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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2021, RV/7105243/2019

Hinterbliebenenunterstützung durch Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer beim Empfänger als Einkünfte aus selbständiger Arbeit steuerpflichtig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde vom der Bf., Adresse, vertreten durch Rittmann KG, Steuerberatung & Wirtschaftsprüfung, 2500 Baden, Braitner Straße 36, gegen den Bescheid vom des Finanzamtes Baden Mödling betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Durch eine Mitteilung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer Niederösterreich wurde bekannt, dass die Beschwerdeführerin (Bf) im Jahr 2017 nach dem Verstorbenen Ehegatte-Bf Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer iHv € 4.000,00 Bestattungsbeihilfe und € 34.066,03 Hinterbliebenenunterstützung erhalten und nicht in ihre Einkommensteuererklärung 2017 aufgenommen hatte. Dieser Sachverhalt wurde der Bf vom Finanzamt (FA) mittels Vorhalt vom zur Kenntnis gebracht und nach erfolgter Vorhaltsbeantwortung der Erstbescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und mit ein neuer Erstbescheid erlassen.

In diesem Erstbescheid wurden die Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer nach Abzug eines Gewinnfreibetrags (Grundfreibetrag iHv € 3.900,00), sohin iHv € 34.166,03 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit angesetzt. In der Begründung wurde i.w. ausgeführt, die von der Ärztekammer ausbezahlte Hinterbliebenenunterstützung und die Bestattungsbeihilfe seien unabhängig von der Gestaltung des jeweiligen Sachverhaltes immer nach § 22 Z 4 iVm § 32 Z 2 EStG als Einkünfte aus selbständiger Arbeit beim Rechtsnachfolger zu versteuern. Die Rechtsansicht, dass die Hinterbliebenenunterstützung als Ablebensversicherung und die Bestattungsbeihilfe nicht der Steuerpflicht unterliegen, sei aG der gesetzlich normierten Steuerpflicht in § 32 Z 2 EStG nicht vertretbar.

Dagegen richtet sich die Beschwerde. In der Begründung wird i.w. ausgeführt, in § 38 der Satzung der Ärztekammer für NÖ sei die Hinterbliebenenunterstützung geregelt. Diese bestehe demnach aus einer direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung iHv € 5.516,51 sowie einem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch iHv € 28.549,52. Die Beitragsordnung der Ärztekammer Niederösterreich regle in § 12 die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung und in diesem Zusammenhang werde von einer Prämie und nicht von einem Beitrag gesprochen, welcher zu entrichten sei.

Es sei somit davon auszugehen, dass das jeweilige Mitglied, in diesem Fall der verstorbene Ehegatte-Bf, mit den Zahlungen an den Wohlfahrtsfonds für sich eine Ablebensversicherung bezahlt habe. Es seien für die Hinterbliebenenunterstützung eindeutig zuordenbare Prämien bezahlt worden. Als Versicherer trete die Ärztekammer für NÖ auf.

Diese Versicherung werde nach dem Ableben des Mitglieds an den/die Erben ausbezahlt. Da es sich somit bei dem Betrag von € 28.549,52 um das Guthaben aus einer Ablebensversicherung handle, sei dieser Betrag als steuerfreie Einnahme zu sehen.

Die Satzung des Wohlfahrtsfonds, die Beitragsordnung und der Bescheid über die Zuerkennung der Hinterbliebenenunterstützung wurden vorgelegt.

In der Begründung der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des FA vom wurde i.w. ausgeführt, bei der Hinterbliebenenunterstützung handle es sich gemäß § 38 der Satzung um eine Ablebensleistung. Dementsprechend seien auch die vom Rechtsvorgänger geleisteten Beträge für diese Hinterbliebenenunterstützung als Pflichtbeiträge zu Kammern der selbständig Erwerbstätigen als Betriebsausgaben absetzbar gewesen. Die Bestimmung in § 22 Z 4 EStG korrespondiere mit der Abzugsfähigkeit der Beiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen als Betriebsausgaben in § 4 Abs 4 EStG. Daher erfasse § 22 Z 4 EStG nur Leistungen der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen, die auf Pflichtbeiträgen beruhten. Die den konkreten Fall betreffenden Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ ausbezahlte Ablebensversicherung beruhe auf Pflichtbeiträgen des Rechtsvorgängers und diene der Hinterbliebenenversorgung. Sie seien somit beim Rechtsnachfolger gemäß § 22 Z 4 EStG iVm § 32 Abs 1 Z 2 EStG steuerpflichtig. Für die Beurteilung des Sachverhalts sei es nicht relevant, ob in der Satzung von Beiträgen oder Prämien gesprochen werde, da die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu erfolgen habe.

