Gewinnzuweisung an gesellschaftsfremde stille Gesellschafterin keine verdeckte Ausschüttung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den seit zuständigen Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Steuernummer ***BF1StNr1***, über die Beschwerde vom gegen jene Abgabenbescheide, die den Haftungsbescheid nach § 9 BAO des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , ausgelöst haben, namentlich gegen die Haftungsbescheide an die ***T***, StNr ***TStNr***, (1.) vom betreffend Kapitalertragsteuer 2000-2004 und (2.) vom betreffend Kapitalertragsteuer 2005-2007 zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 279 BAO - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Bei der ***T*** (in der Folge T) sowie einer an dieser bestehenden atypisch stillen Beteiligung fanden Betriebsprüfungen statt, die in geänderten Gewinnverteilungen und damit geänderten Feststellungsbescheiden sowie davon abgeleitet in geänderten Körperschaftsteuerbescheiden der T mündeten. Darüber hinaus wurden im Ausmaß der geänderten Gewinnfeststellungen verdeckte Ausschüttungen an den Beschwerdeführer (Bf) als Alleingesellschafter der T festgestellt und der T im Haftungsweg dafür Kapitalertragsteuer vorgeschrieben.
Beschwerden (damals Berufungen, § 323 Abs 38 BAO) der T gegen die Feststellungsbescheide und gegen die KESt-Bescheide wurden wegen Verspätung zurückgewiesen. Die Bekämpfung der KöSt-Bescheide scheiterte daran, dass nur die Rechtswidrigkeit der Feststellungsbescheide behauptet wurde. Aufgrund des Konkurses der T wurde für die Kapitalertragsteuer der Bf als Geschäftsführer der T im Haftungsweg (§ 9 BAO) herangezogen. Die Beschwerde dagegen wurde vom Finanzamt abgewiesen, der Vorlageantrag wurde vom BFG wegen Verspätung zurückgewiesen. Wiedereinsetzungsanträge gegen die Zurückweisungen blieben erfolglos.
Aufgrund der vorliegenden Haftung ist der Bf gemäß § 248 BAO aktiv legitimiert, gegen die KESt-Bescheide Beschwerde zu erheben. Die Haftungsbescheide sind am ergangen. Die Beschwerde dagegen und gegen die KESt-Bescheide wurde am und damit rechtzeitig erhoben. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend die KESt-Bescheide erging am . Dagegen wurde am und somit ebenfalls rechtzeitig ein Vorlageantrag gestellt.
Dem angefochtenen Haftungsbescheid vom ist der Bericht vom über die Außenprüfung bei der T (2000-2004) angeschlossen. Zu Tz 5 Verdeckte Ausschüttung lautet die Feststellung: "Der Mehrbetrag, um den die Gewinnzuweisung an die T erhöht wird (siehe Feststellungen zu T & Mitges.), sind als verdeckte Ausschüttung zu werten und somit der Kapitalertragsteuer zu unterziehen. Die KESt wird vom Unternehmen getragen." Als Beilage 1 ist die Begründung zur T und Mitges. beigelegt:
Die T wurde im Jahr 2000 vom Bf als Alleingesellschafter errichtet und aus dem bisherigen Einzelunternehmen (Vertrieb von Telekabelanschlüssen sowie Verkauf von Mobiltelefonen und Vermittlung von Handyverträgen) des Bf Betriebs- und Geschäftsausstattung an die T verkauft. An der T habe sich im Jänner 2001 rückwirkend ab Mai 2000 eine Kapitalgesellschaft als stille Gesellschafterin (in weiterer Folge Stille genannt) mit einer Einlage von 1 Mio Schilling beteiligt. Die Gewinnverteilung habe sich aus dem Verhältnis des Vermögens der T zur Einlage der Stillen ergeben, womit die Stille 93 % und die T 7 % Gewinnanteil erhalten habe. In der Folge habe die Stille im ersten Jahr bereits 8,2 Mio Schilling Gewinnzuteilung erhalten und in den Folgejahren jeweils ein Mehrfaches der bezahlten Einlage.
