ist die Zwangsläufigkeit bei Krankheitskosten, die die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, jedoch nur dann gegeben, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erfolgen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Im Fall einer Brustverkleinerung durch einen Privatarzt hat der , trotz festgestellter medizinischer Indikation die Ausgaben für die Operation nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, da es der Stpfl, zumutbar war, die Voraussetzungen für eine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus zu schaffen. Dazu wird begründend (unter Hinweis auf -F/05) ausgeführt, dass sowohl in der österreichischen Lehre (z.B. bei Doralt, EStG-Kommentar, Tz. 44 zu § 34) als auch in der Rechtsprechung des BFH, die insoweit von Bedeutung ist, als § 33 dEStG dem § 34 öEStG entspricht, die Auffassung vertreten wird, dass Aufwendungen nicht zwangsläufig erwachsen sind, wenn sie durch die zumutbare Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten hätten abgewendet werden können (z.B. BFH vom , ZI. Ill R 30/07). Kosten, die daher bei einer allfälligen Behandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen worden wären, mangelt es daher jedenfalls am Merkmal der Zwangsläufigkeit.

In der Entscheidung vom hält das BFG (RV/2100796/2014) zudem zutreffend fest, dass ein Verweis auf die im ASVG verankerte Möglichkeit der freien Arztwahl, eine somit nach Sozialversicherungsrecht bestehende Wahlfreiheit, dennoch nichts an dem Umstand ändere, dass eine steuerliche Berücksichtigung des über die sozialversicherungsrechtlich gedeckten Kosten hinausgehenden Mehraufwandes nur im Falle des Vorliegens triftiger medizinischer Gründe zulässig ist.

Ob die Berücksichtigung der Kosten bisher richtig beurteilt wurde, hängt davon ab, ob die triftigen medizinischen Gründe, die in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden, nachgewiesen wurden.

Im gegenständlichen Fall wurde nicht dargelegt, dass ernsthafte gesundheitliche Nachteile eingetreten wären, welche sich ausschließlich durch die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung hätten vermeiden lassen. Im Vorlageantrag [gemeint wohl: Beschwerde] wurde diesbezüglich lediglich ausgeführt, dass der Umstand, dass Frau ***1*** in Privatkliniken behandelt werde, keinen Einfluss auf die Absetzbarkeit der Kosten als außergewöhnliche Belastung haben könne und jedenfalls kein Verständnis für die Haltung des Finanzamtes bestünde, welches hier von den allgemeinen Gepflogenheiten abweiche, solche Ausgaben anzuerkennen.

Da aus Sicht der Abgabenbehörde die Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH und des UFS bzw. BFG erfolgte, war spruchgemäß zu entscheiden."

In seinem Vorlageantrag führt der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers ua aus:

"In offener Frist beantrage ich die Vorlage an die Oberbehörde.

Die Begründung in sehr langatmiger und detaillierte Zitatführung ist voll von Annahmen und Vorurteilen.

Die Frau vom Beschwerdeführer ist inzwischen verstorben und ***Bf1*** hat in seiner ehelichen Fürsorgepflicht (ABGB) sehr bewundernswert versucht alles für seine Ehefrau zur Heilung zu mobilisieren.

Dagegen die Abwehrhaltung des Finanzamtes im Posthornton.

Das Finanzamt hat es unterlassen, entsprechende Nachforschungen und Rückfragen zu unternehmen. Ich beantrage die erklärungsgemäße Veranlagung."

Mit Vorlagebericht vom nahm die belangte Behörde die Beschwerde- und Aktenvorlage gemäß § 265 f BAO vor und führte hierin ua aus:

"Stellungnahme:

Vorab wird seitens der Abgabenbehörde auf die ausführliche Begründung zur Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Seitens des Beschwerdeführers wird im Vorlageantrag ausgeführt, dass die Begründung der Abgabenbehörde in sehr langatmiger und detaillierte Zitatführung voll von Annahmen und Vorurteilen wäre und dass die Abgabenbehörde es unterlassen hätte, entsprechende Nachforschungen und Rückfragen zu unternehmen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Abgabenbehörde auf Basis entsprechender Rechtsprechung dargelegt hat, dass im konkreten Fall die Anwendungsvoraussetzungen für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung nicht gegeben sind, da bei Privathonoraren (sowohl bei Ärzten als auch bei Krankenanstalten) das Kriterium der Zwangsläufigkeit gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 EStG 1988 nicht gegeben ist.

Weiters wurde seitens der Abgabenbehörde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens die geltend gemachten Kosten dem Grunde und der Höhe nach erforscht. Der Beschwerdeführer hat auch diesbezüglich nicht angeführt, inwiefern aus seiner Sicht seitens der Abgabenbehörde Ermittlungshandlungen (Nachforschungen, Rückfragen) unterlassen wurden."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall wurden keine triftigen medizinischen Gründe für den - außerhalb der gesetzlichen Sozialversicherung liegenden - Privatklinikaufenthalt der Ehefrau des Beschwerdeführers dargelegt.

Beweiswürdigung

Die im Verfahren seitens des (Vertreters des) Beschwerdeführers vorgebrachten Ausführungen zur strittigen Privatklinikbehandlung sind aktenkundig. Eine von der (unten angeführten) Rechtsprechung geforderte Nachweisführung zum Vorliegen der Zwangsläufigkeit eben jener Klinikauswahl- und behandlung ist diesen aktenkundigen Vorbringen nicht zu entnehmen.

Zudem tritt hinzu, dass sich auch gegen die ausdrücklichen und unmissverständlichen behördlichen Feststellungen der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageberichtes, denen beiden Vorhaltscharakter zukommt (vgl bereits Stoll, BAO-Kommentar, 2713 samt Judikaturnachweisen und zB ), keinerlei substantielle Entgegnungen des Beschwerdeführers samt (nachgeholter) Beweismittel finden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 34 EStG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des AbgÄG 2012 (BGBl I 2012/112) lautete auszugsweise:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann."

§ 34 Abs 3 EStG macht den Anspruch auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung davon abhängig, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwächst; dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Dabei ist die Zwangsläufigkeit des Aufwandes stets nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl ; ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ; ) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung oder für die medizinische Betreuung eines unterhaltsberechtigten Angehörigen erwachsen, auch dann zwangsläufig anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, dies jedoch nur, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen anfallen (vgl dazu bereits ; in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall waren die triftigen medizinischen Gründe durch den behandelnden Arzt und den Gutachter hinreichend und im dort angefochtenen Bescheid unwiderlegt aufgezeigt). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (vgl auch Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20, ABC der außergewöhnlichen Belastungen - Stichwort: Krankheitskosten).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer diesen von der Rechtsprechung geforderten konkreten Nachweis im Verfahren nicht erbracht.

Wenn die belangte Behörde daher nicht die beantragten Kosten für den Privatklinikaufenthalt seiner Ehefrau als außergewöhnliche Belastung des Beschwerdeführers anerkannt hat, so stand dies im Einklang mit der Rechtslage und der hierzu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den Erkenntnissen vom , 85/14/0149; , 85/14/0181; , 87/14/0116; und , Ra 2021/15/003119, zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101271.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at