Anteile einer Casino-Angestellten am Tronc (Trinkgeldkasse) als Teil des Bruttoarbeitslohnes
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde gegen den Bescheid des (damaligen) Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BFStNr***, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe betragen (gegenüber der Beschwerdevorentscheidung unverändert):
Einkommen 2019: 41.597,72 €; festgesetzte Einkommensteuer: 8.424,00 €.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
1. Die im Inland wohnhafte Beschwerdeführerin war im Streitjahr 2019 - als Grenzgängerin - im Casino X (Fürstentum Liechtenstein) nichtselbständig tätig. Ihr Aufgabenbereich als "Casino Hostess" umfasste Tätigkeiten als Kellnerin, aber auch Reinigungsarbeiten, das Leeren von Aschenbechern, die Einteilung anderer in diesem Bereich tätigen Arbeitnehmer sowie Hausmeisterarbeiten.
2. Im Arbeitsvertrag mit der Casino X Aktiengesellschaft vom 27./ war ein monatliches Grundgehalt von 4.100 CHF brutto (zuzüglich Sonderzahlungen im Juni und November, jeweils in Höhe des halben Grundgehaltes) vereinbart worden. Nach Punkt 4. des Arbeitsvertrages hatte die Beschwerdeführerin zusätzlich Anspruch auf einen Anteil am Tronc, welcher sich nach dem jeweils geltenden Tronc-Reglement der Spielbank richtete. Weiters wurde in diesem Vertragspunkt festgelegt, dass der Anteil am Tronc "als Teil des Bruttolohnes gilt".
In den Monaten Jänner bis August 2019 hat die Beschwerdeführerin aus dem Tronc durchschnittlich rund 300 CHF pro Monat erhalten.
Ab Juli 2019 wurde ihr Grundgehalt von 4.100 CHF auf 4.500 CHF erhöht; Anteile am Tronc sind in den Lohnabrechnungen ab September 2019 nicht mehr enthalten.
3. Von den Bruttobezügen, bestehend aus Grundgehalt sowie den Anteilen am Tronc, hat die Arbeitgeberin eine Quellensteuer von 4 % einbehalten.
Beweiswürdigung
Der Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin ergibt sich aus den Vorhaltsbeantwortungen vom 16.8. und . Die Zusammensetzung des Monatsgehalts ist den monatlichen Lohnabrechnungen zu entnehmen, in denen Monatslohn und Tronc jeweils gesondert ausgewiesen wurden. Aus den Lohnabrechnungen (sowie aus dem Jahreslohnausweis) ist auch die Höhe der jeweils einbehaltenen Quellensteuer ersichtlich.
Verfahrensgang
1. Im Einkommensteuerbescheid 2019 vom wurden die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit - ausgehend von Bruttobezügen von umgerechnet 51.673,55 € (58.357 CHF laut Jahreslohnausweis der Casino X Aktiengesellschaft) - mit 44.676,13 € angesetzt.
Auf die Einkommensteuer wurde die ausländische Quellensteuer von umgerechnet 2.066,69 € (2.334 CHF laut Jahreslohnausweis) angerechnet.
2. In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 wendete die Beschwerdeführerin ein, dass Sonderzahlungen nicht berücksichtigt worden seien.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde hinsichtlich der Besteuerung der Sonderzahlungen (von insgesamt 4.300 CHF, nach Abzug der anteiligen Sozialversicherungsbeiträge von 525,28 CHF: 3.774,72 CHF, d.s. umgerechnet 3.342,41 €) Folge. Das im Erstbescheid abgezogene Pendlerpauschale wurde berichtigt.
4. Mit Eingabe vom ersuchte die Beschwerdeführerin um nochmalige Überprüfung und Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2019. Trinkgelder, welche bei anderen Arbeitnehmern überhaupt nicht ersichtlich würden, seien durch die Darstellung am Lohnzettel messbar und somit auch besteuert worden. Dies widerspreche der Gleichbehandlung.
5. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
6. Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin u.a. um eine detaillierte Beschreibung ihrer Tätigkeit im Casino X ersucht. Dazu wurde mit E- Mail vom mitgeteilt, die Beschwerdeführerin sei für die Betreuung der Casinogäste zuständig gewesen. Mit E-Mail vom wurde diese Tätigkeit näher beschrieben.
Rechtslage
1. § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung) lautet:
Ortsübliche Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von dritter Seite freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist, sind von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt nicht, wenn auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Arbeitnehmern die direkte Annahme von Trinkgeldern untersagt ist.
2. Das liechtensteinische Geldspielgesetz vom , Liechtensteinisches Landesgesetzblatt Nr. 235/2010, enthält in Abschnitt I Art. 32 folgende Regelung:
1) Trinkgelder, die für einen von der Spielbank festgelegten Kreis der Angestellten bestimmt sind, sind in die speziell dafür vorgesehenen Behälter (Tronc) einzulegen und mit gesonderter Abrechnung zu erfassen und zu belegen. Sie sind nicht Bestandteil des Bruttospielertrages. Die Spielbank legt die Verteilung des Tronc in einem Reglement fest.
2) Individuelle Trinkgelder und Zuwendungen anderer Art dürfen ausschließlich die Mitarbeiter im persönlichen Dienstleistungsbereich annehmen, insbesondere das Restaurant- oder Garderobenpersonal.
Erwägungen
1. Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 erfasst Trinkgelder, die dem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung vom Kunden zugewendet werden. Charakteristika des Trinkgeldes sind somit die Abhängigkeit vom freigebigen Kundenverhalten, der unmittelbare Zusammenhang mit dem persönlichen Einsatz des Dienstnehmers und ein fehlender Rechtsanspruch aus dem Dienstverhältnis (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, Rz 197 zu § 3, mit Hinweis auf , sowie ). Das im Beschwerdefall angewendete Verteilungssystem, bei dem die im Tronc gesammelten Trinkgelder im Rahmen der monatlichen Lohnabrechnung nach einem von der Spielbank festgelegten Schlüssel an deren Arbeitnehmer ausbezahlt wurden, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Es handelt sich nämlich nicht mehr um Zuwendungen der Kunden an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass einer von diesen Personen erbrachten Dienstleistung. Auf Grund des Arbeitsvertrages hatte die Beschwerdeführerin vielmehr einen Rechtsanspruch gegenüber der Casino X Aktiengesellschaft als Arbeitgeberin auf einen Anteil am Tronc, der Teil ihres Bruttolohnes war und als solcher der Einkommensteuer unterlag.
2. Für sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), die der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber erhält, ist in § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 eine begünstigte Besteuerung vorgesehen. In der Beschwerdevorentscheidung wurden die Sonderzahlungen von umgerechnet 3.342,41 € (siehe oben Punkt III.3) gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 um den Freibetrag von 620 Euro vermindert und auf den verbleibenden Betrag ein Steuersatz von 6 % angewendet.
Hingegen stellen die Anteile der Beschwerdeführerin am Tronc laufende Bezüge dar, die dem Normaltarif (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) unterlagen.
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die oben (Punkt V) dargestellten Rechtsfolgen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten sich im Beschwerdefall nicht.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100291.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at