Ursprünglich sei die Stille zur Beratung beim Aufbau des Onlinegeschäftes hinzugezogen worden, wofür sie eine Finanzierungszusage über 1 Mio Schilling in Form einer stillen Beteiligung zugesagt habe (Vorvereinbarung vom ). Diese Geschäftssparte habe sich jedoch nicht erwartungsgemäß entwickelt, weshalb der Bf auf die Finanzierungszusage und die stille Beteiligung verzichten habe wollen. Da aber der ***2***-Vertrieb sich gut entwickelt habe und dessen Einbeziehung in die stille Gesellschaft ebenso vereinbart gewesen sei, habe die Stille auf ihrer Beteiligung bestanden und sich bereit erklärt, zusätzliche 4 Mio Schilling für die Osteuropa-Expansion als Darlehen zur Verfügung zu stellen (Schreiben der Stillen vom ). Im Vertrag über die stille Gesellschaft im Jänner 2001 wurde neben der bereits erwähnten Gewinnverteilung festgelegt, dass der T für die Geschäftsführung eine Vergütung iHv 2% der Nettoumsätze (mind. 50.000 Schilling) gebühre und die Stille keine Nachschussverpflichtung aus empfangenen Gewinnbeteiligungen wegen späterer Verluste treffe.
Die Kooperation mit der Stillen sei nach den Ausführungen des Bf erfolgt, weil sie bereits die gute Kooperation mit der Telekabelgesellschaft angebahnt habe und der Vorstand der Stillen gute Kontakte nach Tschechien, Ungarn und in die Slowakei gehabt habe, die für eine Expansion genutzt werden wollten.
Für die belangte Behörde sei die vorliegende Gestaltung äußerst ungewöhnlich, weshalb eine erhöhte Mitwirkungspflicht bestehe (Verweis auf Ritz, BAO³, § 115 Tz 13). Auf Vorhalte der Bp sei mit bloßen Behauptungen reagiert worden, die den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprächen. Die behauptete betriebliche Veranlassung der für die T höchst ungewöhnlichen und extrem nachteiligen Gestaltung (insb. Zuweisung von 8 Mio Schilling Gewinn bei 1 Mio Schilling Einlage, davon 3 Mio Schilling bereits vor Einlageleistung, Nichteinhalten anderer vertraglicher Vereinbarungen) sei von der T weder bewiesen noch glaubhaft gemacht worden.
Dass der T ein Geschäftsführungsentgelt zustehe, sei nicht eingehalten worden. Ohne Rechtsanspruch und vor Vertragsunterfertigung sei trotz finanziell angespannter Situation ein Gewinnvoraus von 3 Mio Schilling an die Stille geflossen. Die geplante Ostexpansion sei nicht erfolgt, und die Eröffnung weiterer Filialen sei von der T im Jahr 2000 ohne externen Kapitalbedarf erfolgt. Widersprüche vermag die belangte Behörde auch in Übertragungsvorgängen vom Einzelunternehmen des Bf auf die T erkennen. Gewinne seien Großteils schon vor deren Entstehen ausbezahlt worden und sollen 2001 und 2002 in bar persönlich an den Schweizer Dr. ***1*** [Anm: damals Aufsichtsratsvorsitzender der Stillen] übergeben worden sein. Die Zahlung von 3 Mio Schilling im Jänner 2001 sei nur im Ausmaß von 700.000 Schilling durch eine Abhebung vom betrieblichen Bankkonto gedeckt. Ab 2003 seien die Gewinnanteile der Stillen vom Bf verwendet worden und formal als Auszahlung an die Stille und gleichzeitiges Darlehen von dieser an den Bf behandelt worden.
