Gebrauchsabgabe für die Benutzung von öffentlichem Grund ohne Gebrauchserlaubnis durch Ladenvorbau
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***MA*** vom betreffend Festsetzung der Gebrauchsabgabe nach Nutzung ohne Gebrauchserlaubnis für das Abgabenjahr 2016, GZ. MA xyz, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Mit Bescheid vom , GZ. Erstbescheid, schrieb die belangte Behörde gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft (in der Folge abgekürzt Bf) für die Benutzung des öffentlichen Grundes bzw des darüber befindlichen Luftraumes ohne Gebrauchserlaubnis durch die Belassung eines Ladenvorbaus vor der Liegenschaft in Grundstücksadresse gemäß § 9 Abs. 1a und § 10 Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) eine Abgabe iHv 236,50 Euro für das Abgabenjahr 2016 vor.
Die Abgabe wurde wie folgt berechnet: 1 Ladenvorbau mit 38 m² Schaufläche (37 x 6 Euro + 1 x 14,50 Euro =) 236,50 Euro.
Zur Begründung wurde auf den Wortlaut der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1a und 10 Abs. 2 GAG verwiesen. Im Zuge eines Ortsaugenscheins der zuständigen Magistratsabteilung am sei die oben angeführte Übertretung festgestellt worden. Da seitens der Bf keine entsprechende Gebrauchserlaubnis bestanden habe, sei die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft am fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung brachte die Bf vor, die belangte Behörde habe mit separater Post auch die Hausinhabung des Hauses Grundstücksadresse in Kenntnis gesetzt, dass diese Abgaben der Mieterin des gegenständlichen Bestandobjektes, Frau C.A., bereits vorgeschrieben und von ihr nicht beglichen worden seien. Dies bedeute, dass die Behörde sowohl Frau C.A. als auch der Bf dieselben Abgaben vorgeschrieben und zur Zahlung eingefordert habe. Diese Vorgehensweise bedeute den Versuch, den gleichen Abgabenbetrag doppelt einzufordern, was rechtlich keinesfalls gedeckt sei.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde - nach Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens wegen Nichtvorliegens einer Vollmacht iZm der Einbringung des Rechtsmittels - mit Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe ab, dass zum Spruch des angefochtenen Bescheides zur Wendung "im Abgabenjahr 2016" die Wendung "vom 19.11. bis " angefügt wird.
Zur Begründung hielt die Magistratsabteilung auszugsweise wie folgt fest:
"Sachverhalt:
Aus im Internet von jedermann einsehbaren Fotos, Vorakten und einem Ortsaugenschein am ist nachvollziehbar und unbestritten seit jeher an der Fassade am Geschäftslokal in Grundstücksadresse ein Portal im im Spruch näher bezeichneten Ausmaß angebracht.
Nach dem Verzeichnis der Wirtschaftskammer Österreich ist seit bis heute am Standort ein Handelsgewerbe beschränkt auf den Kleinhandel von Frau C.A. aufrecht.
Nach einer vorgelegten Übersetzung eines Firmenregisterauszugs war die Firma G-Kft., FN Sopron Ungarn 123, gegründet als Gesellschaft mit beschränkter Haftung, am mit diversen Handelsgewerben und dem Geschäftsführer Herrn Dr. G.A. und dessen Zustelladresse in Ort eingetragen.
Nach dem Verzeichnis der Wirtschaftskammer Österreich ist seit am Standort ein Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe der ***Bf1***, FN xxxxxxy, (in der Folge Beschwerdeführerin) aufrecht, deren vertretungsbefugte Gesellschafterinnen Frau C.A. und die G-Kft., vertreten durch deren Geschäftsführer Dr. G.A., sind.
2007 war von der Behörde die letzte Gebrauchserlaubnis nach Verzicht von Frau C.A. zu löschen und jahrelang wurde vermieden, einen Antrag um eine Gebrauchserlaubnis einzubringen, und 2008-2012 wurde eine Gebrauchsabgabe für das Portal nicht entrichtet.
Seit 2013 regelt § 9 Abs. 1a GAG die Festsetzung von Gebrauchsabgaben nach Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis. Gebrauchsabgaben je für die Jahre 2013, 2014, 2015 bzw. 2017 wurden in anderen Verfahren eingefordert.
