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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.09.2021, RV/7101237/2013

Nachweispflicht für Umsatzsteuerberichtigungen wegen erklärter Uneinbringlichkeit von Forderungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend die als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung vom , eingebracht am , gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2007 des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vom , zugestellt am ,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) und ihr Ehegatte ***Gatte*** waren langjährig im Baunebengewerbe tätig. Die Eheleute betrieben einen Steinmetzbetrieb mit eigenem Serpentinsteinbruch einschließlich einem Handel mit Steinprodukten sowie die Verlegung von Stein- und Terrazzoplatten.

Die Geschäfte waren auf J.P. und W.P. sowie die ***Bf1*** GmbH aufgeteilt. Auf Grund einer umfassenden Handlungs- und Prozessvollmacht wurden alle maßgeblichen geschäftlichen Belange von J.P. wahrgenommen. Zwischen den Angehörigen wurde das Betriebsvermögen mehrfach ohne plausiblen wirtschaftlichen Grund hin- und her transferiert.

Die Bf. und ihr Ehemann führten jeder ein nicht protokolliertes gewerbliches Einzelunternehmen und ermittelten das Betriebsergebnis durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988.

Zwischen 1988 und 1990 haben die Bf. und J.P. gezielt mehrere große Liegenschaften rund um die beiden x-seen I und II samt Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlage für die Anrainer dieses Gebietes um insgesamt rund 1,9 Mio. Euro erworben. Zeitnah nahmen die Ehegatten in einem aufeinander abgestimmten Vorgehen umfangreiche Immobilienentwicklungen und Immobilienverwertungen vor. Ein wesentliches Geschäftsziel war die Errichtung einer Art "Seewohnpark" als Sommerdomizil und auch zur Eignung für ganzjähriges Wohnen.

Es erfolgten Vermessungen, verwertungsstrategische Liegenschaftsteilungen, die Schaffung kleinflächigrn Bauparzellen und der weitere Ausbau der Infrastruktur. Es wurden Verträge mit Wassergenossenschaften als Vertreter der Anrainer (x-see I/y, x-see II sowie b-see/z) abgeschlossen, in denen für die Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsleistungen Anschluss- und Nutzungsentgelte vereinbart wurden.

Aktenkundig sind die Errichtung von rund 75 Wohngebäuden auf Kleinparzellen von ca. 300m2. Die Bf. trat als Bauherrin der als Superädifikate errichteten Häuser auf. Die Bauausführungen wurden vom Bf. vorgenommen und überwacht.

Die Bf. und J.P. erwirtschafteten mit ihren Immobilien folgende Erlöse:

[...]

Für die Veranlagungsjahre 2000 bis 2006 fand bei der Bf. und ihrem Ehegatten jeweils eine Buch- und Betriebsprüfung statt, die mit BP-Bericht vom abgeschlossen wurde. Dabei wurde u.a. folgender Sachverhalt festgestellt:

Die Bf. hat idR vor einem bevorstehenden Liegenschaftsverkauf das Superädifikat an ihren Ehegatten entgeltlich übertragen und hat dieser hat dann den betreffenden idellen Grundstückteil samt Gebäude an den Dritterwerber verkauft. Dabei hat J.P. systematisch Schwarzgelder gefordert und bar vereinnahmt.

Folgende Schwarzgeldbarzahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Ausbauhäuser auf der Westseite des x-sees II (Bauplatz Gstk 362/23) wurden durch Zeugeneinvernahmen und durch die von ihnen vorgelegten Dokumente eindeutig bewiesen:

[...]

Laut den Angaben der Bf. und ihres Ehegatten, wurde entsprechend der ursprünglichen Geschäftsabsicht der überwiegende Teil der Liegenschaften und Gebäude vermietet. Auch bei den Vermietungen sind Hinweise über Schwarzgeschäfte hervorgekommen und wurden deshalb von der BP Erlöserhöhungen beim Ehegatten der Bf. angesetzt.

Vom FA wurde im Jahr 2008 zum Zwecke der Feststellung der Eigentums- und Nutzungsverhältnisse der Liegenschaften der Bf. und ihres Gatten im Jahr 2008 J.P. niederschriftlich befragt. Dabei wurde folgende Aufstellung ihrer Grundstücke bei den x-seen I und II mit Angabe der Parzelleneinheiten und der Verwendung der Abgabenbehörde vorgelegt:

[...]