Ungewöhnlich erscheine weiters, dass den ***2***-Vertriebsrechten, die der Bf zuvor als Einzelunternehmer innehatte, bei der Ermittlung des Gewinnverteilungsschlüssels kein Wert beigemessen wurde, obwohl diese den Hauptumsatz- und -gewinnträger des Unternehmens darstellten. In Summe sei die Gestaltung, obwohl sie zwischen fremden Dritten getroffen wurde, derart ungewöhnlich, dass eine hinreichende betriebliche Veranlassung darin nicht erblickt werden könne. Daraus ergebe sich, dass die dargestellte stille Beteiligung nicht den tatsächlichen Vorgängen entspreche, die dadurch verschleiert werden sollten. Die stille Gesellschaft werde zwar dem Grunde nach anerkannt, aber die Gewinnanteile der Risikoverteilung entsprechend derart angepasst, dass dem Stillen 2 % und der T 98 % des Gewinnes zustehe.
In der Beschwerde bringt der Bf zur Sache vor, es habe keine verdeckte Ausschüttung stattgefunden. Das Geld sei an eine andere österreichische Firma bezahlt und in deren Buchhaltung erfasst worden. Dort seien von der Finanzverwaltungen keinerlei Ermittlungen durchgeführt worden. Eine Ergänzung vom enthält lediglich Ausführungen zu Verfahrensfehlern in den vorangegangenen Beschwerdeverfahren der T und zum Haftungsbescheid.
Die Beschwerdevorentscheidung vom verweist auf die Begründung des angefochtenen Bescheides und ergänzt zur Ungewöhnlichkeit, in unregelmäßigen Abständen seien vom Bf mehrmals 100.000 Schilling vom Konto der T abgehoben und als "Entnahme" gebucht worden. Diese seien im Firmensafe gelagert und sodann von Dr. ***1*** abgeholt worden. Die ab 2003 getätigten "Entnahmen" seien als Darlehen an den Bf behandelt worden, wobei keine schriftlichen Unterlagen zu diesen Darlehen vorliegen. Die behauptete Gefährdung des Basisgeschäftes, die durch die Beteiligung der Stillen hätte verhindert werden sollen, sei nicht gegeben gewesen, wie die Umsatz- und Gewinnentwicklung zeige. Es habe auch nach eidesstattlichen Erklärungen der Vorstandsmitglieder der Stillen keine Verpflichtung seitens des Bf oder der T im Verhandlungszeitpunkt bestanden. Die der Stillen eingeräumten Rechte (ohne Pflichten) und die Gewinnverteilung seien derart fremdunüblich, dass sie nicht betrieblich veranlasst sein könnten, Vereinbarungen seien nicht gelebt worden.
Im Vorlageantrag vom bringt der Bf vor, die als unüblich bezeichnete Gestaltung habe bloß hohe Risken für ihn gebracht, weil nur so auch hohe Erträge erzielbar seien, und ihm sei wichtig gewesen, einen starken strategischen Partner zu finden, um den Gewinn zu maximieren, auch wenn er dafür einen großen Teil abtreten habe müssen. Dass er keinen Geschäftsführer-Bezug sondern lediglich Provisionen erhalten habe, stimme nicht, denn die Provisionen basierten auf den Vertragsabschlüssen, die von den bei der T angestellt gewesenen Mitarbeitern erzielt worden seien, von deren Erfolg abhängig er honoriert worden sei. Zu den Zahlungsflüssen und dass diese nicht bei ihm sondern bei der Stillen geendet hätten, habe die Behörde keinerlei Nachforschungen angestellt.
Im Vorlagebericht vom beschränkt sich die Stellungnahme der Abgabenbehörde darauf, die Abweisung zu beantragen.
Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:
Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Beschwerdesache dem erkennenden Richter per zugeteilt.
Mit Beschluss vom wurde die belangte Behörde aufgefordert, binnen vier Wochen die vollständigen Akten und insbesondere Unterlagen vorzulegen, aus denen sich der Zufluss der festgestellten verdeckten Ausschüttungen an den Bf ergibt; mit dem Vorbringen des Bf, die Gewinnanteile des fremden Stillen seien diesem zugegangen und bei diesem besteuert worden, setze sich die belangte Behörde nämlich nicht auseinander.