Im Vorlageantrag vom wurde vorgebracht, ein Teil der Beiträge, die an den Wohlfahrtsfonds bezahlt wurden, seien lediglich als Sonderausgaben und nicht als Betriebsausgaben absetzbar gewesen. Dies habe die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung betroffen.

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das BFG setzte die Beschwerde gemäß § 271 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur GZ Ra 2019/13/0113 anhängigen Verfahrens aus.

Der VwGH wies diese Revision mit Erkenntnis vom als unbegründet ab.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf ist die Witwe nach dem am xx.xx.2017 verstorbenen Ehegatte-Bf. Dieser war Mitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (WFF) und Empfänger einer Versorgungsleistung. Er entrichtete an den Wohlfahrtsfonds entsprechende Pflichtbeiträge.

Die Bf erhielt im Jahr 2017 nach ihrem verstorbenen Ehemann folgende Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich:

Hinterbliebenenunterstützung gem. § 38 Abs. 1 lit a Satzung WFF € 5.516,61

Ablebensversicherung gem. § 38 Abs. 1 lit b Satzung WFF € 28.549,52

Bestattungsbeihilfe gem. § 37 Abs. 1 und 2 Satzung WFF € 4.000,00

Die Hinterbliebenenunterstützung und die Ablebensversicherung wurden der Bf mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ vom antragsgemäß zugesprochen. Ein Zahlungsempfänger war vom Verstorbenen nicht namhaft gemacht worden.

Die Bestattungsbeihilfe wurde der Bf mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ mit Bescheid vom antragsgemäß zugesprochen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die vorgelegten Verwaltungsakte sowie das Vorbringen der Bf und die von ihr vorgelegten Unterlagen und ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 4 Abs 4 Z 1 lit b EStG 1988 sind Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen Betriebsausgaben, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen.

Gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 fallen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Entsprechend der Bestimmung des § 32 Z 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG, und zwar jeweils auch beim Rechtsnachfolger.

§ 37 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet auszugsweise:

"(1) Beim Tode eines WFF-Mitgliedes oder Empfängers einer Alters- oder Invaliditätsversorgung gebührt über Antrag jener Person, welche die Kosten der Bestattung getragen hat, die Bestattungsbeihilfe.
(2) Die Bestattungsbeihilfe umfasst die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Bestattungskosten, wird jedoch höchstens im Ausmaß von € 4.000,00 einmalig ausbezahlt. ….."

§ 38 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet auszugsweise:

"(1) Im Fall des Ablebens eines WFF-Mitglieds ….. wird bei Erfüllung der Voraussetzungen über Antrag den in Abs. 7 genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge eine Hinterbliebenenunterstützung gewährt und insgesamt einmalig ausbezahlt. Die Hinterbliebenenunterstützung besteht aus
a) einer direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in der Höhe von € 5.516,51 sowie
b) einem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in der Höhe von € 28.549,52.….."

Dem § 12 Abs 3 der Beitragsordnung der Ärztekammer für Niederösterreich ist zu entnehmen, dass Bezieher einer Pensionsleistung aus dem Wohlfahrtsfonds mit einem Leistungsanspruch gemäß § 38 Abs 1 lit b oder Abs 1a Satzung WFF einen Monatsbeitrag in Höhe von € 58,40 zu entrichten haben.

Gemäß § 12 Abs 6 der Beitragsordnung der Ärztekammer für Niederösterreich ist vom Beitrag zur Bestattungsbeihilfe und Hinterbliebenenunterstützung ein Teil von zwei Dritteln gemäß § 4 Abs 4 bzw. § 16 EStG 1988 der Ablebensleistung gewidmet und im Rahmen der Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten steuerfrei unbegrenzt absetzbar. Ein Drittel des Beitrages ist der Erlebensleistung gewidmet und gemäß § 18 EStG 1988 im Rahmen der Sonderausgaben beim zuständigen Finanzamt geltend zu machen.

Wenn die Bf im Vorlageantrag ausführt, ein Teil der Beiträge, die an den Wohlfahrtsfonds bezahlt wurden, seien lediglich als Sonderausgaben und nicht als Betriebsausgaben absetzbar gewesen, so ist dem entgegen zu halten, dass zufolge der genannten Bestimmung der steuerlich als Betriebsausgaben absetzbare 2/3 Anteil für die Ablebensleistung gemäß § 38 Abs 1 Satzung Ärztekammer Niederösterreich geleistet wird. Der der Erlebensleistung gewidmete Teil von 1/3 des gesamten Betrages wird bei der Ermittlung der Einkünfte nicht berücksichtigt und ist iRd Sonderausgaben geltend zu machen.