Laut schriftlicher Erklärung des StV vom befänden sich im Vermögen der Ehegatten "weit über 100 Badebungalows", die zur Vermietung bestimmt seien. Von den 73 neu errichteten Gebäuden seien schließlich weniger als ein Drittel (nämlich 23 Objekte) verkauft worden. Daraus sei zu ersehen, dass die Vermietung die maßgebende Erwerbstätigkeit der Bf. und ihres Gatten darstelle.

Übersicht über die erklärten Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus dem Betrieb der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Prüfungszeitraum:


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Erlöse 10% lt. Erkl. J.P.
2002
2003
2004
2005
2006
VuV, 10%
5.262
2.267
4.604
4.081
2.301
Abwasserentsorung
22.209
23.758
23.110
37.772
37.434
Mietererlöse 10% lt. Erkl. W.P.
2002
2003
2004
2005
2006
VuV
9.669
13.143
8.449
19.682
25.520
Abwasserentsorung
49.049
46.226
56.101
77.716
80.992

Entsprechend den Feststellungen der Außenprüfung wurden geänderte ESt- und USt-Bescheide für die Jahre 2000 bis 2006 vom erlassen.

Daraufhin wurde von der Bf. trotz mehrmaliger Aufforderung keine Abgabenerklärungen für das Jahr 2007 eingereicht. Aus diesem Grunde mussten vom Finanzamt die Bemessungsgrundlagen für den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom im Wege der Schätzung gemäß § 184 BAO ermittelt werden. Zu diesem Zwecke wurde vom FA auf die im Zuge der Außenprüfung vorgelegten Saldenlisten für das Wirtschaftsjahr 2007 und die abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen 1-12/2007 abgestellt. Die Schätzung basierte daher auf den Angaben der Bf. lt. BH-Saldenliste und UVA. Der Ausdruck dieser Buchhaltungsunterlagen enthielt in zwei Spalten die Saldenlisten für das Wirtschaftsjahr 2007 und das Wirtschaftsjahr 2008 und ist daher erst im Laufe des Jahres 2009 oder 2010 während der Betriebsprüfung erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt muss die Bf. und ihr steuerlicher Vertreter bereits vollständige Kenntnis von allen für die laufende Buchführung und Bilanzerstellung zum relevanten Ereignissen gehabt haben.

Laut der Saldenliste 2007 wurden in der Buchhaltung der Bf. folgende umsatzsteuerpflichtige Geschäftsfälle verbucht und dieser Saldenliste entsprechende Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2007 von der Bf. erklärt:


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Konto
Erlöse 2007 lt. lt. Saldenliste und erkl. UVA
Betrag - €
4020
Erlöse 20% USt
20.181,92
7812
Forderungsabschreibung - USt-Berichtigung 20%
- 6.647,00
Umsätze 20% (lt. UVA € 13.534,92)
13.534,92
4211
Erlöse Wasser 10% USt
84.088,55
4840
Erlöse Mieten 10%
125.778,94
7811
Forderungsabschreibung - USt-Berichtigung 10%
42.696,11
Umsätze 10% lt. Saldenliste (lt. UVA € 166.559,51)
167.171,38

Da im Umsatzsteuerbescheid 2007 die Umsatzsteuer mit € 2.794,14 - entsprechend den erklärten Umsatzsteuervoranmeldungen - vom FA festgesetzt wurde, ergab sich eine Umsatzsteuernachforderung von € 0,00, bzw. eine USt-Gutschrift von € 0,00.

Gegen diesen Umsatzsteuerbescheid 2007 erhob die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter (StV) mit Schreiben vom frist- und formgerecht Berufung und brachte sinngemäß Folgendes vor:

Wegen der noch immer andauernden Außenprüfung könne nur eine vorläufige Bilanz erstellt werden. Die von der Abgabenbehörde im Wege der Schätzung ermittelten Umsätze, bzw. die vorzunehmenden USt-Berichtigungen wegen Forderungsabschreibungen seien nicht in zutreffender Höhe angesetzt worden. Es werde unter Beilage eines Bilanzentwurfes für das Wirtschaftsjahr 2007 beantragt, die Umsatzsteuer auf Grundlage dieses vorläufigen Rechnungsabschlusses festzusetzen. Danach ergebe sich abweichend von den UVA`s eine Umsatzsteuergutschrift von insgesamt - € 514,54, anstatt der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast von € 2.794,14. Es werde beantragt den angefochtenen USt-Bescheid 2007 entsprechend abzuändern.