Nach mehreren Fristerstreckungsersuchen seitens der belangten Behörde erging am der Beschluss an die belangte Behörde, die am angeforderten Aktenteile bis vorzulegen, andernfalls gemäß § 266 Abs 4 BAO auf Grund der Behauptungen des Bf entschieden werde.
Am legte die belangte Behörde die Veranlagungsakten der T und der atypisch Stillen sowie den Bp-Arbeitsbogen zur Außenprüfung bei der T vor. Aus diesen Unterlagen ergeben sich keine weiteren Erkenntnisse. Auf dem Arbeitsbogen ist vermerkt: "weitere Unterlagen im Arbeitsbogen zu [atypisch Stille]" - ein solcher wurde nicht vorgelegt. Zur Begründung der verdeckten Ausschüttung führt die belangte Behörde aus:
"Die Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttung der Gesellschaft an den Bf. erfolgte von der Betriebsprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung, da das Gesamtbild der vorliegenden Umstände berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt der behaupteten vertraglichen Gestaltung begründete. Gemäß den Feststellungen der Betriebsprüfung wurden vom Bf. laufend große Geldbeträge aus dem Wirkungsbereich der Gesellschaft entzogen, welche als "Entnahmen" in der Buchhaltung der Gesellschaft erfasst wurden. Laut dem ermittelten Sachverhalt der Betriebsprüfung wurden diese Beträge dann in Folge in unregelmäßigen Abständen von dem Schweizer Anwalt Dr. ***1*** abgeholt. Da diese Zahlungen alle in bar erfolgten, und Barentnahmen in den seltensten Fällen Eingang auf einem Bankkonto finden, kann angenommen werden, dass sie keinem bekannten Bankkonto des Bf. zugeflossen sind. Somit ist ein Nachweis anhand von Unterlagen über den Verbleib der Barentnahmen durch den Gesellschafter aus den Mitteln der Gesellschaft kaum zu erbringen. Das Gesamtbild der vorliegenden Umstände lässt jedoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Schluss zu, dass dem Bf. aufgrund seiner Eigenschaft als Gesellschafter ein Vorteil durch die Barentnahmen aus dem Vermögen der Gesellschaft zugekommen ist, da die Gesellschaft einem Fremden Dritten diese Barentnahmen ohne Begründung und ohne jegliche rechtliche Grundlage nicht zugewendet hätte."
Auf die am ergangene Ladung zur beantragten mündlichen Verhandlung hin teilt der Bf mit, er werde der Verhandlung fernbleiben, weil er bereits alles vorgelegt habe und als steuerrechtlicher Laie keine weiteren sachdienlichen Ausführungen tätigen könne. Darüber informiert, blieb auch die belangte Behörde der für anberaumten Verhandlung fern, legte aber im Vorfeld noch einen Handakt vor, der abgesehen von bereits beigebrachten Unterlagen die seinerzeitige Berufung der GmbH (), Korrespondenzen zur Vertragserrichtung, den Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft und die Zahlungsbestätigungen für die bar übergebenen Gewinnanteile enthält.