Eine Gebrauchserlaubnis auf Antrag der G-Kft., einer Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, im Jahr 2015 war mit Zustellproblemen behaftet und verlief ergebnislos.
Von der Buchhaltungsabteilung wurde der Behörde mitgeteilt, dass am die Gebrauchserlaubnis gemäß § 4 Abs. 6 GAG erloschen sei, da die Gebrauchsabgabe trotz Mahnung nicht spätestens sechs Monate nach Fälligkeit entrichtet war. Vom 19.11. bis wurde ohne Gebrauchserlaubnis gebraucht.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 46, vom , Erstbescheid, wurde der im Spruch näher bezeichnete Bescheid, mit dem die Gebrauchsabgabe für das Portal wegen Gebrauchs ohne Gebrauchserlaubnis festgesetzt wurde, erlassen. Der Bescheid wurde am durch persönliche Übernahme zugestellt.
In einem am zur Post gegebenen Schreiben erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde: Mit separater Post sei die Hausverwaltung in Kenntnis gesetzt worden, dass Frau C.A. als Mieterin des Bestandobjektes die Gebrauchsabgabe vorgeschrieben worden sei, von dieser aber nicht bezahlt worden sei. Derselbe Abgabenbetrag werde doppelt eingefordert.
Rechtliche Beurteilung:
Mit dem Portal wurde öffentlicher Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, unbestrittenermaßen im Jahr 2016 vom 19.11. bis 7.12. ohne Gebrauchserlaubnis von der Beschwerdeführerin als Inhaber des Geschäftslokals, an dem das Geschäftsportal angebracht ist, gebraucht. Denn dass eine Gebrauchserlaubnis der Festsetzung der Gebrauchsabgabe im Jahr 2016, insbesondere vom 19.11. bis entgegengestanden sei, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Die Beschwerdeführerin hat nicht näher nachgewiesen, glaubhaft gemacht oder wenigstens dargelegt, mit welcher Forderung vom wem welcher Betrag für welchem Gebrauch für welchen Zeitpunkt gefordert wurde. Dass wie behauptet dieselbe Forderung mehrfach gegen verschiedene Personen erhoben wurde, ergibt sich nicht aus dem Vorbringen, ist nach der Aktenlage völlig ohne Grundlage und im Übrigen für die Sache ohne Belang und war nicht weiter zu erheben.
Denn bei einem Wechsel von Gebrauchserlaubnissen im Abgabenjahr ist es ja auch zulässig, Gebrauchsabgaben den "alten" Gebrauchsinhaberlnnen und für einen späteren Zeitraum im Abgabenjahr den "Nachfolgerlnnen" festzusetzen (vgl. etwa § 15 Abs. 2 GAG zur Anrechnung nur im Fall einer Härte bei rechtzeitiger Antragstellung).
Auch § 9 Abs. 1a GAG ist nicht - wie es offenbar die Beschwerdeführerin meint - so geartet, dass die Gebrauchsabgabe für einen Gebrauchsgegenstand in der Art der Jahresabgabe nur einmal im Abgabenjahr eingehoben werden dürfte, auch wenn mehrere Personen nacheinander den öffentlichen Grund gebrauchen.
Nach Auffassung der Behörde kann eine Gebrauchsabgabe am Anfang des Abgabenjahres gemäß § 9 Abs. 1 oder Abs. 1a GAG festzusetzen sein, wenn mit oder ohne Gebrauchserlaubnis ein Gebrauch im Sinne des GAG gegeben war, und dann wiederum, wenn danach ein Gebrauch durch Nachfolgerlnnen später im Jahr ohne Gebrauchserlaubnis gegeben ist (vgl. Anrechnungsbestimmung des § 9 Abs. 1a GAG nur im Fall, wenn nachträglich die Gebrauchserlaubnis erteilt wurde).
Im gegebenen Fall war lediglich die bereits in der Begründung mit angegebene und aus dem Akteninhalt nachvollziehbare Gebrauchszeit im Bescheidspruch zu konkretisieren, und ist die Festsetzung der Gebrauchsabgabe für Gebrauch ab dem im Abgabenjahr 2016 der Beschwerdeführerin als Nutzerin des Geschäftslokals, an dem das Portal angebracht ist, zulässig. Eine allfällige Vorschreibung einer Gebrauchsabgabe für eine davor erloschene Gebrauchserlaubnis und deren Einbringung mit Haftungsbescheid schadet nicht.