Während in der Saldenliste, die dem Finanzamt (FA) vorgelegen ist, Abschreibungen von Forderungen 10% USt in Höhe von € 42.696,11 verbucht waren, sind in dem nun vorgelegten "Jahresabschluss-Entwurf 2007" € 72.616,22 ausgewiesen (die Differenz beträgt € 29.920,12 und davon die 10% USt-Berichtigung € 2.992,01. In der vorgelegten Saldenliste sind Abschreibungen betreffend Forderungen 20% USt in Höhe von € 6.647 enthalten, laut dem nunmehrigen Bilanzentwurf betragen diese Forderungsabschreibungen 20% USt € 17.644,38 (die Differenz beträgt € 10.997,38 und die 20% USt-Berichtigung somit € 2.199,47.

Im Ergebnis resultiert daraus im Wesentlichen der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten USt lt. dem angefochtenen USt-Bescheid und der in der Berufung begehrten USt-Gutschrift.

Mit wurde folgender Vorhalt an die Bf. gerichtet:

"Von der Bf. wurde für das Veranlagungsjahr 2007 - trotz mehrfacher Aufforderung durch die Abgabenbehörde - keine Abgabenerklärung betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer eingereicht. Aus diesem Grunde musste vom Finanzamt auf Grundlage einer Schätzung gemäß § 184 BAO der Umsatzsteuerbescheid 2007 erlassen werden. Die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer wurde auf Basis der abgegebenen UVA ermittelt, welche mit der dem FA im Zuge der BP ausgefolgten BH-Saldenliste zum im Wesentlichen übereinstimmt.

Der Berufung vom gegen diese Abgabenbescheide wurde ein "Entwurf des Jahresabschlusses zum " angeschlossen und das Begehren gestellt, die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer entsprechend dieser als "Entwurf" titulierten Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 anzusetzen.

An der Richtigkeit von in diesem Rechenwerk enthaltenen Posten bestehen nach Ansicht des BFG begründete Bedenken, weshalb die nachfolgend angesprochenen Bilanz- und G+V-Posten unter Anschluss der vollständigen Buchhaltungskonten und der vollständigen dazugehörigen Grundbelege vorzulegen und die angesprochenen Sachverhalte im Detail zu erläutern und mit geeigneten Unterlagen nachzuweisen sind.

1. Nachweise zum Konto Mieterträge 10% (KtNr. 4840)

Ein Ausdruck des vollständigen Erlöskontos Mieterträge 10% (Kt. 4840) des Jahres 2007 ist vorzulegen. Dazu ist aufzuschlüsseln von welchen Mietern ((Vor- und Familienname, Anschrift) unter genauer Angabe des vermieteten Objektes, welche Mieterlöse im Jahr 2007 erzielt wurden. Dazu sind die mit diesen Mietern abgeschlossenen Miet- und/oder Pachtverträge vorzulegen. Soweit die Bf. über diese Verträge nicht verfügen sollte, ist durch andere geeignete Unterlagen, der Beginn und das Ende sowie der Gegenstand dieser Vermietungen nachzuweisen.

2. Nachweis der Abschreibung Forderungen 10% (Kt. 7811) und Forderungen 20% (Kt. 7812)

In der der BP vorgelegenen Saldenliste 2007 ist die Abschreibung von Forderungen 10% mit € 42.696,11 enthalten. In dem mit der Berufung im Mai 2011 vorgelegten "Jahresabschluss-Entwurf 2007" wird eine Abschreibung von Forderungen 10% in Höhe von € 70.798,04 behauptet.

Das betreffenden BH-Konto ist vorzulegen. Die Buchungen sämtlicher dieser Geschäftsfälle sind im Detail zu erläutern und der Verlust dieser Forderungen im Geschäftsjahr 2007 durch geeignete Belege zu beweisen.

In der der BP vorgelegenen Saldenliste 2007 ist die Abschreibung von Forderungen 20% mit € 6.647 enthalten. In dem mit der Berufung vorgelegten "Jahresabschluss-Entwurf 2007" wird nun eine Abschreibung von Forderungen 20% in Höhe von € 17.644,38 behauptet.