In der Beschwerde der T GmbH vom wird unter anderem darauf hingewiesen, dass sehr wohl Finanzierungsbedarf bestanden habe, die GmbH habe einen Verlust von ca 405.000 aufgewiesen und Schulden von rund 2 Mio Schilling gehabt. Aufgrund von Schwierigkeiten beim Vertriebspartner ***2*** sei die Zukunftsprognose nicht gut gewesen. Die ***2*** sei Ende der 1990er von ***3*** übernommen worden, die den Vertrieb selbst wahrnehmen wollte. Erst durch das Netzwerk des Stillen habe dies verhindert und die Ertragslage verbessert werden können. Den Vertriebsrechten einen besonderen Wert beizumessen, sei verfehlt, weil auch der Bf diese Rechte im Jahr 1997 kostenlos erhalten habe - ***2*** habe sie einfach dem zuvor Vertriebsberechtigten entzogen. Dass die GmbH die für ihre Geschäftsführung vereinbarte Abgeltung nicht erhalten habe, liege an einem Irrtum der damaligen Sachbearbeiterin; die GmbH habe die Beträge nun von der Stillen eingefordert, die Klärung der Sache stehe noch aus. Die laufende Auszahlung von Gewinntangenten schon vor Jahresende anhand der kurzfristig sich erbebenden Möglichkeiten sei mündlich vereinbart worden; eine solche mündliche Vereinbarung könne nicht dazu führen, dem Vertrag die betriebliche Veranlassung abzusprechen, zumal die vereinbarte Praxis in den Rechenwerken der Gesellschaften nachvollziehbar sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Aufgrund von Kapitalertragsteuerbescheiden, die im Haftungsweg (§ 95 EStG) gegenüber der ***T*** (T) rechtskräftig geworden sind, wurde der Bf als ihr Geschäftsführer für diese Abgabenschulden zur Haftung (§ 9 BAO) herangezogen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt hat bisher nicht stattgefunden, weil sämtliche Bescheide aufgrund verfahrensrechtlicher Fehler in der Sphäre des Bf rechtskräftig geworden sind. Der Bf ist nun gemäß § 248 BAO aktivlegitimiert, gegen die Kapitalertragsteuerbescheide vorzugehen.
Die T ist im Jahr 2000 mit einer österreichischen AG (ab 2004 GmbH) eine stille Beteiligung eingegangen, wobei diese Kapitalgesellschaft als atypisch stille Gesellschafterin am Unternehmen der T beteiligt worden ist. Der Gesellschaftsvertrag ist die Modalitäten der Gewinnentnahme der Stillen betreffend durch mündliche Verabredungen ergänzt worden; vom Gesellschaftsvertrag abweichend unterbliebene Vergütungen der T für die Geschäftsführung wurzeln in Fehlern bei der Verbuchung.
Sämtliche im Rahmen der stillen Gesellschaft getätigten Zahlungen sind steuerrechtlich als Ertrag der stillen Gesellschafterin zugeflossen und nicht dem Bf als Gesellschafter der Geschäftsherrin.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den Parteienvorbringen.
Zwar hat die belangte Behörde die Ungewöhnlichkeit des Gesellschaftsvertrages gerügt, unter anderem, weil bei der Gewinnverteilung der Wert des bisherigen Vertriebsgeschäftes nicht eingerechnet worden ist, doch hat sie keine Berechnungen vorgelegt, wie der Wert dieses Geschäftes zu bewerten gewesen wäre. Nach den Ausführungen des Bf hätten die Vertriebsrechte jederzeit ohne Abgeltungsanspruch entzogen werden können, weshalb ihnen kein eigener Wert beizumessen gewesen wäre; zudem hätte dies nach dem Eigentümerwechsel bei ***2*** auch konkret gedroht, was nur durch Einbeziehung der Stillen habe abgewendet werden können. Damit zeigt der Bf nicht nur auf, weshalb die Vertriebsrechte - nachvollziehbarer Weise - nicht als Wertträger betrachtet wurden; er plausibilisiert damit auch den wirtschaftlichen Grund für die Einbeziehung der stillen Gesellschafterin nach der gewählten Art und Weise, ohne deren Kontakte das Aufrechterhalten der Ertragslage und damit des gesamten Betriebes nicht möglich gewesen wäre.