Die Hinterbliebenenversorgung, die aus der direkt aus dem Fonds zu gewährenden Unterstützungsleistung iHv € 5.516,51, aus dem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch iHv € 28.549,52 und aus der Bestattungsbeihilfe iHv € 4.000,00 besteht, beruht demnach zur Gänze auf dem 2/3 Anteil der geleisteten Beiträge, somit auf Pflichtbeiträgen des Rechtsvorgängers, welche als Betriebsausgaben absetzbar waren.

Bei den von der Bf erhaltenen Beträgen handelt es sich unbestritten um einmalige Leistungen, die nicht unter § 25 EStG 1988 fallen.

Da die von der Bf erhaltenen Beträge auf Pflichtbeiträgen (§ 4 Abs 4 Z 1 lit b EStG 1988) des Rechtsvorgängers beruhen, sind sie gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 iVm § 32 Z 2 EStG 1988 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit bei der Rechtsnachfolgerin steuerpflichtig.

Daher kann den Ausführungen in der Beschwerde, es handle sich bei dem Betrag von € 28.549,52 um das Guthaben aus einer Ablebensversicherung, bei welcher die Ärztekammer für NÖ als Versicherer auftrete, und daher sei dieser Betrag als steuerfreie Einnahme zu sehen, nicht gefolgt werden.

Zu den weiteren Ausführungen in der Beschwerde, die Beitragsordnung der Ärztekammer Niederösterreich regle in § 12 die Bestattungsbeihilfe und die Hinterbliebenenunterstützung und in diesem Zusammenhang werde von einer Prämie und nicht von einem Beitrag gesprochen, welcher zu entrichten sei, ist auf die rechtsrichtigen Ausführungen des FA zu verweisen, wonach nicht relevant ist, ob in der Satzung von Beiträgen oder Prämien gesprochen wird, da die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt zu erfolgen hat. Darüber hinaus ist auch auf den Wortlaut des § 12 der Beitragsordnung der Ärztekammer Niederösterreich zu verweisen, wonach wiederholt von "Beiträgen" und "Beitragsleistungen" die Rede ist.
Vgl. z.B. Abs 1 leg cit: "Aktive WFF-Mitglieder haben ... folgende Beiträge zu entrichten: ..."

Verwiesen wird zu vorliegender Rechtsfrage auf die einhellige Judikatur:

In den Erkenntnissen des sowie wird die Steuerpflicht der ärztlichen Hinterbliebenenversorgung, insbesondere auch des "Ablebensversicherungsanspruchs", bestätigt.

Vgl. dazu auch die einheitliche Judikatur des BFG, z.B.:

-
Rs: "Sowohl die Bestattungsbeihilfe als auch die Hinterbliebenenunterstützung sind einmalige Leistungen, die satzungsgemäß vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer NÖ nach dem Tod eines Kammermitglieds gezahlt werden. Beide Zahlungen sind jeweils zur Gänze bei demjenigen, der sie erhält, als Einkünfte gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 zu erfassen."

-
Titel: "Steuerpflicht des Ablebensversicherungsanspruches gem. § 38 Abs. 1 lit b Satzung WFF beim Rechtsnachfolger"

-
Titel: "Hinterbliebenenunterstützung des WFF der Ärztekammer unterliegt gemäß § 22 Z 4 iVm § 32 Abs 1 Z 2 EStG der Einkommensteuer

-
Rs: "Geldbeträge aus der Hinterbliebenenunterstützung bei Freiberuflern (Unterstützungsleistung und Ablebensversicherungsanspruch) sowie die Bestattungshilfe, die vom Wohlfahrtsfonds der jeweiligen Landesärztekammer mit Bescheid ausbezahlt werden, sind beim Rechtsnachfolger zu versteuern. ..."

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Rs: "Die von der Ärztekammer an die Rechtsnachfolgerin ausbezahlte Hinterbliebenenunterstützung setzt sich aus der direkt vom Wohlfahrtsfonds zu gewährenden Unterstützungsleistung in Höhe von 5.516,51 Euro und aus dem persönlichen Ablebensversicherungsanspruch in Höhe von 28.549,52 Euro zusammen. Diese Beträge beruhen auf Pflichtbeiträgen (§ 4 Abs. 4 Z 1 lit b EStG 1988) des Rechtsvorgängers und sind gemäß § 22 Z 4 EStG 1988 bei der Rechtsnachfolgerin steuerpflichtig."

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Titel: "Hinterbliebenenunterstützung durch Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer beim Empfänger einkommensteuerpflichtig"

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Titel: "Hinterbliebenenunterstützung - Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 22 Z 4 EStG 1988"

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ggstdl. Entscheidung folgt der zit. Judikatur des VwGH, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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