Das betreffenden BH-Konto ist vorzulegen. Die Buchungen sämtlicher dieser Geschäftsfälle sind im Detail zu erläutern und der Verlust dieser Forderungen im Geschäftsjahr 2007 durch geeignete Belege zu beweisen.

Soweit die erklärten Forderungsverluste dem BFG nicht nachgewiesen werden, können diese weder bei der Einkommensteuer als Aufwand noch bei der Umsatzsteuer als USt-Minderung wegen Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 16 UStG berücksichtigt werden."

Die Bf. nahm mit Schreiben vom unter Anschluss von Beilagen Stellung (BH-Konto 4840 Mieterträge, Kt. 7811 Abschreibung Forderungen 10% USt [unvollständig], Kt. 22910 ***1*** [unvollständig], Kt. 22801 ***2***, Kt. 7812 Abschreibung Forderungen 20% USt ) zu dem Vorhalt wie folgt:

"Das Buchhaltungskonto Mieterträge (Kt. 4840) habe nach der laufenden Buchführung einen Endsaldo von € 125.778,94 aufgewiesen. Wie aus den einzelnen Buchungen ersehen werden könne, hätten eine Vielzahl von Mietverhältnissen bestanden. Im Zuge der Bilanzarbeiten seien noch drei Nachbuchungen (Beilage 1/7) vorgenommen worden, sodass der Endsaldo dann € 130.700,07 betragen habe. Dieser Endsaldo entspräche dem Ansatz Mieterträge in der G+V des vorgelegten Jahresabschluss-Entwurfes.

Die Aufschlüsselung der Mieterträge sei aus den einzelnen Buchungen ersichtlich. Ersichtlich sei aus der Belegkreisangabe im BH-Konto ferner, dass die Mieterträge aufgrund der entsprechenden Bankeingänge gebucht worden seien. Die von der StV geführte Buchhaltung habe für die Bankeingänge auch den Namen der Mieter vermerkt. Insoweit würden sich auf dem BH-Konto auch die Mietverhältnisse hinsichtlich der Namen der Mieter und der Höhe der Miete nachvollziehen lassen. Die Mietverträge betreffend das Jahr 2007 liegen aber leider nicht mehr vor.

Zur Forderungsabschreibung 10% werde das Konto 7811 und zur Forderungsabschreibung 20 % das Konto 7812 vorgelegt. Das Konto 7811 besteht aus den in der laufenden Buchhaltung gebuchten Forderungsabschreibungen wegen uneinbringlicher Mieten mit einem Saldo von 42.696,11. Im Zuge der Bilanzierungsarbeiten seien die namentlich ersichtlichen weiteren Abschreibungen geltend gemacht worden, sodass das Konto mit dem Ansatz in der G+V mit € 70.798,04 geschlossen habe (Anmerkung BFG: Der Saldo € 42.696,11 ist nicht aufgeschlüsselt, der BH-Beleg Nr. 10 zu den nachfolgenden Buchungen wurde ebenso nicht vorgelegt.).

In allen Fällen handle es sich um uneinbringliche Mietvorschreibungen. In diesem Zusammenhang ist auf die jahrzehntelangen Rechtstreitigkeiten von J.P. mit seinen Mietern hinzuweisen. Die Forderungsabschreibungen seien - wie auf den Buchhaltungskonten ersichtlich - gegen die jeweiligen Debitorenkonten ausgebucht worden. Aufgrund der Systematik der doppelten Buchführung und deren fachmännische Führung durch den StV erscheine unstrittig, dass die Einbuchung der Forderungen auf den Debitorenkonten auch mit entsprechenden erlöswirksamen Mietvorschreibungen gebucht waren. Die Forderungsausfälle wegen Nichtbezahlung der Mieten seien daher zu Recht erfasst worden.

Für den Nachweis, dass die ausgebuchten Forderungen ursprünglich auch mit Umsatzsteuer eingebucht wurden, seien exemplaisch einige Ausbuchungen die Debitotenkonten vorgelegt worden (Kt. 22910, ***1***; Kt. 22801 ***2***).