Bei nacheinander stattfindender Nutzung verschiedener Personen ist eine mehrmalige Festsetzung der Jahresabgabe gemäß § 9 Abs. 1a GAG im Abgabenjahr zulässig. Demgemäß kann mit der bescheidmäßigen Festsetzung von einer unzulässigen Verdopplung nicht gesprochen werden, weswegen die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen war."
Mit fristgerechter Eingabe vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und führte zur Begründung auszugsweise wie folgt aus:
"Da es sich bei dem bekämpften Bescheid um einen "Nichtbescheid" handelt (da dieser ohne Bezeichnung dessen, an welchen dieser Bescheid gerichtet ist, erlassen wurde, habe ich schon aus rechtlicher Vorsicht (da unser Firmenname im Bescheid angeführt wurde) Beschwerde erhoben, da dieser "Nichtbescheid" grundsätzliche Mängel aufweist.
Laut § 9 Abs. 1a GAG ist eine allfällige Gebrauchsabgabe durch Bescheid festzusetzen. Schon daraus ergibt sich, dass eine entsprechende Gebrauchsabgabe erst nach bescheidmäßiger Festsetzung eingehoben werden kann. Da gegenständlicher Bescheid ein "Nichtbescheid" ist, kann daraus auch keine Pflicht zur Bezahlung erwachsen sein.
Schon der "Sachverhalt" in der Beschwerdevorentscheidung strotzt von Unrichtigkeiten wie folgt:
Zu Abs. 3:
Die Firma G-Kft. ist zu keiner Zeit als Gesellschaft mit beschränkter Haftung irgendwo (es wird keine Stelle genannt, wo diese Firma ab in Österreich eingetragen sein sollte) eingetragen worden.
Letzter Abs.:
Da die Firma G-Kft. nie in Österreich tätig wurde, musste jeder Zustellversuch scheitern. Der erwähnte Bescheid ist wie oben erwähnt ein Nichtbescheid und daher rechtlich nicht relevant.
Rechtliche Beurteilung:
Wie schon in gegenständlicher Beschwerde erwähnt, wurde die Hausverwaltung von der angeblichen Nichtbezahlung irgendwelcher nicht vorgeschriebener Gebrauchsabgaben (es gibt KEINEN rechtskräftigen Bescheid!!!) durch Frau C.A. verständigt. Diese hat ihrem rechtlichen Vertreter diese Causa übergeben und Frau C.A. musste die Kosten dieses Einschreitens in der Höhe von 350 Euro bezahlen.
Ich habe mich keinesfalls über eine Forderung der Gebrauchsabgabe gegen einen Vornutzer beschwert, sondern dass die Behörde für den gleichen Zeitraum (ab und 2017) diese sowohl uns, als auch Frau C.A. und dem Vornutzer G-Kft., Niederlassung Österreich, vorschreibt. Wenn die Behörde identische Gebrauchsabgaben für den gleichen Zeitraum von 3 verschiedenen Personen bzw. Firmen, teilweise mittels Exekution, einfordert, so kann man sehr wohl von einem rechtswidrigen Versuch einer zumindest Verdoppelung der Abgaben sprechen. […]"
Am legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte eine abweisende Erledigung der Beschwerde.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht teilte die belangte Behörde auf ein diesbezügliches Ersuchen des Gerichtes vom mit, dass mit Bescheid des Magistrates vom , GZ. Gebrauchserlaubnis, der G-Kft. antragsgemäß die Gebrauchserlaubnis ab dem Abgabejahr 2015 für einen Ladenvorbau (Portal) in Grundstücksadresse mit 9,10 m Länge, 4,10 m Höhe und 0,28 m Vorsprung erteilt worden sei. Am sei die Nachricht der Buchhaltungsabteilung zum Erlöschen dieser Gebrauchserlaubnis gemäß § 4 Abs. 6 GAG wegen Nichtentrichtung der Abgabe ergangen.