Wenn die belangte Behörde annimmt, die Gewinnzuweisungen an die Stille seien an den Bf zurückgeflossen, verlässt sie damit selbst nie die Behauptungsebene. Weder konnte ein endgültiger Rückfluss an den Bf erwiesen werden, noch sind bei der Stillen Erhebungen zum Schicksal der Gewinnzuweisungen unternommen oder auch nur versucht worden. Auch, wenn es sich um Barbehebungen gehandelt hat, die naturgemäß weniger leicht nachvollziehbar sind, als Banküberweisungen, ist der Aussage des Bf, die zunächst als Entnahmen bezeichneten Gewinntangenten der Stillen seien dieser zugegangen und in ihrem Rechenwerk erfasst worden, nicht entgegengetreten worden. Auch mit der Verbuchung von durch den Bf empfangenen Gewinntangenten der Stillen bei dieser als Darlehen an ihn hat sich die belangte Behörde nicht näher auseinandergesetzt. Gerade die ab 2003 bei der Stillen verbuchten Darlehensforderungen hätten leicht überprüft und nachvollzogen werden können; sich für den gesamten Prüfungszeitraum auf die fehlende Möglichkeit zu stützen, die Zahlungsflüsse der Barzahlungen 2001-2002 nachvollziehen zu können, reicht für die Annahme eines tatsächlichen endgültigen Rückflusses an den Bf nicht aus.
Die Gestaltung der stillen Gesellschaft mag durch die günstige Stellung der Stillen vorweg ungewöhnlich erscheinen. Das entledigt die belangte Behörde aber nicht jeglicher Ermittlungspflicht. Die Ausführungen des Bf zu den wirtschaftlichen Beweggründen erscheinen nachvollziehbar, zumal es um den Fortbestand des Unternehmens ging. Der Verweis der belangten Behörde auf das gut gehende Geschäft mit dem ***2***-Vertrieb greift zu kurz, wendet der Bf doch ein, ohne die Stille hätte er diesen Vertrieb gar nicht halten können.
Die Stille ist eine im Geschäftsverkehr agierende Gesellschaft. Zwischen deren Gesellschaftern und dem Bf bestehen keine Nahebeziehungen bzw wurden solche auch nie behauptet. Es erscheint nicht plausibel, dass die T fremden Dritten aus nichtbetrieblichen Gründen Vorteile einräumt, und es erscheint auch nicht plausibel, dass gesellschaftsfremde Dritte ohne Nahebeziehung zum Bf sich dafür zur Verfügung stellen, als Missbrauchsvehikel für die T und den Bf zu dienen. Da auch weder Unterlagen existieren, die über die bloße Mutmaßung eines Scheingeschäftes hinausgehen, noch überhaupt Aktenteile vorgelegt wurden, aus denen die Feststellungen hinreichend nachvollziehbar sind, kann den Ausführungen der belangten Behörde nicht gefolgt werden.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird (§ 8 Abs 2 KStG).
Für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Ausschüttung ist u.a. Voraussetzung, dass einem Anteilsinhaber (oder ihm Nahestehenden, vgl etwa mwN), ein Vermögensvorteil aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet wird (; , 96/13/0039).
Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, in welcher Weise dem Bf als Gesellschafter der T ein Vermögensvorteil dadurch zugeflossen wäre, dass der Stillen, die in keiner Nahebeziehung zur T oder zum Bf steht, Gewinne zugewiesen worden sind.
Soweit die Gewinnentnahmen der Stillen in Darlehensform dem Bf zugeflossen sind, wäre zur Annahme einer verdeckten Ausschüttung zudem erforderlich, dass Feststellungen zur Bonität des Bf im Empfangszeitpunkt vorliegen (vgl zB mwN). Doch scheitert die verdeckte Ausschüttung auch hier schon grundlegend daran, dass der allfällige Vorteil nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis der T zum Bf, sondern aus einer Vereinbarung zwischen dem Bf und der gesellschaftsfremden Stillen stammt, zu der seitens des Bf keine Gesellschafterstellung oder andere Nahebeziehung ersichtlich ist.
Es liegt somit keine verdeckte Ausschüttung vor, und aus dem Sachverhalt konnte keine Kapitalertragsteuer erwachsen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105131.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
GAAAC-28755