Auf dem Konto Forderungsabschreibungen 20% sei als laufende Buchung zum die Forderung betr. ***2*** (brutto € 7.976,40) ausgebucht worden (= Saldo lt. Saldenliste). Weiters seien mittels Umbuchungen noch weitere Forderungsabschreibungen bis zu dem im Bilanzentwurf enthaltenen Wert von € 17.644,38 erfolgt. Aus dem vorgelegten Konto 7812 sei ersichtlich, dass als Gegenkonto stets die zugehörigen Debitorenkonten angesprochen worden sind. Auch der Umsatzsteuersatz sei im Debitorenkonto ersichtlich. Damit sei gewährleistet, dass mit der Ausbuchung lediglich die ursprünglich belastete USt korrigiert worden sei."

Grundbelege und Fremdbelege zu den Forderungsabschreibungen, insbesondere zu den geraume Zeit später (Mai 2011 bzgl. Jahresabschluss 2007) erfolgten Buchungen wurden entgegen dem Vorhalteverlangen von der Bf. keine vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der vorstehende Sachverhalt liegt der Entscheidung zu Grunde. Soweit entscheidungsrelevante Tatsachen strittig sind, wird in dem nachstehenden Erwägungsteil auch die Beweiswürdigung ausgeführt, aus welchen Überlegungen das Verwaltungsgericht zum Beweisergebnis gelangt ist.

In Streit steht, ob die vom Finanzamt mangels Abgabe einer Abgabenerklärung auf Grundlage der UVA's und der damit übereinstimmenden Saldenliste der Buchhaltung des Wirtschaftsjahres 2007 gemäß § 184 BAO geschätzten Bemessungsgrundlagen zur Veranlagung der Umsatzsteuer rechtmäßig festgesetzt worden sind.

§ 184 BAO lautet:

"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgaben­erhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabe­pflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabe­pflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgaben­vorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."

Eine Schätzungsberechtigung besteht u.a. dann, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (vgl ; , 94/14/0002; , 93/13/0258; , 2002/13/0128).

Ein Rechtswidrigkeit der Schätzung kann nicht darin bestehen, dass die Abgabenbehörde die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer auf Grund der noch nicht formal abgeschlossenen Buchführung auf Grundlage der Saldenlisten zum und der damit übereinstimmenden UVA`s der Steuerpflichtigen vorgenommen hat.

Fraglich und zu prüfen ist im gegenständlichen Fall, ob die von der laufenden Buchführung (Saldenlisten zum ) abweichenden nachträglichen Erklärungen der Bf. in der Berufung der und in dem dieser angeschlossenen Jahresabschlussentwurfes als den Tatsachen entsprechend zu beurteilen sind. Dies betrifft vor allem die zusätzlichen nach der laufenden Buchführung (Saldenliste) erfassten Forderungsabschreibungen mit USt 10% und USt 20%.

Die Bestimmung des § 16 Absatz 1 und Absatz 3 UStG 1994 über die "Änderung der Bemessungsgrundlag" lautet:

(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben

1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und

2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.

(3) Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn

1. das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;

2. für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;

3. eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rückgängig gemacht worden ist."

Uneinbringlichkeit ist mehr als bloßer Zweifel an der Realisierbarkeit einer Forderung (Dubiosität). Uneinbringlichkeit bedeutet Realität, nicht Vermutung ( mwN; , 2001/14/0128; , 2003/14/0036; , 2003/13/0109; , 2006/15/0361; , 2007/15/0171; D/H/F/M/P § 16 Anm 9). Eine Wertberichtigung in der Bilanz berechtigt daher nicht automatisch zu einer Korrektur der USt, weil nach Bilanzierungsgrundsätzen bereits Dubiosität zu einer Abwertung zwingt (Vorsichtsgrundsatz; § 201 UGB; vgl a UStR Rz 2388). Umsatzsteuerrechtlich ist vielmehr erforderlich, dass die Uneinbringlichkeit der Forderung feststeht. Uneinbringlich ist eine Forderung, wenn mit ihrem Eingang bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung (nach den Erfahrungen des Wirtschaftslebens) in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann; wenn die Forderung objektiv wertlos zu beurteilen ist (so ; , 2001/14/0128). Der Prognosezeitraum muss dabei im Hinblick auf § 16 Abs 3 Z 1, 2. Satz bestimmt werden. Wenn dort die nachträgliche Vereinnahmung des Entgelts für möglich gehalten wird, so zeigt dies, dass Uneinbringlichkeit nicht erst gegeben ist, wenn mit absoluter Sicherheit feststeht, dass das Entgelt nicht mehr beglichen wird. Es genügt, wenn die Forderung "für geraume Zeit nicht durchsetzbar ist".