Somit sei bereits Ende 2016 davon auszugehen gewesen, dass ab bis Ende des Jahres 2016 ein Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis gegeben war. Damit sei es zur verfahrensgegenständlichen Nachverrechnung gemäß § 9 Abs. 1a GAG gekommen. Weitere Gebrauchserlaubnisse bzw Nachverrechnungen für das Jahr 2016 seien nicht beschieden worden.
Die Buchhaltungsabteilung teilte dem Bundesfinanzgericht diesbezüglich mit, dass die Gebrauchsabgabe für das Jahr 2016 iHv 236,50 Euro für den erwähnten Ladenvorbau von der beschwerdeführenden Gesellschaft entrichtet wurde. Die gegenüber der G-Kft. vorgeschriebenen Beträge an Gebrauchsabgabe für die Jahre 2015 und 2016 seien hingegen abgeschrieben worden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Im vorliegenden Fall ist die Festsetzung der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2016 iHv 236,50 Euro gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft strittig.
Die Bf wurde mit Gesellschaftsvertrag vom mit Sitz in Ort gegründet und am unter der Firmenbuchnummer xxxxxxy im Firmenbuch eingetragen. Unbeschränkt haftende Gesellschafter waren zum Zeitpunkt der Gründung die G-Kft. mit Sitz im 9400 Sopron, Ungarn, und Frau C.A.. Mit Eintragung im Firmenbuch vom schied Frau C.A. aus der Gesellschaft aus, neuer Gesellschafter wurde Herr Dr. G.A..
Die Bf ist seit zur Ausübung des Gewerbes "Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe" im Standort ***Bf1-Adr***, berechtigt und verfügt ebenfalls seit über eine weitere Betriebsstätte in Grundstücksadresse.
Auf Grund eines Ortsaugenscheins der Magistratsabteilung 46 wurde am vor der Liegenschaft in Grundstücksadresse auf öffentlichem Gemeindegrund, der dem öffentlichen Verkehr dient, die Nutzung eines Ladenvorbaus (9,10 m Länge; 4,10 m Höhe; 0,28 m Vorsprung) festgestellt. Laut Aktenlage der Magistratsabteilung 46 wurde mit diesem Ladenvorbau (Portal) öffentlicher Grund zumindest seit dem Jahr 1983 in Anspruch genommen.
Die Bf nutzt seit das Geschäftslokal an der Liegenschaftsadresse in Grundstücksadresse samt dem damit verbundenen Ladenvorbau.
Mit Bescheid vom , GZ. Gebrauchserlaubnis, erteilte die belangte Behörde der G-Kft. eine Gebrauchserlaubnis für den Ladenvorbau in Grundstücksadresse ab dem Abgabejahr 2015 und schrieb die entsprechenden Abgaben gemäß § 9 Abs. 1 und § 10 Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) vor.
Mit Bescheid vom , GZ. Erstbescheid, wurde der Bf die Gebrauchsabgabe für das Abgabenjahr 2016 betreffend den genannten Ladenvorbau gemäß § 9 Abs. 1a und § 10 GAG vorgeschrieben. In der Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. Beschwerdevorentscheidung, ergänzte die Behörde den Benutzungszeitraum im Bescheidspruch auf bis .
Weitere bescheidmäßige Festsetzungen der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2016 iZm dem verfahrensgegenständlichen Ladenvorbau sind nicht aktenkundig.
Im Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau C.A. als unbeschränkt Haftende der Bf wegen der Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Verkürzung der Wiener Gebrauchsabgabe für das Jahr 2016 hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/7500581/2018, zum Sachverhalt festgestellt, dass die Bf den öffentlichen Gemeindegrund, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr diente, in Anspruch genommen hat, ohne bis zum eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken und die darauf entfallende Gebrauchsabgabe für das Jahr 2016 iHv 236,50 Euro zu entrichten.
Im Haftungsverfahren gegen Herrn Dr. G.A. als Geschäftsführer der G-Kft., Niederlassung Österreich, iZm der Nichtentrichtung der Gebrauchsabgabe für 2015 und 2016 hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/7400139/2018, zum Sachverhalt auszugsweise wie folgt festgestellt:
"Nach der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:
Aufgrund eines Antrages der Fa. G-Kft. vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, der Antragstellerin mit Bescheid vom , GZ. Gebrauchserlaubnis, eine Bewilligung nach dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) für einen Ladenvorbau (Portal) in Grundstücksadresse ab dem Abgabejahr 2015 und setzte gemäß §§ 9 und 10 GAG für die erteilte Gebrauchserlaubnis eine jährliche Gebrauchsabgabe von € 236,50 (ab 2015) fest.