Der Nachweis der Uneinbringlichkeit kann auf beliebige Weise geführt werden und hängt vom Grund der Uneinbringlichkeit ab. Bei Uneinbringlichkeit wegen Zahlungsunfähigkeit sind Belege über erfolglose Einbringungsversuche ausreichend. Wenn ein Beweis im strengen Sinn nicht möglich oder zumutbar ist, genügt die Glaubhaftmachung des Forderungsverlustes.

Der Zeitpunkt der Berichtigung ergibt sich ausdrücklich aus § 16 Abs 1, letzter Satz: Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist. Beim Forderungsausfall ist das der Veranlagungszeitraum, in dem auf Grund der vorliegenden Umstände feststeht, dass nach objektiver kaufmännischer Beurteilung die Einbringung der Forderung in einem absehbaren Zeitraum nicht zu erwarten ist.

Die Vorschrift ordnet allgemein die ex nunc-Wirkung der Berichtigung an: Die Änderungen führen nicht zu einer Berichtigung der ursprünglichen Steuerfestsetzung, sondern sind erst im Zeitraum der Änderung, bzw. der Kenntnis vom Forderungsausfall, zu berücksichtigen (vgl a ; , 2005/15/0153; , 2005/15/0163; vgl a BFH , V R 2/05).

Feststeht, dass die Bf. ihrer Verpflichtung zu Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2007 nicht entsprochen hat. Die Bf. hat allerdings für die Voranmeldungszeiträume 1-12/2007 ordnungsgemäß die Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht. Von der Bf. wurde durch ihre StV auch eine laufende Buchführung für das Geschäftsjahr 2007 vorgenommen. Die Saldenliste mit allen Geschäftsfällen bis zum wurde gemeinsam mit der Saldenliste der Buchhaltung für das Geschäftsjahr 2008 dem Finanzamt im Zuge der Außenprüfung (zwischen 2009 und 2010) vorgelegt. Die USt-Bemessungsgrundlagen nach dieser Saldenliste für das Wirtschaftsjahr 2007 stimmen mit den Summen der abgegebenen UVA`s für 2007 im Wesentlichen überein. Es ist daher davon auszugehen, dass die UVA`s aufgrund der Ergebnisse der Buchhaltung laut der BH-Saldenliste 2007 erstellt worden sind.

Erst mit der Berufung vom wurde ein ausdrücklich als Entwurf bezeichneter Jahresabschluss ohne Datum der Erstellung und Unterschrift vorgelegt. Diese Unterlage enthält höhere Forderungsabschreibungen, als jene laut der BH-Saldenliste zum . Offensichtlich wurden diese Forderungsabschreibungen nachträglich im Zuge der Erstellung des Jahresabschluss-Entwurfes vorgenommen.

Die Forderungsabschreibungen 10% USt betrugen lt. Saldenliste € 42.696,11. Nach Angaben des mit der Berufung vorgelegten Bilanzentwurfes sei im Jahr 2007 aber ein Forderungsverlust 10% USt in Höhe von € 70.798,04 eingetreten.

Entgegen dem ausdrücklichen Nachweisverlangen des Verwaltungsgerichtes (Vorhalt mit Beschluss vom ) wurden keine Belege zur Dokumentation der Uneinbringlichkeit der betreffenden Forderungen vorgelegt und der Ausfall des Entgeltes im Sinne des § 16 Abs. 3 UStG im Geschäftsjahr 2007 weder glaubhaft gemacht noch in irgendeiner Art nachgewiesen.

Die vorgelegten relevanten BH-Konten sind zudem in ihrer Darstellung unvollständig und bruchstückhaft. In dem Konto Abschreibung-Forderungen 10% USt sind die aus der laufenden Buchhaltung bis zum erfolgten Forderungsabschreibungen (mit einem Saldo von € 42.696,11 lt. vorhandener Saldenliste) nicht aufgegliedert. Die nachträglich als "Umbuchung" und ohne Belegnachweis und Glaubhaftmachung erfolgten Forderungsabschreibungen sind zudem zweifelhaft und Weise erhebliche Widersprüche auf:

Die Bf. behauptet in der Vorhaltsbeantwortung vom es handle sich um Forderungsverluste aus nicht bezahlten Mietvorschreibungen. Tatsächlich sind jedoch zahlreiche Namen von Hauskäufern zwischen 2000 und 2004 (***3***, ***4***, ***5***, ***6***, ***7***, ***8***) angeführt, deren Forderungen uneinbringlich seien. Hierbei handle es sich offenkundig - nicht wie behauptet - um uneinbringliche Mietzinsforderungen. Es ist außerdem schon auf Grund des Immobilienvermögens dieser Personen nicht plausibel, weshalb diese Forderungen uneinbringlich sein sollen.