[…]
Der zugrundeliegende Gebrauchsabgabebescheid wurde daher (Anmerkung: mangels rechtswirksamer Zustellung) gegenüber der Primärschuldnerin Fa. G-Kft. nie wirksam (Nichtbescheid).
[…]"
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der vorgelegten Akten sowie die Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes in den Erkenntnissen vom , GZ. RV/7400139/2018, und vom , GZ. RV/7500581/2018.
Dagegensprechende Umstände wurden von der Bf nicht substantiiert vorgebracht und sind im Übrigen auch nicht aktenkundig. Insbesondere wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht, dass seitens der belangten Behörde iZm dem Ladenvorbau bescheidmäßige Nachverrechnungen gemäß § 9 Abs. 1a GAG für das Jahr 2016 sowohl gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft als auch gegenüber Frau C.A. als deren Gesellschafterin erfolgt sind.
Vor diesem Hintergrund sind die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als erwiesen anzunehmen.
Rechtsgrundlagen
Das Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG), LGBl. für Wien Nr. 20/1966, normiert Regelungen zur Nutzung der dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsflächen auf öffentlichem Grund.
Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.
§ 4 Abs. 6 GAG lautet:
Weiters erlischt die Gebrauchserlaubnis - ausgenommen jene nach Tarif A Post 1 bis A Post 4 und B Post 1 bis B Post 8 sofern eine Beseitigung baurechtlich nicht zulässig ist, C Post 1 sowie C Post 1a - , wenn die Abgabe nicht spätestens sechs Monate nach Fälligkeit bzw. nach Ablauf eines bewilligten Zahlungsaufschubes bzw. nach Ablauf einer für die Entrichtung der Abgabe gemäß §§ 212 Abs. 3 und 212a Abs. 7 Bundesabgabenordnung - BAO eingeräumten Nachfrist entrichtet wird.
§ 9 Abs. 1 GAG lautet:
Der Träger einer Gebrauchserlaubnis für öffentlichen Grund in der Gemeinde gemäß § 1, der Träger einer Erlaubnis zum Gebrauch von Bundesstraßengrund und derjenige, der Bundesstraßengrund auf eine im angeschlossenen Tarif angegebene Art gebraucht, für die nach der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich keine Bewilligung erforderlich ist, haben eine Gebrauchsabgabe zu entrichten.
§ 9 Abs. 1a GAG lautet:
Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, sowie derjenige, der nach § 5 zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist und diese nicht nachweislich beseitigt, haben - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.
In den Erläuterungen zu der mit LGBl. für Wien Nr. 11/2013 eingeführten Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG wird festgehalten:
In Zukunft soll die Abgabepflicht auch an den bloßen Gebrauch von öffentlichem Grund der Gemeinde anknüpfen. Wie in anderen Bereichen üblich (z.B. Parkometerabgabe) soll die Abgabe auch für den Zeitraum, in welchem öffentlicher Grund ohne Gebrauchserlaubnis benützt wird, vorgeschrieben werden. Festgestellt wird auch, dass wenn für ein und denselben Gebrauch in ein und demselben Zeitraum ein Antrag auf Gebrauchserlaubnis gestellt und bewilligt wird, die vom Antragsteller bereits nach diesem Absatz entrichtete Gebrauchsabgabe anzurechnen ist.
§ 10 GAG (Form und Höhe der Abgabe) lautet:
(1) Die Gebrauchsabgabe wird in zwei Formen erhoben:
a) als bescheidmäßig festzusetzende Abgabe. Zu dieser gehören die einmaligen Geldleistungen (einmalige Abgabe), die monatlich wiederkehrenden Geldleistungen (Monatsabgabe) und die jährlich wiederkehrenden Geldleistungen (Jahresabgabe);
b) als Selbstbemessungsabgaben in Hundertsätzen von allen Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden, unter Ausschluss der Umsatzsteuer, der Elektrizitätsabgabe, der Ökostrompauschale, des Ökostromförderbeitrages und der Erdgasabgabe, die nicht zur Bemessungsgrundlage gehören.