Auch die Debitorenkonten wurden nicht vollständig vorgelegt. Auffallend ist, dass beim übermittelten Konto 22910 ***1*** nur Buchungen bis zum enthalten sind, während auf dem Konto 7811 "Forderungsabschreibungen 10% USt" mit vom Konto 22910 eine Forderung betreffend Semard in Höhe von 4.019,74 als uneinbringlich ausgebucht wurde. Bei exemplarischer Betrachtung zeigen sich hierbei weitere gravierende Buchführungsmängel:

Vom Mieter ***1*** wurden die Mietzahlungen (€ 700 pro Monat) für die Monate Jänner bis April als Kasseneingang (Barzahlung) laufend verbucht. Weiters wurden Mietzahlungen durch Banküberweisung für August (€ 700) und zwei weitere Überweisungen ohne Angabe eines Buchungstextes von € 700 und 1.727,27 verbucht. Auf dem Konto Mieterträge (4840) wurden daher von ***1*** erhaltene Mietzahlungen in bar und durch Banküberweisung von insgesamt € 5.938,27 erfasst. Dieser gesamte Mietertrag des Mieters ***1*** in Höhe von € 5.938,27 wurde mit der Buchung " Aconto-Zahlung ***1*** : Kt. 4840 Mieterträge 10% an Kt. 22910 ***1*** unter Vornahme der USt-Berichtigung am 23.12. einfach wieder ausgebucht.

Gleichzeitig (23.12.) wurde eine Erlösforderung 10% gegenüber ***1*** in Höhe von € 8.400 eingebucht und davon am 31.12. dann € 4.019,70 ausgebucht. Daraus ergibt sich betraglich eine angeblich offene Restforderung gegen ***1*** von€ 4.380,30, wobei die erklärten tatsächlich erhaltenen Mietzahlungen 2007 in Höhe von € 5.938,27 durch die Ausbuchung ordnungswidrig nicht erfasst wurden. Bereits daraus ergibt sich offensichtlich ein nicht erfasster Mieterlös betreffend die tatsächlich geleisteten Mietzahlungen von ***1*** im Betrag von € 1.557,97. Die dargestellte Vorgehensweise entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung.

Zudem ist zu vermuten, dass die Einbuchung einer Mietzinsforderung (hier ***1*** € 8.400) an Stelle der tatsächlich erhaltenen Mietzinszahlungen (Ausbuchung € 5.938 Mietaufwand [4840] an Forderung ***1*** [22910]) den Zweck hat, nachfolgende Forderungsabschreibungen vorzubereiten und mit System betrieben wurde.

Im Ergebnis ist gelangt das BFG daher zu der Auffassung, dass die Bf. mit ihrem Vorbringen - die vom FA laut den abgegebenen UVA und den Saldolisten der Buchhaltung zum - festgestellten Bemessungsgrundlagen seien unrichtig - nicht im Recht ist. Die behauptete Uneinbringlichkeit der betreffend Forderungen mit 10% und 20% USt, die nachträglich im sogenannten Jahresabschluss-Entwurf abgeschrieben wurden, wurde nicht glaubhaft gemacht und war auch nicht plausibel. Dazu traten die aufgezeigten, evidenten Widersprüche bei den nachträglich vorgenommenen Verbuchungen.

Anzumerken ist, dass im Zuge der Außenprüfung betreffend die Jahre 2000 bis 2006 hervorkam, dass die Bf. die Umsatzsteuer in erheblicher Höhe nicht ordnungsgemäß erklärte und Vorsteuerberichtigungen aus dem gewerblichen Verkauf der Superädifikate nicht vorgenommen hatte.

Die gemäß § 323 Abs. 38 BAO als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung hatte aus den vorgenannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg und war daher abzuweisen.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall waren ausschließlich Tatsachenfragen zu beurteilen, weshalb die Revision für nicht zulässig zu erklären war. Tatfragen können nicht Gegenstand einer ordentlichen Revision sein.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 und 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101237.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at