(2) Form und Höhe der Gebrauchsabgabe richten sich nach dem angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Tarif. Wird durch die Gebrauchserlaubnis die Errichtung einer baulichen Anlage gestattet, dann erhöht sich die im Tarif angegebene Gebrauchsabgabe um die für die betreffende Fläche (§ 1) zu bezahlenden Grundbesitzabgaben.
(3) […]
§ 15 GAG (Erstattung und Anrechnung) lautet:
(1) Erlischt eine Gebrauchserlaubnis durch Widerruf des Magistrates nach § 4 Abs. 1 bis Abs. 1b vor Ablauf des Abgabenjahres, so hat der Magistrat auf Antrag denjenigen Teil der für dieses Abgabenjahr entrichteten Jahresabgabe zu erstatten, welcher der auf Monate abgerundeten Zeitdauer entspricht, für die die Gebrauchserlaubnis infolge des Widerrufes erloschen ist. Ein solcher Antrag ist spätestens innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Widerrufsbescheides zu stellen. Das gleiche gilt sinngemäß bei einmaligen Abgaben für Erlaubnisse zum kürzeren, nur vorübergehenden Gebrauch sowie bei Monatsabgaben.
(2) Erlischt eine Gebrauchserlaubnis nach § 4 Abs. 3 oder 4 und wird für die gleiche Gebrauchsart eine Gebrauchserlaubnis im gleichen Umfang einem anderen Erlaubnisträger erteilt, so kann auf Antrag dem neuen Erlaubnisträger auf die von ihm zu entrichtende Abgabe die von seinem Vorgänger bereits geleistete Abgabe voll oder teilweise angerechnet werden, wenn die Entrichtung des vollen Abgabenbetrages nach der Lage des Falles eine Härte bedeuten würde. Der Antrag ist innerhalb eines Monates nach Erteilung der neuen Gebrauchserlaubnis zu stellen.
(3) […]
Der dem GAG angeschlossene Tarif lautet in der im Abgabenjahr 2016 anzuwendenden Fassung auszugsweise:
Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben
[…]
B. Jahresabgaben je begonnenes Abgabenjahr
[…]
3. für Ladenvorbauten, portalartige Verkleidungen, aus welchem Material immer,
Portalausgestaltungen in Putz u. dgl. sowie für Portalköpfe und Schaukästen an Gebäuden bzw. Bauwerken für den ersten begonnenen m² der Schaufläche 14,50 Euro, für jeden weiteren begonnenen m² 6 Euro; portalartige Verkleidungen oder Portalausgestaltungen in Putz u. dgl. sind abgabenfrei, wenn sie entweder mit dem übrigen Mauerputz in einer Ebene liegen oder nicht mehr als 7 cm über die Baulinie vorragen;
[…]
§ 93 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Rechtliche Beurteilung
Nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen ist Steuerschuldner der Gebrauchsabgabe der Inhaber einer Gebrauchserlaubnis und jeder, der den der Steuer unterliegenden Grund benützt.
Im gegenständlichen Fall wurde der G-Kft. mit Bescheid vom , GZ. Gebrauchserlaubnis, eine Bewilligung nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz für den streitgegenständlichen Ladenvorbau (auch) für den Zeitraum 2016 erteilt. Diese Firma erfüllte damit den Tatbestand des § 9 Abs. 1 GAG.
Die Wirksamkeit von Erledigungen (und somit deren rechtliche Existenz) setzt aber grundsätzlich voraus, dass sie dem Adressaten bekannt gegeben wird. Vor Bekanntgabe entfaltet zB ein Bescheid keinerlei Rechtswirkungen; ein "Noch nicht-Bescheid" kann daher jederzeit von der Behörde zurückgenommen, abgeändert oder durch eine andere Erledigung ersetzt werden (vgl ; , 94/16/0010, 0011, 0012). Ein Bescheid gehört somit erst mit seiner Erlassung dem Rechtsbestand an () (vgl Ritz, BAO7, § 97 Tz 1).
Mangels ordnungsgemäßer Zustellung wurde der Bescheid vom gegenüber der G-Kft. nie rechtswirksam erlassen. Es handelt sich daher um einen sogenannten Nichtbescheid.
Die mit diesem Bescheid vorgeschriebene Gebrauchsabgabe wurde weder im Festsetzungs- noch im Haftungsverfahren entrichtet. Auch bei ordnungsgemäßer Zustellung wäre die Gebrauchserlaubnis für das Jahr 2016 daher per , dh zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Nachverrechnung gegenüber der Bf, gemäß der Bestimmung des § 4 Abs. 6 GAG wegen längerfristigen Zahlungsverzuges bereits erloschen gewesen.
Die Bf hat hingegen durch den bewilligungslosen Gebrauch der Verkehrsfläche ab als Gebraucher bzw Nutzer des Ladenvorbaus den Tatbestand der Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG erfüllt.
Die Gebrauchsabgabe ist als Jahresabgabe für jedes begonnene Abgabenjahr zu entrichten, unabhängig davon, ob der öffentliche Grund im gesamten Kalenderjahr in Anspruch genommen wurde. Da der Ladenvorbau jedenfalls anlässlich der Besichtigung durch ein Organ der belangten Behörde im Dezember 2016 in den öffentlichen Grund ragte, war die Gebrauchsabgabe für das ganze Jahr 2016 zu entrichten.
Die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe für das Jahr 2016 gegenüber der Bf im Wege der Nachverrechnung ist somit grundsätzlich zu Recht erfolgt.
Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft, dass die Gebrauchsabgabe des Jahres 2016 doppelt oder mehrfach vorgeschrieben worden sei, ist festzuhalten, dass die Gebrauchserlaubnis der G-Kft. gegenüber nie rechtswirksam geworden ist. Für den gegenständlichen Fall kann daher die Beantwortung der Frage, ob die Erhebung der Jahresabgabe gemäß § 9 Abs. 1 GAG neben der Festsetzung der Gebrauchsabgabe gemäß § 9 Abs. 1a GAG für Teile desselben Abgabenjahres zulässig ist, dahingestellt bleiben.
Nach dem festgestellten Sachverhalt wurden hinsichtlich des erwähnten Ladenvorbaus seitens der belangten Behörde auch keine weiteren Gebrauchserlaubnisse erteilt bzw keine weiteren Nachverrechnungen bescheidmäßig festgesetzt. Es war daher nicht von einer - unter Umständen unzulässigen - Doppelbesteuerung oder einem Verstoß gegen den Grundsatz des "ne bis in idem", wonach in ein- und derselben Sache nicht zweimal entschieden werden darf, auszugehen.
Zu den Ausführungen der Bf im Vorlageantrag, wonach es sich bei dem bekämpften Bescheid mangels namentlicher Nennung des Bescheidadressaten um einen Nichtbescheid handeln würde, ist schließlich wie folgt festzuhalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (). Der Adressat kann sich auch aus dem vor dem Spruch befindlichen Adressfeld im Zusammenhang mit der Begründung ergeben (). Ist der Bescheidadressat im Betreff, in der Begründung und in der Zustellverfügung genannt, dann ist es nach dem Gesamtbild der Merkmale der Erledigung unzweifelhaft, dass sie ihm gegenüber getroffen wurde (). Die Zustellverfügung allein reicht hingegen zur Erschließbarkeit des Adressaten nicht aus ().
Im vorliegenden Fall wurde die Bf sowohl im Spruch des bekämpften Bescheides vom als auch im Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom mit ihrer Firma unter Anführung der Firmenbuchnummer namentlich bezeichnet. Zusätzlich wurde in den Zustellverfügungnen dieser beiden Erledigungen ebenfalls die Firma der beschwerdeführenden Gesellschaft genannt.
Im Sinne der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprach die Bezeichnung des Bescheidadressaten sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Beschwerdevorentscheidung den gesetzlichen Erfordernissen des § 93 BAO. Das Fehlen des Namens (der Firma) der Bf im Betreff bzw dem Adressfeld, das sich vor dem Spruch befindet, ist im konkreten Fall ohne Belang und führt nicht zur Qualifikation der Erledigungen als Nichtbescheide.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes auf Grund des Wortlautes der zitierten Bestimmungen des Gebrauchsabgabegesetzes 1966 erfolgte. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
unter Anschluss der vorgelegten Aktenteile
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 10 Abs. 2 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 § 9 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400367.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at